Nachtrag Dienstag: Sirmione
Das Witzige an den Grotten des Catull ist, dass es sich dabei weder um Grotten noch um Besitz des berühmten Dichters und Zeitgenossen Cäsars handelt. Allein, was noch zu sehen ist, ist der Keller einer hundert Jahre jüngeren Villa, von der sonst fast nichts aufrecht Stehendes erhalten ist. Das aber, und das rechtfertigt den Besuch und die Belästigungen der Anreise, in wirklich sagenhaft schöner Landschaft.
Hier, auf einem Sporn im Gardasee gelegen, hatte man von der Terasse einen exquisiten Blick über den See, und mit ein wenig Dunst konnte man sich auch an einem Tal am Meeresrand wähnen. Sollte Catull, der aus Verona stammt und im Gesang XXXI angibt, ein Haus in Sirmione besessen zu haben, tatsächlich hier gewohnt haben, dürfte es ihm ein Leichtes gewesen sein, hier die Damen der römischen Gesellschaft flachzulegen. Nicht, dass es ihm schwer gefallen wäre, einen Ersatz für die ungetreue Lesbia zu finden, allein es ist eine un bestreitbare Tatsache, dass Urlaub in einer schönen Gegend freimütige, mitunter getrennt reisende Paare zur Übereinkunft bringt, dass Urlaub in der Liste anderer Liebschaften nicht zählt. Hier oben, da bin ich mir sicher, wurde sehr oft nicht gezählt.
Dass einem solche Gedanken nicht durch reale Menschen vergällt werden, ist ein weiteres Glück dieses Ortes. Sirmione ist voll von deutschem Plebs, das lieber Sandalen trägt, als ein paar läppische Schmerzen in normalen Schuhen zu ertragen, und sich dann wundert, wie ekelhaft so ein am Stein eingeschlagener Zeh schmerzen kann. Abwechslung bringen schwabblige Freibäuche des weiblichen Nachwuchses, umschlossen von rosa, orangen und weissen Fetzen, oft auch mit Glitzeraufdruck, und die Hardrockfreaks, die mit ihren schwarzen Surfershorts zum schwarzen Korn-T-Shirt noch eine Ecke gewollt ungutbürgerlicher aussehen, als daheim in Passau, Lenggries oder Altötting. Sirmione, das zieht sie dennoch an, es ist ein ekelhaftes Kitschkaff, die überlaufene Scaligerburg am Ortseingang ist ein bedeutungsloser Steinhaufen, aber der Ort nutzt mit seinen winkligen Gassen und der aufgestauten Hitze und dem Tegestouristenmief ab. Gegen Ende, Richtung Grotten, nimmt der Strom der schlecht gekleideten Leute, die Italiener nicht umsonst angeekelt betrachten, merklich ab.
Kurz vor der Villa, in der eine Zeit Maria Callas residierte, warten dann kleine, scheussliche Elektrozüge auf fussfaule Pauschaltouristen. Ein Euro kostet das Oneway-Ticket, vielleicht in der Hoffnung, dass sich das Pack angesichts der Schönheit und vielleicht auch der Eleganz des Park Hotels der Verzweiflung an der Spitze des Vorsprung hingeben möchte und, gleich den Verurteilten des tarpejischen Felsens, seiner Schmach mit einem Sprung über die Klippen ein Ende setzen will. Dann braucht man natürlich keine Rückfahrgelegenheit.
Allein, der Obolus ist schon demotivierend genug: Die letzten versprengten Reste der Höllenausgeburten sehen die Preistafel, überlegen, wie weit man wohl für einen Euro mit dere deutschen Bahn kommen würde - locker 5 Kilometer - und denken, dass es auch bei der nötigen Begrenzung der üblichen Touristenabzocke sicher 2 Kilomter sind, die in ihren Latschen zu bewältigen nach dem fiesen Pflaster von Sirmione kein Vergnügen ist. So kehrt der Deutsche um, kauft einen kombinierten Flaschenöffnher/Korkenzieher aus Messing mit dem Abbild Catulls sowie ein Stück Pizza aus der Microwelle, ist seines erbärmlichen Daseins froh und erlaubt mir, einsam auf der Spitze der Halbinsel meinen Gedanken über eine untreue Lesbia und diese meine Zeit nachzuhängen.
Salve, nec minimo puella naso
nec bello pede nec nigris ocellis
nec longis digitis nec ore sicco
nec sane nimis elegante lingua,
decoctoris amica Formiani.
ten provincia narrat esse bellam?
tecum Lesbia nostra comparatur?
o saeclum insapiens et infacetum!
Hier, auf einem Sporn im Gardasee gelegen, hatte man von der Terasse einen exquisiten Blick über den See, und mit ein wenig Dunst konnte man sich auch an einem Tal am Meeresrand wähnen. Sollte Catull, der aus Verona stammt und im Gesang XXXI angibt, ein Haus in Sirmione besessen zu haben, tatsächlich hier gewohnt haben, dürfte es ihm ein Leichtes gewesen sein, hier die Damen der römischen Gesellschaft flachzulegen. Nicht, dass es ihm schwer gefallen wäre, einen Ersatz für die ungetreue Lesbia zu finden, allein es ist eine un bestreitbare Tatsache, dass Urlaub in einer schönen Gegend freimütige, mitunter getrennt reisende Paare zur Übereinkunft bringt, dass Urlaub in der Liste anderer Liebschaften nicht zählt. Hier oben, da bin ich mir sicher, wurde sehr oft nicht gezählt.
Dass einem solche Gedanken nicht durch reale Menschen vergällt werden, ist ein weiteres Glück dieses Ortes. Sirmione ist voll von deutschem Plebs, das lieber Sandalen trägt, als ein paar läppische Schmerzen in normalen Schuhen zu ertragen, und sich dann wundert, wie ekelhaft so ein am Stein eingeschlagener Zeh schmerzen kann. Abwechslung bringen schwabblige Freibäuche des weiblichen Nachwuchses, umschlossen von rosa, orangen und weissen Fetzen, oft auch mit Glitzeraufdruck, und die Hardrockfreaks, die mit ihren schwarzen Surfershorts zum schwarzen Korn-T-Shirt noch eine Ecke gewollt ungutbürgerlicher aussehen, als daheim in Passau, Lenggries oder Altötting. Sirmione, das zieht sie dennoch an, es ist ein ekelhaftes Kitschkaff, die überlaufene Scaligerburg am Ortseingang ist ein bedeutungsloser Steinhaufen, aber der Ort nutzt mit seinen winkligen Gassen und der aufgestauten Hitze und dem Tegestouristenmief ab. Gegen Ende, Richtung Grotten, nimmt der Strom der schlecht gekleideten Leute, die Italiener nicht umsonst angeekelt betrachten, merklich ab.
Kurz vor der Villa, in der eine Zeit Maria Callas residierte, warten dann kleine, scheussliche Elektrozüge auf fussfaule Pauschaltouristen. Ein Euro kostet das Oneway-Ticket, vielleicht in der Hoffnung, dass sich das Pack angesichts der Schönheit und vielleicht auch der Eleganz des Park Hotels der Verzweiflung an der Spitze des Vorsprung hingeben möchte und, gleich den Verurteilten des tarpejischen Felsens, seiner Schmach mit einem Sprung über die Klippen ein Ende setzen will. Dann braucht man natürlich keine Rückfahrgelegenheit.
Allein, der Obolus ist schon demotivierend genug: Die letzten versprengten Reste der Höllenausgeburten sehen die Preistafel, überlegen, wie weit man wohl für einen Euro mit dere deutschen Bahn kommen würde - locker 5 Kilometer - und denken, dass es auch bei der nötigen Begrenzung der üblichen Touristenabzocke sicher 2 Kilomter sind, die in ihren Latschen zu bewältigen nach dem fiesen Pflaster von Sirmione kein Vergnügen ist. So kehrt der Deutsche um, kauft einen kombinierten Flaschenöffnher/Korkenzieher aus Messing mit dem Abbild Catulls sowie ein Stück Pizza aus der Microwelle, ist seines erbärmlichen Daseins froh und erlaubt mir, einsam auf der Spitze der Halbinsel meinen Gedanken über eine untreue Lesbia und diese meine Zeit nachzuhängen.
Salve, nec minimo puella naso
nec bello pede nec nigris ocellis
nec longis digitis nec ore sicco
nec sane nimis elegante lingua,
decoctoris amica Formiani.
ten provincia narrat esse bellam?
tecum Lesbia nostra comparatur?
o saeclum insapiens et infacetum!
donalphons, 23:27h
Donnerstag, 18. Mai 2006, 23:27, von donalphons |
|comment
strappato,
Donnerstag, 18. Mai 2006, 23:56
o saeclum insapiens et infacetum!
Das könnte das Motto dieses blogs sein.
Das könnte das Motto dieses blogs sein.
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donalphons,
Freitag, 19. Mai 2006, 00:03
Das könnte bis zum thermonuklearen Overkill das Motto jedes Jahrhunderts sein, denke ich.
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donalphons,
Freitag, 19. Mai 2006, 00:44
Nicht aber the finest hour von 1527, dem Sacco di Roma.
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strappato,
Freitag, 19. Mai 2006, 00:57
Jau. Das hatten wir füher bei den Pfadfindern als lustiges Liedchen:
Jörg von Frundsberg führt uns an...
Alle Blümlein stunden rot,
Tra la la la la la la,
Heißa, wie schneit der Tod,
Lerman vor Pavia.
Ich habe mir sagen lassen, dass ihm auch der Spruch "Viel Feind, viel Ehr" zugesprochen wird. Da wären wir wieder bei einem Motto für das blog hier.
Jörg von Frundsberg führt uns an...
Alle Blümlein stunden rot,
Tra la la la la la la,
Heißa, wie schneit der Tod,
Lerman vor Pavia.
Ich habe mir sagen lassen, dass ihm auch der Spruch "Viel Feind, viel Ehr" zugesprochen wird. Da wären wir wieder bei einem Motto für das blog hier.
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donalphons,
Freitag, 19. Mai 2006, 01:19
Das waren halt noch Zeiten, man konnte nie wissen, wer einem morgen das Fell abzog... ich empfehle als geschmacklose Lektüre über diese Tage Benvenuto Cellinis Lebensbeschreibung.
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doubl,
Freitag, 19. Mai 2006, 01:15
Ungeachtet des Themas möchte ich mal genz nebenbei vielen Dank sagen! Gruß, doubl
P.S.: Schöne Bilder!
P.S.: Schöne Bilder!
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donalphons,
Freitag, 19. Mai 2006, 01:20
Oh, bitte, nichts zu danken, das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite
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