Reden wir mal über "Branding"

Als ich nach Italien gefahren bin (Symbolbild)



habe ich mir schon vorher überlegt, ob ich nicht ein eigenes Blog einrichten soll. Der Hintergrund ist persönliches Natur: Das Jahr der Ruhe geht langsam zu Ende, und ich werde in den nächsten Monaten viel unterwegs sein. Gleichzeitig haben mich schon immer die grottenschlechten kommerziellen Reiseblogs geärgert, die man bei weg.de und HLX betreibt. Reiseliteratur war ein beherrschendes Thema der europäischen Literaturgeschichte vor dem Aufkommen der Flieger und Autobahnen, die Fortbewegung auf eine kurze Zeitspanne reduzierten. Reisen ist nicht mehr unterwegs sein, Reisen ist an einem anderen Ort sein. Ich habe das nie verstanden, diese Pauschalmentalität. Ich will zu jeder Sekunde anhalten können, wenn ich etwas Schönes sehe, ich will heute nicht wissen, wo ich morgen bin, und ich glaube, dass diese Freiheit eine andere Literatur, ein anderes Blog, einen anderen Anspruch verdient als der Dreck der Agenturen.



Ich will Dinge sehen, die sonst keiner sieht. Das Kaputte, das Widerliche, das Gemeine im Schatten des Edlen, ich will es bunt und schwarzweiss, ich will es anders. Ich brauche keinen Baedeker, ich bin Kulturhistoriker, ich sehe selbst und finde allein und wenn ich mich verfahre, ist es auch egal. Ich komme aus einer engen, kleinen Stadt, hineingeboren in die dortige Oligarchie, ich will deshalb nicht verharren und dumm eingehen in den Mauern, ich will etwas sehen von der Welt, und ich will es erzählen. In Italien hätte ich jeden Tag 30.000 Zeichen schreiben können ohne anzuhalten, so voll ist es es mit Geschichten, wie aus einem Schwamm trieft es aus mir, 900 Bilder in 8 Tagen, und es waren immer noch zu wenige. All das, habe ich begriffen, braucht einen anderen Namen, unterwegs bin ich ein Anderer, auch die Mauern des Rebellmarktes sind mit zu eng, ich brauche Luft und Freiheit für die Grand Tour meiner Seele, jenseits der Kerker, der Zwänge und der Pflichten.



Die meisten gängigen URLs für das Reisen hat sich Nico Lumma gesichert, für das Malle und die Pauschalen, die All Inclusives und die Viecher auf den ausgetrampelten Wegen. Reise, Urlaub, blablabla. Es sind die Namen für Kleingeister, die sich selbst nie verlassen, was interessiert mich das Braten am Strand, ich will mehr, ich will die Grand Tour mit Kultur und Sportwagen, mir reichen 150 Liter Gepäckraum, ich ficke die Kombis mit ihrem gestapelten Müll im Heckfenster und den keifenden Blagen auf dem Rücksitz, wann sind wir denn endlich da, niemals, Du blöder Scheisser, es gibt kein da, es gibt nur das hier und jetzt und die nächste Kurve auf der Landstrasse, ich will den Wind und die Kurven, den Duft von Gummi und Zypressen, ich will das Blog, das genau das ausdrückt, was es werden soll.

Es kann nur einen Namen geben. Demnächst mehr davon.


Donnerstag, 25. Mai 2006, 16:11, von donalphons | |comment

 
Reisen ist kein Risiko, eine Reise kann jederzeit innerhalb von Stunden abgebrochen werden, Reise mit ständigem Simultankontakt nach Hause, Reisen muß keinen Reisenden mehr verändern. Das Bildungsreisen sei dem schlechten Gewissen des ewig verplanten Menschen geschuldet. Unglaublich, wie seit der Romantik (Eichendorff oder Goethe in der Campgna) das Reisen profanisiert wurde und vor die Hunde gekommen ist.

Mach' 'mal los, wir lesen gerne mit. ;-)

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Oh, da freue ich mich schon darauf.

Und vielen Dank für die Bilder von Du weißt schon.

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Hm, mal abwarten. Das Problem am GTblog hat man schon am Reisetagebuch hier gesehen: Es regt nicht besonders zu Debatten an, es ist schön und gut und das war´s. Man schreibt ins Schwarze hinein, und es stellt andere Ansprüche, es müssen rundere Geschichten werden. Und dann liegt es dennoch oft brach. Vielleicht mache ich es auch für andere auf, so sicher bin ich mir da nicht, aber ich wollte jetzt erst mal die Domain. Eigentlich komisch, dass die noch niemand gegrabbt hat, gtblog hat nur 6 Zeichen und liest sich nicht schlecht.

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"Es regt nicht besonders zu Debatten an"

kann es vielleicht auch gar nicht. aber, soll es denn?

"es ist schön und gut"

ja, ist es auch. das über brescia hat mit besonders gefallen, bisher wusste ich wenig über den ort, am besten aber fand ich die geschichte wie-der-don-einmal-den-boandlkramer-überlistet-haben-wird, sehr schön und auch sehr gut.

"und das war´s"

grad schad ists drum.

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Ein wenig kommt noch heute und morgen. Möglicherweise bin ich auch schon am Freitag kommende Woche wieder weg, abgesehen davon, dass ich morgen nach Berlin und Hannover fahre. Daher auch die Eile mit dem Registrieren und Einrichten.

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natürlich gibt Feedback ein gutes Gefühl - eine schöne Geschichte aber auch. Und es sind die schönsten Geschichten, die ich manchmal gelesen habe, um sie nicht zu kommentieren. Weil du willst es nicht zerreden, sondern eigentlich nur sagen: schöne Geschichte. Und das machst meistens dann nur, wenn du den Schreiber persönlich kennst. Nichtsdestotrotz: Ich hab ein Faible für die Perlen, die man im Netz so finden kann...

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Das Problem mit dem Nichtkommentieren ist allgemein bekannt, und erst mal nicht schlimm, weil ich ohnehin nicht alle paar Minuten ins Netz schaue, wenn ich unterwegs bin. Dennoch war es schon etwas ungewohnt, so wenig los auf dem Blog... na, man wird sehen.

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Kommentieren heisst ja, einem Text eine Facette hinzuzufügen. Das geht bei einem Bericht über einen Ort, den man nicht kennt, nur bedingt. Dann kommen immer diese Vergleichsdinger also, ich hab daunda dasundas erlebt und das ist ja eher unpassend bei so schönen Geschichten. Und kunsthistorisch kann ich bei vielem eh nur mit offnem Mund dastehen. ich erleb da jedesmal mein kleines Pisa

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ich bin mir noch nicht selbst sicher, wie das laufen wird, zuerst dachte ich an etwas extrem puristisches ganz ohne RSS und Kommentare nur bei den Bildern, aber was soll´s, man muss es mal ausprobieren. Trotzem freuen sich Kunstgeschichtler immer, wenn Leute was wissen wollen, man kann also auch fragen.

Und teilweise kommt es auch vom Überdruss, den ich momentan empfinde, diese ganzen billigen Koofmichs, die Nutten am Strassenrand, die Hirnfotzen der Vermarkterluden, den kleinen, piefigen Arschlöchern an ihren dummen Powerpoints etwas zeigen, was sie nie erleben werden, weil der Moment des Postings auch der Augenblick ist, an dem alles vorüber ist. Ein Medikament gegen meinen Ekel derÄmsiePiaisierung der 1200-Euro-Blogs und ihrer Claqueure aus PR und Werbung, die man eigentlich bemitleiden müsste, so armseelig sind sie.

Grand Tour eben. Nicht kleines Rummachen.

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Tipp
Als Beispiel für ein PR-freies unkommerzielles Reiseblog empfehle ich => Al´s Reiseblog (hier sein Blog "Philippinischer Alltag" aus dem März 2006). Blöderweise muss man, damit man seine anderen Reiseblogs bekommt, bei ihm im "Archiv" wühlen, ganz am Ende dieser Seite.

Reisefieber muss man genießen, solange man es hat. Viel Spaß!

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Mach es einfach!
Ohne über Blagen zu lästern, einfach losbloggen, über die Reise.
Meine kulturhistorischen Vorlieben sind die Archäologie, und das ist auch im Web nicht so das Thema. Also mach einfach.

(die Mittelalter-oder besser Stadtkernarchäologie)

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@ dr. Dean: ich habe nichts, gar nichts gegen kommerzielle Weblogs, ich habe nur etwas gegen diese billigen Maschen und die Servilität, mit denen sich da manche ranschmeissen. Erinnert mich an Praktis, die einem die schuhe lecken, dass sie überhaupt Kaffee kochen dürfen. ich finde mac-Essentials ebenso gut wie den Spreeblick und diverse Freiberuflerseiten, wenn Lyssa ihre reiseberichte verkauft, finde ich das prima - nur nicht den Agenturendreck und das leere Geschwafel von weg.de bis Germanblogs, das kotzt mich an.

Archäologie? Klassisch oder Vor- und Frühgeschichte?

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Wenn ich mir etwas wünschen darf: Kulturgeschichte der italienischen Städte im 15. Jahrhundert, Frühformen von Humanismus und Demokratie, der Weg arabischer türkischer Händler durch Italien, Kulturaustausch, Seuchengeschichte, Konkubinen und Mätressen der Päpste und Gegenpäpste, kulturelle Wege des Handels usw.

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Seuchengeschichte fände ich spannend. In den pontinischen Sümpfen war ja Malaria endemisch.

http://gesundheit.blogger.de/stories/462553/

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Für mich hört sich das sehr gut an. Ich lese gerne, die etwas ruhigeren Geschichten. Aber da habe ich mich ja gerade sehr getäuscht.

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Ich kann mich nicht auseinandersäbeln, sorry. beides gehört zusammen. Und in Deinem Profil ist in der URL ein t zuviel im http.

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Ich lese die Italientour gerne!
Die Reiseberichte sind sehr schön ... gerade weil so kulturhistorisch eingefasst. Ein eigenes GTblog, um dann ab und zu Reisegeschichten zu veröffentlichen? Mir gefällt gerade die 'verreiste' Atmosphäre von Rebellmarkt nach den ganzen aufregenden Geschichten aus der kleinen Blogwelt. Unbedingt haben muss ich auch die Fotos von der Terrasse und vom Bücherregal, auch wenn ich Ersteres wohl seltenst kommentieren werde.

Lässt das Ego evtl. Gastspiele bei von Ihnen gemochten Klein-Blogs zu? Stelle ich mir auch interessant vor.

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