Namen, an die man sich nicht erinnern wird

Das, worüber man nicht spricht, das, dessen Namen man hier nicht kennt, de cuyo nombre no quiero acordarme, spielt seit ein paar Tagen plötzlich doch die grosse Rolle in der Stadt. Denn ein bekannter Anwalt steht im Verdacht, seine Mandantschaft zur Ader gelassen zu haben, und alle fragen sich, mit welchen Mitteln und dunklen Wegen das wohl ging, ob etwa unsaubere Dinge in Schweizer Bankfächern oder Stiftungen in Liechtenstein eine Rolle spielten, weshalb niemand dem Treiben etwas entgegensetzte. Da ist die bekannte Frau der Gesellschaft, die den grössten Teil ebendieser einkleidete, von der hässliche Geschichten berichtet werden, und da sind die Mitarbeiter des Global Players, die tief im Sumpf aus Besehlichkeit stecken, und vielen mag es scheinen, dass die Sicherheit und Solidität der besseren Viertel vielleicht doch schwarze Adern von Gier, Lüge und Betrug verbergen, die das wahre Wesen der Stadt ausmachen. Es sind Stützen der Gesellschaft, die da von den Ermittlern bedrängt werden, und das Misstrauen ist so gross, dass man eben doch von dem spricht, worüber man nicht spricht, über das Geld, denn die Summen, wohlgehütete Geheimnisse vom Einkommen über Sachwerte bishin zu Hypotheken, stehen plötzlich in der Zeitung, die von einer anderen Stütze der Gesellschaft verantwortet wird, also darf man und tut auch, Geld ist plötzlich - ein Thema. Obwohl die Stadt an allem so reich ist, dass es nach Meinung der Gesellschaft kein Thema sein müsste.



Für diejenigen, denen andernorts das Licht ausgeknipst wird, dürfte das alles nur ein schwacher Trost sein, wie es mich auch nicht wirklich freut. Es gibt durchaus Medienprojekte, denen wünscht man den Tod, und käufliche Johurnaille, über deren Niedergang, leider zusammen mit "den Guten", man sich wirklich freut. Was haben wir damals gelacht in der Munich Area über den Niedergang von Wiwo E-Business, bei der sich Stefan Baron blamierte, der Pleite von Peter Turi und seinem Net-Business und an dem Abend, als Redakteure der deutschen Business2.0 Ausgabe im Parkcafe beim Grpndertreffen neue Jobs als VC-Pressesprecher suchten. Auch die Blutorgien bei der Berliner Morgenpost oder berlin1.de, der FAZ und den diversen Burda-Onlinetöchtern oder vivi@n waren jetzt nicht gerade von Heulkrämpfen meinerseits begleitet. Ich habe da so viel gesehen, ich ging durch die Hölle und brannte nicht, ich hatte immer Glück und einen guten Plan B, und ich kenne so viele, die das nicht hatten, da stumpft man irgendwann ab.

In Berlin erwischt es die Tage die Leute von MEMRI, einem nicht unumstrittenen Übersetzungsdienst für arabische Medien. Finanziert in Amerika, definitiv pro-israelisch mit manchmal einseitiger Auswahl ihrer Texte, aber hey, wenn man im Nahen Osten antisemitischen Dreck druckt wie ein New-Economyblatt gekaufte Artikel, braucht man sich nicht beschweren, wenn man zitiert wird. Ich weiss nicht, ob man das deutsche Büro von MEMRI wirklich braucht, denn die, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, können sicher gut genug Englisch, um das israelisch-amerikanische Original zu nehmen. Dem Vernehmen nach wird es eingestellt, weil die Spenden in den USA es nicht mehr zulassen. Nichts Neues unbedingt, jüdische Philantropen tendieren schon seit längerem dazu, ihr Geld ausserhalb der "jüdischen Sache" zu spenden.

Medien sind ein ekelhafter Wirtschaftsmorast, käuflich, schleimig, voller Freundschaftsleistungen und Verachtung für den Leser, Information ist bestenfalls drittrangig hinter Sensation und Spin, den Rest macht die angebliche Relevanz kaputt, die Ergebnisse sind oft zurecht die Rückseite von Werbung und Verpackungsmaterial für Fische, und es macht keinen Spass, wenn es dann ausgerechnet Projekte wie MEMRI erwischt, selbst wenn es eine Menge erzählen würde über die Doppelmoral der neoconservativen Deutungsgier und ihrer Bereitschaft, über den Tellerrand ihrer Thinktanks hinaus Geld auszugeben. Ist ja nur Berlin, wird sich da mancher denken.

Disclaimer: Ich habe manchmal mit MEMRI zusammengearbeitet. Mit den anderen im Text erwähnten sog. "Medienleuten" aber nicht. Ich mein, ich bin ja einiges gewohnt, aber es gibt Grenzen.

Montag, 7. August 2006, 23:18, von donalphons | |comment

 
Braucht man MEMRI überhaupt ? So stellt sich der Deutsche doch eher plumpe Propaganda von Kriegstreibern vor, die durch aus dem Zusammenhang gerissene oder gar gefälschte Bilder eine expansionistische - vielleicht gar aus der Sicht des deutschen Bessermenschen gar rassistische - Position legitimieren hilft. Und das Funding aus den USA entpuppt die ja ohnehin als einen Teil der "zionistischen Propagandamaschine".

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