: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 30. August 2006

Ich sah die Wölfe tanzen

J´ai vu le loup, le renard, le lièvre,
J´ai vu le loup, le renard danser:
C´est moi-même qui les ai revirés.


Das hier was mal, lange Zeit, ein Blog mit und über Berlin. Berlin, wenn man so will, hat dieses Blog mit gross gemacht. Rund 470 Tage, viel zu lang, war ich dort, fast die Hälfte der Zeit, in der dieses Blog gefüllt wird. Und heute Abend, am 999. Tag, kann ich sagen:

Ich bin froh, dass ich seit über einem Jahr mit dem, was dort abgeht, fast nichts mehr zu tun habe. Berlin, oder besser, der Bereich zwischen Castingallee und Prenzlauer Allee mag durchaus das Zentrum der deutschen Bloggerei sein, da entstand viel, da gab es viele Ideen, an manchen war ich auch beteiligt, und ich habe immer noch ein Mischpult und ein Mikrophon in der Stadt. Aber heute Abend habe ich durch die Blogs geschaut, deren Autoren ich damals kannte. Und gerade die, die schon da waren, als ich nach Berlin ging, und ihr später eingestiegenes Umfeld, was da aus dem Forum der höflichen Paparazzi kroch, die ZIA, die kleine Internetmafia zum gezielten, verabredeten Pushen der eigenen Sache beim Bachmannwettbewerb und all die feinen Beziehungen rein in andere unterstützende Kreise, das entstandene Netzwerk aus Bloggern, die sich aus jedem hingestellten Fressnapf bedienen, dieser virtuelle Abklatsch einer Boheme, die reibungslos in jeder Hinsicht zusammenspielen, von der Tittenlesung bis zur kollektiven Niedermachen...



Wenn ich das alles sehe, empfinde ich eigentlich nur ein leises Bedauern für das, was da hätte entstehen können. Ich weiss nicht, wie lange sich das versuffschwägerte Lobotomixtenpack noch als Vorreiter halten kann, aber die besten Zeiten dürften inzwischen vorbei sein, und was bleibt, ist eine Art neue, selbstgefällige, miefige Lesebühne im Internet mit den immer gleichen Schenkelklopfern, die nur ihresgleichen amüsiert und sonst gar keinen. Sehr Berlin, das alles, inclusive der mehr oder weniger bedeutenden Aussenstationen in Hamburg, Essen, München, Düsseldorf und anderen Städten.

Oh, durchaus, es gibt einen Haufen Leuten mit Blogs, die ich in Berlin vermisse. Aber nicht diese Berliner Blogger, die von der gehemmten Wurst bis zum fast insolventen Selbstverkäufer ohne Markt alles zu bieten hat, was mich nicht interessiert. Ich bin sehr glücklich, dass dieses Blog nicht mehr mit dem Blog-Berlin assoziiert wird, dessen Teil es eine Weile war. 470 Tage Berlin. Aber 529 Tage in der Provinz. Ohne Bapperl, ohne lokale Clique, nur ich, die Stadt, das Umland und die Munich Area.

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Rassisten-Appeaser

Welches grosse deutsche Verlagshaus ist das wohl, das einen Autor beschäftigt, der zwar Hinweise erkennt und zugibt ("mir riecht es dort [...] zuweilen ein wenig streng nach [...] Rassismus"), dass ein gewisses Blog nach gängiger Definition rassistische Inhalte bringt , aber dennoch darauf verweist, weil es in sein weltpolitisches Denkschema passt? Na?

Richtig. Das gleiche, das sich für sein Gossenblatt mit Philosophen und Wahrheit als Werbemittel bedient. Nur falls jemand glaubt, es gäbe sowas wie ein Agreement zur Ausgrenzung von Rechtsextremisten - der "Kommentarchef der Welt am Sonntag" Alan Posener, die WAMS und Springer zeigen, wo sie stehen. Das bischen Rassismus bringt doch keinen um, oder?

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Des Monstrums Zeitschleife

1873 - Weil nur das Beste gut genug ist, lässt der Clan bei einer Hochzeit die imposanteste Neorenaissance-Kommode mit Marmor, geflammten westindischen Mahagoni und üppigstem Spiegelaufsatz, die sie in bekommen kann, entwerfen und schreinern, und stellt sie in meine jetzige Wohnung. Laut der Legende Besuche, Neid und grosses Abkotzen aller anderen grossen Clans der Stadt. Keiner sonst hat solche riesigen Muschelornamente, Kugeleinsätze, Säulen, etc..

1972 - Meine Mutter will die Kommode, das "Monstrum" beim Umräumen des Hauses wegwerfen, Widerstand meiner Grossmutter, Abtransport in den Speicher.

1994 - der Dachstuhl wird neu eingedeckt. Meine Mutter versucht dabei erneut, die Kommode wegzuwerfen. Erbitterter Widerstand meinerseits, der in der Katastrophe für meine Mutter endet: Vom Sperrmüll aufgelesen, bringe ich sie zu meinen Eltern in den Abstellraum. Grosses Hallo und Familienkrise.

2006, Frühjahr - Ich erwähne, dass ich das Monstrum jetzt für meine neue Wohnung brauche. Erbitterter Widerstand meiner Mutter, die inzwischen einsieht, wie praktisch das Ding ist. Ausserdem ist inzwischen das Ausgabenbuch der Familie aufgetaucht, dem zufolge das Monstrum damals so viel gekostet hat, wie heute in etwa ein Kleinwagen - italinischer Marmor und Mahagoni aus der Karibik waren damals halt teuer.

2006, 29. August - Ich hole das Monstrum gegen alle Ausreden und Ausflüchte meiner Mutter - sie habe es gerettet, es passe doch gar nicht, es sei viel zu schwer, ich solle doch noch warten - ab und stelle es dorthin, wo man schon 1873 eine Tür vermauert hat, um es dort hinstellen zu können.

Soviel zu den ersten 133 Jahren des Monstrums. Ich glaube, es grinst gerade mit seinem Marmormaul.

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