: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 3. August 2006

Der Bayer als ein solcher ist ein Tscheche

Es gibt historische Tatsachen, über die redet man hier nicht gern. Fakt ist, dass in der römischen Provinz Raetien, die das heutige Südbayern einschliesst, gegen Ende des Imperium Romanum Söldner aus Ost- und Elbgermanien angeworben wurden. Vulgo Preussen, die, wie Grabfunde belegen, mit Sack und Pack hier ankamen und sich häuslich niederliessen. Die Kastelle an der Nordgrenze zu Franken waren also fest in der Hand der schdingadn Fieschkepf, schlimmer als heute die Leopoldstrasse in München. Lange aber haben sie es nicht ausgehalten, das Imperium ging vor die Hunde, und im 5. Jahrhundert verschwindet dieses Substrat wieder.

Ohne dass die Geschichte schöner würde für die bayerische Einbildung. Denn danach folgt die Friedenhain-Pøeštovice-Gruppe, und wie der Doppelname schon sagt, erstreckt sie sich nicht nur über Bayern, sondern auch nach Tschechien und die Slowakei. Peinlicherweise belegt die Chronologie der Funde auch eine Wanderungsbewegung von Ost nach West - diese Leute also sind faktisch Tschechen. Man kann es nicht anders sagen. Es kommen zwar noch ein paar Alamannen (dreggade Schwobm würde man heute sagen) und aus dem Süden Langobarden (streitsüchtige Norditaliener, wer Splatter mag, wird die Historia Langobardorum des Paulus Diakonus lieben) hinzu, aber das macht es auch nicht wirklich besser. Allenfalls bayerischer.

Nachdem gleich darauf von diesen Leuten exakt auf dem westlichen, neuen Siedlungsgebiet das Herzogtum Bayern gegründet wird, nun, kommt man wohl nicht ganz umhin zuzugeben, dass die einzig wirklich relevante Füllung des Genpools hierzulande, also, hm, tschechisch ist. Ausgerechnet das Volk, das von seiner Staatsdikatutur und sudetendeutschen - eigentlich sudetenösterreichischen - Flüchtlingen in einen Konflikt mit dem östlichen Nachbarn getrieben wurde, hat den gleichen Ursprung. Aber sagt das mal einem normalen Bayern.

Das Problem als ein solches betrifft mich nicht, denn als Kulturhistoriker kommt man nicht weit, wenn man sich nicht schnell mit solchen Fakten abfindet. Überhaupt ist alles Nationalstaatgedöns, Rassenlehre und Volkstumgehabe total idiotisch, wenn es sich nicht gerade an handfesten Beweisen festmachen lässt - ein nach Gras duftender bayerischer Park ist nun mal was anderes als die stinkende Hundescheisswiese in Berlin, und die freundlichen Worte auf dem Wochenmarkt klingen anders als das notorische Gebrüll der Hamburger Fischmärkte, sei es nun off- oder online. Zudem bin ich Angehöriger einer transnationalen Sippschaft, die sich seit Jahrhunderten an Bayern klammert und hier charakterlich vollkommen assimiliert ist, aber kein Problem damit hat zuzugeben, dass sie nicht mit den Bajuwaren eingewandert ist. Sondern zum Teil erst vor etwa 300 Jahren eher unfreiwillig aus der Region Wien und schon etwas freiwilliger aus besagter Tschechei kam, später wanderten auch noch ein paar Teile aus dem Elsass ein.

Während also der Bayer als ein solcher mit einem unpassenden Gefühl der Überjegenheit Tschechien bereist, um dort billig zu tanken und Dinge zu tun, die sich nur mit elendiglichem Saubeidltum von dene Brunzkachen einer barocken Doppelmoral erklären lassen, fahre ich da heute hin, um, nun, eigentlich, um etwas zu holen, was noch auf der deutschen Seite ist, aber die Gelegenheit ist günstig, also gehe ich über die Grenze und schaue Richtung Pilzen, ob ich mich da auch so daheim fühle wie im Elsass.

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