Wie CDs aussehen müssen

Mein allererstes Schreiben im Netz, das man rückblickend als Blog bezeichnen kann, war eine frei kommentierbare Kolumne auf PHP-Basis mit einem festgelegten Layout, die täglich aktualisiert wurde - und sie beschäftigte sich mit dem Thema "MP3 War News". Das war Anno 2000, die New Economy war noch nicht untergegangen, und eine Bekannte, deren Freund gerade in Kalifornien studierte, erzählte mir von dieser Website namens Napster, wo die MP3 sind, die man ansonsten mühsam mit Altavista suchen musste. Also lud ich das Programm auf meinen 350mhz-Rechner, installierte es, und mir war klar, dass es ein fundamentaler Angriff auf den Vertrieb, die Hauptschlagader der Musikindustrie war. Urheberrechtsverletzung vielleicht auch, aber hey!

Und so schrieb ich jeden Tag was über die aktuellen Entwicklungen. Als da war: Der Krieg der Industrie gegen MP3.com, Alternativen zu Napster, die lachhaften Versuche der Labels, mit Projekten wie musicdownload24.de etwas auszurichten, über den klugen und deshalb wenig erfolgreichen Zwischenweg von Epitonic, und was sonst noch so passierte. Und bis heute bin ich der Meinung, dass ein Verstoss gegen das Urheberrecht ein kleineres moralisches Dilemma ist, als die finanzielle Unterstützung dieser Firmen durch den Kauf ihrer CDs.

Dennoch habe ich weitgehend aufgehört, zu Recherchezwecken Downloadprojekte und Ähnliches zu besuchen. Ich kaufe CDs. Denn einerseits findet man die Musik, die ich höre, nicht im Internet. Andererseits ist es vollkommen legitim, meine Musik und ihre Labels gerecht zu entlohnen. Zumal es sich um Tonträger handelt, die man ohne Schamesröte in das Buchregal stellen kann.



Natürlich braucht ein Plastikpopnudler keine eingelegten Hefte mit 32 Seiten, um sich über seine Musik und deren jenseits von Kommerz nicht vorhandenen Inhalt auszulassen. Und für ein gewisses Klientel mag Plastik hochwertiger erscheinen als Karton. Aber wer schon mal versucht hat, ein etwas dickeres Heft zwischen die Schienen einer CD-Hülle zu schieben, wird die obige Art bevorzugen. Karton bricht nicht, wenn er mal fallen sollte. Und durch die doppelte Faltung sollten die Tonträger auch gegen alle anderen mechanischen beanspruchungen geschützt sein. So ist denn auch genug Platz für ein wenig passende Kunst aus der Zeit, die den optischen Rahmen zum Klangerlebnis stellt. Und ohne das Plastik ist auf den Rücken auch genug Platz, um den Titel und die Interpreten lesbar aufzudrucken. Übrigens, zwei Dinge wird man vergeblich suchen: Kopierschutz und kranke Lizenzvereinbarungen.

Es ist eigentlich ganz einfach. Und die Käufer von Kommerzplastikdreck bekommen auf ihre Art eben auch die perfekte optische Ergänzung zum Lebensstil. Wenn sie schon zu dumm sind, sich das Zeug dort zu beschaffen, wo es ausser für die Industrie keinen Schaden anrichtet.

Sonntag, 8. Juli 2007, 01:59, von donalphons | |comment

 
Den Plastikbehälter für Plastikmusik (aber nicht nur die) gleich "Jewel-Case" zu nennen, gehört für mich zum "Newspeak" der Musikindustrie. Bis heute kann ich auch nicht begreifen, daß Digipacks aus Kartonage in der Herstellung teurer sein sollen. Das mag so sein, erscheint aber einfach nicht richtig. Es ist (und fühlt sich an) als würde man Buchdeckel aus Kunststoff gestalten.

Als ich mit dieser Industrie zu tun bekam, hieß es statt Musik oder Künstler immer nur "unser Produkt". Ich weiß nicht, ob es vorher anders war, ich verkläre mir die Frühzeit dieser Branche aber gerne so.

... link  

 
Jewel Case
Ich muss dich leider enttäuschen, die Jewel Case ist spottbillig: Ohne Verluste in beliebige Formen zu pressen, jegliche Farben (ohne eine weitere Maschine) etc.
Einen Vorteil haben allerdings diese Plastikhüllen: Austauschbarkeit. Ich habe mal eine Maxi-CD mit Einband aus Pappe gebraucht gekauft - der Einband ist zwar wunderschön, zeigt jedoch Gebrauchsspuren - und eigentlich muss er für mich doch nur noch im Schrank gut aussehen ;-(

... link  

 
Wohl gesprochen! Und man sollte nicht vergessen dass die gerechte Entlohnung von Künstlern und Verlagen uns auch das unvergleichliche Vergnügen beschert immer wieder stundenlang in Läden nach den Objekten unserer Begierde stöbern zu können. Darf ich empfehlen unter anderem auch mal unter dem Stichwort "mexikanische Barockmusik" zu suchen? Zum Beispiel Ignacio de Jerusalem.... Es gibt so viel zu entdecken.....

... link  

 
Also, mir würden schon ein paar "Künstler" einfallen, deren gerchte Entjohnung Hartz IV deutlich unterschreiten würde - sehr viele sogar. Das ist nicht auf Pop beschränkt; die staatliche Bevorzugung von Herrenrassenkult in Bayreuth gehört ebenso dazu wie diverse Staatskünstler mit Freunden in den hochdotierten Gremien, oder gewisse jüngst ausgeschiedene Kulturreferentinnen...

Abgesehen davon: ich glaube, dass man wertvoll Anmutendes automatisch anders behandelt als Plastikkrempel. Das sorgt dann vielleicht auch für die bessere Erhaltung und den Umstand, dass man an diesen CDs auch noch in 30 Jahren seine Freude hat.

... link  


... comment
 
kleine Ergaenzung
"Denn einerseits findet man die Musik, die ich höre, nicht im Internet."

Ersetze "findet man" durch "finde ich", dann stimmt der Satz.

... link  

 
Niemnd findet die Musik, die ich höre, im Internet. Glaube es mir, ich habe nachgeschaut - das ist Terra Incognita für Bittorrent.

... link  

 
Jupp, kann ich bestätigen. Ausser "man findet" sich damit ab, dass die Goldberg-Variationen halt mal von "Mozart" sind, und so komisch nach Diabelli klingen ;-)

edit: Und das war noch ein sehr populäres Beispiel.

... link  

 
Peer2peer ist nur eine mickrige Untermenge dessen, was ich als Internet auffasse.

... link  

 
Es ist weitgehend eine andere Klientel. Die kauft in der Regel nicht auf Verdacht bei Amazon, sondern beim hochspezialisierten Fachhändler. Das wissen auch die Labels, und stellen ihr Marketing darauf ab. Bei Alpha gibt es Katalog-CDs, das ist eine CD aus dem normalen Programm, und da ist dann der Gesamtkatalog drin. Kostet 10 Euro, die Beschreibungen sind spartanisch, aber der Kunde weiss meistens ohnehin, was er sucht. Dann gibt es noch Querschnitts-CDs, die so eine unangenehme "Von den 12 Titeln will ich 6"-Folge haben. Und die Beratung macht der Fachhändler - wobei es schon etwas frustrierend ist, von einer wirklich gut zusammengestellten 20.000-Euro-Anlage auf eine 2000-Euro-Kombination runterzuschalten.

... link  


... comment
 
Save the Vinyl!
Eine CD hat noch nie das Klangerlebnis einer Schallplatte erreicht. Daher schäme ich mich, son Zeuch in mein Bücherregal zu stellen. Leider gibt es nicht mehr alles auf Vinyl. Wirklich schade!

... link  

 
Also ich habe neulich bei Media Markt (!) eine neue Vinylabteilung gesehen, ueberschrieben mit "Die guten Dinge sterben nicht aus" oder so aehnlich.
Sind halt nicht so einfach 1:1 zu kopieren.

... link  

 
Wäre mir zu umständlich
Schließlich packe ich die CDs, die ich permanent hören möchte als MP3 auf die Festplatte... Außerdem nehmen die Dinger zuviel Platz weg, so nett die auch aussehen mögen.
Ad Astra

... link  

 
Der Audioausgang eines Rechners ist in aller Regel sowas von erbärmlich, das halte ich bei dieser Musik nicht aus. Bei ablimitierten Wämbämbäm mag das anders sein, aber MP3 taugt einfach nicht für die gute Anlage. Man kann nicht erwarten, dass ein 3Cent-DA-Wandler die gleiche Leistung bringt, wie einer für 20 Euro. Da hört sich natürlich CD und MP3 identisch an.

Platten ist bei meinen liebsten Labels ein ganz hartes Brot - wobei es von Jordi Savall einige Dinge nur auf Platte gibt. Aber der ist eine Ausnahme. alpha, cypres, raumklang: Alles nur CD.

... link  


... comment