Der passende Rahmen

Sonntags könnte man sich einfach auf die Dachterasse legen, und fertig. Irgendwann die eingelegten Egerlinge holen, dann frisches Brot, später dann den Kuchen, den Concerti Grossi von Avison über Scarlattis Klaviersonaten lauschen. Es ist ansonsten sehr still in der Stadt, da kann man ruhig aufdrehen und den auf der anderen Seite schuftenden Elitessen ein paar Takte Gutes auf den Lebensweg mitgeben.



Doch leider kennt die Arbeit am Haus keinen Aufschub, und wenn man sich während der Woche mit den Haien der Münchner Immobranche prügelt, die samt und sonders keine "niederen" Tätigkeiten in ihren Häusern kennen, dafür aber die Aussichten, den nächsten Urlaub ist Stadelheim zu verbringen - dann fragt man sich schon, ob so ein verarbeiteter Nachmittag nicht die bessere Alternative ist. Ganz abgesehen davon, dass es nicht sein müsste; spontan fällt mir unter denen jedenfalls keiner ein, der in den aktuellen Treppenhäusern der Investmentangebote dekorative Powerpoints aus der Erbauungszeit anbringen lässt. Genau das tue ich, bei genauer Betrachtung - endlich habe ich genug alte, identische Rahmen, um ein paar Blätter eines Missale aus der Zeit um 1600 aufzuhängen. Aber wer weiss schon, auf was für Ideen man im Jahr 2400 kommt, sollte man sich dann in Besitz eines maroden Dreckhaufens unserer Tage befinden, und die naheliegende Idee des präventiven Selbstmordes von sich weisen: So eine nette Powerpoint zum Thema "Risikoloses Investieren an der Börse in Shanghai" lenken sicher von dem ein oder anderen Riss* im Beton ab.

*Riss, der: Ungewollter Spalt im Mauerwerk, eine der Folgen des nachbarocken Niederganges der Baukunst in Repräsentationsbauten.

Sonntag, 8. Juli 2007, 18:10, von donalphons | |comment

 
das Problem möglicherweise in den strengen ästhetischen Ansprüchen wurzelt, die an den Bau gelegt worden seien. So habe man auf einer sehr großen Fläche - die Rotunde hat einen Durchmesser von 30 Metern - aus optischen Gründen auf Dehnungsfugen verzichtet.

Das kommt davon, wenn Architekten sich heutzutage als Künstler verstehen und Bauingenieure verachten.

Ansonsten ist das Gebäude nur gefällig. Dem Zeitgeschmack entsprechend. Siehe auch neues MoMa. Glaube nicht, dass das in 400 Jahren noch als besonders erhaltenswert gilt.

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Gut, schon bei der Revolutionsarchitektur von Ledoux und Boullée gab es ja diese Ausführungsproblemchen *hüstel*, und wie man sieht, ist die tatsächliche Umsetzung dann doch ein wenig heikel. Historisch bewährt hat sich das "Schlüsselfertig"-System, wo die Architektur mehr ist als ein Spielplatz für Designkinder. Italienische Bautrupps des Barock, und so.

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Zange links vom Teller?
In welchem Knigge steht das denn?

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Karl Friedrich Staudacher, Der feyne Rahmenmacher, Buxtehude 1732, Officin Aldenhus, S. 126.

Wo sonst?

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