Es ist vorbei

Gerade, weil heute nochmal so ein unfassbar schöner, lichtdurchdrungener Tag war, von den silbergleissenden Nebelresten am Morgen, über das tiefe Blau des Mittags bis zur samtrot gesäumten, sternenfunkelnden Finsternis der Nacht, weil alles irgendwie nach Frühling aussah und die letzte Lüge des Sommers verbreitete, und weil die lustigen rotweissen Sonnenschirme an den Stände am Friedhof der Anderen dieselben anlachten, die sich heute aus Prestigegründen beim Wandern zwischen schwarzer Erde und modrigen Steinen blicken lassen mussten; weil es so anders war als das, was unweigerlich kommen wird, ist es Zeit, ein Einsehen zu haben: Es ist vorbei.

Das hat auch der Herr erzählt, mit dem ich heute unterwegs war, vom Alter, von der Plage, ein Nest bauen zu müssen, vom Bausparvertrag und all den Verpflichtungen, die einen festzurren beim Weg, der nur ein Ende und keine Seitenstrassen kennt, und der so schnurgerade verläuft, dass man ohnehin weiss, was einen zum Schluss erwartet. Man trennt sich irgendwann von seiner Jugend, fährt einen Kombi und bekommt gesundheitliche Probleme. Man nimmt Abschied von den Schwärmereien und konzentriert sich auf das Machbare, und so ein Windelwechsel ist auch immer wieder ein Sieg, ein kleiner.

Am Ende hat er für seine Spitfire einen Betrag verlangt, der in etwa sagte: Junger Mann, ich habe das Ding zehn Jahre kaum mehr bewegt, und ich habe definitiv nicht die Zeit dazu, es herzurichten, aber ich will verflucht sein, wenn Du mal mit meiner Spitfire vorbeifährst, mit der ich damals in Sardinien, Italien, Frankreich, weiss der Teufel wo war, und deshalb klemme ich mich diesen Winter dahinter, und nächstes Frühjahr, mein Bester, zeige ich dir und deinem Italorutscherl, was übersteuern bedeutet, pass also auf, wenn du eine Spitfire im Strassengraben siehst.

Und ich antwortete indirekt, dass ich die Spitfire nicht will, weil ihn als verdammten Trottel verfluchen würde, wenn er mein Vater wäre und ich sein 14-jähriger Sohn, und er würde diesen Wagen mal eben so verkloppen, insofern passt es schon, und ausserdem ist es jetzt ohnehin erst mal vorbei, mit dem offen fahren, das vor 8 Monaten begann.



hast du italienisch auto, brauchst du nix amerikanisch kürbis

Ich fahre normalerweise nie zum Spass Auto, da muss es schon einen Zweck geben; Umwege können passieren, wie schnell biegt man auf eine enge Bergstrasse ab, und ich fahre schon mal drei Pässe, um an das passende Olivenöl zu kommen. Aber heute bin ich dann völlig sinnlos, ohne Grund durch den Abend und die Nacht gefahren, offen, im Wissen, dass es wirklich bald vorbei ist, und im Gedenken für all diejenigen, die vielleicht auch könnten, aber ihre Roadster eingemottet und sich in der Vorstadt lebend begraben haben. Hölle, es war verflucht kalt, kalt wie der Tod, den ich mir irgendwann durch so ein Verhalten hole. Geholt habe ich dann aber - um dem ganzen wenigstens den Anschein eines Sinns zu geben, eine 15-schichtige Marzipan-Nougattorte aus dem nächsten Ort.



Denn wenn es schon vorbei sein muss, dann wenigstens so, dass ich meinen Spass habe, bis sich Zahnschmerzen und Grippe im nicht mehr schockgefrosteten Körper ausbreiten.

Donnerstag, 1. November 2007, 21:53, von donalphons | |comment

 
... verdammt, verdammt - schon zweiter Advent "und ich hab' noch kein einziges Geschenk" ... oder sind das am Ende gar keine Kerzen da in dem Autowrack?

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It's The Great Pumpkin, Charlie Brown!

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Ach ja - Der Herbst
Verdammt, das ist schon wieder 8 Monate her, dass ich diesen Eintrag bei Dir gelesen habe?! Verdammt, diese Zeit!

Aber ich mag den Herbst. Eigentlich liebe ich Ihn sogar. Es ist wirklich die einzige Jahreszeit, die schön ist und einen dabei nicht anlügt. Da kommt einfach der große Showdown, es ist schön, aber jeder weiß, dass es das Ende ist. Wirklich, ich mag den Herbst. Allein schon deswegen, weil zu dieser Zeit die ganzen Leute, die den Frühling lieben und sich so unerträglich, für alle sichtbar, über diese vollkommen oberflächliche Jahreszeit freuen, im Herbst total deprimiert sind. Und mir geht es gut. Die Ästhetik des Vergehens, das ist meine Welt. Herrlich.

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Acht Monate. Und es waren nicht die schlechtesten acht Monate. Aus dem Herbst kann man schon was machen - ich sage nur Äpfel, die zu Apfelstrudel vergehen! Ansonsten: Bleigraue Tage in Folge ertrage ich auch nur mit einem Haufen Spiegel zum Restaurieren und ein paar guten Büchern.

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Man tauscht doch ohnehin immer nur Not gegen Elend, erst recht mit einer Spitfire. Soll sich lieber einst der Sohn damit in den Straßengraben manövrieren.
Und dieses Foto, dieses Foto, Don, ist fucking großartig.

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Vor einiger Zeit habe ich dem Drängen des Anrufers nachgegeben, der Zeit mehr als zwei Jahren alle vier, fünf Monate angefragt hat, ob er den MG bsichtigen dürfe, der in der Garage steht. «Kommen Sie vorbei», sagte ich. Er kam. Die mittlere Tochter war verwirrt, dass sich jemand für unser Spielzeug interessiert, mit dem sie schon in die Kinderkrippe, in den Kindergarten und jetzt ab und zu in die Grundschule gefahren wird. Offen versteht sich, mit Cabriomütze und -brille. Sie geniesst ihren Auftritt mit MG und Vater, betrachtet sich und das Gefährt in jedem Schaufenster, in dem wir uns Spiegeln. «Kommen Sie vorbei», hatte ich gesagt. Bei den Kindern hatte sich Beunruugigung breitgemacht. Doch selbst wenn ich auch nur mit einem klitzekleinen Funken daran gedacht hätte, den MG zu verkaufen, der uns seit fast 14 Jahren begleitet. Der Anrufer hat den Kauf verstolpert. «Herr Graf», sagte er zu mir, «wenn ich den Wagen wieder tiptop gemacht habe, fahre ich mal hupend bei Ihnen vorbei und winke.» Das Geld, um das Dach des Haupthauses zu flicken, würde ich schon anders zusammenkratzen, als das Auto zu verkaufen.
«Unmöglich», sagte ich dem Herrn. «Den Wagen kann ich Ihnen nicht verkaufen - so schnell bekomme ich keinen Ersatz.»
In sieben Jahren macht das erste der Kinder den Führerschein, dann folgen die anderen im zwei Jahresabstand. «Früher hatten wir mal ein cooles Auto, aber leider .....», nein, das sollen meine Kinder nicht von mir sagen.

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@Graf: Wenigstens auf Dich ist Verlass.
@Don: Zu Halloween würden mich auch keine Skelette erstaunen, die in ganz offenen Roadstern (ohne Karrosserie9 umherfahren. Ist nicht jetzt auch Würgeengelsaison? Schon eine Flasche Rostschutz mit einem Hauch Salpetersäure auf die Fensterbank gestellt?

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heee - Halloween - wo bleibt'n da die culture? hae?

... und kommt mir jetzt nicht mit "uralte irische Tradition", Halloween ist von toysaurus® erfunden worden und sonst nix ...

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Stilhäschen, das Problem mit der Spitfire war die schräg stehende und ausgeleierte Lenkung, und wenn man dann wirklich lenkte, setzte das Heck sofort zum Überholen an. Ähnlich wie bei einem schnellen Motorboot, aber damit möchte man ja auch keinen Pass hochfahren. Danach bin ich in der Barchetta um Kurven geschreddert, und ich liebe dieses absolut neutrale Fahrverhalten (und das fiese Aussehen, das jeder Überfahrene kennt).

Dieses Schicksal, werter Graf, wird der Barchetta nicht dräunen, auch wenn sie dieses Jahr schon so ihre Macken hatte; gestern ging etwa die Batterie nicht, aber nach 12 Jahren ist das auch kein Wunder. Kostet halt alles Geld, aber zum Glück kann man da noch vieles selber machen. Und wer eine Scheune hat, kann sieben Jahren beruhigt entgegensehen.

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Che, am Wochenende, am Wochenende, leider ist jetzt erst mal der Horror der Area angesagt :-/ Und deshalb, Franzl, brauch ich auch keine amerikanischen Konsumbräuche, ich geh einfach mit Investoren essen.

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... lag ich also doch richtig mit dem advent ... oh mann - und immer noch kein einziges Geschenk ...

poeh!

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Du liegst mich ganz sicher nocht.

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Franzl, übernächstes Wochenende in Göttingen? Wie wär´s?

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... oh - ist halloween in Goe erst in der zweiten Novemberhaelfte (wegen der durch den Harz gestoerten Corioliskraft an dieser Stelle des Planeten?) ;-)

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Nö, aber da schippert mein Kleincontainerschiff die Leine aufwärts.

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ach, so ... im Prinzip aber gerne - ich bin allerdings erst wieder im Fruehjahr in Goe - dann aber sicher ...

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Wundern wir uns noch über meine Tortenträume?

Nein. Nein, definitiv nicht.

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Träume? Wenn man sie isst, träumt man von was anderem. So einfach.

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