Die Skalpe meiner Feinde - Motobecane Mirage II

Es ist Sommer. Du wohnst am See, deine Mutter sieht gut aus, und dein Vater ist - als Sportarzt - reich. Das Wetter ist schön, du fährst jeden Morgen durch ein stilles, nobles Viertel und einen Park in die Schule, kein niederes Dasein ficht dich an, und die Haushaltshilfe nimmst du nicht wahr. Deine Bekannten sind wie du selbst, Kinder von denen, die hier den Ton angeben und festgelegt haben, dass es auch so bleiben soll. Sportarzt sollst du werden, das ist ein feiner Beruf, und garantiert die Stellung.

Allerdings, du bist gerade erst 15 geworden, einen Roller oder gar ein Auto darfst du noch nicht fahren, das fehlt noch zur Vollausstattung, die ansonsten, von Lacoste bis Amiga, längst vorhanden ist. Um diesem Defizit abzuhelfen, geht dein Vater zum Fahrradgeschäft, aus dem just zu dieser Zeit ein globaler Elektroschrotthändler erwächst, und besorgt dir dort eine blaue Motobecane Mirage, ein Rennrad mit 12 Gängen, Sachs-Huret-Schaltung und Weinmann-Bremsen. Es ist noch nicht das Beste, aber für den Schulweg reicht es, und vielleicht macht es dir auch keinen Spass, also ist es eine kluge Wahl: Robust, nicht zu teuer, schnell, aber keine hypernervöse Rennmaschine.

Es macht dir Spass. Denn jetzt bist du schneller als alle anderen, jetzt kannst du es den anderen im Viertel mal zeigen. Keiner ist so schnell wie du. Und keiner hat Lust, gegen dich ein Rennen zu fahren. Du bist nicht besser, du bist nicht sportlicher, aber du hast das bessere Material. Und keiner will sich von dir besiegen lassen. Nun aber kommt der Umstand ins Spiel, dass du nicht nur reiche Eltern und ein schnelles Rad hast, sondern auch einen Dachschaden. Du warst schon immer etwas brutal, du hast nie verstanden, dass es anderen weh tut, wenn du sie schlägst, aber du hast gelernt, dass deine Eltern dich schützen, und dass andere es cool finden, wenn du brutal bist. Du hast gelernt, dich im Viertel zu benehmen, und wenn du in der Schule über die Stränge schlägst, sagt dein Vater, dass es sicher die anderen waren, die weniger gut gestellten, gegen die du dich nur gewehrt hast.

Aber jetzt wurmt es dich. Du möchtest die anderen ihre Unterlegenheit spüren lassen, du willst leichte Siege, und wenn sie nicht wollen, zwingst du sie eben dazu. Zum Beispiel den jungen Porcamadonna mit seinem Tourenrad. Dem lauerst du auf. Du fährst voran, versteckst dich in einer Seitenstrasse, und wenn er vorbeifährt, schiesst du von hinten heran, und reisst ihm die Tasche vom Gepäckträger. Das machst du ein paar mal, und du bekommst dein Rennen. Er versucht, dir zu entkommen, nachdem er bei deiner Aktion gestürzt ist. Jeden zweiten Tag kannst du es ihm zeigen. Bis zu den grossen Ferien. Du gewinnst. Immer. Es ist ganz leicht.

In den grossen Ferien radelt der junge Porcamadonna zum ersten Mal nach Frankreich, mit seinem Tourenrad. Zwischen Bourg und Belfort macht es Zoing, dann nochmal Zoing, noch dreimal, und dann sind fünf Speichen am Hinterrad gerissen, das sich völlig verzogen nicht mehr bewegen lässt. Nach einer elenden Schlepperei kann man in Belfort wenig für ihn tun, er braucht ein neues Hinterrad, und der Patron des Radgeschäftes empfiehlt ihm, für weitere sportliche Aktivitäten das Tourenrad auf Garantie umzutauschen und sich gleich etwas ordentliches zu kaufen.

Dann kommt der Herbst, die Schule geht wieder los, und du freust dich darauf, endlich wieder ein Rennen zu gewinnen. Du siehst den jungen Porcamadonna weiter vorne, aber es ist gar nicht mehr so leicht, ihn einzuholen. Du kommst näher, er hat jetzt keinen Gepäckträger und auch kein Tourenrad mehr, sondern einen Rucksack und ein stahlblaues KTM-Rennrad. Er ist nicht mehr so langsam wie früher. Er ist schnell. Schneller. Es fällt ihm nicht schwer, schneller zu sein. Er ist von nun an immer schneller. Du gewinnst nie mehr. Mit 16 steigst du um auf einen Roller, das Rennrad ist dir egal, jetzt geht es um Frauen.

Mit 17 vergewaltigst du ein Mädchen, dein Vater haut dich vor dem Jugendrichter raus, steckt dich ein paar Wochen in die Klapse und schickt dich in die Schweiz in ein Internat, mit 22 kommst du bei einem Autounfall in Italien ums Leben.



Ein paar Dekaden später zieht der nicht mehr ganz junge Porcamadonna an den Tegernsee, wo er, sparsam, wie er spätestens seit dem Grunderwerbsteuerbescheid geworden ist, einen Teil der Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen gedenkt. Auf einem Flohmarkt sucht er vergebens noch etwas Besteck, aber bei einem Händler fällt ihm ein nach über 20 Jahren fast makelloses Motobecane Mirage II auf, bei dem die Schaltungsritzel nicht die geringeste Verschmutzung aufweisen. Es kann nur sehr kurz in Betrieb gewesen sein, bevor der Besitzer das Interesse daran verloren hat. Nach all den Jahren ist der Freilauf blockiert und die Schaltung verstellt, aber das bekommt er hin, er hat ja Erfahrung mit dem Schrauben. Er hat bessere Räder, sehr viel bessere Räder, ein De Rosa mit Campa Super Record wäre natürlich schöner gewesen, aber für das Einkaufen in Tegernsee sollte es reichen, es war kein schlechtes Rad, das du damals hattest, eine klassische Maschine. Vielleicht macht er auch noch einen Gepäckträger hin.

Hier gibt es schliesslich keine Perversen auf Rennrädern, die ihre Überlegenheit demonstrieren, indem sie ihn vom Rad schubsen. Die fahren hier SUV, Q7, X5, M-Klasse. Würdest du vermutlich auch machen, aber du bist tot.

Mittwoch, 23. April 2008, 15:12, von donalphons | |comment

 
Hehe,
sehr schöne Abrechnung, selbst wenn der Protagonist nur halbfiktiv gewesen sein sollte. Diese Sorte Arschloch gabs wohl an jeder höheren Schule, und nicht jedes wird so frühzeitig aus dem Verkehr gezogen, aber hey...

Sehr schönes Rad. Erinnert mich an mein erstes Raleigh-Rennrad, das ich völlig verdreckt, aber reparaturfähig aus einem Riesen-Sperrmüll-Haufen zog und wieder flott machte. Den Nachfolger, Sir Walter II, sollte ich mal wieder aus dem Keller holen.

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War er nicht. Und nachdem es jetzt schon über 20 Jahre sind, kann ich auch darüber schreiben. Es gibt den ganzen Clan nicht mehr, sein Vater starb Mitte der 90er an Krebs, seine Mutter zog in den Norden, und in der Villa wohnt jetzt ein Audi-Manager.

Überhaupt, selbst wenn solche Firmen wie Motobecane (+1984) und Raleigh (1988 übernommen, heute Fernost) seit den 80ern gegen die japanische und chinesische Industrie technisch den Kürzeren gezogen haben, sind sie dennoch erhaltenswert. Ich sah das früher, mit 20, auch anders, aber heute habe ich kein Problem mehr, wenn die Seilzüge sichtbar sind und 36 Speichen die Felgen halten.

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Robuste Verarbeitung
kann nicht schaden. Ich freu mich jedenfalls über jede Speiche die mit ihrer strapazierten Spannkraft das filigrane Konstrukt Rennrad vor dem Zusammenbrechen durch kulinarische erlebnisorientierte Mittdreissiger bewahren. So wie ich einer bin.

und wenn ich da so an die letzten Foodporns vom Don denke... Da kann Carbonleichtbau wohl schnell an seine statischen Grenzen kommen.

Wenn ich mich ma jetzt nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt habe...

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Ja, Don, geht mir ähnlich.
Ich bin damals in den frühen 90ern, als alle Welt plötzlich schwarze Laufräder fuhr, auch weite Wege gegangen, um für das blaue Raleigh (fast die gleiche Farbe wie Deins hier) die klassischen polierten Laufräder zu kriegen. Selbst an Sir Walter II, der dunkelanthrazit ist, mag ich keine schwarzen Räder dran haben (und das, obwohl ich gegen Schwarz sonst bekanntlich wenig einzuwenden habe).

Wenn ich mir jetzt ein neues Koga Myata oder was in der Art zulegen wollte, dann müsste da natürlich schon der state-of-the-art-Schnickschnack dran sein. Aber bei einem älteren Rad fände ich das irgendwie nicht so passend, ums Verrecken nen 9-fach-Zahnkranz hinten drauf zu würgen. Man muss ja auch sehen: Ich will nicht Wettrennen fahren gegen bizyklische Buntspechte oder mich den Col du Galibier hochkämpfen, sondern einfach einigermaßen flott am Niederrhein rumradeln, zwischenzeitlich auch mal in einem schönen Biergarten eine Apfelschorle zischen, vielleicht noch eine Windmühle oder eine Burgruine besichtigen - und gut is. Dafür tuts die Sachs-Huret-Schaltung und die Weinmann-Bremse allemal.

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"kulinarische erlebnisorientierte Mittdreissiger" ist eine sehr schöne Umschreibung.

Ich habe mal bei einer Insolvenz eines Radgeschäftes einen Ciclotec-Carbonrahmen gekauft, für damals 20 Mark, ausserdem liegt hier noch eine alte Cooks-Kurbel rum, eine American Classic Sattelstütze und anderes, was ich mal zu einem Testgerät für Carbon unter Schwerlast verbauen wollte, aber dazu komme ich einfach nicht. Allerdings habe ich noch ein Rocky Mountain Vertex Team, das hat bislang alles mitgemacht, trotz dünnstem Alu.

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Für den Berg habe ich übrigens noch ein buntes, grün-schwarzes Rad mit der kurzlebigen Croce d´Aune Schaltung von Campa (Pleuelgesteuert! Der Höhepunkt teurer Konstruktion allein für die Beibehaltung überkommener Optik! Sinnlos, aber heroisch!) und den verhassten Clickpedalen, das auch auf seine Reaktivierung wartet. Das ist dann eher was für die Gegend jenseits der Biergartenstrecke. Wobei es hier ausser unten am See praktisch keinen Meter gibt, der nicht irgendwie hügelig ist. Schon meine neue Adresse führt das dezente Wort "Berg" im Namen, und vom See aus geht es mit knackigen 13% hoch. Der Hügel auf dem Bild des vorletzten Beitrags ist dann schon auf 1200 Meter angekommen. Da wird man zwangsläufig trainiert (und zum Buntspecht). Das Mirage ist dann der gemütliche Biergartenkurier, besonders auch, wenn mal Gäste da sind.

Nenn mich reaktionär, aber die dicken Alubrocken mit ihren 7 cm hohen Felgen haben mir noch nie gefallen. ich möchte ein Rad mit Chromgabel, Chromstreben, Muffen, Lötung, und wer mit 14 Gängen den Berg nicht hochkommt, wird es auch mit 20 nicht schaffen. Und wenn da ein Kilo mehr ist: Mei. Ich will mich ja auch raufquälen, nicht vom Rad getragen werden.

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Schw....Felgenvergleich
Da halt ich doch gegen mit F&S 3-Gang-Torpedo mit Rücktrittbremse, F&S Trommelbremse "quietscht bei jedem Wetter" vorn, Rahmen aus St37-Stahl.

Und flaches Land natürlich, an den Gestaden von Spree und Havel ;->

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Um nochmal auf den anderen Aspekt zurückzukommen: Derartige Erlebnisse zu Schulzeiten sind nicht wirklich lustig, egal, ob die eigenen Peiniger ärmer oder reicher sind als man selbst. Alternativ sind sie körperlich stärker, älter, dreister oder auch einfach bloß in der Überzahl - habe ich damals alles am eigenen Leibe erlebt. Und immer wieder Eltern, die ihre Augensternchen in Schutz genommen haben - nach dem Motto, die Amelia wird diese Attacken schon durch irgend etwas verdient haben.

Viele fragen sich vermutlich jetzt: Warum hat sie sich nicht gewehrt? Na ja, weil sie - aus welchen Gründen auch immer - damals nicht konnte oder zumindest keinen Weg gesehen hat, selbst wenn einer da war.

Und warum hat sie das nicht längst verarbeitet? Heute würden es in der Tat wohl die wenigsten wagen, auf ihr derart rumzutrampeln, weil man als Erwachsener eben viel mehr Möglichkeiten und Freiheiten hat, das (mit ganz normalen gesellschaftlichen Methoden) zu unterbinden. Aber man vergisst die Erlebnisse der Schulzeit eben nie so ganz komplett.

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ich bin ohnehin nicht der Auffassung, dass es "sowas" nur bei Rütli und Co. gibt, ganz im Gegenteil. Der Unterschied ist halt, dass ... ich sage es mal mit einem Beispiel:

Letzten Sommer demolierten ein paar Jugendliche einige Autos in der Altstadt, und wurden dabei erwischt. Und obwohl es Nachts um drei war, kamen ihre Eltern mit den Anwälten und holten sie bei der Polizei ab.

Es ist immer die Frage, wer sowas mit welchen Mitteln glättet. Aber man lernt dadurch für das eigene Leben, es macht hart, und man lässt sich nicht auf Dinge ein, die einem schaden. Dass es dennoch zum Kotzen ist, dass es einem auch noch nach 20 Jahren hochkommt... ich habe das alles weitgehend vergessen bis zu dem Moment, als ich das Rad gesehen habe, aber dann ist es wieder da.

(Vielleicht ist es auch nur die einsetzende Demenz)

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"Aber man lernt dadurch für das eigene Leben, es macht hart, und man lässt sich nicht auf Dinge ein, die einem schaden. "

Das sehe ich auch so. Allerdings ähneln die Reaktionen mancher Mitmenschen auf derart "starrköpfiges" Verhalten durchaus dem, was man in der Schule erleben konnte. Man kann ihnen heute nur leichter aus dem Weg gehen.

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Solche Demütigungen kann man nie ganz vergessen. Die, die mir aufgelauert haben, liegen nun auch schon seit zwanzig Jahren eine Stufe tiefer. Jedenfalls hab ich gelernt, wem ich ausweichen muss und bei wem sich das verbale Verteidigen lohnt.
Zur anwaltlichen Unterstützung:
Auf dem Land ist sie seltener, doch haben wir auch einen Chefredakteur, der anwaltliche Briefe schreiben lässt, wenn der Sohn einen Mülleimer angezündet hat.

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Ich hatte mal so einen Erzfeind in der Schule, super-konservatives bessere-Spießer-Söhnchen, der war lautstark für die Todesstrafe.

Kein ganzes Jahr nach dem Abi ist er bei einem Autounfall umgekommen. So viel dazu, wenn man andere ins Jenseits schicken will...

Heimlich bin ich der Meinung, daß von jedem Jahrgang sowieso ein Jahr nach dem Abi einer tot ist, und einer Nachwuchs hat, mindestens. Ich habe es immer wieder beobachtet. Aber nicht immer holt sich, wie in diesem Fall, auch der Richtige den Darwin Award ab...

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Unsereins...
...sitzt lieber bequem (und ist doch schneller als die meisten anderen)... ;-)

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Das geht jetzt nicht gegen Sie,
wenn ich sage, dass die paar Liegeradfahrer, deren Bekanntschaft ich machte, ziemlich seltsame Typen waren.

Aber dieser Tage sah ich mal wieder so ein Teil vor der Kneipe gegenüber stehen - und verspürte zumindest einen gewissen Reiz, es irgendwann mal auszuprobieren, wie sich so ein Hobel fährt. Der Besitzer kehrt anscheinend ab und zu ein in der Beize hier, vielleicht spreche ich ihn mal drauf an.

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Das Liegen in der Öffentlichkeit
ist halt gesellschaftlich nicht wirklich akzeptiert. Egal ob es im Rinnstein, auf dem Bahnhofsvorplatz oder mit 50km/h auf einer Bundesstraße ist.

Aber irgendwie haben Liegefahrrad-Fahrer immer so einen trotzigigen Gesichtsausdruck. So wie ein Kind mit Segelohren, dem man gesagt hat, dass es damit schneller, äh besser hört.

Naja, die Liegefahrrad-WM sicher wird auch bald auf DMAX übertragen...

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Liegeräder sind echt nur was für Grüne-Wähler.

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Oder für Anthroposophen,
um noch ein wenig tiefer in die Vorurteilskiste zu greifen. Gleichwohl ist meine Neugier geweckt. Es urteilt sich doch ein wenig fundierter, wenn man selbst mal versucht hat, so eine Strampelliege vorwärts zu bewegen.

Ach ja, das motorisierte Pendant zum Liegerradfahrer pilotiert für gewöhnlich einen BMW C 1. *schauder*

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Ein Liegerad ist ein Spaßrad, und merkwürdigerweise ist es seitens der Fahrer mit einem mitunter schon verzweifelten Mut zum Sonderlingshaften verbunden.

Fährt sich trotzdem nicht schlecht.

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Tip für Schüchterne: Einfach eine Verkleidung montieren, dann wird man nicht erkannt.

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Sehr interessant...
...wie die ansonsten durchaus zu differenzierten Betrachtungen fähigen Herren hier platt pauschalisieren! Dagegen sachlich anzuargumentieren wird mir von manchen sicher erst recht als Beweis grünfundamentalistischer Sonderlings-Trotzigkeit ausgelegt werden, daher steige ich gar nicht erst darauf ein. Wer sich freilich aus erster Hand einen Eindruck verschaffen will, sei hiermit zu einer ausgiebigen Probefahrt rund um das schöne Fürth (Bay) eingeladen: Wer einmal auf dem Straßen-Tretboot dahingeglitten ist, sieht meist keinen Grund mehr, sich jemals wieder Arsch und Hände zu martern oder sich den Hals nach schönen Aussichten unnatürlich zu verrenken. Aber mei, jeder wie er mag...

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Äh.
Welche differenzierten Betrachtungen?

Ich habe es ein paar mal probiert, mir fehlte beim Liegerad aber das Brutale, der Kampf der Schmerz und der Sieg. Es gibt halt einfach Leute, die wollen sich mit 42-24 hochschinden, mit Sturzbächen von Schweiss über dem Lenker und zitternden Lippen.

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... kommt man mit einem Liegerad den Col d'Allos hoch?
Und was ist mit dem Mont Ventoux?

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Liegeräder sind nicht so der Hit auf Feld- und Waldwegen, eher was für stille Landstraßen.

Und ob man damit auf den Schachen kommt bezweifle ich auch.

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Lokale Liegeradbetrachtungen
Zunächst begrüsse ich den Don in der 40min-um-den-See-Gruppe (natürlich in beiden Richtungen...).

Ich war darselbst am letzten Sonntag mit dem Rad tätig (auch um den Tegernsee), Zwischenergebnis:
2 Liegeradfahrer in der Eben überholt und 2 Mountainbiker am Berg.

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Ich hätte nichts dagegen, als grüner Öko-Schluffen und seltsamer Sonderling angesehen zu werden; mich juckt eh genau gar nicht, als was ich angesehen werde.

Ich habe so ein Ding auch mal ausprobiert.

Mit so einem Liegerad ist man gaaaaaaanz weit unten, sieht nix, und wird auch nicht gesehen. Damit sind wir dann wieder beim vorzeitigen Ausscheiden aus dem Spiel des Lebens...

Ein normales Fahrrad, von dem aus ich den Verkehr auch überblicken kann, ist mir bedeutend lieber!

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Ja, der Schulhof-Bully
Mit dem hatte ich auch zu tun. Sehr intensiv. Er war 16, ich 14, und er mochte mich nicht. Andere zog er ab, mich mochte er nicht. Das war schmerzhaft. Der Altersunterschied ist in dieser Zeit sehr groß.

Beschwerden bei meinem Vater halfen nichts. Wehr di, Bua.

Tat ich, und kam mit blutigem Gesicht heim. Mein Vater war nicht erbaut. Bist doch a starka Bua, den packst du doch.

Erst dann erfuhr er, dass der andere nicht nur älter war, sondern mit Schlagring operierte. Da nahm mich mein Vater zur Seite.

Zwei Tage später war es soweit. Bevor der Schlagring zum Einsatz kam, landete eine Plastiktüte in der Fresse des Bully. Sie war gefüllt mit vollen Coladosen. Überraschungseffekt. Dazu noch ein Tritt in die Weichteile. Das Problem war erledigt. Dessen Nase auch. Ja mei.

Sein Vater kam dann tatsächlich zu meinem und wollte sich beschweren. Mein Vater hat ihn nur ausgelacht.

Der Bully musste die Schule wechseln.

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Tja, mein Schulhof-Bully
... musste dann auch die (Grund-)Schule wechseln. Der Witz war, dass irgendwie alle Schüler vor ihm Angst hatten, was wohl weniger mit seinen Kräften zu tun hatte, sondern mit seiner Aggressivität und planvollen Kontinuität. Täglich verkloppte er einen Schüler - daran hielt er sich eisern. Alle dachten, dass er wohl mächtig stark sein müsse. Irgendwann hieß es dann, "der wartet auf dich". Alle in der Schule wussten es, mir wurde es in den Pausen fast ein dutzend mal gesagt und tatsächlich, als die Schule zuende war, wartete er brav am Schulausgang. Ich versuchte ihn zu ignorieren, und ging nach Hause, irgendwann fing er dann zu schubsen an, und ich, schmächtig, Brillenträger und ziemich genervt von der Aussicht, von ihm verprügelt zu werden, ging unvermittelt und heftig zum Angriff über. Er wurde erfolgreich ins Gebüsch geschubst, in einem hinterher nicht mehr so hübschen Vorgarten, bekam meinen Ranzen ein paar mal über den Kopf, meine Knie auf seine Brust und dazu die Frage, ob er mich in Zukunft in Ruhe lassen würde. Weil er das klugerweise bejahte, schüttelte ich ihm freundlich die Hände, half ihm auf, und ein paar Minuten später fragte mich der Schulhof-Bully, ob ich seine seine große Eisenbahn mal sehen möchte.

Kurzum: Der war eigentlich nur auf der Suche nach einem Freund.

Seine Eisenbahn war auch superklasse, schön groß, seine Eltern waren doofe Spießer, aber eigentlich ganz nett und überdies sehr besorgt. Blöderweise hatte der Kerl so viel Mist veranstaltet, dass er, und damit meine Eisenbahn, an eine andere Schule wechseln mussten, obwohl es hieß, dass er nicht mehr prügelt. Das wurde ihm aber nicht etwa als bessere Einsicht ausgelegt, sondern führte dazu, dass sich die Lehrer nun plötzlich trauten, sich um den schwierigen Fall zu kümmern.

Dass der kleine Kerl bei unserer Schubserei den kürzeren zog, lag eigentlich nur an meiner Riesenangst, die mich sauwütend machte, und an dem Zufall, dass er stolperte und dann extrem unglücklich fiel. Schwein, was ich war (bzw. ängstlich, wie ich war), habe ich mein Kampfglück maximal ausgenutzt - und hinterher dachte er wohl, unkomfortabel im Gebüsch liegend, Nase blutend, Knie auf der Brust, dass ich wohl doch etwas stärker sein müsse als er.

Was zwar ein kompletter Irrtum war, aber mir während der Grundschulzeit sämtlichen Ärger vom Hals hielt. Seine "Niederlage" sprach sich nämlich rum, und irgendwie war er wohl, Markus hieß er, sogar stolz, dass ich ihn verprügelt hatte, und danach sein Freund war. Tja, keine vier Wochen später flog er von der Schule.

Eigentlich ´ne blöde Geschichte. Aber so war das.

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was ihr jungs alles auf euren fahrrädern erlebt habt!:) jetzt mal hand auf's herz: wie oft wird heute noch radgefahren am berg? (egal, mit welchem rad.) in berlin sieht man die ganzen kleinen jungs, inzwischen um die fuffzig und beruflich arriviert, mit dicken bäuchen auf irre teuren rennrädern herumfahren - und das ist kein schöner anblick. schlimmer als porsche fahren, weil erheblich weniger sexy. und alles andere als sportlich auch. scheint was männliches zu sein, diese verwechslung von technik und sportlichkeit.

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Wir haben hier Räder und Berge. Da haben Bäuche keine Chance.

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@Doc Dean
Ging bei mir so ähnlich. In Wut und mit ein wenig Glück einmal richtig auf die Nase. Gab zwar Ärger mit den Eltern, aber verschaffte Ruhe.

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Ich frage mich trotzdem, warum Erwachsene von Kindern immer erwarten, dass sie sich mit handgreiflichen (und unfairen) Attacken wiederum mit Handgreiflichkeiten wehren. Wenn die Kinder dann groß sind, würden sie für die gleiche Handlung schließlich ins Gefängnis wandern.

Bei mir hat die Methode nämlich irgendwie nie funktioniert - zum einen, weil gegen große Jungs (vor allem gegen mehrere große Jungs gegen ein für sein Alter klein geratenes Mädchen) nur schwer anzukommen ist, zum anderen, weil ich mir immer gedacht habe: Mir tut es weh, wenn mich einer haut, und genauso weh würde es dem anderen tun, wenn ich erfolgreich zurückhaue - kann das eigentlich so richtig sein?

Man sieht schließlich schon im Grundschulalter, dass Gewalt unter Erwachsenen nicht erlaubt ist und mehr oder weniger hart bestraft wird. Bei Kindern untereinander schauen Lehrer und Eltern dagegen einfach zu, zucken die Achseln und sagen: Soll sie sich halt besser wehren. Als Kind (und auch heute) konnte und wollte ich das einfach nicht begreifen.

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Bei mir war das Anfang der 70er Jahre. Da war die gesellschaftliche Wahrnehmung von Gewalt noch anders. Meinen Sohn würde ich sicher ins Gebet nehmen.

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Bei mir hat sich das 15 bis 20 Jahre später abgespielt (vielleicht waren die Details weniger brutal, aber trotzdem). Würde mich sehr freuen, wenn sich die Dinge wenigstens seitdem geändert hätten.

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Gibt ja auch heute noch Männer, die es bedauern, dass Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen werden anstatt bei einer zünftigen Schlägerei...


Der Unterschied zu Kindern ist aber auch:
In der Erwachsenenwelt wird Status anders ausgehandelt, bei Kindern aber immer noch zu einem großen Teil über körperliche Überlegenheit. (und wenns nur darüber ist wer besser Fußball spielt)
Und wer "petzt" ist sowieso unten durch, also ist der "Rechtsweg" auch schwerer zu beschreiten.

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Im Rütli-Milieu bin ich übrigens auch nicht aufgewachsen, möchte ich mal anmerken, bevor irgend jemand auf die Idee kommt, dass Schüler-Mobbing in handgreiflicher Form nur dort denkbar sei. Zwar nicht ganz so fein wie (mutmaßlich) im Fall des Don, aber diese Ereignisse haben sich im "besseren" Teil einer Kleinstadt abgespielt.

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Hinter welcher Müllhalde seid Ihr denn aufgewachsen?

Igittigitt. Igitt.Das mag man sich gar nicht vorstellen.

Gewalt, so was gab's bei uns nicht. Ja, mal eine Rauferei zum Spass, und wir hatten ne Menge Spass.

Das hätten auch die bodyguards gar nicht zugelassen.

Bis auf einmal, geb ich zu, als einer der Weizsäckerbuben unverschämt wurde. Da ging dann der Gärtner bei denen vorbei und Ruh' war.

Ich glaub, mit der Kettensäge. Oder war's das handliche Spaltbeil?

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Bei uns wurden auf Schulhofprügeleien Arme ausgekugelt, und ich bekam im Werkunterricht eine Schusterahle bis aufs Heft in den Oberarm gerammt. Prügelfreie Tage gab´s überhaupt nicht, auch nicht auf dem Gymnasium.

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dieses rad habe ich vor zwei monaten ebenfalls auf einem flohmarkt für sechzehn euro erstanden.
irgendwelche banausen hatten einen billigen trekking-lenker montiert, ansonsten wars ziemlich in originalausstattung (incl. der campagnolo-schalthebel).
es ist jetzt in guten händen, wieder mit rennlenker und grauem lenkerband! - und bekam dort den namen ares...

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Glücklicherweise blieben mir als Kleinstadt-Bewohner derlei Zwistigkeiten erspart. (Ich bin auch eher der Mountainbike-Typ.)

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@Mit 17 vergewaltigst du ein Mädchen, dein Vater haut dich vor dem Jugendrichter raus, steckt dich ein paar Wochen in die Klapse - da machte nach dem Zweiten Weltkrieg ein Psychiater, führender Euthanasie-Mörder, ein Gefälligkeitsgutachten für den vergewaltigenden Sohn eines Ministerpräsidenten und wurde zum Dankeschön dafür von Pastor Heinrich Albertz zum Leiter eines LKHs und Sachverständigen für Wiedergutmachungsangelegenheiten ernannt.

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*scnief*
danke für den Artikel, auch wenn er in einer Wunde bohrt: mir ist MEIN Motobecane in wunderbarem mattem silber und mit dunkelbraunem Lenkerband (frag mich nicht was für Material, aber jedenfalls nicht das neumodische Zeug von heute) vor ein paar Monaten geklaut worden...

Bei meinem Basso tat das schon weh (klassischer italienischer Stahlrahmen, was anderes fährt der wahre Rennradler nicht!), aber das ließe sich ja auch einfach neu kaufen - der Verlust ist hier ein vor allem materieller. Aber mein Motobecane, das ich über ebay für kaum fassbare 57 Euro zugeworfen bekommen hatte, ist nicht so leicht ersetzbar.

*seufz*

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Ja,
das hängt überhaupt nicht am materiellen Wert. Mein erstes Raleigh-Rennrad (Reynolds-Stahlrahmen) hab ich wie gesagt auf dem Sperrmüll gefunden und mit Teilen für knapp hundert Mark wieder flottgekriegt. Wurde mir Jahre später aus dem Hinterhof geklaut. Mögen dem dreisten Dieb alle Extremitäten abfaulen. Das jetzige hatte eine Kollegin bei der Fahrradversteigerung der Bahnpolizei erstanden und mir dann günstig vermacht, als sie nachwuchsbedingt was weniger filigranes suchte. Und um ihm das Schicksal des Vorgängers zu ersparen, hab ich Sir Walter II immer brav in den dritten Stock getragen.

@Lenkerband: War es vielleicht noch klassisches Korkband?

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