: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 29. Dezember 2005

Digiknipsen, Flickr und ähnliches Höllenzeug

Eine prinzipielle Sache wegen der Lesung und anderer Events: Ich bin da vorne und trete praktisch auf einer öffentlichen Veranstaltung auf. Sprich, theoretisch kann jeder ein Bild, 100 Bilder von mir machen und sie online stellen, wie bei den anderen auch. Nur, ich (und damit bin ich nicht allein) habe damit inzwischen ein Problem. Und das sieht so aus:

Auf so einer Blog-Lesung rennt inzwischen die Mehrheit mit solchen Knipsen rum, macht wild Bilder von allen Beteiligten und kümmert sich einen Dreck darum, ob die Leute so eine Veröffentlichung wollen, am besten noch schön mit Namen getagged, damit es auch jeder im Internet findet. Das Flickrn auf Teufel komm raus ist eine Unsitte, mit Verlaub. Und Blitze von vorne aus zwei Meter Abstand stören Lesende erheblich.

Deshalb die Bitte: Geht hin, habt einen guten Abend, hört schöne Geschichten und amüsiert Euch mit den Anwesenden. Aber lasst die Drecksknipsen daheim, wenn Ihr auf die Idee kommen solltet, das alles hochzuladen. Ich kann mit 1 Stimmungsbild leben, aber die ganzen SD-Karten nachher bei Flickr saugen kräftig. Ich will da vielleicht auch mal jemand umarmen, ohne mir am nächsten Tag Bilder einer angeblichen heissen Beziehung anschauen zu müssen. Der Teufel ist ein Eichhörnchen und der Blogger eine sensationsgeile Sau, da muss nicht noch nachgeholfen werden. Soviel Achtung vor der Privatsphäre anderer Leute erwarte ich mir schon. Und danach zu schreiben, wer alles da war und wen ihr gesehen habt und nicht sprechen konntet weil der mit der anderen da die ganze Zeit geredet hat und das alles noch verlinken, ist auch ziemlich bescheuert, wenn ich das mal so sagen darf. Wer am nächsten Morgen sowas tut, beweist nur, dass er niemanden gefunden hat, um eine vergnügliche Nacht zu erleben.

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Winternichtreise

Allein schon das Aufstehen. Ich habe Dachflächenfenster. Nicht, dass das innen besonders auffallen würde, denn das Dach ist, typisch für die Renaissancearchitektur nördlich der Alpen, mittelalterlich steil. Aber es reicht, dass der Schnee auf den Fenstern liegen bleibt. Was bei meinem ohnehin an der amerikanischen Ostküste orientierten Tagesablauf die fatale Folge hat, dass ich mich angesichts der herrschenden Dunkelheit um 9 Uhr mit gefühlten 6.30 Uhr eher nochmal zum weiterschlafen umdrehe, statt aufzustehen und etas Sinnvolles zu tun.



Schliesslich meint es das ausbleibende Schneechaos gut mit der Provinz, es liegt gerade mal so viel von dem Zeug rum, dass es schön in der Sonne funkelt, beim Schneeräumen aber nicht in Arbeit ausartet. Die Stadt ist voller zufriedener Leute beim shoppen, die über Handy ausdiskutieren, wo sie sich nachher beim Essen treffen und sich gegenseitig die quengelnde Brut präsentieren. Die übrigens ein guter Grund sind, warum ich hoffe, dass gewisse Schichten hier nie auf die Idee kommen, ihr Leben und den nach etlichen Studien- und Berufsfehlversuchen biologisch erfickten Lebenssinn als Blog ins Netz zu klatschen.

Reicht schon, wenn sie einem im Cafe das Zeitungslesen versauen. "Aktionärs-Club «Goya» beginnt mit Anlaufschwierigkeiten", lese ich eine Agenturmeldung, da feixt die Provinz und bestellt sich noch schnell einen Prosecco. Nur 39 Menschen sind dieses Jahr im Verkehr ums Leben gekommen, da hatte ich wohl Pech, dass ich drei davon kannte. Der Bürgermeister des nächsten Dreckskaffs beschwert sich in einer pflichtschuldigst abgedruckten Pressemitteilung, dass die DSL-Versorgung "wie in einem Entwicklungsland" sei - in fact hätte ich gedacht, dass Bayern jenseits der paar grossen Städte immer Entwicklungsland ist. Vermutlich steckt die CSU dahinter, wer will hier schon Pluralität und Meinungsfreiheit, die sollen am Sonntag in die Kirche, das reicht dann an Kommentaren. Zur Bibel natürlich, was denn sonst, der Trend zum Zweitbuch ist hier nicht zu bemerken.

Weitere Top-Meldungen des Tages:
Beilngries - Starke Buchen an Steilhängen und Vorbildfunktion
Ah ja. So so.
Hilpoltstein - Fernseher und Spielkonsole rauben Kreativität
Wer Hilpoltstein kennt, muss sich wundern. Ich kannte mal eine von dort, das war der grösste Dallasfan der Schule mit passender Frisur, und ihr Paps, damals hohen Viech in der örtlichen CSU, holte sie mit einem Dallas-Mercedes-SL an der Schule ab. Sie nannte sich Mary-Lou statt Maria. Wenn das mit der Kreativität den Hilpoltsteinern erst jetzt auffällt, dann sind die in etwa die Kleintierzucht-Checker, für die man sie gemeinhin hier in der Provinzstadt hält.
Neuburg - Schüler bekommen Durchfall nach Döner
Das bestätigt hierzulande natürlich alle Vorurteile gegen Islamisten, Frau Osthoff, den Türken als solchen und seinem Frass im Besonderen, und die Kuh in dem Döner war ganz sicher keine bayerische, eh klar. Die braunen Puppen müssen Neuburger sein, vielleicht machen sie ja dort das prowestliche Neoconnardtreffen 2006.

Ruhig fliessen so die Tage in der Provinz dahin, das Weltbild stimmt, das Geld stimmt auch, mia homs jo, und ich stelle beim Blick ins Internet fest, dass in Mantua momentan auch nur 5 bis 7 Grad zu erwarten sind. Dann bleibe ich eben da.

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Jahres-Blogbilanz Teil 3

Und nochwas, was nicht im Sinne der Erfinder lief: Die Wahlblogs. Und dann gibt es noch diesen hübschen, finalen Skandal um den Blogcounter.

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