: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 18. Dezember 2006

Die beiden Russen

sitzen auf der Skaterrampe, diesem Dokument westlicher Dekadenz, und haben neben sich die Relikte vergangener Sowjetherrlichkeit gestapelt. Rund sind sie, zufrieden in der warmen Halle, sie lachen und freuen sich über Kundschaft.



Marienfiguren, Sowjetschick, alter Christbaumschmuck und Lametta für die Brüste der sozialistischen Arbeiterhelden, mitunter auch ein verrostetes Stück Abfall der Wehrmacht. Das alles ist ihnen eins, Hauptsache, es verkauft sich. Wobei aber zu bemerken ist, dass Totalitarismus gar nicht mal so gut läuft, ganz im Gegenteil: Profan sind die Objekte, mit denen sie ihr Hauptgeschäft machen.

Sie lachen herzlich, als ich ihnen vorschlage, die Kerzenhalter billig zu erwerben, ich lache über ihre Preisvorstellung und verlange ob des Wetters einen Regenpreis, sie lachen noch mehr, denn wir sind ja in der Halle, der Regen ist draussen, und ich schlage vor, nach draussen zu gehen, und weil wir so viel gelacht haben, einigen wir uns. Nur auf das Stamperl Vodka - oder Obstler? sie haben vieles! - darauf verzichte ich.

Nichts kapitalistisches auf der Welt, kein anderer Konsum macht je so viel Spass wie der Antikmarkt mit seiner gnadenlosen Nachfrage- und Angebotspolitik, es ist die Verkörperung des reinen handels, dirket, verschlagen, mit allen Tricks und Finten, ohne Staat, Steuern und Buchführung, und ohne Berater ... wobei ... beim Hinausgehen:

Da standen zwei ältere Männer hinter einem Stand, nicht wirklich schlank und auch nicht gerade fein angezogen. Der eine hielt eine dieser seltenen, rosanen, bemalten Glasvasen der Zeit um 1880 in der Hand, und fragte ein Ehepaar, genauer dessen weiblichen Teil Rosi vor dem Stand:

Du Rosi, schaug amoi, dea wui fia de schene Vosn 130 Öiro, owa i hob eam gsogt, i gib eam 100. Wos moanstn Du?

Darauf Rosi in dieser unnachahmlich direkten bayerischen Art:

I moan, de is a greislichs Glump.

Ich liebe es.

Edit: Auch in Hamburg ist Flohmarkt.

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Ich war heute etwas investigativ.

Weil mir die anderen einfach nicht genau genug hinschauen. Wie ich Abschreiber verabscheue. Das ist einer der Gründe, warum ich ungern auf Pressekonferenzen gehe, diese erbärmlichen Wichser der eigenen Zunft, die alles verraten und verkauft haben, wofür Journalismus früher einmal stand. Diese erbärmlichen Speichellecker. All die mittelgrossen und kleinen Bar*ns, T*ris, Bl*mencrons, diese Kohorten der Laller & Umfaller und Pappkameraden des angenehmen publizistischen Umfelds, die Jasager, die an ihr Essen Denker, die Jubelperser, ich krieg Zustände, wenn ich an die denke. Da hilft dann nur eines: Ab und zu mal wieder hart journalistisch hinlangen. Damit es irgendwo steht. Damit die Arschkrampen der Lügenindustrie ab und zu wenigstens ein bischen merken, was Schmerz heisst. Danach geht es wieder prima, bis sich der nächste Klotz aufstaut. Wie auch immer: An der Blogbar kriegt Facebook.com Rizinus zu saufen. Und in der Flasche ist noch massig saft für andere.

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