: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 13. Dezember 2006

Real Life 13.12.06 - Das Ende des Glaubens

Du gehst in Richtung Gärtnerplatz, und als du an den Gemüsestand kommst, steht da dieser breite, schwarze Sportwagen. Ohne Licht, auf dem Bürgersteig, brettlbreit und miserabel geparkt, wenn man das so sagen kann im absoluten Halteverbot. Ah ja, es gibt also noch mehr so Typen wie die Haifischdame, die macht das auch immer so und jammert, wenn sie abgeschleppt wird, geht es dir durch den Kopf, und beiläufug fällt der Blick auf das Nummernschild. Es sieht nicht nur aus wie der Wagen besagter Frau, er ist es. Und dir fällt wieder ein, wie es war, als du sie das letzte Mal zu diesem Parkplatz an den Ostrand von München fahren musstest. Wie sie die wirklich unschuldigen Angestellten dort angeschnauzt hat. Und wie sich die erfolglosen Versuche, der Stadt München einen Teil der Strafe nur aus Prinzip wieder abzunehmen, zu einem Dauerthema beim Essen entwickelten. Das war keine angenehme Zeit. Und weil immer alles zusammen kommt, gleitet aus dem Schwarz der frühen. langen Nacht, ein Polizei-BMW heran.

Du legst deine Tüte mit den Büchern auf die Klappe, hinter der sich nach optimistischer Einschätzung des Prospekts sowas wie der "Kofferraum" befinden soll, wuselst herum, zückst den Autoschlüssel und tust so, als ob das deiner wäre und der Aufenthalt an dieser Stelle sofort, augenblicklich beendet werden würde. Der Polizeiwagen wird langsamer, hält an, schaut rüber, und du deutest mit dem todtraurigsten aller "Die dumme Punze verschleudert da drin gerade mein sauer verdientes Geld für widerliche Pumps"-gesicht auf den eklusiven Schuhladen neben dem Wagen. Der Polizist am Steuer nicht verständnisvoll und fährt weiter.

Nicht mal 10 Minuten später erschint der Haifisch mit zwei riesigen Tannenimitatgirlanden aus dem Blumenfachgeschäft und ist überrascht, dich zu sehen. Du überschüttest sie mit Vorwürfen, sie sagt Oh und meint, wenn du eh grad da bist, kannst du dich neben die Girlanden quetschen und sie zum ersten Haus am Platz begleiten, denn sie braucht dort noch Deko. Und nachher jemand zum tragen. Sagt sie nicht, aber es wird sich schlussendlich so herausstellen. Denn das erste haus am Platz ist voll mit Dingen, die man offensichtlich heute haben muss.



Es ist wahrlich nicht dein Ding, diese zartgläserne, schreiendbunt indezente Welt, dieser christlich lackierte Rosenmontag, denn den Winter könnte man getrost streichen und dieses Fest da ist nun wirklich kein sach naches. Jedes Jahr das gleiche Getue, es ist ein Graus, und hier ist die dafür geschaffene Aufrüstung.



Wobei manches eher nach langfristigem Investment aussieht, die hier etwa könne auch noch bis Fasching hängen bleiben. Oder bis Ostern. Das ist die neue Beliebigkeit in Festen ohne Sinn und Bedeutung, anything goes. Ausser für die Freisinger Chanel-Mami, die den Shopping-Sinn verstanden hat und deren Tochter diesen gerade abgelichteten Eisbären sogleich mitnimmt, nicht aber die Pumps - sonst könnte die Tochter noch auf Ideen kommen.



Ja, sagt die Haifischin und wedelt aufgeregt mir den Flossen, von denen hat sie schon ein Dutzend und diese Katze hat es ihr besonders angetan, aber wirklich verliebt ist sie in das Krokodil mit roten Pumps und weissrosa Söckchen und rosa Schleifen, das es als Salzstreuer, Handtasche, Kerzenhalter und normale Figur gibt. Du lächelst schief, worauf sie eines für dich nimmt, und nimmer gelingt es dir, sie von dem Vorhaben abzubringen - das unrecht Verhalten gegenüber der Polizei zieht also unrecht Gut als Belohnung nach sich.



Und natürlich gibt es auch verschiedene Sorten Cat Content, manchmal nett, manchmal als Weihnachtsbaumkatze auch entwürdigend. Dennoch ist das eine gute Gelegenheit, etwas für Iris mitzunehmen, und so geht auch die Katze in den grossen Korb, der sich mittlerweile mit Kugel aller Art gefüllt hat.



Fast aller Art. Die Nicoletta-Pinups (in der bösen alten Zeit kannstest du mal eine aus der Oberpfalz stammende Marketingversagerin, die hiess Nicoletta und hat sich ihren Job ähnlich offenherzig erfickt) und die Exhibitionisten-Nikoläuse sollten vielleicht besser gewissen Stalkergruppenjahrestreffen bei einem bekannten Berliner Startup vorbehalten bleiben. Und dann, als alles schon vorbei ist und du an der Kasse die Tüten in Empfang nimmst, siehst du das noch:



Christbaumteufelsquietscheentenkugeln.

Keine Frage, Gott ist tot, und das Gebähren seines Sohnes kann er sich sparen. Naja, vielleicht konvertiert er ja zum Islam, die sind noch anders drauf, da hätte auch der Häretikerschlächter Thomas von Aquin noch seine Gaudi, da gäbe es sowas nicht im ersten Haus am Platz.

Aber die, da bist du dir sicher, kriegt ihr auch noch: Mit der fiesen Geheimwaffe der Globalisierung, den Ramadanbaumteufelsquietscheentenkugeln. Eine nimmst du mit und hängst sie an einem roten Seidenband über das Gästebett.

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Keep the fire burning

unter den unruhig rutschenden Berliner Startuppern. An der Blogbar wird flambiert.

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