: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 31. Dezember 2006

Sehr zu empfehlen - Gipsköpfe oder kauft beim Italiener

Wer in Italien oder Griechenland Museen besucht, kennt vermutlich die langen Reihen von Gipsnachbildungen der Exponate, die in den angegliederten Shops verkauft werden. Oder auch die unvermeidlichen Stände davor, an denen das Gleiche in erheblich schlechterer Qualität kaum billiger angeboten wird. Solche Mitbringsel haben eigentlich allerbeste europäische Tradition, denn die jungen Briten, die man im vorletzten Jahrhundert auf die Grand Tour schickte, kauften diese Figuren in grossen Mengen, um sie dann zu Hause als Beweis ihrer Bildung auf den Kamin zu stellen. Und weil die wissenschaftliche Beschäftigung mit antiker Plastik gut 150 Jahre älter ist als die Photographie, und Figuren am besten immer noch in drei Dimensionen wirken, schickten sich auch Sammlungen nördlich der Alpen an, das Wichtigste, was man nicht mehr zusammenrauben konnte, als Gipsabguss zu erhalten.

Was da also von Verona an Richtung Süden angeboten wird und vielen als Kitsch erscheint, ist ein mehr oder weniger gesunkenes Kulturgut. So eine mediceische Venus sieht neben einer Lavalampe auf der Glotze natürlich bei weitem nicht so elitär aus, wie als singuläres Exponat in der Bibliothek. Aber angesichts der von den Römern praktizierten Art, jedes griechische Original von Sklaven nachbohren und an jeder unmögliche Stelle aufstellen zu lassen, kann man auch dafür noch Verständnis haben. Ich allerdings bin dieses Jahr ohne einen Blick auf die Figürchen an den Ständen vorbeigelaufen, denn, so dachte ich, was ich brauche, beschaffe ich mir im Museumsshop in München. Da weiss man, was man bekommt. Nicht angeblich echtes Alabaster, sondern hochwertige, ehrliche Gipsabgüsse.

Ich habe solche Figuren früher auch schon ein paar mal gekauft. Wenn ich nichts anderes gefunden habe, wenn es bei einem Deal dabei war. Und ich dachte mir, es lohnt sich nicht wirklich, denn besonders alt und wertvoll sind die Abgüsse nicht. Was die Freude des Wissenschaftlers angeht, sind sie nicht fein genug, da greift man wirklich besser zu den Produkten aus München. Dachte ich. Und ging vorgestern frohgemut zur Glyptothek. Um dort festzustellen, dass mein Etat für den billigsten Gipskopf gerade mal bis zur Unterlippe reichen würde: 495 Euro sagte das Preisschild an einem Köpfchen minderer Grösse, von dessen Sorte ich ein halbes Dutzend brauche. Zwei poplige Repliken von Tanagrafigürchen hätte ich mir kaufen können. Dabei sind Tanagrafiguren antiker Brutalkitsch, vergleichbar mit Meckiigeln und Heidiluftballons.



Und ich habe in Italien nichts gekauft... und so fuhr ich nach Hause, ging nach oben, wo die von mir gering geachteten alten Gipsabgüsse stehen, entschuldigte mich bei Zeus, Herkules, Venus und dem beim Hebräer Verfolgen ersaufenden Pharao für mein Verhalten, und brachte sie nach unten, wo schon die Konsolen auf sie warteten. Wenn ich daran denke, wie oft ich so etwas liegen gelassen habe, vergeht mir der Hunger. Denn vermutlich werde ich jetzt Woche um Woche vergeblich nach dem suchen, was ich so abschätzig betrachtet habe. Oder ich muss bis zum nächsten Italienurlaub warten.

Ich Rindvieh.

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Nichtoskana

Nach einer kleinen Spritztour ins Voralpenland macht es den Anschein, als könnte ich kommendes Jahr eine gewisse Zeit dadurch aufwerten, dass ich einen neuen Drittwohnsitz einnehme: Man überlegt auf Seiten des Clans ernsthaft, eine alte Familientradition a la 1900 wiederzubeleben und sich einen kleinen Sommersitz am Tegernsee anzulächeln. Nichts grosses, lediglich eine Wohnung mit Balkon, aber so, wie ich die Clanmitglieder kenne, wird das Ding drei Viertel der Zeit leer stehen. Und das heisst sturmfreie Bude. Kenner dieses Blogs wissen vielleicht, dass ich dort Bekannte habe, ausserdem kann man dem See eine gewisse Schönheit nicht absprechen, und von dort aus ist man in 30 Minuten in Hall, in weniger als einer Stunde in Innsbruck und in zwei Stunden in Italien. Warum also nicht einen Teil der Zeit dort verbringen.

Ja, die CSU-Prominenz nebenan ist ein Schönheitsfehler, genauso schlimm wie die Lega Nord am Lago und die FPÖ in Kärnten. Desto reizvoller die Gegend, desto mieser die Politik, gesteigert zu betrachten in Thailand, Indonesien, Burma und von den Arkaden des bayersichen Landtages aus. Dieser grandiose Blick auf die Isar, und davor diese Kotzbrocken, es ist unfassbar, aber gut, am Tegernsee kann man sich aus dem Weg gehen. Die gehen Viecher abknallen und Landrätinnen mobben, ich geh cabriofahren. Wenn der Clan das Angebot annimmt. Was mich überrascht: Der Tegernsee ist mitunter immer noch billiger als das vernebelte Donautal.

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