: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 16. Oktober 2007

Empfehlung heute - An den Rhein,

nach Rüdesheim mit dem rüden Holgi.

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Real Life 15.10.07 - Das Dirndl

Es ist immer von Vorteil, freundlich zu Putzfrauen zu sein - selbst, wenn man keine benötigt. Putzfrauen bekommen jeden Tag die weniger schöne Seite des Lebens serviert, um damit gründlich aufzuräumen; sie sind profunde Kennerinnen dessen, was andere abgelegt, vergessen und verdrängt haben, und zu dessen erfolgreicher geistiger Entlastung sie gern den Ablass von ein paar Euro die Stunde zahlen, ohne zu bedenken, dass die Erinnerung nur weiterwandert an eine Dritte, deren Diskretion bestenfalls durch Desinteresse bewahrt wird, im schlimmsten Fall jedoch dazu führen kann, dass du etwas über das schäbige Verhalten einer illustren Münchner Persönlichkeit des allzu bekannten Wirtschaftslebens schreiben könntest - es ist nämlich so:

Drei Türen weiter, im Saal, ist gerade wenig Platz. Ganz erstaunlich, was alles so in diesen Raum hineinpasst; ein Brand dürfte da nicht ausbrechen, und das, wo doch die Luft da drinnen brennt, vom Phosphor der schlechten Neuigkeiten und dem Napalm, das verschütteet wurde mit einem vergeigten Prozess und erneutem Wechsel der Anwälte, die nun erst mal das Werk der anderen Anwälte mies machen. Wie es nun mal so ist, wenn der vermeintlich billigere Rechtsvertreter durch Unfähigkeit genz erheblich teurer wird und im Wissen um die verlorene Sache und die grenzenlose Wut der Mandanten, die keine Weiterbeschäftigung mehr zulassen wird, jetzt noch schnell Kasse in mittlerer sechstelliger Höhe machen will. Am besten den ScheisskerLLP auch noch verklagen, ist eine der Ideen, die sie da drin jetzt sicher haben werden, statt sich wie früher in den 90ern durch virtuell erworbene Vermögen glücklich zu preisen. Was genau sie da drin sagen, ist nicht dein Problem, du transportierst nur die Haifische, und jetzt kannst du auch nichts tun, wie die Putzfrau, die eigentlich schon durch ist und jetzt nur noch den Saal machen muss. Und weil hier kein Internet ist, und als Lesestof nur Akten und Anlageprospekte, die die Lüge von 8% Rendite garantieren, redest du mit der Putzfrau über dies und das, über den Chef und über das Putzen, das du auch kennst, schliesslich machst du es selbst.

Wia long moanasn´S dos des n dauat, fragt sie irgendwann, denn sie will heim, sie muss sich um die Enkel kümmern, denn ihre Tochter macht Abendschicht in einer Gastwirtschaft und der ihr Mann, mei, das kennt man heute ja, Scheidung nach fünf Jahren und zwei Kindern, Hundskrippe, de Menna, heute, jedenfalls muss sie um sieben daheim sein, und davor noch zur Post., die ja schon um sechs zu macht. Weil sie da nämlich für die B., Anwältin in diesem Hause und berüchtigt für ihre mangelnde soziale Intelligenz, ein Kleid zurückschicken muss. Noch heute.

Es is nämlich a so, fährt sie nach einer kurzen Kunstpause fort, die Du genutzt hast, um interessiert die Augenbrauen nach oben zu ziehen und damit dein Einverständnis zur Indiskretion signalisiert hast, die B. wurde vom berühnmten X., den man allenthalben im Müncher Lokalfernsehen sieht und der - ohne jede Form von Selbstbescheidung - so eine Art "Mörtel" Lugner der Oberbayern sein möchte - auf das Oktoberfest eingeladen. Keine gute Idee, wie du selber weisst, der du mit drei anderen hier den härtesten Kern der festfeindliche Opposition stellst; die B. ist auch so eine, die da keinesfalls hin will, aber sie will ja auch sonst nicht, nie, nirgends, es ist eine, die am liebesten 16 Stunden am Tag arbeitet, und dann daheim, geht das Gerücht, das viele schöne Geld zählt, das sie in dieser Knochenmühle verdient. Diese B. nun meinte X., der ansonsten bei der oben beschriebenen Sache nichts zu lachen und so viel verloren hat, dass er dafür einen ganzen Monat Dauerberichterstattung im Privatfernsehen kaufen hätte können, dieser X. also meinte das Erzwungene der Sitzungen mit dem Angenehmen verbinden und die B. auf seine private Oktoberfestparty einladen zu können.

Die Putzfrau weiss zu berichten, dass der B.s Laune schlechter und schlechter wurde, sie war noch gereizter als sonst, als das Drängen und Werben kein Ende nehmen wollte. Nur ist der X. im Gesellschafterkreis eine grosse Nummer, vor dem andere, ebenfalls angeblich wichtige Leute zusammensinken, weil sie das ganze Trärä aus der Glotze glauben, dieses famous for being famous, und irgendwann musste die B. dem X. als letzte Rettung nach all dem Gedrängel auch über eingeschaltete Dritte gesagt haben, dass sie zu diesem Anlass nichts anzuziehen hat und sich auch kein Dirndl kaufen mag. Worauf der X. ihr eine Näherin vorbeischickte, die ihr ein Dirndl massschneiderte, und am fraglichen Abend wurde B. mit Limousine und Chauffeur abgeholt, zu einem Promilockendreher gefahren und so zugerichtet dann in ein Zelt voller besoffener Dreckschweine und anderer derangierter Stützen der Gesellschaft gekarrt.



Das alles weiss die Putzfrau, weil B. es ihr in nicht wirklich gelassener Stimmung erklärt hat. Man sollte annehmen, dass sich derartige Leute in solchen Zelten ins komplette Vergessen trinken, aber ob in X. so viel hineinpasst, dass es eine Chance gegen die sichtbare schlechte Laune der B. hat, würdest auch du zu bezweifeln wagen - wie gesagt, im sozialen Berich hat die Natur bei B. einen gerechten Ausglich für ihren phänomenalen juristischen Sachverstand geschaffen. Busseln und Herzen sind zwei Worte, die in ihrem Wortschatz keinen Platz haben, und so geschah, was wohl passieren musste, und B. nahm nicht die Limousine nach Hause.

Ein paar Tage später forderte X. - a so a Lackl, meint die Putzfrau - das Dirndl unmissverständlich und in sehr groben Worten zurück, auf die B. zuerst gar nicht reagierte. Daraufhin eröffnete X. handschriftlich und per Fax den Psychoterror und schickte, wenn ihm gerade langweilig oder kein gekauftes Filmteam bei ihm daheim war, Mahnungen, sie solle endlich das Kleid und das Kropfband und die Schuhe zurückschicken, und zwar bitteschön versichert auf den Wert von 5000 Euro, so viel habe das nämlich gekostet, 5000 Euro, des miassns eana amoi voaschtein, Herr Porcamadonna - und auf dein interessiertes Echt? sagt sie woatn´S, geht in den Gang und holt eine grosse Schachtel, sowie das Fax, das die Schande und die Wut des X. belegt, inclusive der 5000 Euro und seiner Firmenadresse, an die es gehen soll. Und das soll sie, die Putzfrau, jetzt auf die Post bringen, weil die B. damit nichts mehr zu tun haben will. So billig wie möglich soll sie es verschicken, und keinesfalls versichern.

Versichern.... Manchmal geht sowas ja auch auf der Post verloren, sagst du. Jo freile, antwortet sie und sagt, dass sie das ja schon verstehen kann, so wie die armen Postler heut behandelt werden, da muss es ja zu solchen Taten kommen. Und, insistierst du, der X., was will der mit dem Dirndl, selber tragen vielleicht? Jo, owa fesch is scho, sagt die Putzfrau und öffnet den Karton, eignlich a Schand, ned woah? Schwarzer Samt glänzt im tristen Neonlicht des Büros, feine, gestärkte Rüschen erheben sich wie von Zauberhand, und das Geschnür ist fraglos aus echtem Silber, da muss man nicht genauer hischauen. A so a schens Diandl, sagt die Putzfrau, so wos hob I mei Lebdog ned gseng. Und da X., wan´S den seng, dea is jo a so a vahuzlts Mandschgarl, dea gent hechstens sei Wampn ins Degoltäh oanequetschn.

Ja, schade drum. Das müsste eine junge Frau tragen.

Mei Dochda, de dad des meng, de dad do ah einebassn, sagt die Putzfrau und erklärt, wie sie es mit ihrer Nähmaschine um die Schultern herum etwas breiter machen würde, ruckzuck ginge das und pfeigrod würde die Tochter reinpassen.

...

Es geht ja viel verloren auf der Post. Wichtig ist für Sie aber, dass Sie eine Quittung vorweisen können, dass sie es abgeschickt haben, dann sind sie aus dem Schneider... Warten´S, ich war heute Mittag auf der Post und musste ein Fresspaketerl auf firmenkosten verschicken, schaun´S, da hab ich sogar die Quittung Nehmen´S die Quittung doch mit, dann wissen´S, wie sowas aussehen muss, dann können Sie es auch mit der Firma abrechnen.

Ah so, sagt die Putzfrau.

Jo dann, sagst du, und dass du nicht glaubst, dass sich das warten hier lohnt, die brauchen sicher noch bis nach Mitternacht, und morgen ist keiner von denen in der Lage, sich über eine Kleinigkeit wie einen ungeputzten Konferenzsaal zu echauffieren. Und auch der X. erfährt da drin gerade ein paar von Dir entdeckte Petitessen, die anderes in den Hintergrund verdrängen wird - obwohl...

Wenn das so weitergeht, könnte er das Dirndl doch noch brauchen. Man weiss ja nie, was das Finanzamt entscheidet, und im Worst Case könnte es schon sein, dass X. kellnern gehen muss. Und ein Dirndl könnte ihm dabei auch in Zukunft die Aufmerksamkeit garantieren, die zu finden doch neben dem Geld seine einzige echte Lebensfreude ist.

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