: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 30. Januar 2012

Wer wird denn gleich

Es ist Winter. Es ist vollkommen normal, dass hier Schnee liegt, und die Temperaturen nicht zum Baden einladen.



Früher hatten die Menschen in dieser Zeit Eisblumen an den Fenstern und Erfrierungen an den Zehen. Das war halt so. Dagegen ist so ein wenig Zwischenkälte bedeutungslos.



Es ist trotz allem möglich, nach draussen zu gehen, und den Müttern, die mir meine Einfahrt zuparken, sei gesagt: Die Kinder können auch mal etwas laufen. Sie werden sich nicht gleich die Füsse brechen. Früher waren Winter hier sehr viel härter, und wir sind trotzdem mit dem Rad gefahren.



Die Strecken sind nicht weit und die Zeit auf dem Rad ist kurz, und danach ist man in der Wärme fern aller Bedrängnis. Wir werden dabei nicht aussterben. Zumindest ist das nicht sehr wahrscheinlich, Ein paar von uns werden durchkommen.



Wenn sie daheim nur ein etwas Sinnvolles tun, wie die Katze streicheln, und nicht den Vanity Fair Ersatz namens Interview, der versucht, Gesellschaft so zu definieren, dass unsereins gar nicht mehr vorkommt. Statt dessen besser die FAZ und einen Verriss lesen, oder gleich ein gutes Buch.

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Vor die Wand knallen. Mit Vollgas.

Vor fast 80 Tagen hat die Wirtschaftsredaktion der FAZ versucht, ein in seiner Art ungewöhnliches Blog zu starten:

FAZIT.

Mit 11 Autoren, allesamt aus der Redaktion, die einen guten Ruf hat. Mit Übernahmen aus dem gedruckten Teil, mit Zugang zu Kongressen und Persönlichkeiten und jede Menge Serien über Wissenschaftler und Theorien zur Wirtschaft. Und einer enormen Flut an Beiträgen. Und einer massiven, für deutsche Medien einzigartigen Kampagne auf der Hauptseite, mit der es tatsächlich gelang, sich eine Weile an die Spitze zu setzen. Facebook, Twitter, Google Plus. Sowas hat sonst niemand in Deutschland. Das ist eine wirklich grosse Sache.

Ich denke, jeder weiss, jeder, der es lesen möchte, hat auch erfahren, dass es FAZIT gibt. Es ist schwer vorstellbar, dass es eine auf dem Papier bessere Basis für ein Wirtschaftsblog geben könnte, sieht man einmal von FT Alphaville ab. FAZIT hat also alle Voraussetzungen, um wirklich gross zu werden.

Ich habe damals vorhergesagt, dass sie damit scheitern werden

Nun, da sie nicht mehr die Unterstütung der Hauptseite haben, rausche ich gemeinhin bei Zahlen zwischen 1000 und 2500 PIs an ihnen vorbei - wobei man wissen muss, dass bei FAZ.net die jüngeren Blogs wie FAZIT immer ein paar hundert PIs weniger brauchen, um auf einen Platz wie die alten Blogs zu kommen. Kurz: Furios begonnen, irgendwo zwischendrin gelandet, vor dem Tanzblog (verdientermassen, trotz allem) aber hinter vielen anderen. Es ist einfach nicht gelungen, intern oder extern (wie der inzwischen zum Focus gewechselte Netzökonom) eine Stammleserschaft aufzubauen.

Und da kann man durchaus fragen, warum das so ist. Ich mein, ich bin ja nur ein Plauderer, der keine Ahnung von gar nichts hat. Das sind dagegen Cracks mit vielen Möglichkeiten. Ich schreibe immer das gleiche Zeug über langweilige Menschen. Die haben das Thema schlechthin, in Zeiten wie diesen.

Wieso?

Ich glauibe, der Fail von FAZIT ist einfach ein Beispiel dafür, dass Menschen nicht nur informiert, sondern auch nett behandelt werden möchten, und das auch, wenn es um so trockene Themen wie Wirtschaft geht. Es gibt jede Menge Finanz- und Wirtschaftsblogs und ein Überangebot an Informationen, FAZIT hat keine Marktlücke, und hier gewinnt der, der entweder der Schnellste, der Beste oder der Netteste ist. Die Schnellsten sind sicher FTAlphaville, die Besten in Deutschland im Sinne von Blogspass sind Herdentrieb, Kantoos und Wiesaussieht, und die Nettesten sind alle, im Vergleich zu FAZIT, wo sich ein Autor gerade unter einem reichlich fundierten Beitrag als Gegenrede zu FAZIT derartig als Menschenfreund und Internetkenner präsentiert hat:

Wobei die vermeintliche Anonymität lächerlich ist, wenn man sich in seinen Beiträgen auch an Wirtschaftsjournalisten wendet, die wissen, wie man recherchiert. Es wäre für uns bei der F.A.Z. simpel, die Klarnamen von „kantoos“ und „hkaspar“ zu veröffentlichen. (Wir wissen z.B., wo sich „kantoos“ gerade aufhält.) Wir tun das nicht, weil wir deren Wunsch nach Anonymität respektieren.

Das ist - mit Verlaub - nicht weise. So etwas schreibt man nicht, am besten denkt man es erst gar nicht. Da ist so viel Arroganz drin, dass keinerlei Sympathie für dieses Projet zu erwarten ist. Outer sind Schweine, sagten wir bei Dotcomtod, man akzeptiert im Internet entweder Pseudonyme oder hält sich davon fern. Aber so etwas geht gar nicht. Natürlich macht es keinen Spass, wenn im Netz andere andere Meinungen haben und sie auch begründen, aber darauf kann man in einer bis zu diesem Moment sehr zivilisierten Debatte noch anders als mit einer derartigen Wissensvorführung reagieren:

Schon mal eine der zahlreichen Arbeiten Hyun Song Shins gelesen? Schon mal etwas vom „risk-taking-channel“ der Geldpolitik gehört? Sind Ihnen die Arbeiten Borios dazu bekannt? Kennen Sie Blinders Position, wonach man die Bedeutung von asset price bubbles danach beurteilen soll, ob sie mit Kreditexpansion dahergehen? Kennen Sie das Paper der EZB über die Bedeutung des Liquiditätsüberhangs früherer Jahre? Offenbar ist die zeitgenössische Diskussion dieser Probeme (was immer man von ihr halten mag) völlig an Ihnen vorbei gegangen. Ihre Argumentation wirkt angesichts moderner Forschungsergebnisse gerade vorsinftflutlich – aber das ist ja ein Kennzeichen der (scheinbar) „modernen“ Makroökonomik. Der Preis, den Sie dafür zahlen ist, was immer Sie in Blogs schreiben, in der Praxis völlige Irrelevanz. Praktisch arbeitende Ökonomen, und darauf hat ja aktuell Ken Rogoff hingewiesen, kümmern sich um diese Methusalem-Ökonomik keinen Deut.

So kann man eventuell mal einen Praktikanten runterputzen, wenn man wirklich schlecht drauf ist, aber das hier ist das Internet, ein freier Markt, und ob ein FAZ-Redakteur recht hat oder ein Anonymling, liegt völlig im Auge des Betrachters, und der dürfte mitunter abgestossen sein. Der Autor möchte darauf dann bei FAZIT antworten - da wird er jede Menge Spass haben, nehme ich an. Das hier sind die Kommentarzahlen von Anfang an:

5 - 64 - 22 - 27 - 16 - 12 - 87 - 29 - 11- 8 - 27 - 14 - 11 - 37 - 23 - 21 - 8 - 13 - 5 - 10 - 9 - 5- 17 - 9 - 5 - 13 - 4 - 9 - 9 - 8 - 5 - 1 - 1 - 8 - 9 - 0 - 1 - 2 - 3 - 4 - 4 - 0 - 0

Da sieht man eine klar abfallende Tendenz. Bei mir ist es so, dass im Normalzustand auf 40 bis 80 PIs ein Kommentar kommt, das ist bei der FAZ möglich, und auch andere Blogs erreichen gute Schnitte. 1500 PIs und ein, zwei Kommentare ist dagegen nicht wirklich Nutzerkommunikation. Da springt der Funke nicht über - vermutlich auch, weil FAZIT gerne Kommentare nicht freischaltet, die den Ansprüchen nicht genügen. Dann kommentiert halt auch mal keiner. Und wenn ich die Ausfälle lese, dann verstehe ich das auch: Zu Gesprächen muss man freundlich einladen, die Nutzer müssen sich willkommen fühlen, oder die Antwort erfolgt dann woanders. Man verliert den Diskurs als Teilnehmer und als Blogger an andere.

Blogger wissen das. Und deshalb bin ich auch weiterhin der Meinung, dass man Journalisten besser nicht ohne betreute Übung ein Blog in die Hand drücken sollte. So ein Blog kommt immer nur so gut an wie das Benehmen der Autoren, und dass andere vielleicht gar nicht so drauf sind, hilft nicht weiter, wenn es so wie oben aus dem Ruder läuft.

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