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Freitag, 17. Dezember 2004
Real Life 16.12.04 - Wie ich das mit Haffa finde,
will der Anrufer wissen. Gut, natürlich. Ich war bei der Grundsteinlegung der Zentrale in Unterföhring und bei einer Party für Junior Web, der interaktiven Internet-Glotze von EMTV, die wahrscheinlich kaum jemand kennt, weil das Projekt versenkt wurde, bevor es online ging. Spassigerweise wollen die Kläger jetzt die Millionen, die in Junior Web verbrannt wurden, nein wie witzig, trotzdem hätte ich gern die Gesichter der Haffas heute gesehen, just like the bad old times.
Bei der wilden Hatz im Nebel sind sie bisher immer gut davongekommen, wenn es gekracht hat. Jetzt erst bringen sie die umherfliegenden Trümmer der Katastrophe zum Stehen. Nicht alle werden ihre Klagen gegen die Haffas gewinnen, aber die, die durchkommen, werden die Haffas im Kern treffen. Das kann richtig übel werden. Es wir noch lange dauern, aber es wird kein Vergnügen, kein Rasen auf dem Highspeed-Track, sondern das Schliddern auf eisigen Fahrbahnen, und vor dem Abgrund gibt es keine Leitplanke.
Damit es mir trotz Freisprechanlage nicht genauso auf der A100 geht, würge ich das Gespräch ab und fahre weiter nach Neuköln, Britzer Damm. Geschäfte voller Ramsch, Barockrahmen aus Kunststoff, Heiligenbilder, billiges Besteck in edel scheinenden Koffern, knallbunter Unterhaltungselektronikschrott aus Sweat Shops, Mangamonster, Plastikblumen und Fabrikteppiche, und die Leute kaufen wie blöd.
Na also, Herr Haffa. Es geht doch, Geld mit Ramsch zu machen. Nur der Vertriebsweg war falsch, und die Kosten zu hoch. Der Markt, die Kundschaft existiert, also weiter für den Fortbestand des Goldenen Zeitalters.
Bei der wilden Hatz im Nebel sind sie bisher immer gut davongekommen, wenn es gekracht hat. Jetzt erst bringen sie die umherfliegenden Trümmer der Katastrophe zum Stehen. Nicht alle werden ihre Klagen gegen die Haffas gewinnen, aber die, die durchkommen, werden die Haffas im Kern treffen. Das kann richtig übel werden. Es wir noch lange dauern, aber es wird kein Vergnügen, kein Rasen auf dem Highspeed-Track, sondern das Schliddern auf eisigen Fahrbahnen, und vor dem Abgrund gibt es keine Leitplanke.
Damit es mir trotz Freisprechanlage nicht genauso auf der A100 geht, würge ich das Gespräch ab und fahre weiter nach Neuköln, Britzer Damm. Geschäfte voller Ramsch, Barockrahmen aus Kunststoff, Heiligenbilder, billiges Besteck in edel scheinenden Koffern, knallbunter Unterhaltungselektronikschrott aus Sweat Shops, Mangamonster, Plastikblumen und Fabrikteppiche, und die Leute kaufen wie blöd.
Na also, Herr Haffa. Es geht doch, Geld mit Ramsch zu machen. Nur der Vertriebsweg war falsch, und die Kosten zu hoch. Der Markt, die Kundschaft existiert, also weiter für den Fortbestand des Goldenen Zeitalters.
donalphons, 00:55h
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Clean Picture Contest
Alles sauber aufgeräumt. Viele Lichter sind an, viele sitzen an ihren Standardtischen und arbeiten Standardaufgaben ab. Schnell, effektiv, zielstrebig, zumindest, was die Punkte und das Diplom angeht.
Es gibt Tage, da mag ich das dumme, nichtssagende Geplapper, das Abgleichen ihrer Phantasie mit den Phantasien, die ich an anderen Orten mitbekomme. Man kann ihnen aber auch erzählen, wie schlimm das da draussen ist; es stört sie nicht, denn sie begreifen es als Chance. Sie sehen nicht die 100, die auf die Fresse fliegen, sondern den einen, der sein Stolpern als Erfolg feiert.
Es gibt Nächte, in denen ich rüberschaue und The Doors laufen lasse, wie heute Nacht, wenn sogar bei denen manche anfangen, den Irrsinn zu hinterfragen, der da drinnen geschieht. Ich höre Riders on the storm. Aber bevor ich es Ernst nehme, denke ich doch eher an Hoppe Hoppe Reiter und die darin enthaltenen universellen Lebensweisheiten, und summe es ihnen durch das Dunkel zu.
Morgen wieder Dreck aus Berlin.
Es gibt Tage, da mag ich das dumme, nichtssagende Geplapper, das Abgleichen ihrer Phantasie mit den Phantasien, die ich an anderen Orten mitbekomme. Man kann ihnen aber auch erzählen, wie schlimm das da draussen ist; es stört sie nicht, denn sie begreifen es als Chance. Sie sehen nicht die 100, die auf die Fresse fliegen, sondern den einen, der sein Stolpern als Erfolg feiert.
Es gibt Nächte, in denen ich rüberschaue und The Doors laufen lasse, wie heute Nacht, wenn sogar bei denen manche anfangen, den Irrsinn zu hinterfragen, der da drinnen geschieht. Ich höre Riders on the storm. Aber bevor ich es Ernst nehme, denke ich doch eher an Hoppe Hoppe Reiter und die darin enthaltenen universellen Lebensweisheiten, und summe es ihnen durch das Dunkel zu.
Morgen wieder Dreck aus Berlin.
donalphons, 03:21h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 15. Dezember 2004
Lest das! Krisen-PR von Jamba
zum totlachen:
http://spreeblick.de/wp/index.php?p=324#more-324
dazu die 102 Kommentare, die teilweise mutmasslich aus dem Hause Jamba kommen:
http://spreeblick.de/wp/index.php?p=325#more-325
und dann das:
http://spreeblick.de/wp/index.php?p=325#more-326
Es wird Euch gefallen, denn diesmal reichte es eben mal nicht aus, der Journaille grosszügige Gratis-Abos zu spendieren, nicht wahr? 20, 40, 60 DCT-Punkte für Spreeblick! Jamba töten kann man hier: http://votenow.cell5.com/index.php
http://spreeblick.de/wp/index.php?p=324#more-324
dazu die 102 Kommentare, die teilweise mutmasslich aus dem Hause Jamba kommen:
http://spreeblick.de/wp/index.php?p=325#more-325
und dann das:
http://spreeblick.de/wp/index.php?p=325#more-326
Es wird Euch gefallen, denn diesmal reichte es eben mal nicht aus, der Journaille grosszügige Gratis-Abos zu spendieren, nicht wahr? 20, 40, 60 DCT-Punkte für Spreeblick! Jamba töten kann man hier: http://votenow.cell5.com/index.php
donalphons, 18:09h
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Mint
Ende der 80er Jahre gab man sich in der Provinz jede erdenkliche Mühe, die Stadt das zu machen, was man in Unkenntnis der Kunstgeschichte und in Ermangelung jeglichen Geschmacks als "modern" bezeichnete. Modern war zum Beispiel das Entkernen historischer Gebäudekomplexe und der Durchbruch von überdachten Passagen. Tatsächlich ist das eine der Ideen, die Personen wie Le Courbisier durchaus befürwortet hätten - nur vielleicht nicht in gewachsenen Strukturen, die er selbst durchaus zu schätzen wusste. Aber was versteht davon schon ein junger Architekt in der Provinz, dessen Stilerziehung durch Ikea und Hin&Mit geprägt war? Soviel, dass eine fette Passage mit einem dynamischen Schwung versehen wird, und um das noch zu betonen, wird der Boden zweifarbig gestaltet:
Rechts in Mint, links in Lachsrosa, dazwischen eine gewellte Metallschiene. Das macht jedes Ensemble des 17. Jahrhunderts modern, keine Frage. Zur Rettung der fraglos wichtigen Gemütlichkeit erhielt das Lokal rechts rustikale Rundbogenfenterchen und eine historisch durchaus korrekte gelbe Türumrahmung. Die neubarocke Laterne wird, wie der Rest, von oben neon- und halogenbestrahlt.
Immerhin überlebte in dieser Ecke ein Laden, der über Jahre hinweg die männliche Jeunesse Doree der Provinz mit Kleidung versorgte, bis er schliesslich, angekotzt von der miesen Lage, vor drei Jahren in eine andere Ecke zog. Die Kneipe links davon wird, trotz Innenhof, nur alle paar Jahre mal kurzzeitig an irgendwelche Cafes vermietet, die dann schnell wieder pleite gehen. Nur selten hallen Schritte von Passanten durch die Gänge. Das hat man sich anders vorgestellt, Ende der 80er Jahre, denn schon damals baute man nicht für Menschen, wie sie sind, sondern für Menschenentwürfe, die man gern so konsumgeil, geschichtslos und immer den neuesten Einfällen hinterher jagend gehabt hätte.
Es gibt in Jerusalem das Goldene Tor, von dem Hesekiel sagt, dass eines Tages der Messias bei seiner Wiederkehr durch dieses Tor schreiten wird. Das hier ist das Goldene Tor der New Economy. An dem Tag, an dem hier alle Geschäfte voll sind, und hunderte von Shoppern die neuesten Waren aus den Stapeln reissen, und Freudentänze über das neueste Gigabit-Handy mit 5G und Millionen von Location Based Services aufführen, auf dem ihnen wunderschön erscheinenden Fussboden in Mint und Lachsrosa, und über die überdachte Passage und ihre Schönheit jubeln - an diesem Tag wird eine neue New Economy auch in die zahlungskräftige Provinz kommen und siegen.
Bis dahin allerdings, vermute ich, könnte es noch etwas dauern. Mindestens, bis der Messias kommt.
Rechts in Mint, links in Lachsrosa, dazwischen eine gewellte Metallschiene. Das macht jedes Ensemble des 17. Jahrhunderts modern, keine Frage. Zur Rettung der fraglos wichtigen Gemütlichkeit erhielt das Lokal rechts rustikale Rundbogenfenterchen und eine historisch durchaus korrekte gelbe Türumrahmung. Die neubarocke Laterne wird, wie der Rest, von oben neon- und halogenbestrahlt.
Immerhin überlebte in dieser Ecke ein Laden, der über Jahre hinweg die männliche Jeunesse Doree der Provinz mit Kleidung versorgte, bis er schliesslich, angekotzt von der miesen Lage, vor drei Jahren in eine andere Ecke zog. Die Kneipe links davon wird, trotz Innenhof, nur alle paar Jahre mal kurzzeitig an irgendwelche Cafes vermietet, die dann schnell wieder pleite gehen. Nur selten hallen Schritte von Passanten durch die Gänge. Das hat man sich anders vorgestellt, Ende der 80er Jahre, denn schon damals baute man nicht für Menschen, wie sie sind, sondern für Menschenentwürfe, die man gern so konsumgeil, geschichtslos und immer den neuesten Einfällen hinterher jagend gehabt hätte.
Es gibt in Jerusalem das Goldene Tor, von dem Hesekiel sagt, dass eines Tages der Messias bei seiner Wiederkehr durch dieses Tor schreiten wird. Das hier ist das Goldene Tor der New Economy. An dem Tag, an dem hier alle Geschäfte voll sind, und hunderte von Shoppern die neuesten Waren aus den Stapeln reissen, und Freudentänze über das neueste Gigabit-Handy mit 5G und Millionen von Location Based Services aufführen, auf dem ihnen wunderschön erscheinenden Fussboden in Mint und Lachsrosa, und über die überdachte Passage und ihre Schönheit jubeln - an diesem Tag wird eine neue New Economy auch in die zahlungskräftige Provinz kommen und siegen.
Bis dahin allerdings, vermute ich, könnte es noch etwas dauern. Mindestens, bis der Messias kommt.
donalphons, 17:40h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 14. Dezember 2004
Realität killt Phantasie
Wenn ich behaupten würde, eine BWL-Elitesse würde ein Blog führen und darin schreiben:
"Wir haben Ethik und da die meisten sich ziemlich langweilen wird eben gesurft, was das Zeug hält. Was will man sonst schon machen ;) Hoch lebe das WLan im Hörsaal ;)"
würde jeder sagen, ach, der Don, der übertreibt mal wieder mit seinen Schwarz-Weiss-Klischees. Oder so.
"Wir haben Ethik und da die meisten sich ziemlich langweilen wird eben gesurft, was das Zeug hält. Was will man sonst schon machen ;) Hoch lebe das WLan im Hörsaal ;)"
würde jeder sagen, ach, der Don, der übertreibt mal wieder mit seinen Schwarz-Weiss-Klischees. Oder so.
donalphons, 22:41h
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Stau ab München Süd,
eine Oberklasselimousine nach der anderen, volle Parkplätze bei Kloster Reutberg bei Sachsenkam, mit perfektem Blick auf die Alpenkette, der Biergarten voll und die Luft warm - das Leben kann auch in den Krisentagen des Dezembers 2004 schön sein, wenn man ordentlich Rente bezieht. Auch Berchtesgaden, Bad Tölz und Bad Reichenhall waren heute sehr gut besucht, wenn man erst mal durch den Stau durch war. Die Kinder, die daheim in ihren freien Beschäftigungsverhältnissen 12 Stunden an den Rechner runterreissen, bekommen Mozartkugeln, direkt bei Reber gekauft, oder halt nein, die Rentner kommen ja noch in Rottach beim Criollo vorbei, genau, das bringen sie den Kindern mit.
Die gönnen sich ja sonst nichts.
Die gönnen sich ja sonst nichts.
donalphons, 22:09h
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Real Life 13.12.04 - Warum ich nicht gekommen bin,
will er wissen, als wir uns eher unzufällig im Odeon treffen. Das Odeon war früher eine Filiale der Vereinsbank, die dem Merger mit der Hypo zum Opfer fiel. Der Umbau war gerade so pünktlich zur einsetzenden Krise fertig, dass es dem scheiternden Jungvolk als ziemlich exklusives Vergnügen erschien, auch wenn die Preise hier nur unwesentlich über dem ohnehin schon hohen Niveau der Theresienstrasse liegen. Der Macher des Lokals muß gemerkt haben, dass das Tresznjewnsky und das Puck zwei Blocks weiter auch nach einem Jahrzehnt mit BWLern und Kreativpublikum überfüllt waren, und wollte auch seinen Teil von den umliegenden Siemansianern, Startups und VC-Gesellschaften abbekommen. Es hat nicht wirklich geklappt; das Publikum ist zu glattrasiert-seriös, so semmelblond und pickelig, hektisch wie Streber-Azubis und Grossmaul-Trainees, es quatscht zu sehr von Assets und To dos, und trotz der Gestaltung in Braun und Gold wirkt der Laden irgendwie – bemüht exklusiv, ungemütlich, möchtegern-schick.
Was das Lokal, im Umkehrschluß, zum idealen Rahmen für Treffen mit ehemaligen Celebrities der Munich Area, geldsuchenden VCs und den wenigen anständigen Business Angels der Stadt macht. Ich gehe langsam daran vorbei, schaue rein, und fast immer ist dort einer meiner früheren Bekannten an der Theke beim Smalltalk. Vielleicht kenne ich zu viele Leute, vielleicht sollte ich sie einfach ignorieren und aus meinem Gedächtnis streichen, aber das ist nicht leicht, denn an der Oberfläche sind sie nicht nur smart, sondern auch nett, und die Jahre der Krise haben zudem ihre Umgangsformen verbessert. Man ist nicht mehr Buddy wie 99, man herrt und fraut sich wieder an. Es fällt mir schwer, ihre Einladungen abzulehnen, ich kann Grüße nicht ignorieren, und es wäre sehr unhöflich zu betonen, dass ich mit ihrer Szene direkt nicht mehr viel zu tun haben möchte. Ich habe das Buch geschrieben, um mich mit den Gemeinheiten und Indiskretionen über den Kern des Business nachhaltig aus dieser Szene herauszubomben, und was tun sie? Sie rufen mich an, winken mich herein, fangen mich ab, sagen, ich soll nachher schnell mitkommen, sie wollen das Buch zu Weihnachten verschenken, es ist schon im Büro, ich möchte es doch bitte signieren.
Und da stehe ich dann wieder, gut angezogen unter Wölfen, falle wieder in den typischen Slang; es ist wie Fahrrad fahren, wenn man mal den Bogen raus hat, kann man es. Es ist mir unangenehm, denn eigentlich wissen wir alle, dass ich nicht an die Bedeutung ihrer Claims und Buzzwords glaube, dass wir hier nur Phrasen und Selbstverständlichkeiten a la Mode austauschen. Aber mit mir im Odeon stehen bedeutet, dass man lesson learnt hat, dass man das Frühere kritisch sieht und deshalb für das Kommende gut aufgestellt ist - auch wenn es nicht gut wird, wie mir mein Bekannter erzählt. Ich hätte dabei sein sollen, beim 8. Münchner Venture Summit, traurig sei es gewesen. Ich weiß. Kein stotternder Staatsminister diesmal, kein Dinner im Nymphenburger Palmengarten, noch mal die alte SuseLinux-Geschichte als erfolgreichen Trade Sale gepowerpointed.
Und dazwischen, erzählt er, die große Angst, dass es wirklich bald vorbei sein könnte. Die alten Fonds sind noch lange nicht ausgegeben, aber die Laufzeiten gehen zu Ende, eigentlich müsste man jetzt wieder Geld einsammeln. Oder sich überlegen, ob man nicht doch besser Mittelstandsfonds auflegt. Die Google-Euphorie ist hier nie richtig angekommen, statt dessen füttert man zwangsweise die Überlebenden weiter, mit 4. Runden und Bridge Loans und, wenn man Glück hat, über Projekte mit dem Staat. Exits über IPO in nennenswerter Zahl erst wieder 2006, da waren sich alle einig. Allerdings, als ich 2002 dort war, hiess es, 2004 würde das Bizz wieder anspringen. Irgendwie logisch, dass man unter sich blieb - die Banken, die Journaille, das alles blieb diesmal weitehend aus, mal wieder, wie immer. Es hätte dir gefallen, besonders das Panel zum Thema Neustart aus der Insolvenz oder wie wird man seine Schulden los, sagt mein Bekannter, und gibt zu, dass er selbst eigenlich schon auf dem Absprung wäre, wenn er was Gutes finden würde. Wir gehen in sein Büro, und ich unterschreibe die Bücher, und mache mich auf den Weg in die Provinz.
Unterwegs kann ich es rauslassen, das Grinsen darüber, dass es einer der Beschenkten hassen wird, weil er sich in einer miesen Figur selbst erkennen kann. Aber wahrscheinlich verschimmelt es bei ihm zwischen anderen Geschenken wie Investor Relations für Startups und den ungelesenen Exemplaren des Manager-Magazins. Ich vermute ohnehin, dass der durchschnittliche deutsche VC allenfalls Executive Summaries kognitiv durchdringt. Nur der Umstand, dass sie diesmal in einer nur gut bürgerlichen Wirtschaft ihr Abendessen zu sich nehmen mußten, und nicht mehr ins Schloß rausgekarrt wurden, um dort mit Spitzenpolitiker - oder was sich im bayerischen Wirtschaftsministerium dafür hält - zu networken – dieser Umstand wird sie wirklich geschmerzt haben. Das ist Niedergang, Baby.
Was das Lokal, im Umkehrschluß, zum idealen Rahmen für Treffen mit ehemaligen Celebrities der Munich Area, geldsuchenden VCs und den wenigen anständigen Business Angels der Stadt macht. Ich gehe langsam daran vorbei, schaue rein, und fast immer ist dort einer meiner früheren Bekannten an der Theke beim Smalltalk. Vielleicht kenne ich zu viele Leute, vielleicht sollte ich sie einfach ignorieren und aus meinem Gedächtnis streichen, aber das ist nicht leicht, denn an der Oberfläche sind sie nicht nur smart, sondern auch nett, und die Jahre der Krise haben zudem ihre Umgangsformen verbessert. Man ist nicht mehr Buddy wie 99, man herrt und fraut sich wieder an. Es fällt mir schwer, ihre Einladungen abzulehnen, ich kann Grüße nicht ignorieren, und es wäre sehr unhöflich zu betonen, dass ich mit ihrer Szene direkt nicht mehr viel zu tun haben möchte. Ich habe das Buch geschrieben, um mich mit den Gemeinheiten und Indiskretionen über den Kern des Business nachhaltig aus dieser Szene herauszubomben, und was tun sie? Sie rufen mich an, winken mich herein, fangen mich ab, sagen, ich soll nachher schnell mitkommen, sie wollen das Buch zu Weihnachten verschenken, es ist schon im Büro, ich möchte es doch bitte signieren.
Und da stehe ich dann wieder, gut angezogen unter Wölfen, falle wieder in den typischen Slang; es ist wie Fahrrad fahren, wenn man mal den Bogen raus hat, kann man es. Es ist mir unangenehm, denn eigentlich wissen wir alle, dass ich nicht an die Bedeutung ihrer Claims und Buzzwords glaube, dass wir hier nur Phrasen und Selbstverständlichkeiten a la Mode austauschen. Aber mit mir im Odeon stehen bedeutet, dass man lesson learnt hat, dass man das Frühere kritisch sieht und deshalb für das Kommende gut aufgestellt ist - auch wenn es nicht gut wird, wie mir mein Bekannter erzählt. Ich hätte dabei sein sollen, beim 8. Münchner Venture Summit, traurig sei es gewesen. Ich weiß. Kein stotternder Staatsminister diesmal, kein Dinner im Nymphenburger Palmengarten, noch mal die alte SuseLinux-Geschichte als erfolgreichen Trade Sale gepowerpointed.
Und dazwischen, erzählt er, die große Angst, dass es wirklich bald vorbei sein könnte. Die alten Fonds sind noch lange nicht ausgegeben, aber die Laufzeiten gehen zu Ende, eigentlich müsste man jetzt wieder Geld einsammeln. Oder sich überlegen, ob man nicht doch besser Mittelstandsfonds auflegt. Die Google-Euphorie ist hier nie richtig angekommen, statt dessen füttert man zwangsweise die Überlebenden weiter, mit 4. Runden und Bridge Loans und, wenn man Glück hat, über Projekte mit dem Staat. Exits über IPO in nennenswerter Zahl erst wieder 2006, da waren sich alle einig. Allerdings, als ich 2002 dort war, hiess es, 2004 würde das Bizz wieder anspringen. Irgendwie logisch, dass man unter sich blieb - die Banken, die Journaille, das alles blieb diesmal weitehend aus, mal wieder, wie immer. Es hätte dir gefallen, besonders das Panel zum Thema Neustart aus der Insolvenz oder wie wird man seine Schulden los, sagt mein Bekannter, und gibt zu, dass er selbst eigenlich schon auf dem Absprung wäre, wenn er was Gutes finden würde. Wir gehen in sein Büro, und ich unterschreibe die Bücher, und mache mich auf den Weg in die Provinz.
Unterwegs kann ich es rauslassen, das Grinsen darüber, dass es einer der Beschenkten hassen wird, weil er sich in einer miesen Figur selbst erkennen kann. Aber wahrscheinlich verschimmelt es bei ihm zwischen anderen Geschenken wie Investor Relations für Startups und den ungelesenen Exemplaren des Manager-Magazins. Ich vermute ohnehin, dass der durchschnittliche deutsche VC allenfalls Executive Summaries kognitiv durchdringt. Nur der Umstand, dass sie diesmal in einer nur gut bürgerlichen Wirtschaft ihr Abendessen zu sich nehmen mußten, und nicht mehr ins Schloß rausgekarrt wurden, um dort mit Spitzenpolitiker - oder was sich im bayerischen Wirtschaftsministerium dafür hält - zu networken – dieser Umstand wird sie wirklich geschmerzt haben. Das ist Niedergang, Baby.
donalphons, 18:39h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 13. Dezember 2004
Hyper Vereinsbank
Nicht New Economy. Immobilien waren das ganz grosse Ding, schon für die Hypo, dann auch für den gemergeden Koloss aus München, der jetzt wegen mancher fauler Facilities als käuflich gilt.
Den VC ad_astra haben sie mit etwas Spielgeld erst recht spät aufgemacht, ein VC de la derniere minute im Juli 2000, ausserdem gehört er ihnen nicht allein. Ich habe einen Regenschirm von ad_astra. An Tagen wie heute, wenn keine Wolke am Himmel ist und die Strassen voller Einkäufer, die sich am Automaten mit Geld vollspritzen lassen, wenn ich mit meiner kleinen Schwester alte Uhren und Mercedes SLK gucken gehe und man schon wieder draussen sitzen könnte, dann frage ich mich, warum um alles in der Welt ausgerechnet Regenschirme in München verschenkt werden.
Wenn ich aber an den traurigen Event zurückdenke, zu dem ich ihn bekommen habe, im selben tristen Saal des hauses der bayerischen Wirtschaft, in dem auch die Kirch-Pleite verlesen wurde, dann weiss ich es wieder. Der Schirm war besser, hat länger gehalten als die meisten Startups, viele Anwesende und einige VCs. Aber wenn es denen "nass neigeht", wie man das in Bayern so schön umschreibt, hilft auch kein Schirm mehr.
Den VC ad_astra haben sie mit etwas Spielgeld erst recht spät aufgemacht, ein VC de la derniere minute im Juli 2000, ausserdem gehört er ihnen nicht allein. Ich habe einen Regenschirm von ad_astra. An Tagen wie heute, wenn keine Wolke am Himmel ist und die Strassen voller Einkäufer, die sich am Automaten mit Geld vollspritzen lassen, wenn ich mit meiner kleinen Schwester alte Uhren und Mercedes SLK gucken gehe und man schon wieder draussen sitzen könnte, dann frage ich mich, warum um alles in der Welt ausgerechnet Regenschirme in München verschenkt werden.
Wenn ich aber an den traurigen Event zurückdenke, zu dem ich ihn bekommen habe, im selben tristen Saal des hauses der bayerischen Wirtschaft, in dem auch die Kirch-Pleite verlesen wurde, dann weiss ich es wieder. Der Schirm war besser, hat länger gehalten als die meisten Startups, viele Anwesende und einige VCs. Aber wenn es denen "nass neigeht", wie man das in Bayern so schön umschreibt, hilft auch kein Schirm mehr.
donalphons, 22:04h
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Rammstein
sind die Milli Vanilli der sterbenden New Economy. Grad eben, auf dem Weg zum Bäcker, fuhr ein idealtypisches TT Cabrio vorbei, mit "zu verkaufen"-Schild am Seitenfenster, und entsprechendem Gitarrengeschrammel.
donalphons, 14:18h
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Real Life 13.12.04 - Spin in again
Es gibt hier in München einen speziellen Munich Area Account, auf dem alle Botschaften aus der Region auflaufen. Früher kamen da täglich 20, 30 Pressemitteilungen rein; inzwischen sind es in der Regel nur noch ein paar Adressänderungen, nach dem Motto: "ab jetzt im Home Office zu erreichen", "stehe als selbstständiger Berater", "bleibe meiner alten Firma aber weiterhin beratend verbunden".
Was es überhaupt nicht gibt, ist das, wovon immer mal wieder in den einschlägigen Gazetten zu lesen ist: Die erwachsen gewordenen New Economisten, die plötzlich mitsamt ihrer alten Outlook-Datenbank als Jungmanager in der Old Economy auftauchen und dort den Laden rocken. Die einzige Ausnahme aus den letzten Monaten ist jetzt bei einer Telco. Sie verkauft die Erwartungen des Business Developments, das fest an Glotze auf dem Handy glaubt, und die junge Frau mit ihrer innovativen Startup-Vita als adrette Fassade vorblendet.
Von ihr stammt der - damals auf dem Höhepunkt der UMTS-Euphorie enorm mutige - Spruch: Video auf dem Handy ist ein Exponat for the Museum of the Future that never happened. Sie hatte dafür sehr rationale Argumente, und ich frage mich, wie sie jetzt den gegenteiligen Irrsinn verkauft. Mit ihrer Schönheit, vielleicht. Sehr schade.
Was es überhaupt nicht gibt, ist das, wovon immer mal wieder in den einschlägigen Gazetten zu lesen ist: Die erwachsen gewordenen New Economisten, die plötzlich mitsamt ihrer alten Outlook-Datenbank als Jungmanager in der Old Economy auftauchen und dort den Laden rocken. Die einzige Ausnahme aus den letzten Monaten ist jetzt bei einer Telco. Sie verkauft die Erwartungen des Business Developments, das fest an Glotze auf dem Handy glaubt, und die junge Frau mit ihrer innovativen Startup-Vita als adrette Fassade vorblendet.
Von ihr stammt der - damals auf dem Höhepunkt der UMTS-Euphorie enorm mutige - Spruch: Video auf dem Handy ist ein Exponat for the Museum of the Future that never happened. Sie hatte dafür sehr rationale Argumente, und ich frage mich, wie sie jetzt den gegenteiligen Irrsinn verkauft. Mit ihrer Schönheit, vielleicht. Sehr schade.
donalphons, 14:04h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 12. Dezember 2004
Der Spiegel und sein Nazi-Faszinosum
Vor ein paar Jahren schrieb der Spiegel über einen alten Kerl, der behauptete, im zweiten Weltkrieg mit einer Me 262 die Schallmauer durchbrochen zu haben. Und obwohl alle Experten über die Faktenhinbiegerei des Spiegels, der das für möglich hielt, nur müde lächelten, wurde der alte Kerl bei seinem Tod als "Luftfahrt-Pionier" gefeiert - nur, weil er als stinknormaler Kampfflieger später lustige, spiegeltaugliche Behauptungen aufstellte.
Jetzt schlagen die Herren Qualitätsjournalisten erneut zu und mokieren sich darüber, dass vor 73 Jahren fogende alles schon mindestens genauso gut war: "mit bis zu 230 Stundenkilometern - wie vor 73 Jahren" zockle der ICE durch die deutschen Lande auf der Strecke Berlin-Hamburg. Ach ja? Lustigerweise war der "Schienenzeppelin", der vor 73 Jahren im testbetrieb ein einziges mal ebenso schnell war, weniger "legendär" als ein propellergetriebenes Stück Irrsinn, das nie auch nur einen Passagier im Regelbetrieb beförderte. Toller Vergleich, echt. Da könnte man auch einen Airbus dissen, weil er langsamer als eine V2 fliegt.
Und was die Behauptung angeht, der "Fliegende Hamburger" habe ab Anno 33 die gleiche Strecke genauso schnell geschafft wie der ICE bisher - Irrtum, die Fahrtdauer war 2 Stunden und 22 Minuten, nicht, wie behauptet, 2 h 18 min. Wie auch immer, Herr Göbbels würde sich sicher freuen, diesen Vergleich im Spiegel zu lesen - war doch sein Haus gierig darauf, mit dem Ding die Überlegenheit der Nazi-Technik zu demonstrieren, was der Spiegel jetzt auch bereitwillig in das 21 Jahrhundert trägt.
Ein Lehrstück einer blockierten Republik, wie der Spiegel sagt? Eher eine Hirnverstopfung bei SpON wegen zu viel grüner Spiegel-Bananen.
Jetzt schlagen die Herren Qualitätsjournalisten erneut zu und mokieren sich darüber, dass vor 73 Jahren fogende alles schon mindestens genauso gut war: "mit bis zu 230 Stundenkilometern - wie vor 73 Jahren" zockle der ICE durch die deutschen Lande auf der Strecke Berlin-Hamburg. Ach ja? Lustigerweise war der "Schienenzeppelin", der vor 73 Jahren im testbetrieb ein einziges mal ebenso schnell war, weniger "legendär" als ein propellergetriebenes Stück Irrsinn, das nie auch nur einen Passagier im Regelbetrieb beförderte. Toller Vergleich, echt. Da könnte man auch einen Airbus dissen, weil er langsamer als eine V2 fliegt.
Und was die Behauptung angeht, der "Fliegende Hamburger" habe ab Anno 33 die gleiche Strecke genauso schnell geschafft wie der ICE bisher - Irrtum, die Fahrtdauer war 2 Stunden und 22 Minuten, nicht, wie behauptet, 2 h 18 min. Wie auch immer, Herr Göbbels würde sich sicher freuen, diesen Vergleich im Spiegel zu lesen - war doch sein Haus gierig darauf, mit dem Ding die Überlegenheit der Nazi-Technik zu demonstrieren, was der Spiegel jetzt auch bereitwillig in das 21 Jahrhundert trägt.
Ein Lehrstück einer blockierten Republik, wie der Spiegel sagt? Eher eine Hirnverstopfung bei SpON wegen zu viel grüner Spiegel-Bananen.
donalphons, 22:23h
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Warum sie es tun?
Weil sie sich gut dabei fühlen. Hey, sie sind nicht so faule Säcke vor der Glotze, sie sind produktiv und sitzen auch Sonntags um 7 noch an der Arbeit, weil ja für morgen noch viel vorzubereiten ist. Sie sind nicht einsam, denn das ganze Team ist da und klotzt ran, Stunde für Stunde, nebenbei Fast Food vom mobilen Smart-Japaner von der Sushi Factory. Das Stockwerk glüht in den Dunst der frühen Nacht, es ist die Stunde der Sieger.
Sie tun es für sich, und für den Fortbestand des goldenen Zeitalters, für ein Leben, wie es früher mal im Manager Magazin beschrieben wurde. Und nicht dafür, dass 20% von ihnen, wie im Manager Magazin gerade eben auch steht, demnächst überflüssig sind. Arbeit hilft gegen die Krankheit Denken, besonders Sonntag Abend, wenn das Gift der Erkenntnis im Hirn sticht. Und billiger als Koks ist es auch.
Sie tun es für sich, und für den Fortbestand des goldenen Zeitalters, für ein Leben, wie es früher mal im Manager Magazin beschrieben wurde. Und nicht dafür, dass 20% von ihnen, wie im Manager Magazin gerade eben auch steht, demnächst überflüssig sind. Arbeit hilft gegen die Krankheit Denken, besonders Sonntag Abend, wenn das Gift der Erkenntnis im Hirn sticht. Und billiger als Koks ist es auch.
donalphons, 21:13h
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8 Frauen, 3 Männer
Ende Oktober 2001, Elmau, Founders Forum. Die Schnorrer kamen nicht, weil es nicht mehr umsonst war. Ich kam aus Sentimentalität. Es war ziemlich genau 2 Monate nach meinem abrupten Ausstieg aus dem Kern der Szene, und ich fühlte noch den Rauch und die Glut der Vernichtung, der ich damals knapp, ganz knapp entgangen war. Wir fuhren unter dem sagenhaft blauen Himmel des Oberlandes in die Alpen, und ich empfand wie ein Jagdflieger, der aus dem Inferno hinaus in eben jenes unendliche Blau rast, und nichts mehr sieht als dieses Blau und den Glanz der Sonne, während da hinten, unter ihm...
Am Empfang kümmerten sich neben den drei obligatorischen Männern die üblichen acht Frauen um uns. Das waren keine Hostessen, keine mal eben angeleierten Studentinnen, sondern Mitglieder der damals schon nicht mehr ganz so grossen Familie. Es gibt ein Photo von ihnen, alle zusammen in Schwarz und Blau. Alle sehr freundlich, und die kommenden drei Tage gab ich mir alle Mühe, nichts von dem zu erzählen, was ich hinter mir hatte, oder dem, was sie in den nächsten Monaten erwarten würde. Wir sprachen also nur über ihre Träume, Erwartungen, über die Talsohle, über all die Lügen dieses verdammten Jahres 2001. So Zeug wie "Er betonte, dass momentan eine sehr gute Zeit sei, um ein Unternehmen zu gründen." Er betonte aber nicht, dass er seinen eigenen Laden liebend gern los geworden wäre, was aber die VCs dann beim Essen rumtratschten.
Es waren, wie gesagt, acht Frauen, zwischen 22 und 28 Jahren alt. Heute spuckt Google nur noch über zwei von ihnen Informationen aus, und die sind nicht wirklich gut. Dabei sind wir hier noch in der boomenden, einzigartigen Munich Area. Bei den anderen kann man hoffen, dass sie die Kurve gekriegt haben, aber natürlich kann man sich nie sicher sein, ob man sich vielleicht nicht doch irgendwann wieder sieht, und dann die Stories hört, von denen man an diesem Oktobertag am Empfang gehofft hat, dass sie ihnen erspart bleiben würden. Die Männer sind noch im Geschäft.
Am Empfang kümmerten sich neben den drei obligatorischen Männern die üblichen acht Frauen um uns. Das waren keine Hostessen, keine mal eben angeleierten Studentinnen, sondern Mitglieder der damals schon nicht mehr ganz so grossen Familie. Es gibt ein Photo von ihnen, alle zusammen in Schwarz und Blau. Alle sehr freundlich, und die kommenden drei Tage gab ich mir alle Mühe, nichts von dem zu erzählen, was ich hinter mir hatte, oder dem, was sie in den nächsten Monaten erwarten würde. Wir sprachen also nur über ihre Träume, Erwartungen, über die Talsohle, über all die Lügen dieses verdammten Jahres 2001. So Zeug wie "Er betonte, dass momentan eine sehr gute Zeit sei, um ein Unternehmen zu gründen." Er betonte aber nicht, dass er seinen eigenen Laden liebend gern los geworden wäre, was aber die VCs dann beim Essen rumtratschten.
Es waren, wie gesagt, acht Frauen, zwischen 22 und 28 Jahren alt. Heute spuckt Google nur noch über zwei von ihnen Informationen aus, und die sind nicht wirklich gut. Dabei sind wir hier noch in der boomenden, einzigartigen Munich Area. Bei den anderen kann man hoffen, dass sie die Kurve gekriegt haben, aber natürlich kann man sich nie sicher sein, ob man sich vielleicht nicht doch irgendwann wieder sieht, und dann die Stories hört, von denen man an diesem Oktobertag am Empfang gehofft hat, dass sie ihnen erspart bleiben würden. Die Männer sind noch im Geschäft.
donalphons, 02:25h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 12. Dezember 2004
Briefkasten nach einem Monat
Unter all dem Müll war auch eine Einladung zu einem Vortrag; Innovative Unternehmensfinanzierung mit Fallbeispielen zu Trade Sale und Venture Capital Finanzierung. Eingeladen haben die üblichen Verdächtigen, staatsnahe Banken und ein Netzwerk. Ich gehe immer gern zu solchen Events, um blöde Fragen zu stellen, etwa: "Der klassische Trade Sale des Jahres 04 waren ja ganze Portfolios geplatzter Corporate VCs, was kann man denn als kleines Unternehmen tun, wenn die Knochenbrecher und Verwerter kommen?"
Man bekommt auf solche Fragen Antworten, die keine Fragen offen lassen. Manche Leute bestehen nur aus den Claims ihrer Powerpoints, und auch nach 4 Jahren der Pleiten wissen sie noch immer nicht, wie man sich zumindest halbwegs elegant rausredet, wenn man ansonsten nur neben dem Unfallort stehen kann und zuschaut, wie die innovativ finanzierten Startups reihenweise verbluten.
Allerdings hätte mich der Spass als Nichtmehrmitglied 220 Euro gekostet, für einen Abend unter Leuten, die noch immer nicht begriffen haben, dass es vorbei ist, und diese Geisterbahn ist dann in einem maroden Mediacluster weit draussen an der Rosenheimer Strasse, den ich seit einem Jahr nicht mehr betreten habe - wegen der Geister meiner eigenen Vergangenheit, und mangels Oportunity. Die letzte Frau in dieser schrägen Szene, in die ich mich beinahe beim ersten Blick verknallt hätte, ist April 2001 ausgestiegen, und sie wusste, warum sie nur Studentin wurde, und alle Angebote, Pressetante in einem Startup zu werden, ausschlug. Eine Frau mit Augenmass. Vernünftig. Auch sowas gab es.
Eine einzige.
Man bekommt auf solche Fragen Antworten, die keine Fragen offen lassen. Manche Leute bestehen nur aus den Claims ihrer Powerpoints, und auch nach 4 Jahren der Pleiten wissen sie noch immer nicht, wie man sich zumindest halbwegs elegant rausredet, wenn man ansonsten nur neben dem Unfallort stehen kann und zuschaut, wie die innovativ finanzierten Startups reihenweise verbluten.
Allerdings hätte mich der Spass als Nichtmehrmitglied 220 Euro gekostet, für einen Abend unter Leuten, die noch immer nicht begriffen haben, dass es vorbei ist, und diese Geisterbahn ist dann in einem maroden Mediacluster weit draussen an der Rosenheimer Strasse, den ich seit einem Jahr nicht mehr betreten habe - wegen der Geister meiner eigenen Vergangenheit, und mangels Oportunity. Die letzte Frau in dieser schrägen Szene, in die ich mich beinahe beim ersten Blick verknallt hätte, ist April 2001 ausgestiegen, und sie wusste, warum sie nur Studentin wurde, und alle Angebote, Pressetante in einem Startup zu werden, ausschlug. Eine Frau mit Augenmass. Vernünftig. Auch sowas gab es.
Eine einzige.
donalphons, 00:38h
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Real Life 11.12.04 - Was noch fehlte
Es gab eine Zeit, erste Hälfte der 90er Jahre, da hatte diese Stadt Discotheken und Clubs, die sich einigermassen mit München messen konnten. Das heisst, importierte DJs, eine ordentliche Selektion an der Tür, was in der bayerischen Provinz wirklich ein Muss ist, ordentliche Locations irgendwo im Keller am Rande der Altstadt, Publikum die lokalen Berufskinder, die auch nicht jeden Abend ins P1 konnten.
Mitte der 90er geschah das, was auch in München Insitutionen wie das Parkcafe ins Trudeln brachte: Megadiscos wurden eröffnet, die jeden reinliessen, der genug zahlte und nicht zwangsläufig die Besitzer kennen musste. Die, wenn man so will, familiäre Atmosphäre von Clubs wie dem BaBaLu war nicht mehr gefragt. Die Tanztempelchen der Provinz wurden dicht gemacht, die Leute versuchten ihr Glück in der Grossstadt. Ein Laden mit dem Namen "Cloud" steht jetzt seit fast 7 Jahren leer, ein anderer ist heute Teil des Königreichssaals der Zeugen Jehovas.
Aber die Ankunft von ein paar hundert zukunftsbewusster, afterworkübender Elitessen dreht das Rad der Geschichte zurück.
Gleich neben dem idealtypischen Sausalitos, dem Must-Go der hier auf das Überleben im Management Getrimmten, wurde eine alte Garage aufgebohrt. Neues Design, ein grandioser Stilbruch zur Umgebung mit den spitzen Giebeln und den Kastenfenstern. Am Wochenende sind davor lange Schlangen, und an der Tür schaut jemand, dass sie unter sich bleiben. Und über ihre Zukunft reden, von der ich weiss, dass sie ebensoviel Markt hat wie meine in die Metropolen geflohenen Bekannten, die inzwischen alle wieder da sind.
Mitte der 90er geschah das, was auch in München Insitutionen wie das Parkcafe ins Trudeln brachte: Megadiscos wurden eröffnet, die jeden reinliessen, der genug zahlte und nicht zwangsläufig die Besitzer kennen musste. Die, wenn man so will, familiäre Atmosphäre von Clubs wie dem BaBaLu war nicht mehr gefragt. Die Tanztempelchen der Provinz wurden dicht gemacht, die Leute versuchten ihr Glück in der Grossstadt. Ein Laden mit dem Namen "Cloud" steht jetzt seit fast 7 Jahren leer, ein anderer ist heute Teil des Königreichssaals der Zeugen Jehovas.
Aber die Ankunft von ein paar hundert zukunftsbewusster, afterworkübender Elitessen dreht das Rad der Geschichte zurück.
Gleich neben dem idealtypischen Sausalitos, dem Must-Go der hier auf das Überleben im Management Getrimmten, wurde eine alte Garage aufgebohrt. Neues Design, ein grandioser Stilbruch zur Umgebung mit den spitzen Giebeln und den Kastenfenstern. Am Wochenende sind davor lange Schlangen, und an der Tür schaut jemand, dass sie unter sich bleiben. Und über ihre Zukunft reden, von der ich weiss, dass sie ebensoviel Markt hat wie meine in die Metropolen geflohenen Bekannten, die inzwischen alle wieder da sind.
donalphons, 14:16h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 10. Dezember 2004
Dirt Picture Contest - Slumbewohner packen es an
Soziologen kennen diese enorme gesellschaftliche Dynamik in Slums und Favelas, die sich die wichtigsten gemeinschaftlichen Einrichtungen durch Plünderung bei den Besitzenden selbst beschafft. Da werden Stromleitungen angezapft und dann mit Klingeldraht ganze Strassenzüge erleuchtet, Wasserleitungen werden mit grosser Findigkeit angebohrt und mit einer fragilen Konstruktion aus Blech und Plastik in oberirdische Kanalisation verwandelt, und man einigt such auf gewisse Plätze, wo man den unverwertbaren Müll entsorgt. Das ist zwar nicht immer schön anzusehen, aber anders bekommt man die sozialen Probleme nicht in Griff.
In Bundeshauptslum Berlin a. d. Spree nun ist die Stadtreinigung eher inaktiv; schliesslich ist die Stadt pleite und die Arbeitsbereitschaft ihrer Bewohner ist der von Sancho Pansa vergleichbar. Es gibt zwar Mülleimer, aber die sind oft kaputt, überfüllt, oder für den normalen Berliner viel zu weit weg, weiter jedenfalls als die Pinte, in der man gerade wieder Korn zu Preisen wie in der DDR ausschenkt, das Crack der kleinen Leute. Deshalb stellt man in Berlin meist in der Mitte der Strassenzüge, zwischen den Kreuzungen an irgendwelchem Laternenpfählen oder Betonkästen gestohlene Einkaufswägen ab, und die füllen sich dann langsam mit Müll.
Hier passen dann auch Verpackungen von DVD-Playern und der anderen Droge Glotze rein, die heute symptomatisch für die Slums dieser Welt ist. Dann sitzen sie in ihren bröckelnden Zimmern, stinken nach Schnapps und Bier, die nackte Glühbirne hängt von der Decke, und sehen in all ihrem Zerfall in der Glotze die Bilder der heilen Welt, die sie nie erreichen werden, während sich draussen die Ratten um die Essensreste in den provisorischen Kleinstkloaken balgen.
Hey, ich fahre heute nach Bayern!
In Bundeshauptslum Berlin a. d. Spree nun ist die Stadtreinigung eher inaktiv; schliesslich ist die Stadt pleite und die Arbeitsbereitschaft ihrer Bewohner ist der von Sancho Pansa vergleichbar. Es gibt zwar Mülleimer, aber die sind oft kaputt, überfüllt, oder für den normalen Berliner viel zu weit weg, weiter jedenfalls als die Pinte, in der man gerade wieder Korn zu Preisen wie in der DDR ausschenkt, das Crack der kleinen Leute. Deshalb stellt man in Berlin meist in der Mitte der Strassenzüge, zwischen den Kreuzungen an irgendwelchem Laternenpfählen oder Betonkästen gestohlene Einkaufswägen ab, und die füllen sich dann langsam mit Müll.
Hier passen dann auch Verpackungen von DVD-Playern und der anderen Droge Glotze rein, die heute symptomatisch für die Slums dieser Welt ist. Dann sitzen sie in ihren bröckelnden Zimmern, stinken nach Schnapps und Bier, die nackte Glühbirne hängt von der Decke, und sehen in all ihrem Zerfall in der Glotze die Bilder der heilen Welt, die sie nie erreichen werden, während sich draussen die Ratten um die Essensreste in den provisorischen Kleinstkloaken balgen.
Hey, ich fahre heute nach Bayern!
donalphons, 13:06h
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Bäckerei Stern
Als sie auf das Tiramisu verzichtete, hast du verloren. Danach bis du mit zu ihr, hoch in die Wohnung, du hast im Aufzug an ihrem verspannten Nacken herumgespielt, und oben machte sie Tee, aber als sie dann die Kanne aus der Küche holen wollte, waren ihre Lippen schon an deinen, und der Tee zog und zog durch die Ewigkeit der Küsse. Deine Hand glitt auf und unter den warmen, weissen Pulli, und du hast an Beate gedacht, die damals in Chamonix auch so einen Pulli trug, als es draussen klirrend kalt war, und alles, alles, was du in diesem Moment nicht wolltest, als du ihre leicht geöffneten, klippengleich aufgeworfenen Lippen gesehen und den sanften, warmen Hauch gespürt hast - war das, was du jetzt, eine Stunde später, nachts um 4 Uhr in Berlin gerade tust: Durch eine klirrende Kälte über die Bornholmer Brücke nach Hause laufen, ihren Geschmack auf der Zunge und den Geruch ihres Halses in der Nase, und das bescheuerte Wissen, die höllenelendlange Erfahrung, dass Frauen, die am Ende der Mahlzeit nichts Süsses zu sich nehmen, immer irgendwo zwischen Häkchen Nummero 3 am BH hinten und dem Abstreifen des Slips die Bremse reinhauen. Weil wegen Freund, wegen morgen aufstehen, wegen PMS, wegen tausend anderer blöder Gründe, von denen du weißt, dass alles diese verdammt kleine Extraportion Zucker weggewischt hätte, die sie mit dem Tiramisu verweigert hat. Frauen, die kein Tiramisu nehmen, ficken nicht - so einfach, banal und gnadenlos ist das Leben, und so dumm und lächerlich gehst du durch die diesige Luft, und zitierst Tucholsky.
Dass wir uns nicht besassen!
So aalglatt war mein Kinn.
Jetzt irr ich durch die Strassen, Malwine,
Und weine vor mich hin
Tucho hatte es einfach, der schrieb einfach ein Gedicht - Peng - schon hatte er eine Lydia, eine Prinzessin, ein Lottchen mitsamt ihren Rechnungen. Du lebst dagegen in einer Zeit, in der man auch als Schriftsteller keine Erfolgsgarantien mehr hat. Du gehst über den Jülischer Platz, und irgendwo vor dir surrt eine Lüftung. Du kommst näher, und dann trifft es dich wie ein Schlag in die Magengrube:
Mehr bei Restaurant.ville
Dass wir uns nicht besassen!
So aalglatt war mein Kinn.
Jetzt irr ich durch die Strassen, Malwine,
Und weine vor mich hin
Tucho hatte es einfach, der schrieb einfach ein Gedicht - Peng - schon hatte er eine Lydia, eine Prinzessin, ein Lottchen mitsamt ihren Rechnungen. Du lebst dagegen in einer Zeit, in der man auch als Schriftsteller keine Erfolgsgarantien mehr hat. Du gehst über den Jülischer Platz, und irgendwo vor dir surrt eine Lüftung. Du kommst näher, und dann trifft es dich wie ein Schlag in die Magengrube:
Mehr bei Restaurant.ville
donalphons, 04:58h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 9. Dezember 2004
Jetzt bin ich aber doch etwas enttäuscht
Denn ich hatte mir schon überlegt, wie ich die Publicity der Wirtschaftszeitschrift und des bitterbösen, meine geschäftsschädigende Tätigkeit skandalisierenden Artikel von ihrem Autor nach all den zeitnah bekannt gewordenenbrillianten Recherchen in fette Profite verwandle. Es hätte hier eine Woche lang diese Werbung gegeben:
VERGESST DIE Wirtschaftszeitschrift - DIE WIRKLICH MIESEN GESCHICHTEN HAT SIE NICHT ENTDECKT!
Sie wollen wissen, wie man andere Firmen wirklich durch gezielte Indiskretion zur Sau macht? Sie überlegen selbst jeden Morgen, wie Sie Ihre Konkurrenz über den Jordan schicken können? Geben Sie es ruhig zu! Die Wirtschaft gehört denen, die überleben, und nicht denen, die Sie und wir draufgehen lassen. Wir haben es, weitaus gemeiner und fieser als in der Wiwo behauptet, aus Spass getan - Sie tun es aus beruflichen Gründen - deshalb: LET´S TEAM UP!
Alle Tricks und Basisinfos über die Dos and Don´ts des Niederschreibens finden Sie in meinem, von Handelsblatt und Heise hochgelobte Meisterwerk Liquide jetzt zum Supersonderpreis von 19,90 Euro. Technische Anleitungen zum Selbermachen gibt es im von mir mit Kai Pahl herausgegeben Buch "Blogs" inclusive Tips und Kniffen, was Sie tun können, wenn der Anwalt ihrer gegner kommt.
Und das Sonderangebot: Bestellen Sie schon jetzt erstklassige Markeninsider gegen Ihre Feinde bei mir und meinen Freunden Lanu, Boo, Joman, AppKiller, Peter_H, Noergler, Q, Che2001, HansMeise, Medvech, Pathologe, Gratefuldead, Dirtypicture, Tattletale, Held der Arbeit (!), FoolDC, Immobilienmakler, Nihilism, Booooster, Tomahawk, ZaphodB, Crashdotcom, somejustsurf, UncleMeat, 404filenotfound, Porschekiller und Lucrezia_B. Nutzen Sie das Combipack für Dotcomtod 2.0, Oldecopest 1.0 - bei Doppelbuchung schicken wir dem Autor der Wirtschaftszeitschrift einen gefälschten Informanten gratis!
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Sie wollen wissen, wie man andere Firmen wirklich durch gezielte Indiskretion zur Sau macht? Sie überlegen selbst jeden Morgen, wie Sie Ihre Konkurrenz über den Jordan schicken können? Geben Sie es ruhig zu! Die Wirtschaft gehört denen, die überleben, und nicht denen, die Sie und wir draufgehen lassen. Wir haben es, weitaus gemeiner und fieser als in der Wiwo behauptet, aus Spass getan - Sie tun es aus beruflichen Gründen - deshalb: LET´S TEAM UP!
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donalphons, 22:01h
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Real Life August 2000 - Schwarzes Gold
Sie hatte sich für den Juniorposten beworben, wurde aber gleich als Senior mit Juniorgehalt genommen. Dass sie noch nicht mal den Magister hatte, war egal, einfach rein und los, das mit der Prüfung geht auch nebenbei. Es stellte sich heraus, dass es so einfach nebenbei doch nicht ging, aber egal, 1999 war das schon fast die Lebensanstellung, es ging unaufhaltsam nach oben. Es gab auch Wochen, in denen sie unter 70 Stunden arbeitete. Der Stundenlohn war auch nicht so das Thema; wenn man die Optionen wieder reinrechnete, war alles bestens. Ich bekam manchmal ein Mail, alle zwei Monate trafen wir uns auf einem Event, und ich wunderte mich, dass sie mit 25 den Druck, die Aufgaben und den Skalierungsirssinn aushält.
August 2000 rief sie bei mir an und fragte, ob wir uns mal treffen können. Sie hatte eine Idee gehabt, die ihr sehr vielversprechend erschien, die sie aber noch nicht in der Firma verschreien wollte. Zu viele Neider, zu viele, die plötzlich Angst um ihren Job hatten und anderen Leuten den Stuhl unter dem Hintern wegziehen wollten. Es war nicht mehr so richtig lustig, was sie erzählte. Jedenfalls hatte sie einen Plan, eine aus der Not geborene Kooperation mit einer grossen, alten Firma, die erst auf die Idee kam, dass sie im Internet was tun musste. Sie hatte in ihrer Abteilung heimlich ein Projekt dafür ausarbeiten lassen, und ich sollte da mal einen Blick drauf werfen.
Es war auf einem Thinkpad, 2 GB gross, viel Ton und Streams, und es war keine dumme Idee, ganz im Gegenteil. Sie wusste nicht, wie sie es ihren Chefs verkaufen sollte, denn es brach mit einigen Tabus. Sie brauchte Argumentationshilfen, und einen 20-seitigen Wisch von einer möglichst toll klingenden Beratungsklitsche, die natürlich erst mal nichts kosten dürfte, weil sie kein Budget dafür hatte. Aber dazu hat man bekanntlich Freunde, die einem das auch so, nebenbei mal schreiben - Leute wie mich. Den Thinkpad könnte ich mitnehmen, sagte sie, da ist alles drauf.
Das Cafe Puck ist gelblich gestrichen, und vieles, was dort im Licht der Kerzen ist, erscheint golden. Thinkpads, Ideen, die Zukunft, das alles bekommt im Licht des Cafes einen Wert, eine Logik, den Anschein von Sinn und Vernunft.
Ich schrieb den Bericht nie fertig. Drei Wochen später wurde ihre Abteilung eingestampft, und ihr selbst bot man als einziger die Weiterbeschäftigung an, als Senior, aber zu einem Gehalt, bei dem 20% Lohnverzicht schon inbegriffen waren. Sie erfuhr es am Telefon, während der ersten Urlaubswoche seit einem Jahr, in der sie ihr Auto zum überfälligen TÜV brachte, die Wohnung putzte und versuchte, mal wieder einen Text zu lesen, der länger als ein Executive Summary war.
Sie ging den ganzen Weg. Sie wollte dagegen ankämpfen. Aber die Kündigungen waren schon unterwegs, die Räume leer, und in den Mülleimern stapelten sich die Tastaturen und Floppies. Es muss sehr hart für sie gewesen sein, und wahrscheinlich war es die Beiläufigkeit, mit der man ihr das antat, schlimmer als der Rausschmiss selbst, der nach ein paar Stunden Vorhaltungen von ihren Chefs kam. Immerhin erlaubte man ihr, sich noch am Firmentelefon und von ihrem Firmenaccount von den Kunden zu verabschieden.
Sie rief mich dann erst sehr spät in der Nacht privat an. Sie erzählte mir, was die Buschtrommeln der einzigartigen Munich Area schon am Nachmittag verbreitet hatten.
Was soll ich mit dem Thinkpad machen, fragte ich sie.
Ist doch nur ein altes, überflüssiges Notebook. Es gibt das Ding doch schon gar nicht mehr. Kein Thinkpad, keine Abteilung, keine Idee, alles aufgelöst, abgeschrieben.
Wertberichtigt, warf ich ein.
Du hast keinen Thinkpad von mir. Lösch es runter, mach damit, was Du willst, schick ihn an die Firma, behalte ihn, niemand wird ihn wollen, oder Dich danach fragen, sagte sie. Und dann erzählte sie, wie ihre Chefs inzwischen diese dem Virtuellen verpflichtete Abteilung real zerstört hatten. Ich habe den Thinkpad, Modell 390e, Baujahr 7/99, 333 Mhz PII, 6,4 GB, 256 MB Ram behalten. Niemand hat je danach gefragt. Er hat die Firma am heutigen Tag fast 2 Jahre und 7 Monate überlebt.
August 2000 rief sie bei mir an und fragte, ob wir uns mal treffen können. Sie hatte eine Idee gehabt, die ihr sehr vielversprechend erschien, die sie aber noch nicht in der Firma verschreien wollte. Zu viele Neider, zu viele, die plötzlich Angst um ihren Job hatten und anderen Leuten den Stuhl unter dem Hintern wegziehen wollten. Es war nicht mehr so richtig lustig, was sie erzählte. Jedenfalls hatte sie einen Plan, eine aus der Not geborene Kooperation mit einer grossen, alten Firma, die erst auf die Idee kam, dass sie im Internet was tun musste. Sie hatte in ihrer Abteilung heimlich ein Projekt dafür ausarbeiten lassen, und ich sollte da mal einen Blick drauf werfen.
Es war auf einem Thinkpad, 2 GB gross, viel Ton und Streams, und es war keine dumme Idee, ganz im Gegenteil. Sie wusste nicht, wie sie es ihren Chefs verkaufen sollte, denn es brach mit einigen Tabus. Sie brauchte Argumentationshilfen, und einen 20-seitigen Wisch von einer möglichst toll klingenden Beratungsklitsche, die natürlich erst mal nichts kosten dürfte, weil sie kein Budget dafür hatte. Aber dazu hat man bekanntlich Freunde, die einem das auch so, nebenbei mal schreiben - Leute wie mich. Den Thinkpad könnte ich mitnehmen, sagte sie, da ist alles drauf.
Das Cafe Puck ist gelblich gestrichen, und vieles, was dort im Licht der Kerzen ist, erscheint golden. Thinkpads, Ideen, die Zukunft, das alles bekommt im Licht des Cafes einen Wert, eine Logik, den Anschein von Sinn und Vernunft.
Ich schrieb den Bericht nie fertig. Drei Wochen später wurde ihre Abteilung eingestampft, und ihr selbst bot man als einziger die Weiterbeschäftigung an, als Senior, aber zu einem Gehalt, bei dem 20% Lohnverzicht schon inbegriffen waren. Sie erfuhr es am Telefon, während der ersten Urlaubswoche seit einem Jahr, in der sie ihr Auto zum überfälligen TÜV brachte, die Wohnung putzte und versuchte, mal wieder einen Text zu lesen, der länger als ein Executive Summary war.
Sie ging den ganzen Weg. Sie wollte dagegen ankämpfen. Aber die Kündigungen waren schon unterwegs, die Räume leer, und in den Mülleimern stapelten sich die Tastaturen und Floppies. Es muss sehr hart für sie gewesen sein, und wahrscheinlich war es die Beiläufigkeit, mit der man ihr das antat, schlimmer als der Rausschmiss selbst, der nach ein paar Stunden Vorhaltungen von ihren Chefs kam. Immerhin erlaubte man ihr, sich noch am Firmentelefon und von ihrem Firmenaccount von den Kunden zu verabschieden.
Sie rief mich dann erst sehr spät in der Nacht privat an. Sie erzählte mir, was die Buschtrommeln der einzigartigen Munich Area schon am Nachmittag verbreitet hatten.
Was soll ich mit dem Thinkpad machen, fragte ich sie.
Ist doch nur ein altes, überflüssiges Notebook. Es gibt das Ding doch schon gar nicht mehr. Kein Thinkpad, keine Abteilung, keine Idee, alles aufgelöst, abgeschrieben.
Wertberichtigt, warf ich ein.
Du hast keinen Thinkpad von mir. Lösch es runter, mach damit, was Du willst, schick ihn an die Firma, behalte ihn, niemand wird ihn wollen, oder Dich danach fragen, sagte sie. Und dann erzählte sie, wie ihre Chefs inzwischen diese dem Virtuellen verpflichtete Abteilung real zerstört hatten. Ich habe den Thinkpad, Modell 390e, Baujahr 7/99, 333 Mhz PII, 6,4 GB, 256 MB Ram behalten. Niemand hat je danach gefragt. Er hat die Firma am heutigen Tag fast 2 Jahre und 7 Monate überlebt.
donalphons, 14:57h
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