Der Spiegel und sein Nazi-Faszinosum

Vor ein paar Jahren schrieb der Spiegel über einen alten Kerl, der behauptete, im zweiten Weltkrieg mit einer Me 262 die Schallmauer durchbrochen zu haben. Und obwohl alle Experten über die Faktenhinbiegerei des Spiegels, der das für möglich hielt, nur müde lächelten, wurde der alte Kerl bei seinem Tod als "Luftfahrt-Pionier" gefeiert - nur, weil er als stinknormaler Kampfflieger später lustige, spiegeltaugliche Behauptungen aufstellte.

Jetzt schlagen die Herren Qualitätsjournalisten erneut zu und mokieren sich darüber, dass vor 73 Jahren fogende alles schon mindestens genauso gut war: "mit bis zu 230 Stundenkilometern - wie vor 73 Jahren" zockle der ICE durch die deutschen Lande auf der Strecke Berlin-Hamburg. Ach ja? Lustigerweise war der "Schienenzeppelin", der vor 73 Jahren im testbetrieb ein einziges mal ebenso schnell war, weniger "legendär" als ein propellergetriebenes Stück Irrsinn, das nie auch nur einen Passagier im Regelbetrieb beförderte. Toller Vergleich, echt. Da könnte man auch einen Airbus dissen, weil er langsamer als eine V2 fliegt.

Und was die Behauptung angeht, der "Fliegende Hamburger" habe ab Anno 33 die gleiche Strecke genauso schnell geschafft wie der ICE bisher - Irrtum, die Fahrtdauer war 2 Stunden und 22 Minuten, nicht, wie behauptet, 2 h 18 min. Wie auch immer, Herr Göbbels würde sich sicher freuen, diesen Vergleich im Spiegel zu lesen - war doch sein Haus gierig darauf, mit dem Ding die Überlegenheit der Nazi-Technik zu demonstrieren, was der Spiegel jetzt auch bereitwillig in das 21 Jahrhundert trägt.

Ein Lehrstück einer blockierten Republik, wie der Spiegel sagt? Eher eine Hirnverstopfung bei SpON wegen zu viel grüner Spiegel-Bananen.

Sonntag, 12. Dezember 2004, 22:23, von donalphons | |comment

 
Falsche Richtung!
ja ja und bei all dem Gelabere um diesen ICE heisst es dann auch immer "von Hamburg nach Berlin" - so ein Bloedsinn - es ist doch wohl sehr viel wichtiger von Berlin wegzukommen als dahinzufahren.

Mir geht diese ganze Berlin Hysterie schon seit 1989 auf den Keks. Bonn ist viel besser, weil so schoen verschlafen - und Schlafen ist wichtig im Leben.

Ausserdem sitzen in dem Zug dann eh wieder nur Kohortenweise Businesschleimer und spielen bloed mit Excel tabellen und Kraftpunktpraesentationen rum. Also meinetwegen kann der dreimal die Woche entgleisen, Hauptsache mein NRW Express hat nicht mehr als 20 Minuten Verspaetung pro Fahrt - dann bin ich schon mit der DB zufrieden.

denn mal Abfahrt

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Hmm...
Auch wenn "Spiegel-Bashing" Spaß machen mag oder gerade "in" ist, möchte ich ein paar Punkte anbringen:

a) Kritisieren kann man den Spiegel mehr dafür, dass er den "Fakt" der schnellen Versuchsfahrten von anderen Medienberichten übernommen hat. Selbst ist man nämlich offensichtlich nicht darauf gekommen; so berichteten die "ARD-Tagesthemen" bereits am vergangenen Donnerstag mit genau diesem Tenor ("Langsame Neubaustrecke").

b) Inwiefern der "Schienenzeppelin" mit Baujahr 1929 oder die schon lange vor 1933 begonnenen Arbeiten und Planungen für den Einsatz der Schnelltriebwagen ("Fliegender Hamburger") "Nazitechnik" sind, erschließt sich mir nicht. Ergo ist auch der Göbbels-Vergleich etwas deplaziert.

c) Der Ausbau - oder nicht-Ausbau - der Verbindung zwischen Hamburg und Berlin ist zweifellos ein Trauerspiel der ohnehin wenig ruhmreichen deutschen Verkehrspolitik. Was, abgesehen vom reißerischen Ansatz gearde im Zusammenhang mit den Schienenzeppelin-Fahrten, paßt Dir denn inhaltlich an dem Artikel nicht?

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schließe mich meinem vorredner an...
c) ist wohl auch die wichtigste Kernaussage. Ob 4 Minuten mehr oder weniger, das interessiert doch keinen. Wichtig ist der Unterscheid zu vorher, und eine annährend gleiche Fahrzeit wie vor ca. 70 Jahren hinzukriegen, das ist tatsächlich keine sonderliche Glanzleistung.

Goebbels hat jedenfalls rein gar nichts damit zu tun - außer, daß die Reichsbahn die Zugentwicklung dann später kaufte, aber ob da Herr Goebbels direkt involviert war, wage ich mal zu bezweifeln.

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Berlin Hamburg & vice versa
@franz: Es gab und gibt keine Berlin Hysterie, du solltest B.Mitte nicht mit Berlin im ganzen gleichsetzen, ein Fehler, der von Zugereisten gern und immer wieder gemacht wird.
Bonn als Hauptstadt war seit eh und jeh als Provisorium gedacht. Als ich mitten im 90er Trubel mal die Stadt des langen Eugen besucht habe, fragte ich mich schon bei der Ankunft, warum gerade dieses Kaff zu Hauptstadtehren gelangt war: Frankfurt (M) oder Hamburg waeren ohne jeden Zweifel besser geeignet. Nun seis drum, Bonn hat vom Bund Trennungsgeschenke in einer schwindelerregenden Hoehe zugeschanzt bekommen und Berlin hat nach Wegfall der Vorzeigesubventionen nun den Trost billigste Hauptstadt der westlichen Kulturhemisphaere zu sein. Vielleicht koennten alle dazu etwas mehr Gelassenheit an den Tag legen.

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@ georg_r: Der "Fliegende Hamburger" wurde im Dritten Reich speziell gefördert, war neben den Autobahnen "das" zivile Prestigeobjekt der Nazis und wurde von der Propaganda entsprechend vermarktet - speziell auf der Trasse ins damalige Ostpreussen.

Was die Bahn macht, ist mir völlig egal - ich mag nur keine Journaille, die sich über andere beschwert und selbst alle zehn Zeilen ins bräunliche entgleist.

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Bemerkenswert...
...bleibt doch die Tatsache, dass man auf anderen Strecken quer durch deutsche Mittelgebirge oft minutenlang '250 km/h' angezeigt bekommt, während 15 Jahre nach dem Bau dieser Strecken nun 230 km/h in einer brettebenen Landschaft als historischer technologischer Meilenstein gefeiert werden. Da hat der Spiegel-Mensch nicht so ganz unrecht. Eine Prise hausüblicher Sarkasmus sei dem Autoren hier wirklich gestattet.

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Big Deal, ey!
Eine Meldung wäre es doch, wenn die Transrapid-Strecke Berlin-Warschau den Betrieb aufgenommen hätte. Ich las gerade in einem Spektrum der Wissenschaft - Sonderheft, dass wir in etwa 25 Jahren mit der bemannten Marslandung rechnen könnten.1972 hatte ich gelesen, diese würde 1986 stattfinden. Und was aus der sogenannten fünften Generation der Computer geworden ist, konnte mir auch noch niemand erklären.

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Non rapido?
Na, bei dem enormen Erfolg des Transrapids in Shanghai
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID3193742_REF1,00.html
muss man sich im Deutschteland auch nicht mehr um die Weiterentwicklung des ICE kümmern.

Die Bahn entschleunigt eben unser aller Leben.

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Boomtowns lats
Shanghai als gehypte und mit Geld vollgepumpte Boomtown könnte durchaus einer der nächsten Blasen sein, die platzen, diesmal aber mit einer Druckwelle, die noch in London zu hören sein wird.

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Schlaues China
ja, könnte sein, aber ich denke, dass dauert noch ein Weilchen. Die Chinesen waren ja so schlau, die kapitalistische Marktwirtschaft erst um den Jahrtausenwechsel einzuführen. Bis die Märkte dort überweidet sind, dauert es seine Zeit.

Sicherlich wird uns die Zwischenzeit aber durch den einen oder anderen lustigen GoEast-Boo verkürzt. Soviel vertrauen sollte man in hochbezahlte Manager schon haben - Kernkompetenzen auf die man sich verlassen kann.

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kam gerade rein:

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Sag mal, sind die zu dämlich zum Scheißen?

Sollnse mit Biomasse gefeuerte Dampfloks nehmen, die kommen dann wenigstens durch. Echt, ey!

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Roms Wasserversorgung
war ja angeblich auch vor gut 2000 Jahren schon deutlich besser als heute.
Na und? Was sagt uns das?

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Roms Wasserversorgung vor 2000 Jahren war für alle Menschen gut, die das Schwermetall Blei in der Wasserversorgung bevorzugten - die Rohre und viele andere Teile der Versorgung waren hochgiftig, was aber damals noch niemand wirklich wusste - schliesslich dachte man damals, man könne auch Wein mit Blei haltbarer machen.

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Der Wein
Man trank den Wein aus Bleibechern. Dafür hatte Rasputin mit einem anderen Gift mehr Glück: Der mit Zyankali versetzte Rotwein, den man ihm zu trinken gab, war so sauer, dass er das Zyankali in Kalium und Blausäure aufspaltete, so dass er das Getränk überlebte. Genützt hat es ihm nichts (er wurde handgreiflich umgebracht), steigerte aber seinen Rum als Wundertäter.

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Das könnte die Lösung sein: Vielleicht wir der Spiegel wie früher üblich, noch mit Queckilber hergestellt? Das hat bei den Herstellern oft so gewisse Ausfallserscheinungen zur Folge gehabt...

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So...
...hat jedes Zeitalter seine Giftmischer:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,332464,00.html

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heavy metal
@che:
Da müssen sie den Becher aber so lange stehen gelassen haben, bis sämtliches HCN verflogen war. KCN wird erst durch die Magensäure zu giftigem HCN (LD50 (oral, rat): 10 mg/kg).

@don:
Der Spiegel wird noch mit Bleilettern gesetzt.

Bleisalze lösen sich übrigens auch ausgezeichnet aus den Emaillierungen von Tongefäßen, wenn man daraus sauere Getränke wie Fruchtsäfte ausschenkt. Aber erzähl das mal der Antroposophin die in der Toscana ihre Krüge in Selbsterfahrungstrance selbst getöpfert hat.

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Alles eine Frage der natürlichen Auslese. Es gab in der Frühbronzezeit eine Phase, da mischte man dem Kupfer erhebliche Mengen Arsen bei. Das macht die Legierung hart, aber auch den Schmied ziemlich tot. Nach einer Weile überlebten wohl nur noch diejenigen, die Zinnbronze herstellten.

Vielleicht gibt es bald günstige, leer stehenden Villen in der Toscana...

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Tja, ich habe mich auch gefragt, warum der Spiegel den alten Schmonz mit dem Nazi-Zug überhaupt erwähnt? Was hat die alte Kamelle mit der neuen ICE-Strecke zu tun? Das wird aus dem Artikel nicht deutlich, außer eben der Städtenennung und der Zeitangabe.

Die Nazis haben weder den Zug noch die Raketen erfunden, usw. Alles aus den Zwanzigern. Aber sie haben diese Techniken gepusht und auf ihre ganz eigene Art und Weise finanziert. Das ganze diente der Rechtfertigung ihrer Weltanschauung. Die wiederum zielte auf Tötung von Menschen, die ihnen minderwertig erschienen. Dieses Ziel haben sie im Übrigen auch intensiv verfolgt. Minderwertig war, wer nicht so eine tolle Technik hatte. Und da schließt sich die Begründung.

Na ja, und irgendwie macht der Spiegel da jetzt mit.

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Ich sehe darin eher eine chronische Zukunfts-Technik-Fortschritts-Gläubigkeit, die viele erfasst hat.

"Der Zug fährt so langsam, wie vor 80 Jahren. Eigentlich müsste es im 3. Jahrtausend nur noch eine halbe Stunde dauern."

Vielleicht hat Don recht: Die nächste Blase blubbert schon.

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@oswald (und auch für den Don)
Der Spiegel-Redakteur macht nichts Anderes als Recycling. Wieso soll er seine Hirnwindungen anstrengen, wenn er alles bereits geliefert bekommt? Er muss nur mal auf Geschäftskosten Bahn fahren.

Erklärung: Im aktuellen Bahnmagazin (liegt in allen Fernzügen aus) vom Dezember diesen Jahres, mit Anne Will als Titelgesicht, ist ein großer Artikel der Selbstbeweihräucherung der Bahn drin, mit genau diesen zwei Errungenschaften (Schienenzeppelin und "Fliegender Hamburger"*) als Referenzobjekte. Ohne Reflektion der damaligen Zeitgeschichte.
Apropos (wenn ich einen Link verschlafen haben sollte): In unserer Tageszeitung ist heute ein Bericht über den ersten Zug auf der neuen Strecke drin. Der mit den Promis kam wohl durch, problemlos, aber der erste reguläre ICE musste wohl die Reise abbrechen, die Passagiere in den nachfolgenden EC umsteigen und mit über einer Stunde Verspätung erst in Berlin eintreffen.

* Warum denke ich hierbei an Ausschreitungen in Schnellrestaurantketten?

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Schienenzeppelin
Wenn man diesen reinen Versuchsträger als Beleg für damalige Geschwindigkeiten anführt, müsste man auch sagen, der Transrapid fuhr so um 1980 im Emsland, und eigentlich schon in den 50ern unter dem Namen Alweg-Bahn. Dann könnte man auch den Tokaido-Express (nicht den Shinkansen, sondern den Vorgänger) und den TEE aus den Fünfzigern als ICE durchgehen lassen. A´propos ICE, hier ein ganz böser: Wofür steht diese Abkürzung?

Antwort: In Celle Endstation.

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TransEuropaExpress
TEE - das waren noch Zeiten, als die Bundesbahn noch Style hatte und Kraftwerk noch gute Songs machte *schwärm*

Wir haben als Kinder immer mit der Zwille drauf geschossen - in meiner Heimatstadt fahren nämlich auch nach 30 Jahren noch alle Züge (auch der ICE) nur ~30km/h.

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External Flame, wo ist Deine Heimatstadt?

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http://de.wikipedia.org/wiki/Geislinger_Steige

dort ist die Streckenhöchstgeschwindigkeit mit 70 angegeben - allerdings wurde vergessen dass vor der Rampe eine sehr enge Kurve gefahren werden muss, die alle Züge mit rund ~30km/h fahren. Das laute Fahrgeräusch innerhalb der Kurve hat die Funktion eines Weckdienstes, so dass man den Bahnhof Geislingen nicht verschlafen kannst.

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Geislingen an der Steige in Württemberg-Hohenzollern? De Schwäb ´sche Oisebahne?

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Geislingen liegt aber nicht in Hohenzollern. Die Hohenzoller'sche Landesbahn träumt vermutlich noch von Spitzengeschwindigkeiten von 30 km/h

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PR-Trommel
Na, dafür nehmen die den Mund aber recht voll:http://www.hzl-online.de/html/vorlagen/wir_ueber_uns.html

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PR-Trommel
Na, dafür nehmen die den Mund aber recht voll:http://www.hzl-online.de/html/vorlagen/wir_ueber_uns.html

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