: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 19. Oktober 2005

Einkaufen mit reichen Leuten

Reden wir mal über Reichtum und Armut in Deutschland. Reichtum, das ist in meinen Augen etwas, das vielleicht 10% der Bevölkerung dauernd erleben, und weitere 20% partiell; zumindest haben sie dazu die Möglichkeit. Diese 30% der Bevölkerung sind politisch relevant, diese 30% bestimmen letztlich, was in diesem Land geschieht und wie die Umverteilung funktioniert, ohne dass sie sich dabei anstrengen müssen.

Der Reiche sitzt nämlich am Sonntag Abend eher selten vor der Glotze bei Christiansen, er geht ins Theater oder in die Oper, wo ihn niemand mit Krisengeschwätz belästigt. Warum auch; sein Beitrag sind 10 oder 20% dessen, was der Staat, also alle für seine Unterhaltung an diesem Abend draufzahlt. Dagegen sind die Kosten eines Christiansen- oder RTL-II-Guckers vollkommen irrelevant und auch noch gut angelegt. Sie fördern das System der institutionalisierten Umverteilung durch Konsum. Ich denke, die Luxusverwahllosung in Deutschland, der Überfluss an neuem Produktionsmüll in den Wohnungen und im Leben der ärmeren Bevölkerungsschichten hat einen simplen Grund: Die Glotze.

Denn die Glotze bohrt ein schönes Loch in die graue Realität der Blocks. Wer im Sommer einen Garten hat, wird sich kaum reinsetzen und glotzen. Wer im Winter nach St. Moritz oder Chamonix fährt, braucht danach kein Bewegtbild. Die Glotze ist der falsche Hase des Lebensbuffets, in rauen Mengen vorhanden, aber nicht wirklich gut - in den Augen der Reichen. Ironischerweise nehmen die Armen nach der Vergiftung durch den falschen Hasen die Reichen als reichlich strange Gruppe wahr, mit der man sowieso nichts zu tun hat.Die eigenen Lebensmodelle zwischen Kandinsky-Druck, Ikea-Regal und Billiglaminat bekommt man im Marienhof und Lindenstrasse frei Haus. So sehr die Serien von der Entwicklung leben: Deie Art des Konsums ist allemal festgeschrieben. Ohne Notwendigkeit.



Das hier ist ein Gemälde aus England, ca. 1790. Es befindet sich in einem Schrank eines Antiquitätenhändlers in Berlin, und stammt aus einem Nachlass. 4200 Euro ist der Verhandlungspreis, 2500 dürften am Ende machbar sein, wenn man Stammkunde ist und das Geld hat - was ich zu diesem Zweck nicht habe, zumal ich es anders investieren würde. Trotzdem ist es eine langfristig exzellente Wertanlage, doch darum geht es nicht. Es geht um das, was abgebildet ist: Ein reiches, junges Ehepaar kauft Spitzenstoff. Wir sehen die Frau, wie sie genau die Qualität mit den Fingern erfühlt, wie genau sie hinschaut. Wir sehen, dass ihr Mann dieses Können - und ihre Schönheit - bewundert. Und wir sehen den Verkäufer, der die Vorzüge und Eigenschaften erklärt. In der Nebenhandlung besorgt ein kleiner Junge Einkäufe, vielleicht im Auftrag der Mutter; die Frau des Händlers beugt sich zu ihm hinunter und lauscht seinen Wünschen. So, und jetzt betreten wir einen beliebigen Super-, Möbel- oder Elektromarkt und vergleichen das Verhalten.

Mir sind solche Szenen wie auf dem Bild bis heute alles andere als fremd. Die Eierfrau auf dem Wochenmarkt, die Nudelverkäuferin, die Bäckermeistersgattin, der Elektriker und der Heizungsbauer im Stadtpalast, und auch der Händler, der das Bild hat, sie alle sind genau so. Für diesen Einkauf - nicht Konsum! - braucht man aber etwas: Zeit. Viel Zeit. Zeit, die die armen Leute angeblich nicht haben, weil sie ja möglichst schnell vor ihre Glotze kommen müssen, oder neuerdings auch das Internet, oder andere Medien, die ihnen das Denken abnehmen und Klassenunterschiede als gottgegeben einprügeln. Ich habe keinen Fernseher, sprich, ich habe pro Woche rund 25 Stunden mehr Zeit als der Durchschnitt. Davon gehen wiederum 15 Stunden für das Lesen von Büchern weg, es bleibt aber genug Zeit für bewusstes Einkaufen. Was immer ein sinnliches Erlebnis ist, ohne teuer zu sein.

Natürlich erzählt die Glotze was anderes. Würde sie mich verfilmen, würde sie mich genau vor den exotischen Seidenmalereien und Drucken aus Ostasien, die tatsächlich in meiner Wohnung sind, sinister und verdorben agieren lassen. Das Fernsehpublikum würde denken: Fremd, anders, kennen wir nicht, uh-oh, war sicher teuer. Nur habe ich gestern noch ein Holzschnitt einer dieser grazilen japanischen Damen gekauft.



Es hing ganz offen in einem Laden in der belebten Bergmannstrasse, jeder hätte reingehen können und es kaufen, mitsamt vergoldetem Holzrahmen und braunem Passepartout. Der Preis - ein Witz, allein schon im Vergleich zu den Pahmen, in denen dann Rosina-Wachtmeister-Poster von einer pastellfarbenen Idylle künden. Bis ich tot bin und das Bild keinen Cent an Wert verloren hat, werden sie die Poster zehnmal und die Alurahmen fünf mal rausgeschmissen haben. So gesehen, leben sie im Luxus der Verschwendung und gleichzeitig in einer Armut, die weniger ein Ausdruck des mangels an Geld denn vielmehr an Verständnis und Erkenntnis ist. Armut ist in Deutschland oft Verschwendung durch Leute, die es sich nicht leisten können.

Es ist dumm, Omas Hutschenreuther wegzuwerfen und Ikeasteingut zu kaufen. Es ist dumm, lieber 90 qm zu mieten statt 50 langfristig zu kaufen. Es ist idiotisch, eine Kanne einer billigen Alessilinie zu kaufen und dafür mehr zu bezahlen, als für eine englische Silberkanne, die auch nach dem dritten Sturz noch verwendbar ist. Es ist bescheuert, alles immer neu kaufen zu wollen, den neuesten Möbeltrends hinterherzuhecheln und keine Sekunde einen Gedanken daran zu verschwenden, was es für die Umwelt bedeutet, wenn alle drei Jahre neuer Schrott in Polen ohne jede Richtlinie zusammengetackert wird. Es gibt Wasserkocher, die kosten nur die Hälfte und später das vierfache an Strom, bis sie doppelt so schnell kaputt gehen.

Ich weiss, dass es auch echte Armut gibt, viel zu oft, viel zu wenig beschrieben. Die Menschen, die sich hauptsächlich von Nudeln ernähren, bei denen es hinten und vorne nie reichen wird, die klauen, um zu überleben, die die Mülltonnen durchwühlen, das alles gibt es hier in Berlin. Und wann immer ich das sehe, weiss ich wieder, was für ein mieses, kleines, arrogantes Ego ich habe. Und dass man was tun müsste. Aber bei der selbstverschuldeten Wohlstandsverwahllosung - hey, Euer Problem.

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Dienstag, 18. Oktober 2005

He Du.

In genau 24 Stunden solltest Du in die Dusche verschwinden, den Körper reinigen und mit halbwegs ordentlicher Kleidung verschönern, und dann in Richtung Mitte tingeln. Genauer, in das "Lass uns Freunde bleiben", eine famose Bar in der Choriner Strasse 12, die südliche Parallelstrasse zur Kastanienallee. Denn ab 20 Uhr ist diese Bar im hinteren Raum noch famoser. Denn dann lesen Modeste, das Wort "lochimkopf" schnittchen, Beyond und Burnston, beide Dönner, also Don Dahlmann und ich werden auch in persona anwesendsein, Don wortreich einführend, ich technisch ausführend. Danach kannst Du auch noch gesellig zusammen sein, mit feinsten Bloggern aus Deiner Umgebung. Also, ab in die Dusche in 24 Stunden.

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Real Life 17.10.05 - Sie ruft an.

Für ein paar Momente verschwinden die Kronleuchter, die Kommoden und die Vitrinen voller Geschirr. All die willkürlich zusammengeraffte Pracht, die Herrlichkerit vergangener besserer Familien ist ausgelöscht durch ein paar freundliche Worte. Um dich herum wuselt der Besitzer, der schon mal langsam dicht macht, kein guter Tag heute. Du stehst im Weg, aber es ist egal, auch wenn das verhärmte Mädchen mit der Aura des jungen Merkel an der Bücherkiste von der Störung offensichtlich nicht begeistert ist. Sie holt sich ihren Trost und Zuspruch wohl nur aus Büchern, und ihre Vorstellung der Frau an der anderen Ende der Leitung dürfte angesichts deiner Wortwahl nicht wirklich positiv ausfallen. Immer nur über Klamotten reden und sich sagen lassen, dass sie alle lieben, verzogenes teures Luxusbalg wird sie sich denken, und damit liegt sie zum Glück nicht ganz falsch, aber auch voll daneben. Sie denkt auch, dass dir alle inneren Werte, die sie verkörpert, egal sind, und auch das ist so falsch nicht. Du lächelst sie kurz an, und sie schaut weg.

Dann, viel zu früh und ohne konkrete Versprechungen, klingt es im Unbestimmten aus, und langsam kommt die Berliner Realität in dein Bewusstsein zurück. Eine Realität, die diesmal nur wenig zu bieten hatte. Es ist kaum Angebot nachgewachsen, hier und da eine Petitesse, aber selbst das Mittelmass ist rar geworden. Und das, weshalb du eigentlich gekommen bist, gibt es nicht. Statt dessen blieben drei Türen zu früheren Quellen verschlossen - für immer. Die Händler jammern laut und viel über den Niedergang ihres Standes; es scheint, dass Berlin bald ausgeblutet ist.

Nochmal gehst du durch den langen Schlauch der Räume voll mit wenig ansprechenden Historismusschnörkeln und ramponierten Stilmöbeln bedauerst schon fast, dass du vorher nicht das Hutschenreuther genommen hast, um wenigstens irgendetwas erworben zu haben. Diesmal scheint dir nichts, keine Freude vergönnt zu sein, zwei von vier Tagen waren ein Totalverlust, abgesehen von dem Telefonat gerade eben, und das ist auch vorbei.



Gut, das englische Silberservice, das war passabel, aber einerseits musst du hier ja aus irgendwas trinken, und andererseits kann man nicht von dir erwarten, dass du den Tee aus einer Thermoskanne trinkst. Die Bekannte, bei der du bist, hat nun mal leider keinen Sinn für Tee und die unverzichtbaren Behältnisse. Insofern steht das Service auf einer Stufe mit einer im Urlaub gekauften Zahnbürste. Oder ein wenig drunter, denn zu Teekanne, Zucker und Milch musstest du auch noch die Kaffeekanne nehmen, und was bitte willst du mit einer Kaffeekanne? Vielleicht ab und an den Kakao im Winter, oder Wasser für die heisse Zitrone; ein Stilbruch bleibt es allemal. Stellen wir also fest: Bisherige Ausbeute ein unperfektes Gebrauchsgerät, genau betrachtet.

Und während sich deine Stimmung zunehmend verschlechtert, machst du dich daran, den Laden zu verlassen. Du gehst an der Stelle vorbei, an der gerade noch ihr Lachen in deinem Ohr erklang - und da steht er. Hast du doch glatt was übersehen, vor lauter Hobeln des Süssholzbaumes. Völlig verdreckt, sicher lange Zeit wenig sorgsam behandelt, steht da ein englischer achteckiger Teatable aus Mahagoni. Mit angehobenen Kanten, was wunderbar praktisch auch für den letzten Hoghel - bayerisch für Vollproll - ist. Denn die Kanten verhindern, dass man die Unterarme auf den Tisch knallt, sie zwingen, Hände und Arme in graziösem Spiel über dem Tisch zu führen. An dieser Sorte Teatable kann man gar keine falsche Haltung einnehmen, oder man bekommt mehr blaue Flecken an den Armen als nach einer Nacht mit Villons fetter Margot.

Der Tisch hat einen geschnizten, dreibeinigen Balusterfuss, und die Beine laufen in zoomorphen Enden aus. Du rubbelst am Dreck und den Teeflecken auf der Platte, in einem der geschnitzten Öffnungen der Kante steckt noch etwas Weisses, du piekst rein, und eine kleine, runde Pille fällt heraus. Der Händler hat dein Interesse bemerkt und erklärt dir, dass die Vorbesitzerin jetzt keine Pillen mehr braucht, ihre Erben zerschlagen gerade den Grunewalder Haushalt, da kommt auch noch mehr, wenn er es sich denn leisten kann, denn billig ist das nicht - und er nennt einen Preis, der völlig überzogen ist und an Dreistigkeit nur noch von deinem Angebot übertroffen wird. Ihr einigt euch auf eine "Alter Habibi wir kennen uns schon so lang"- Summe knapp über dem, was besserer Ikeamüll kostet, und damit erhält der Tisch einen neuen Besitzer, der ab-so-lut keine Ahnung hat, wo er den noch hinstellen soll.



Aus einer Laune heraus beendest du damit den Raubzug und gehst, weil du dort noch nie warst, auf den alten Kreuzberger Friedhof. Über den Hügel hinweg verläuft eine Mauer, an der die Repräsentationssucht der Berliner Wurst- und Bierfabrikanten ein letztes Mal fröhliche Urstände feierte. Für teures Geld gekauft, gebaut, eine Weile benutzt und dann verkommen lassen. Niemand kümmert sich um stürzende Steine oder durchgerostete Eisengitter. Betrauert und beweint, steht bei einigen Namen, aber auch die Auftraggeber dieser Zeilen sind längst irgendwo da unten, und die Nachfolgenden haben keinerlei Interesse mahr an dem alten Plunder.

Du denkst an die alte Frau, der dieser unsagbar arrogante Teatable gehört hat, und daran, dass sie vielleicht verzweifelt versucht hat, den Erben diese Trümmer ihrer Existenz ans Herz zu legen. Aber man kann nichts an eine Stelle legen, an der nichts ist, und alle Versprechen wirkten nicht so sehr wie die lausigen 20 Euro, die sie dafür bekommen haben dürften. Vielleicht war sie eine dieser nervösen alteren Personen, die tags auf 10 Thommies und nachts auf 5 Schlaftabletten laufen und genaugenommen nicht an Altersschwäche, sondern an Tablettensucht sterben, alleine und verbittert bei dem Gedanken, dass die Enkelin das Geld später auf Malle verjuxt.

Überall fallen Blätter. Du bist ganz allein auf dem riesigen Areal, mit vielen Toten, deren Geschichte keiner mehr kennt. Und du nimmst dir vor, dass du die erste Frau, die an dem Teatable Platz nehmen wird, und sei sie auch wildfremd, blond, dürr wie eine Nordlandtanne und Juristin, später auf den Seidenteppich ziehen wirst. Für dein Leben, für deine Geschichte, für die Lust und das Leben. Und in dem Zusammenhang war es doch gut, diese ideale, imposante Teekanne zu kaufen. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass Beuteltee aus dem Keramikeimer auf Frauen anregend wirkt?

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Dienstag, 18. Oktober 2005

Dirt Picture Contest will never end

Du kannst machen was du willst: Dem Dreck wirst du nie entgehen. Der Schmutz ist nicht omnipräsent, die Stadt geht nicht einfach in den Abfall über. Die Stadt selbst ist, mit allem was drin steht und sich bewegt, der Müll. Es wird nur an einigen Stellen besser sichtbar als anderswo. So, dass es eigentlich jeder ausser den Berlinern sieht, etwa, wenn einem Hinterhof die schützende Mauer zur Strasse fehlt.



Dagegen kann man nicht ansanieren, dagegen kann man keinen Regierungsmaschinerie mit ein paar tausend Wochenendheimfliegern einbauen, denn der Dreck ist eine Erscheinungs- und Verwirklichungsform der hiesigen Slumbewohner, den meisten fällt es schon gar nicht mehr auf, ist halt so, das stimmt so, das war noch nie anders. Man kann nichts dagegen tun, man kann daran allenfalls zugrunde gehen und sterben, aber selbst dann geht es weiter. Es gibt keinen Zerfall in Würde, das lässt die Verordnung auch nicht zu, sondern einfach nur die nächste Müllhalde.



Und denen, die unter dem Müll verrotten, kommen neue Schmutzvermehrer nach, es wird immer so weitergehen, nie hat das ein Ende, nicht einmal eine Pest könnte es ändern, denn obwohl der dafür nötige Dreck da ist - die hier sind inzwischen resistent gegen ihre Verwahllosung, und bis jemand kommt und sie mit einer milliardenschweren Aktion zur Schmierung inkompetenter Verwaltungsstellen rettet, halten sie auch eine Seuche locker aus.

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Hoch & geschlossen

Allerdings vorerst wohl nur kurzfristig, will man, durch entsprechende Erfahrungen und stundenlange Fahrten zu nicht mehr existenten Antiquitätenläden gewitzt geworden, dem Zettel an der Tür glauben.



Sollte man auch - wenn es zu Ende geht, ist meist auch kein Geld für den Strom mehr da. Little Hint: Bei dem Top links wäre ich nicht nur als alter DCT-Veteran auch für hochgeschlossen zu erwärmen.

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Die Heuschrecke im Kopf.

Ach, war das eine Hetz. Wie haben sie nicht auf Münte eingeprügelt, als er von Heuschrecken sprach. Sogar antisemitisch soll das gewesen sein, schrieb jemand, und weil er Jude ist, schrieben das alle anderen ab, die lieben Kollegen. Und jetzt geht es der Berliner Zeitung an den Kragen, die Johurnaille sieht sich mit dem immer von ihr geforderten Reformbemühungen konfrontiert, mit den Ansprüchen eines globalisierten Marktes, mit den ganzen Phrasen aus der Trickkiste der Bergers, Stoibers und Späths - nur dass die jetzt einmarschierenden Leute von 3i das nicht nur sagen, sondern auch genauso meinen, und durchziehen. Und nachdem geplant ist, eine ganze Kette durch Zukäufe aufzuziehen, spürt der Pressestrichsteher einen eisigen Wind unter dem eigenen Röcklein.

Und plötzlich darf man Heuschrecken sagen. Antisemitisch? Aber nie! Und man rekapituliert nicht, wer alles bei 3i dabei ist, ist jetzt ja für den guten Zweck, die gute deutsche Presselandschaft mit ihrem publizistischen Anspruch, der muss natürlich gerettet werden, der - und das Fressen seiner korrupten Produzenten - ist was ganz anderes als so ein Arbeitsplatz in einer strukturschwachen Region, bei dem man auf die unvermeidlichen Kräfte des Marktes hinweisen musste, allzu schlüssig waren die Argumente, die schwarze Lobbyisten bei Christiansen verbreiteten. Ach so, und: Ist Holtzbrinck nicht neben Burda Marktführer in rabenschwarzer Wirtschaftspublizistik?

Mir mag scheinen, da kriegt jemand die Medizin, die er anderen verschreiben wollte. Na los, Berliner Verlag, schluck runter, ist gesund, ganz sicher...

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Neu in Don Alphonsos kleinem Watschenwäldchen:

Die Minsterdebatte! Nachdem einige ja schon vorgeprescht sind und off topic die mininkontinenten Krampfaderngeschwader debattieren, darf das auch hier geschehen. Sind 7 bei einer Nanny abgeladene Blagen im Herrenhaus der richtige Erfahrungsschatz für alleinerziehende Mütter im Wedding? Was will denn der Herr Schäuble in einem Ressort, das sich gegen Korruption betätigt - ausser vielleicht nochmal Bürobesuch mit Umschlägen? Und welche Irrsinnsprojekte im Bereich NE zettelt der einschlägig vorbeschriebene Ähde an? Zumal ich sowieso eigentlich nicht da bin - da ist was mit einer gewissen Fischer2.0-Person, ich bitte in dem Punkt also um Zurückhaltung, nicht dass der Pressereferent mich killt.

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Sonntag, 16. Oktober 2005

History goes in Circles

and all perfect circles go in spirals, losing one cycle when spinning. Am 19. Oktober ist die Lesung im "Lass uns Freunde bleiben". Zufall, aber irgendwo auch beängstigend. Wie in einem drittklassigen symbolistischen Roman.

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Ich beklage mich nicht.

Um 5 Uhr aufstehen ist auch nach ein paar Monaten Provinzleben unglaublich hart. Es geht halt nicht anders. Also die Knochen ein- und die Kleider aufgesammelt, ab ins Auto und los in die noch tiefschwarze Nacht auf die fast leere Autobahn. Zwei Stunden später geht die Sonne über den nebligen Hügeln Thüringens auf, und es verspricht ein schöner Tag zu werden.



50 Kilometer vor Berlin sind im Osten die ersten Wolken zu sehen, und als ich ankomme, ist es arschkalt und stark bewölkt. Hey, ich meine, 470 Kilometer Sonne, nichts als Sonne, überall ist es schön, und der einzige miese Fleck ist dieses dreckige Slum, das dann auch noch den Beweis antritt, dass immer noch zu viel Stütze bezahlt wird, denn die haben hier immer noch Autos, ohne damit umgehen zu können.



Ein Typ versucht sich bei zwei besetzten Spuren, wovon ich die linke mit einem nun wirklich breiten, schweren Wagen blockiere, rechts vorbeizudrängeln. Ich mache die Tür seelenruhig zu, wie man das so auf den Kurvenstrecken des Altmühltals im Kampf gegen den Golfclub Geisenfeld lernt. Er hupt, drängelt, und als ich ihn noch immer nicht vorbeilasse - wie auch? fängt er an, irgendetwas an der Konsole zu fummeln. Die Musik passt wohl nicht. Ich schaue wieder nach vorne, und der Typ vor mir bremst, weil die Ampel rot ist. Kein Problem, bis mir einfällt, dass da durchaus ein Problem ist- ein abgelenkter irren Drängler hinter mir.

Der Gott der Eisen wachsen liess, sorgt zum Glück auch für Endorphine und die Konstruktion eines ausreichend starken Motors. Runter von der Bremse, rauf aufs Gas und mit der Kraft von übr 200 Pferden rüber auf die Linksabbiegerspur. Der Gott der Eisen wachsen liess hasst wohl Plastik, denn der Typ hinten wird schnell zum Typ daneben mit quietschenden Bremsen, und dann werden die Plastikteile an seiner Front an der Hinterkante meines früheren Vordermannes um ein paar Zentimeter verkürzt.

Und so stehe ich dann auf einer belebten Strasse in Mitte und höre weg, als das Gekeife los geht. Ich betrachte die Reste einer über den Haufen gefahrenen Taube und gebe mir Mühe, möglicht nicht zu denken, damit das hier nicht mit meiner tätigen Mithilfe a la facon bavarese geregelt wird. Ich bin in einer grossartigen Stimmung und bereit für ein Tänzchen, als der Typ mich auch noch berlinerd ankeift, obwohl er einen halben Kopf kleiner ist und Brille trägt. Da macht sowas erst richtig Spass. Dann kommt endlich die Polizei und verhindert, dass ich mein Phlegma unterbreche.

Ich sage, was ich erlebt habe, lasse mich vom Verursacher als dreckiger Lügner beschimpfen, und fahre weiter nach Schöneberg. An einer Kreuzung beschimpft mich ein Scheibenwäscher, weil ich seine Dienste ablehne. Später steige ich aus, gehe ein paar Meter, da hält neben mir ein Bus. Die Tür geht auf, ein Behinderter stellt sein Rollwägelchen auf die Strasse, da wird er von hinten von einer fetten Mama angerempelt, der es nicht schnell genug geht. Also kippt er um und mir quasi in die Arme. Ich schäme mich etwas, als er sich bedankt, denn das waren nur Reflexe und eigentlich bin ich schon längst wieder so weit, dass ich sofort zurück nach Bayern möchte, fliehen, alles stehen und liegen lassen, auch ihn, der schon um 11 Uhr erheblich getrunken haben muss. Die fette Mama ist derweilen verschwunden.



Eine paar Ecken weiter sagt jemand "Guten Abend" zu mir; ein hagerer, abgrissener Typ in Schwarz. Instinktiv erwidere ich seinen Gruss und sage "Guten Tag", wie es sich gehört. Er stellt mir sinngemäss die Frage, was das soll und ob ich ihn veräppeln will, es ist schon Nacht, alles dunkel, und wenn ich so weiter mache, hetzt er den Hund auf mich. Es ist noch nicht mal Mittag.

Um die Ecke ist einer meiner Lieblingsfalafel. Der Maestro erkennt mich sofort wieder, wir wechseln ein paar nette Worte, und ich gebe ihm die 2,50 Euro. Er sieht mich etwas bedenklich an und sagt, dass es jetzt nur noch 1,80 kostet, Sonderaktion wegen dere Konkurrenz, und dann erzählt er etwas über die Zeiten, die für ihn immer schlechter werden. Und ich frage mich, wie sich das alles rechnen soll für ihn, der den Falafel noch mit der Hand zubereitet, und sage, dass es so stimmt.



Ich setze mich in mein Auto und denke daran, dass es zurück in weniger als drei Stunden zu schaffen ist, dass ich von dem allem hier eigentlich gar nichts wissen will, ich bin hier ein Fremder, ich will nur etwas Abwechslung von den Indian Summer Days und den Kabbalen der besseren Gesellschaft, ihren schlechteren Kindern und den Konzertabenden, die einfach nicht so enden wollen , wie es der eigenen Ausgewogenheit zuträglich wäre. Aber da sind neben den Hoffnungen auf einige nette Dates noch zwei Katzen, die ich hier zumindest einen Nacht und einen Tag hüten muss, also fahre ich weiter zu dem Haus mit der grossen Eingangshalle. Die mal wieder erbärtmlich nach Menschenpisse stinkt, denn daneben ist eine angesagte Location.

Ich hasse diese Stadt. Ich habe vergessen, wie sehr ich sie hasse, weil ich einfach nicht mehr an sie gedacht habe. Jetzt bin ich da, in einem Internetcafe, in dem das Internet 0,50 Euro pro Stunde und die Alcopops 0,99 Euro kosten. Die Leute hier brauchen das wohl als Fluchtmöglichkeit, und ich kann es verstehen.
eigentlich wollte ich ja was nettes schreiben. ich habe es mir gestern abend fest vorgenommen. aber da ist nichts nettes. nur einiges, was ich weggelassen habe. Nichts im Vergleich zu dem hier - und das ist immerhin eine frau, wegen deren beschallung ich hier bin.

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Sonntag, 16. Oktober 2005

Weiss und Gelb,

die Kirchenfarben, sind die klassischen Farben für die Häuser hier. Wir man Häuser immer nur weiss streichen mag, werde ich nie verstehen.



Das hier wird wieder strahlend gelb. Und überhaupt. Der Sohn der Besitzer war typisch für seine und meine Schicht, und hat es jetzt wohl zu Geld gemacht. Der neue Besitzer geht besser damit um.

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Real Life 15.10.05 - Der Motor ist tuckert,

und die Scheiben sind beschlagen. Das Licht ist noch an, aber er steht auf der Bremse, die ganze Zeit, als du vom Parkplatz die lange, alte Handelsstrasse herunterkommst, die von hier direkt nach Italien führt, Verona, Siena, Rom, den Norden mit dem Mittelmeer verbindet, genau auf halbem Weg zwischen Spree und Po. Da steht er also, eingefroren in Raum und Zeit und rührt sich nicht. Denn es ist nichts vorbei und nichts hat angefangen, es ist schon verdammt spät, 4 Uhr, und es gibt noch keine Entscheidung, wie es enden wird.



Du magst den Typ nicht, der dieses Auto normalerweise fährt. Nicht ganz umsonst hast du ihn zuerst jemandem in deinem Buch zugeordnet, den du nicht leiden konntest, weder ihn noch seine literarische Umsetzung. Aber du hast dem Auto die Gelegenheit zu einer Wandlung gegeben, das Auto schafft es am Ende mit dem letzten Überlebenden, der Munich Area zu entgehen. Was auch nicht gerecht war, aber warum muss es immer gerecht zugehen. Dass du jetzt hier bist und nicht woanders, ist auch nicht gerecht.

So ein Auto ändert nichts am immer gleichen Fluch dieser späten Stunde, zu der man nie weiss, wie es ausgehen wird. Das heisst, du weisst es natürlich, du hast es gerade hautnah erfahren dürfen, deshalb gehst du ja gerade allein durch diese kalte Nacht, die Strasse hinunter und denkst darüber nach, wie es wohl in Italien in einem Hotelzimmer ausgegangen wäre, wo sie nicht so einfach sagen kann, dass sie dir den Heimweg heute Nacht noch ohne allzu grosse Gewissenbisse zumutet. Als du an dem Wagen vorbei gehst und drin die idealtypische, lokale Blondine ist, dieser kräftige, robuste Typ des Südens, der nie nordisch-schweinchenrosa ist, da wünscht du dem Typ am Steuer, dass es anders ausgehen mag.

Dann gehst du die Seitenstrasse hinunter, an deren Beginn einst ein - der Literatur zufolge - verzweifelter Sucher wohnte, der es hier nicht lange ausgehalten hat, weiterzog und dann unter den Goethe geriet; du gehst weiter über das alte Kopfsteinpflaster vorbei an den Angeberbauten der Kuttenbrunzer, um dann am Ende zu dem Haus zu kommen, in dem ein Kriegsverbrecher verrochelte, so viel Elend und Abschaum auf einen Fleck, all das in dieser einsamen Nacht, und über dir funkelt die kalte Pracht des klaren Sternenhimmels. Man sieht ihn oft hier, ganz anders als in dem Berlin, in das du in - moment - eigentlich 23 Minuten, um 5 Uhr fahren wolltest, aber das kannst du jetzt knicken, prima.

Es ist finster an der Haustür, als du nach dem richtigen Schlüssel suchst, schwierig, wenn man an drei Orten lebt und 20 Schlüssel hat, aber da vorn kommt ein Wagen und taucht die Strasse in gleissendes Licht. Du findest den Schlüssel, sperrst auf, betrittst den Gang mit seinen jahrhundertealten Marmorplatten, über die sie damals den sterbenden Kriegsverbrecher mit dem brandigen, zerschmetterten Schenkel zum Verrecken nach oben getragen haben, und als du die Tür schliesst, siehst du, dass draussen der einsame, silberne TT vorbeifährt. Langsam, sehr langsam.

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Samstag, 15. Oktober 2005

Real Life 14.10.05 - Und das geht einfach so ins Netz?

will Iris wissen. Und das lesen dann die Leute? Und warum? Aus Langeweile, Überdruss, weil sie den Charakter irgendwo lustig finden, weil ich Geschichten erzähle, weil es Kommunikation ist, sagst du, und sehen würde sie es schon gern, nachdem das Konzert heute in einer bitterkalten Kirche und eher mässig war. Etwas grosse, weite Netzwelt nach der Enge des hiesigen Kulturbetriebs.

Du machst also ein Photo - von dir natürlich, für diesen Zweck, schnibbelst es zusammen als Impression des nächtlichen Bloggens - viola:



So einfach? fragt sie. So einfach. Aber warum machst Du das? Puh...

Später. Nachher. Beim Essen. Wenn ihr euch beeilt, bekommt ihr noch was in der Casa Rustica, bevor der Maestro die Küche schliesst. Zumindest eine Spitzenleistung kultureller Art sollte der Abend haben. Und... abschicken.

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Statt der Spon-Hetze

im Fall der durchsuchten, mit ihnen gut befreundeten Postille Cicero, hier mal ein etwas nachdenklicher Artikel über das Problem und allgemein die Pressefreiheit in der Netzeitung. Da könnte das führende deutsche Krawall-Online-Medium noch was lernen.

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System of a Dom

Es gibt hier so ein paar Vormittage, von Oktober bis April, vielleicht 100, an denen so ziemlich jede Vorstellung der Schwarzen Romantik über diese Stadt zutrifft. Wenn der Nebel aus den Flussniederungen aufsteigt und alles in sich einhüllt



Erträglich für die, die weit oben wohnen und das Licht erahnen. Aber unten in der Suppe kann man die ganze Schlechtigkeit und Dummheit der Stadt fast mit Händen greifen, denn der Nebel wirft die Begrenztheit der Menschen auf sie zurück. Keine Horizonte, nur Enge.

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Tritt in die Eier

Ups, meine Kollegen mögen den Literaturnobelpreisträger nicht. Zumindest die meisten. Pinter und ganz besonders seine Herkunft ist etwas, mit dem die Cordanzugträger aus den Fäuletons nicht können. Und mutmasslich ein grosser Teil der Leserschaft auch nicht, dessen Weltsicht sie jeden Tag mit neuen Hirnficks vollspritzen. Der Clash der sich besser wähnenden Familien mit Thatchers Verlierern und all den unschönen Begleiterscheinungen der Realpolitik it nicht so ihr Ding. Keine Hochkultur, vielleicht sogar - Unterhaltung, pfui.

Und da ist noch was. Zwischen dem Literaturnobelpreisträger Pinter und ihrem absoluten Lieblingshassobjekt, dem Nicht-Friedensnobelpreisträger Schröder gibt es zu viele Parallelel. Dieser unfeine Populismus zum Beispiel, mit dem Pinter auch jenseits des heissgeliebten, blutarmen Subvebtionstheaters ankommt. Die Ehrlichkeit, was die eigene Herkunft angeht. Fäuletonisten sind in der Regel krankhaft darauf bedacht, ihren Lebenslauf zu frisieren, von der jüdischen Grossmutter über den angeheirateten Ostelbieradel mit Waffen-SS-Erfahrung bis zum möglichen Fickverhältnis des Urururopas mit Cosima ist da so ziemlich alles zu finden. Schliesslich wollen sie dazugehören, zur Zielgruppe, die solche Lügen schon etwas länger perfektioniert hat. Pinter und Schröder passen da gar nicht. Und dann ist Pinter noch nicht mal diese Popkultur, an die man die Volontäre ranlässt.

Das stinkende, verfaulte Kadaver des Fäuletons, das ohne Zuschüsse der Sport- und Wirtschaftsteile keine Seite mehr in der heutigen Tagespresse hätte, zuckt parfümiert in Abscheu vor dem Schweiss, dem Blut, dem Sperma der Pinterschen Theaterstücke. Nennt ihn demode, weil er sozialen Anspruch hat. Und auf Ehrungen der Königin, der Königin! DER KÖNIGIN! pfeift, bei der sie alles drum geben würden, 40 Seiten Sonderbericht, wenn sie nur mal die georgianischen Spucknäpfe von Buckingham ausschlürfen dürften.

Na dann Prost. God save Pinter.

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Donnerstag, 13. Oktober 2005

Livebloggen von den Medientagen

Mal ne Frage: Soll ich ein Notebook mitnehmen und was vom Podium der Medientage runterbloggen?

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Sehr zu empfehlen - Update

Und wie geht es deiner Wohnung, fragte die, die dieses Jahr wahrscheinlich doch nicht mehr zu Besuch kommt, trotz stürmischer Einladungen. Komm doch vorbei, sagte ich, aber sie verwies auf die Verpflichtungen, die anderen Aufgaben und Besuche, und dann will auch noch ihr Freund sein Recht, und deshalb, naja, wohl eher nicht. Und es ist wirklich weit, 550 Kilometer. Aber ein Bild würde sie schon interessieren, wie es jetzt aussieht. Na gut -



die Wandbespannung ist noch immer nicht gemacht, aber jeden Morgen gibt es einen Moment, zu dem die Sonne ganz schräg durch das Fenster fällt und das Bernadotte-Porzellan in hellstem Weiss erstrahlen lässt. Einen Sonnenspiegel habe ich mir nachgekauft, nachdem der letzte, den ich in Berlin gefunden hatte... das war so:

"Alles Gute zum Geburtstag, kleine Schwester!"
Raschelraschel "Was ist das?"
"Das ist ein böhmisches Biedermeierglas mit Diamantschnitt und massiver Goldfassung."
"Nö, glaub ich nicht, das ist sicher nicht echt. Und ich will den Sonnenspiegel haben, das weisst du."

Nun, jedenfalls habe ich jetzt einen neuen, noch Schöneren gefunden, nachdem sie mich dann, als sie den alten Spiegel bekommen hatte, aufgeklärt hatte, wie furchtbar die gerade en Vogue sind und überhaupt in je-dem Haus hängen, das die Interieur International, ihre Bibel, abbildet.

Noch immer nicht fertig, die Buchregale fehlen auch noch. Aber es gefällt mir im Moment so halbfertig.
da wo die kamera ist sitze ich gerade genau jetzt

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Real Life 11.10.05 - Nicht globalisierte Landpartie

Über lange, gerade Strassen geht es nach Süden, hinweg über das alte Moor, das, entwässert und trockengelegt, zu einer Boomregion wurde. "Wir stellen ein", steht auf hohen Betonsäulen neben der Strasse, und leichter, silbriger Dunst flirrt im gleissenden Spätsommerlicht, da geht das Leben auch ohne Arbeit, da könntetst du auch in einem Cafe mit ihr sitzen und inhaltslose Artigkeiten austauschen, wie es das Ritual verlangt.

Aber so fliegt der Wagen nach Süden, vorbei an Kiesgruben und kleinen Wäldern, die die Eintönigkeit der üppig wuchernden Ebene durchbrechen, zum Rand des Tales in ein ehemals kleines Dorf, das, umgeben von Neubaugürteln, schon nicht mehr weiss, ob es nun Speckgürtel der Provinzstadt oder der Munich Area sein soll. Geschmackvoll ist es nicht, auch wenn sie fasziniert bei einem Garten mit einer übervölkerten Gartenzwergburg aus dem Fenster sieht. Hauptsache bunt, und bunt ist auch der Grund, warum du hier bist.

Denn vor ein paar Wochen ging sie mit ihrem Herrn Papa für die grosse Reise einkaufen, und sie nahm das nagelneue Notebook in Mint. Sie mag es bunt. Das Notebook in Mint ist unfassbar dünn, elegant, mit allen Finessen ausgestattet, und lässt einen Thinkpad wie ein Urtier aus dem Pleistozän aussehen. Da, wo es herkommt, ist es wahrscheinlich nur ein weiterer Klecks in einer schreiend bunten Warenwelt voller Hello-Kitty-USB-Gadgets und TV-Kühlschränken und Videohandies, hier bei uns jedoch...

Hat es zuerst mal einen Mainboardschaden, und ist am Montag morgen beim Einschalten mindestens so tot wie elegant. Nicht dass du viel Ahnung davon hast, aber als sie dann bei dir klingelte und fragte, ob du, der du immerhin das WLAN gebracht hast, es dir mal anschauen kannst, war diese Tatsache nach ein paar Minuten offensichtlich. Es dauerte dann aber zwei Stunden, bis klar wurde, dass das nächste Ersatzteil auf der anderen Seite der Erde ist. Das Notebook gibt es nur in Japan. Was nicht wirklich schön ist, wenn man in Deutschland täglich damit arbeiten muss.

Das nennen die Angstmacher und ökonomischen Staatsterroristen dann Globalisierung, ja von wegen. Die Globalisierung endet gleich hinter dem Prozessor auf dem Sockel. Vielleicht sollten wir solches Pack nicht mehr selber in der Uckermark bauen, sondern auch in der Japan only Version importieren, und dann nach dem Mainboardschaden wegschmeissen. Vielleicht gibt es die dann auch in Mint statt nur in Aprigoat mit Transpirationsbug, das ohne Photoshop noch nicht mal markttauglich ist. Und das jetzt gerade ein Amt zugesprochen bekommt, aber das spielt gerade keine Rolle, denn du wärst ein schlechter Gastgeber, wenn du ihr bei diesem Problem nicht helfen würdest.

Langsam, ganz langsam hast du zu verstehen gelernt, dass sie nicht nein sagt, noch nicht mal nein danke, sondern nur lächelnd ja, und die feine Nuancierung des ja letztlich erklärt, ob es ein nein ist. Du würdest dir wünschen, dass sie noch ein klein wenig mehr Regung auf deine Vorschläge hin zeigen würde. Aber das wäre unhöflich. Vermutlich denkt sie sich, der blöde Trottel, ich hampel mir hier einen ab, führe mich auf wie der letzte Bauer, nur damit dieses Rindvieh mit der langen Nase endlich kapiert, was ich will, ohne dass hier jemand das Gesicht verliert.

Und während im Slum Berlin Münte das Aprigoat historisch als CDU-Chefin einsortiert, wird hier klar, dass ihr ein geliehenes Notebook nicht ausreicht. Sie will selbst eines haben, nur sollte es nicht allzu teuer sein, es ist ja nur für die verbleibenden vier Monate. Sagt sie nicht. Aber als du es so vorschlägst und dich anheischig machst, ihr bei der Beschaffung eines soliden, günstigen Rechners behilflich zu sein, ist sie unerwartet schnell bereit, dazu ein ja zu sagen, das nach ihren Massstäben sicher grauenvoll offensiv ist.

Und so fährst du dank der misslungenene Globalisierung mit ihr über das Moor, fernab aller Tagesaktualität, und bist eigentlich ganz froh, nichts zu sehen als ihr ewig gleiches, nichtssagendes und inhaltsleeres Lächeln, denn verkniffene Fressen wird es jetzt viel zu oft geben. Später dann, im Laden, der angebaut ist an ein Einfamilienhaus in diesem Dorf, das nicht hässlich und nicht schön ist, gibt es Notebooks nur in IBM-Schwarz und Dell-Dunkelblau, da kann sie eigentlich nichts falsch machen.

Und du lächelst nur freundlich, als sie den einen T20 nimmt, also genau den, den du ihr vorhin leihweise angeboten hast.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 12. Oktober 2005

Danke.

Mit Hilfe der kleinen Umfrage bin ich jetzt etwas schlauer als vorhher, was die hier lesenden Horden angeht. Zumindest die, die hier nicht über das Suchwort F*cken hier reinkommen - und das sind inzwischen mehr, als mit gefällt. Mal ehrlich, wie miserabel sind heute eigentlich die Suma-Spammer, ich dachte, dieses Bizz hätte die besten Leute...

Wenn ich das richtig verstanden habe, findet der normale Leser hier das Kantige, das Ungeschliffene und das Widersprüchliche gut, das Böse sowieso und den Egotripp zumindest verzeihbar. Ziemlich viele verwechseln das Ego des Don mit dem Ego der Person dahinter, die nicht so ist, aber, und das darf ich an dieser Stelle verraten, draussen dann oft auf Don geeicht wahrgenommen wird. Was lästig sein kann, wenn es um einen Abend geht, aber wenn man sich näher kennenlernt, verschwindet der Don in einer Ecke. Ach so, und Selbstreferenzielles wird auch geschätzt.

Womit ich gewisse Probleme habe, ist die Authentizität. Denn authentisch kann qua Don Alphonso hier nichts sein. Entweder man ist authentisch, oder man ist Literatur - Don Alphonso ist zweiteres. Nennen wir es also lieber "direkt", direkt kann man auch literarisch sein. Authentisch ist nur das Danke, das ich hiermit den vielen Kommentatoren mitteilen möchte.

unachher trete ich den puppen in den sack, einfach so, genug nett gewesen, jetzt ist wieder zeit für krieg. und auf den medientgen erst, da brennt die luft, garantiert.

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Dirt Picture Contest - wacklige Stühle

Günstig sollten sie sein, praktisch und dauerhaft, als sie in den 20er Jahren am Bauhaus entworfen wurden. Aber wie so oft verkommt die gute Idee im Ansturm der davon ausgelösten Vulgärmoderne, und so wird die elegante Form noch schnell zum Gartenmöbel umfunktioniert, bis dann irgendwann der Container kommt. Und der kaputte Kühlschrank, von dem so viele Kollegen die Strassen des Slums Berlin bevölkern, gibt hier den Tisch, dessen Stabilität weitaus besser ist als die verrosteten Sitzmöbel. Warum man sich aber in dieses gewesenen Garten, diese Microwüstenei im nördlichen Prenzlauer Berg setzen sollte, bleibt unbekannt - vielleicht haben sie einfach nichts anderes und wissen nicht, dass es auch anders geht. Zum Glück steht davor eine Werbetafel, so dass man von der schmutzigen Strasse aus kaum etwas sieht.



Doch so marode dieses Bild sein mag, es steht nicht aus purer Bosheit hier. Nein, es versinnbildlicht viele Stühle im Berliner Verlag, in dessen Zeitungsredaktionen unter den Hintern ein Knirschen zu vernehmen sein dürfte. Denn 3i kommt, an ihren VC-Händen klebt noch viel New Economy Blut, und wo 3i war, wächst ähnlich viel Gras wie in obigem Garten, und bei der Profitmaximierung haben sie originelle Spareinfälle, gegen die ein zweitverwendeter Kühlschrank reinste Verschwendung ist.

Und trotzdem werden sie versuchen, dort sitzen zu bleiben - es gibt ja nichts anderes in diesem Slum. Und bunte Werbebotschaften des gekauften Verlages werden die Hässlichkeit dahinter trefflich verbergen. Berlin eben.

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Ach Du Schande - Merkel ist ein Clone!

Und jetzt wollen sie die Welt übernehmen! Dieses Exemplar hier ist jetzt in den USA unter der Bezeichnung "Harriet Miers" aufgetaucht und wird von ihrem guten Bekannten Bush gerade in den obersten Gerichtshof verfrachtet - siehe den Ausriss von CNN.



Was wird Bush dann erst mit dem Modell "Merkel" machen? Wo sind die Men in Black, wenn man sie braucht? Hier laufen passend gerade Nouvelle Vague mit dem Dead Kennedys-Cover "Too drunk to fuck" - well, it seems we´re fucked.

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