: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 1. März 2008

Was sonst

Und während ich gerade auf die Strasse hinuntersah, um auf eine Prinzessin mit nobler Verspätung zu warten, fuhr der letzte Depp des letzten Sommers vorbei, denn links hatte er im Fenster die letzte Deutschlandfahne eingeklemmt, aus dem Wagen bummerte Bauertechno, auf der Heckscheibe stand "nature one" - und es war ein Opel Astra.

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Schwarze Tage für die Schwarzen

Es ist weit gekommen mit den Schwarzen im Bayerischen Vorwahlkampf. Nicht nur, dass die von den Freien Wählern verteilten Plastikküberl in Knallorange das Stadtbild mehr verschandeln als die blauen Luftballons; inzwischen geht die Staatspartei sogar dazu über, sich populistisch ins Fleisch vom eigenen Fleisch zu schneiden, wie ich dem hiesigen rechten Schmarrnblatt und einem Aufmacher entnehmen durfte.

Früher waren hier die Bordelle noch in der Altstadt, aber seit Jahren schon ist der Eingeborene wie der Zugezogene gezwungen, den Trieb draussen vor der Stadt zu verfolgen, denn nicht jeder kann, wie gewisse Obere der Staatspartei, seine Lust in der interkulturellen Zusammenarbeit von französischen Partnerstadtgespielinnen bishin zu türkischstämmigen Erfolgsfrauen abkühlen. Quod licet Jovi, muss der normale bayerische Ochsenschädel bei den bulgarischen Austauschstudentinnen gegen Geld erlauben lassen, und nachdem dies eine Boomprovinz mit vielen hart arbeitenden und die Staatspartei wählenden Männern ist, hat sich auch ein reger Studentinnentourismus entwickelt, genauer, in eine gewisse Vorstadt der Provinzstadt.

Nun betrachtete man seitens der Anbieter die Marktsituation und kam zum Schluss, dass der Stadt noch ein wenig mehr zu bieten sei, mietete ein grösseres Haus an, in dem in Zukunft wie auf dem Oktoberfest rund um die Uhr der bayerische Stier fliegen und der Spargel gedeihen sollte, auf dass es den hiesigen Mannsbildern auch weiterhin zur Zufriedenheit gereichen sollte. Aber was tun die Anwohnerinnen? Obwohl die Kripo das freudige Haus bereits abgesegnet hatte, sammelten die anwohnenden Frauen zwengs der Gefährdung ihrer Kinder, die eventuell sogar solche Damen sehen könnten, 70 Unterschriften gegen den Sündenpfuhl.

70 Unterschriften, das sind bei uns locker 35 böse Staatsparteiwählerinnen, woraufhin die lokalen Parteichefs sofort das bauamt in Bewegung setzten, die diese versuchte Versuchung vermittels wackliger rechtlicher Vorschriften sogleich verboten haben. Soll er doch klagen, der hallodri, wird man sich gedacht haben, und schon überlegen, an welchen alternativen Orten man das sonst unterbringen könnte.

Damit wieder alle zufrieden sind, in unserem schönen Bayernland. In dem die Staatspartei inzwischen vor Müttern enknickt, ohne dass die im Landfrauenbund organisiert wären. Keine Frage, es geht zu Ende mit der Staatspartei.

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Winterbaguette

Keine Lust mehr auf Tomate-Mozarella? So geht es auch anders, feiner, und geschmacklich mit leicht süsslichr Basisnote:



Ganz unten etwas Pesto und ein paar Bröckchen Gorgonzola dolce, geriebenen Kürbis, sehr klein geschnittenen Broccoli, etwas Thymian, Mozarella und obendrauf dünne, milde, weisse Zwiebelringe. Der kleine Foodporn zwischendurch.

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Empfehlung heute - Ich weiss nicht

was das ist und was es bedeutet - falls es überhaupt etwas bedeutet - aber es liest sich sehr interessant.

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Donnerstag, 28. Februar 2008

Und das Schiff fährt

Wenn man mir vor einem Jahr gesagt hätte, dass ich eine Wohnung am tegernsee kaufe, hätte ich es nicht geglaubt. Damals war ich faktisch schon auf dem Weg nach Italien und hatte Angebote für Immobilien am Gardasee gewälzt. Ich bin mit dem festen Vorsatz hingefahren, dort das Hauszu finden, zu kaufen, herzurichten und mittelfristig dort hinzuziehen. Und wie es dann sein sollte, hatte ich auch schon im Kopf. In Riva kenne ich dann auch ungefähr das, was ich mir so vorstelle:



Diese alte Pension würde meinen finanziellen Rahmen massiv sprengen, aber es wäre mit etwas Hungern, Einschränken und dem Verkauf einer Lunge dennoch nicht unmöglich gewesen, Sicherheiten sind da, und im Sommer habe ich diskret die Geschichte des Hauses, seine Besitzer und deren Vorstellungen recherchiert. Mit dem Ergebnis, dass die Hürden insgesamt doch zu hoch sind, weniger finanziell als vielmehr die italienischen Rechtsprobleme, die damit einhergehen, und noch ein paar andere Dinge, die hier auszubreiten ein eigenes Thema wären. Später, irgendwann, vielleicht, so schnell zerfällt das in Italien nicht, und inzwischen hat man das Gebäude gesichert.

Allerdings haben sich im letzten Jahr auch noch zwei andere Dinge gezeigt: Einerseits war ich doch so unabkömmlich, dass ich zu oft die Fahrerei gen Norden hätte antreten müssen. Umgekehrt lohnt es sich kaum, für zwei, drei Tage tausend Kilometer zu fahren. Nüchtern betrachtet passt es vorläufig nicht zu meiner Lebenssituation.

Andererseits jedoch - ich habe fast 20 Jahre mit mindestens zwei Wohnungen gelebt, ich musste nie irgendwo sein, ich konnte immer ausweichen. Drei Wohnungen in drei Städten war am Ende zu viel. So verliess ich Berlin, und als jemand eine Wohnung in München suchte, machte ich mich endlich an die Totalsanierung und zug in der Provinz in die eine grosse Wohnung, die alle Vorzüge bietet. Ausser dem, weg zu können, wann immer es mir beliebt.

Und wann immer ich in der Maxvorstadt war, hatte ich das komische Gefühl, daheim zu sein, aber nicht daheim bleiben zu können. Mein Viertel, aber nicht mehr meine Wohnung. Das ist ein sehr verstörendes Gefühl, und auch der eigentliche Anlass, so etwas wie eine neue Bleibe zu suchen. Ein anderer Ort, eine Ausweichmöglichkeit, die auch dem Clan etwas bringt, und als ich dann in einer Konferenzpause am Tegernsee diese eine Wohnung betrachten konnte, dachte ich mir, warum nicht, es ist fast noch in München und nicht mehr weit nach Norditalien.



Ich bin ein Kind der 60er und 70er Jahre, als vieles aufgebrochen ist, und man nicht mehr zwingend irgendwo irgendwas sein musste. Wir alle sind die Kinder der Mobilität und der Geschwindigkeit, der verkleinerten Distanzen und der rituellen Urlaube, sowie des historisch bis dahin ungekannten Luxus, wirklich wählen zu können, wo man das Daheim selbst definiert. Es ist Luxus und Krankheit dieser Generation zugleich, die Flexibilität und die Bereitschaft, innerhalb einer Woche von München nach Berlin zu gehen, und in der Folge immer eine gewisse Distanz zu jedem Ort zu haben: Zu der Provinz, aus der wir alle kommen und die wir alle hassen gelernt haben, zu den Orten der Jugend, die irgendwann schal durch enttäuschte Hoffnungen werden, über die Karrierelocations, die wir besser gemieden hätte, und das Fehlen einer echten Verwurzelung ist letztlich das Momentum, das uns nach institutionalisierten Alternativen suchen lässt.

Nicht mehr der Weg, die Flucht ist dass Ziel, der Wunsch nach einem Ort, wo alles schon ist, von der Zahnbürste bis zur Silberkanne, und selbst, wenn es nicht geht, kann einem das Wissen, dass es immer, jederzeit die Alternative gibt, dass man nur in den Wagen steigen muss und hinfahren, den Tag, den Augenblick oder das Dasein retten. Ein Ende des Zwangs, irgendwo sein zu müssen, wo man es nicht mehr erträgt; etwas, das einem die Kraft verleiht, den Vorstadtreihenhausintriganten in Gesicht zu lächeln, an die Möglichkeit zu denken und sagen: Ach, weisst Du... Wir wollen raus, immer, sofort, es ist gar nicht so wichtig, ob es der perfekte Ort ist, aber besser als der Moment sollte er sein, und die ideale Lösung für den Moment liegt an den Alpen und am See. Wenn man den See und die Menschen dort auch nicht mehr erträgt, fährt man eben heim. Es gibt immer eine Alternative.

Und irgendwann eben die Villa Minerva.

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Briten. Wie ich sie liebe.

Meine Grosstante, die das britische Empire noch in seiner Vorkriegspracht kennenlernen durfte, mit all den Konventionen, funkelnden Oberflächen und komplexen Regeln des gesellschaftlichen Lebens - Apfelsinen mit dem Messer schälen, ohne sie mit der Hand anzufassen! - war in späteren Jahren nicht mehr wirklich begeistert von dem, was die Insel dazustellen beliebte, und auch mit dem Internet konnte sie nicht wirklich viel anfangen. Aber es hätte ihr vermutlich gefallen zu lesen, wie man auf banalen englischen Internetauktionsseiten die Besucher anzusprechen beliebt:

I am very pleased to be able to offer this superb piece of Silverware for your kind and valued consideration: [...]
Without a doubt, this was a highly treasured piece of silverware clearly shown by the wonderful preserved condition in which it remains.[...]
I respectfully and very highly recommend your earliest and best bid for this very rare piece.


So geht das. Unwiderstehlich. So liebe ich die Briten, die uns laut Anke so lieben.

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Grosses Zoomerkino

mit banaler Unterdrückung und feigen Anschlägen gibt es drüben an der Blogbar zu sehen.

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Mittwoch, 27. Februar 2008

Empfehlung heute - Das Schweigen der Wirtschaftslämmer

Es gibt Nachrichten, da fragt man sich wirklich, warum sie es bei uns nicht in die Wirtschaftspresse schaffen. Sie sind eigentlich ein gefundenes Fressen, ein absolut klarer Fall, und dermassen irrwitzig, dass sie die gesamte Problematik in gewissen Bereichen mit ein paar Zeilen erklären können. Besonders, wenn es um Symbole dieses Wirtschaftszweiges geht.

Cash in der Schweiz nun bringt einen Beitrag über die aktuellen Probleme der Fundusgruppe (u. a. Hotel Adlon Berlin) mit dem wohl bekanntesten deutschen Hotelkomplex des letzten Jahres: Das Grand Hotel Heiligendamm, berühmt geworden durch das letztjährige G8-Treffen. Dort hat eine Bank die Kredite gekündigt, und jetzt sucht die Fundusgruppe für das bislang sehr verlust- und prestigereiche Hotel 30 Millionen Euro, zu besonders anschmeichelnden Konditionen. Wenn der Betrag nicht aufgebracht werden sollte und ein Prozess gegen die den Kredit kündigende Bank verloren geht, droht einem der angeblich besten Häuser des Landes die Zwangsversteigerung. Für die bisherigen Anleger wäre das gar nicht erfreulich.

Indirekt bin ich übrigens auch dabei: Der Vorbesitzer meiner Wohnung am Tegernsee, der nicht immer die glücklichste Hand bei seinen Investitionen hatte, wird wohl einen Teil des Kaufpreises nehmen und versuchen, damit seine früheren Investitionen im Norden zu retten. Wobei ich das vielleicht eher nicht tun würde, wenn ich lese, was Cash so schreibt, im Gegensatz zu anderen, deutschen Wirtschaftszeitungen.

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Mittwoch, 27. Februar 2008

1 Jahr Adical

Heute Abend hatte ich etwas Zeit und ging einen kleinen Umweg in die Flussauen, während die Sonne hinter den Wolkenbänken verschwand. Ich mag diese Gegend, ihre skurrilen Formen und reduzierten Farben im Spätwinter. Ich mag es auch, wenn andere sich um Kopf und Kragen reden, weil sie in gewissen Kreisen everybodies Darling sein wollen, und wie Franz Josef Strauss einmal so treffend bemerkte, Everybodies darling is everybodies Depp. So geschehen auch mit dem Blogvermarkter Adical, der mit dem Schlachtruf "ich mach Euch alle reich" (Sascha Lobo) vielen vieles versprochen und erzählt hat, der in zwei Tagen Geburtstag feiert, soweit da was zu feiern ist, nachdem Anspruch und Wirklichkeit etwas auseinanderklafften, wie man in den Verlautbarungen nachvollziehen kann:



meine Hoffnung, und so ist es geplant, ist, dass sich Sascha um die Kunden kümmert und eben nicht mehr wir, das hat uns in letzter Zeit viel zu sehr von dem abgelenkt, was wir tun wollen: Schreiben, Podcasten, etc. - Sascha kommt vom Marketing, spricht die Sprache und kann das alles viel besser als wir. Wir wollten das schon so lange machen, aber genau dieser Posten war immer unbesetzt. Jetzt nicht mehr. (Spreeblick am 28.2.2007)



Wer Werbung in Medien grundsätzlich und immer und sowieso verdammt, kann das gerne tun, sollte aber nochmal nachdenken, vielleicht während eines Praktikums bei der Nordkoreanischen Staatszeitung. (Lobo im Adical-Blog, 10. April 2007)



Dass eine Professionalisierung der deutschen Blogosphäre ins Haus steht, kann niemand ernsthaft bezweifeln. (Ebenda)



Mit Blogs erreicht man einfach eine sehr interessante Zielgruppe", sagt Sascha Lobo. Das klingt wie reine Werbung für sein Unternehmen - und darüber muss er selbst lachen. Aber: "Das sage nicht nur ich, sondern auch die einschlägigen Studien." (Die Zeit, Zünder, Ausgabe 15 April 2007)



"Das ist das Problem jeder Subkultur, wenn sie in einem Bereich der Gesellschaft ankommt, der mit Kommerzialisierung und Professionalisierung zu tun hat. Das ist wie bei Punkmusik und Skateboardfahren." Die Rebellion gegen Adical ist nach seiner Ansicht eine Art Wachstumsschmerz der Blogosphäre: "Eine Subkultur auf dem Weg zur Kultur bäumt sich auf." (Lobo zu Spiegel Online, 14. Mai 2007)



Lobo etwa trifft sich zwei, drei Mal die Woche mit den anderen Gründern der Firma Adical, die auf Jahresumsätze im sechsstelligen Bereich kommt. (Berliner Zeitung Anfang September 2007)



Dann wurde es etwas stiller um Adical, zumal es im Sommer und Winter gut 5 Monate Werbepause gab. Aber fast pünktlich zum Einjährigen hat die Zeit Lobo nochmal in einem etwas anderen Kontext gebracht:

Jetzt arbeitet er am nächsten Buch und hat gerade genug zum Leben. (Die Zeit, Februar 2008)

Weiter so, Adical. Immer den Mund schön voll machen, keine Gelegenheit auslassen, was bedeutet euch das Geschwätz von gestern. Versendet sich alles, mehr oder weniger. Und wenn alle Stricke reissen, kann man sich auch um ein Praktikum bewerben, vielleicht bei den Imagebroschüren Berliner Lobbyistenvereine.

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Agewandte Lernfähigkeit

10 Regeln, die eigentlich allgemein bekannt sein sollten, es aber offensichtlich nicht sind.

1. Internet ist gnadenlos.
2. Es kommt immer raus.
3. Nichts versendet sich
4. Aber es gibt immer einen Idioten, der glaubt, er kommt immer durch
5. und immer einen, der das nicht glaubt und es beweisen kann.
6. Drohungen helfen im Gegensatz zu Taten nicht weiter.
7. Die lautesten Unterstützer sind dumm und deshalb die schlimmsten Feinde.
8. Man trifft sich immer zweimal
9. wenn man nach dem ersten Mal nochmal auf die Beine kommt
10. aber es muss dann auch nicht besser laufen.

Punkt 4 bis 10 finden sicher auch bald passende Links. Und das 11. Gebot:

Es macht alles keinen Spass.

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Aus der guten alten Zeit der Steuerhinterziehung

Man stelle sich mal vor, der Treppenbauer Bichlhuber aus Hinteremding würde eine Anzeige in einem Hausbauermagazin schalten, mit folgendem Inhalt:

Bichlbauer - unsere Treppen bringen die Sie nach oben und die Steuern runter

Die Kunst, mit innovativen Stufen aus dem kostengündstigen Ausland und Abschreibungstricks an die Spitze zu gelangen, später auch den Dachboden auszubauen und dabei alle Begehrlichkeiten des Staates zu umgehen


Bichlbauer hätte morgen die Steuerfahndung im Büro, und das Häuslebauermagazin hätte enormen Stress mit ehrlichen Handwerkern, die Steuern zahlen und Tariflöhne zahlen. Dass dergleichen gemacht wird, steht ausser Frage, aber dafür offen Werbung schalten käme wohl keinem in den Sinn. Sollte man meinen. Allerdings gelten da, wo manche die Bessere Gesellschaft vermuten, andere Regeln:



Eine Anzeige, geradezu eine Selbstanzeige der LGT in der deutschen Einrichtungszeitschrift AD (Condé Nast) Nummer 6/2006, Seite 79. Deshalb hat sich kein Hochglanzmagazin was gedacht, das waren prima Kunden aus der Schweiz und Liechtenstein, das war damals üblich und wäre es bis heute, wenn es nicht aufgeflogen wäre. In einem halben Jahr, wenn man vertrauensbildenden Massnahmen für die nächste Generation der Steuerbetrüger schaffen muss, wird vielleicht etwas dezenter formuliert.

Das Problem der Steuerhinterziehung über Liechtenstein war kein geheimes Gemauschel, kein informelles Gespräch, kein verschwiegenes Treffen, es war öffentlich, jederzeit und allerorten anzutreffen, es hat Werbung geschaltet, und kein Mensch dieser Klasse hatte offensichtlich daran etwas auszusetzen. Und es ist ein rein deutsches Problem: In der britischen World of Interiors aus dem gleichen Haus wird man dergleichen vergeblich suchen. Das sind wir. Das ist diese Gesellschaft. Das sind unsere Eliten. Nicht alle, nicht jeder. Aber es dürfte sich für alle Beteiligten damals gelohnt haben.

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Dienstag, 26. Februar 2008

Penisverlängerung war gestern

Der Spambranche ist auch nicht mehr das, was sie mal war: Statt Viagra, Druckerpatronen und "heissen Ostfrauen" schmiert hier eine feige Sau namens "medium" serienweise Lügen des Berliner Talkshowbeobachters Stefan Niggemeier in die Kommentare. Ich möchte das Zusammentreffen hier nicht weiter bewerten, und bitte die Leserschaft wegen eventuell auftretender Störungen um Geduld und Nachsicht. Statt dessen weiter mit einem hübschen Bild:



Ich wollte nämlich etwas über meine von einer wissenden Bloggerin gerade sehr gescholtene Heimat sagen: Diese Stadt macht es einem sehr leicht, sie nicht zu mögen. Ich gehe auch nicht gerade gnädig mit ihr um, dazu kenne ich sie zu gut. Das Problem ist ein wenig die Verwöhnung, die sie einem angedeihen lässt; ein guter Freund meinte einmal, das Tolle an Bayern sei, dass man sich auch am hässlichsten Ort nur einmal umdrehen müsse, und sofort sei irgendwo etwas Schönes. Das man sich als hier Lebender zu selten bewusst macht.

Heute etwa. Da musste ich "aufs Amt", was bei den Bürgern hier generell Missmut auslöst, weil besagtes Amt in etwa so angenehm anzuschauen ist wie Mauschelei in Marl. Ausserdem regt sich beim bayern angesichts des Amtes stets der innere Anarchist, weshalb auch die CSU hier so stark ist, garantiert sie doch, dass das Amt vollauf damit beschäftigt ist, sich nach Marler Art was zuzuschubsen und deshalb nicht in der Lage ist, den Bayern mit der eigenen, verkommenen Existenz zu belästigen.

Jedenfalls führte mich dort ein eher komplexer Vorgang hin, und ich hatte viel Zeit eingeplant, um es den Amtspersonen zu erklären, mich missverstehen zu lassen, falsche Unterlagen zu erhalten, in falsche Labyrintgänge geschickt zu werden und am Ende mit einem Entscheider nicht konfrontiert zu werden, der gerade sein Büro für den Kaffee abschliesst und danach für sechs Wochen in Urlaub geht. Statt dessen traf ich auf genau eine höchst kompetente junge und obendrein adrette Frau, die mehr bessere Laune als ein Dutzend Berliner Schaffner in ihrem ganzen Leben hatte, und die - Kinder bitte weglesen

eine kleine Broschüre erklärenderweise so vor ihre wohlgerundeten Brüste hielt, dass ich mir nach ein paar Sekunden dachte: Du lieber Himmel, du stehst im Amt unter lauter Menschen und wo gaffst du gerade gezwungenermassen hin? Nach einer halben Stunde hatte ich ausser einem Date mit ihr alles, was ich wollte, verliess das Amt wieder und musste zugeben, dass die Stadt in vielerlei Hinsicht und mit gutem Grund ein gravierndes Imageproblem hat. Aber ich kenne auch Ämter in München, Berlin, Wien, Zürich, Bonn, Basel und Frankfurt, und irgendwie bin ich schon der Meinung, dass grössere Städte, die geistig noch nicht in dem Zentrum angekommen sind, das sie darstellen, klare Vorteile haben.

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Empfehlung heute - Wer hätte gedacht,

dass ausgerechnet Schwerin Anlass zu des Wortschnittchens feiner Geschichte werden könnte? (Anspielungen zum Besuch der alten Dame spare ich mir, ich mochte das Stück noch nie, vermutlich, weil es aus der Schweiz stammt, und die wiederum ist, wie sich gerade zeigt, die nichtsächsische Schweiz mit den gleichen verbohrten Idioten am rechten Rand, nur reicher.)

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Der Niedergang der Korruption

(vom Kongress für gegenseitige Handhygiene in Rottach Egern berichtet Don Alphonso) Überlagert von Bankenkrise, Steuerhinterziehung und Empörung über die Folgen der in Deutschland üblichen Kleinstbegünstigung wird ein Werteverfall übersehen , der von Eppendorf bis Rottach-Egern Deutschlands Führungseliten heimsucht: Die Wertverluste der echten Korruption. Deutschland riskiert, auf dem globalen Markt abgehängt zu werden. Auf diesen Nenner lassen sich die Vorträge des diesjährigen Symposions "Challenging public and private Structures" in den exklusiven Räumen des vorzüglichen Nobelhotels (Redaktion bitte prüfen, ob die die Werbeseite endlich gebucht haben, sonst einfach nur "Rottach" schreiben) zusammenfassen.

Schuld sind dabei vor allem die Käuflichen der mittleren Ebene. Was sich schon in den 90er Jahren bei Fällen wie dem Münchner Flughafen oder zu Beginn des Jahrzehnts bei der Allianz-Arena andeutete, ist heute traurige Gewissheit: Bestecher suchen gezielt nach den günstigsten Anbietern in der Kette, und versuchen mit kleinsten Begünstigungen maximale Erfolge zu erzielen. Die hohe Kunst der Korruption, einst das Spiel der Eliten, hat dadurch einen vulgären Beigeschmack verstaubter Amtsstuben bekommen.

So verteilte kürzlich ein rheinischer Gadgethersteller lediglich drittklassige Flachbildschirme an Bankmanager, um so etwas Langweiliges wie seine Kreditlinie zu sichern. Ein Autohersteller organisierte für Betriebsräte sexuell ausgestaltete Lustreisen, die auch als normaler Pauschalurlaub hätten gebucht werden können. Gänzlich mehrwertfrei sind vereinzelte Fälle an Hochschulen, in denen Studentinnen den Professoren für ein Examen geschlechtlich entgegenkommen. In allen Fällen entspricht der Gewinn der Käuflichen nur einem Bruchteil der Einnahmen der Kaufenden. Unglamuröse Neigungen dieses Subproletariats der Vorteilsannahme sorgen für Umsatzverluste der Luxusgüterindustrie. "Allein deshalb sind wir schon gezwungen, uns Journalisten zu kaufen", betont der enttäuschte Vorteilsanbieter eines deutschen Automobilveredlers. "Wenn wir früher zehn Wägen an die eine Stadtverwalter geliefert haben, konnten wir sicher sein, dass zwei Wochen später der Kanalbauer der Nachbargemeinde ebenfalls mit einem Auftrag kommt. Das geht heute alles nur noch über Klickstrecken und Reality Soaps, bei denen wir das Einsammeln der Fahrzeuge vergessen."

Aber auch der Staat - und damit die Allgemeinheit - ist unmittelbar vom Niedergang betroffen. Genügte es noch in den 60er und 70er Jahren, bei ein paar bekannten Personen wegzuschauen, kann er inzwischen nicht umhin, ab und zu ein paar Neukorrupte mit hohen Kosten für Ermittlung und Verurteilung aus dem Verkehr zu ziehen. "Vollkommen unverständlich gerade bei den mickrigen Angeboten", meint der bekannte Müncher Promianwalt L., "wenn es auffliegt, ist man so oder so fällig und ruiniert. Ein angenommener Fernseher hilft da nicht weiter, deshalb raten wir unseren Kunden, angesichts der Risiken auch angemessene Preise zu verlangen". Ansonsten würden nur neue Sozialfälle auf Kosten der Steuerzahler geschaffen.

Doch es gibt auch Hoffnung. "Die Preise haben fraglos ihren Tiefpunkt erreicht, jetzt geht es wieder aufwärts", sagt der in der Szene bekannte Geschäftsvermittler S. aus Düsseldorf. Zu verdanken sei das den Geschäftsinteressen russischer und fernöstlicher Unternehmen, die auf den deutschen Markt drängen und die Preise verderben. "Bei denen ist das ein Teil der Traditionspflege, bei dem keine Kosten gescheut werden", erklärt S., "deutsche und europäische Interessenten werde zukünftig tiefer in die Tasche greifen müssen, um mitzuhalten".

Das gilt schon jetzt für den Markt der Universitäten. "Da bahnt sich ein Strukturwandel an", gibt der St. Gallener Berater T. zu bedenken, "seit die Professoren die Benutzung von StudiVZ kennen, haben sich die Machtverhältnisse verschoben: Sex gibt es schon, wenn ein Professor die Bilderfunde aus dem VZ als Drohpotenzial einsetzt, und wer wüste Drogenparties oder teure Mietwägen herzeigt, muss auch damit rechnen, dass der Professor gerne mal einen 911er fahren möchte". Ohnehin ist der Sexmarkt im Niedergang begriffen, denn im VZ gibt es genügend Gruppen, in denen sich Studentinnen für Kleinstbeträge anbieten. "Heute gehen die Zahlungen der Studenten fast schon treuhänderisch über den Prof zu den Studentinnen", plaudert T. aus dem Nähkästchen.

Vielleicht wird der Markt aber auch von den aktuellen Krisen stimuliert. "Crashszenarien sind immer gute Zeiten für investitionsintensive Vertuschungsversuche", stellt L. klar, der in den letzten Wochen bei Justiz und Staatspartei gern gesehener Gast war. Und gerade, wenn es um das wirtschaftliche und gesellschaftliche Überleben geht, oder auch der Vermeidung eines Zusammentreffens mit von Liechtensteinern engagierten Spezialgruppen der früheren Roten Armee, ist mit einer Erholung des Marktes zu rechnen. "Die Konsolidierung wird einige Marktteilnehmer mit 9 Millimeter zwischen die Augen treffen", bestätigt S., "aber es hilft dem Markt, den Sumpf der Junk-Bestechlichen auszutrocknen und sich wieder auf die Werte des Kerngeschäfts zu konzentrieren." Botschaften, die man bei Sicherheitsfirmen, Staatsparteien und Kofferherstellern in der Schweiz mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen wird.

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Sonntag, 24. Februar 2008

Das perfekte Utensil

Eine einfache Sache, eigentlich: Man hat einen schön gedeckten Tisch, Porzellan und eine natürlich heisse Kanne Tee oder Kaffee in der Hand. Noch nicht auf dem Tisch, denn die Kanne ist ja heiss, das ist nicht gut für das Holz, ausserdem könnte sie tropfen, und deshalb -

passiert in dieser Situation an deutschen Tischen immer das gleiche Unheil: Man kehrt um, geht in die Küche, und holt einen Untersetzer. Ganz schlimme Exemplare sind aus Kork, der aufweicht, wenn er beim Verschütten mit Flüssigkeiten in Berührung kommt. Ähnlich fatal und hässlich ist Holz, Porzellan ist nicht mehr ganz so schlimm, aber auch nicht perfekt, findet auf deutschen Tischen Asyl wie der Altnazi in Argentinien. Alles, was Hitze nicht leitet, ist eher scheusslich und optisch störend. Weil die Deutschen zu geradlinig denken: Kanne heiss, Tisch kalt, Isoliermaterial dazwischen. Praktisch, logisch, hässlich. Oder vielleicht sogar oranges Plastik zum Rosenthal?

Briten dagegen haben noch grössere Probleme, denn die dort üblichen Silberkannen leiten Wärme noch besser an die Umgebung ab. Und dennoch kann ich meine glühend heisse Kanne problemlos auf mein heute erworbenes Silbertablett stellen, es schadet dem Tisch nicht im geringsten:



Der Trick ist auch für deutsche Hirne zu verstehen, wenn man ihn erklärt. Das Tablett funktioniert nämlich in zwei Stufen. Zuerst einmal ist es vergleichsweise gross. Dort, wo die Kanne steht, wird es natürlich sehr heiss, aber an den Rändern bleibt es aufgrund der üppg dimensionierten Fläche und des gerippten Randes kühler. So gesehen funktioniert es ähnlich wie Kühlrippen an einem Verbrennungsmotor oder einem Prozessor. Und in dieser kälteren Zone nun werden an der Unterseite drei kleine, runde Noppen angebracht, die das Tablett kaum sichtbar ein paar Millimeter anheben:



Die Noppen bleiben vollkommen kühl, der Tisch kommt mit der Hitze nicht in Berührung, und sollte doch ein unachtsamer Mensch darüber ein wenig verschütten, schützt das Tablett auch hier den Tisch vor Überschwemmungen. Tropfen wird die Kanne allerdings nicht, denn Briten bauen nicht nur perfekte Tabletts, sondern auch perfekte, tropffreie Kannen.

Ich verschenke gern Silberwaren aus Sheffield, und nach den Teekannen sind solche Untersetzer das begehrteste Objekt der Begierden. Dieses Exemplar behalte ich jedoch selbst, denn ich habe eine neue, leere Wohnung, und ausserdem trägt es zufällig eine Gravur mit familiären Initialen. Das ist natürlich sehr fein. Was jedoch die Briten machen, die es nicht mehr haben und folglich die Kannen nicht mehr stilgerecht abstellen können, ist mir unbekannt. Vielleicht Bier aus Dosen trinken. Viel Bier. Was aktuell keine dumme Idee ist.

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Süddeutsche Lachnummern

"Kommentarfunktion am Sonntagabend geöffnet

Wegen der Bürgerschaftswahl in Hamburg öffnet sueddeutsche.de am Sonntag um 17 Uhr die Artikel-Kommentarfunktion."

entblödet sich die SZ nicht zu schreiben. Hier sind die Kommentare immer offen, und ich behaupte, dass der Hamburger SPD-Normalwähler der Schmutzkampagne von Bild und Spiegel wegen der an sich läppischen rot-roten Planspielereien nicht folgen wird. Gerade die Hamburger CDU mit ihrer reachtsradikalen Koalition - man erinnere sich an Schill - sollte ihr ungewaschenes Maul halten.

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Samstag, 23. Februar 2008

Empfehlung heute - Ottilie Oberfläche

klingt jetzt nicht so toll, aber eine Freundin, die Susan Surface heisst und sich auf der Ottomane räkelt, hätte ich auch gerne.

Und wer dergleichen auch nicht hat und in Hamburg wohnt, sollte das als Er(kaffee)satz morgen nicht verpassen.

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Liebe Union!

Ihr - und aus Eurem Podex die darin steckenden üblichen Hilfsmedien - drohen mit dem Ende der grossen Koalition, wenn sich in Hessen eine demokratische mehrheit gegen den brutalstmöglichen Koch findet.

Dreierlei: Niemand wird um die grosse Koalition weinen. Im Bundesttag gibt es eine linke Mehrheit gegen Euch. Und angesichts des Steuerskandals, den Verdächtigen aus Eurer Reihen und den Lügen rund um die BayernLB würde ich nicht auf Neuwahlen hoffen.

Vielleicht haltet Ihr einfach mal die Fresse.

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Am Ende des Tages, und später.

Nun, da der lang erwartete Tag vorbei ist, steht vor meinem Haus ein MG B GT in British Racing Green, ein Chrommodell aus den frühen 70er Jahren, perfekt restauriert und optisch ein Genuss. Einer, wie ich ihn schon immer haben wollte. Dafür habe ich in den letzten Monaten ein Dutzend Wracks angeschaut, und war jedesmal entsetzt von der anstehenden Arbeit. Aber heute, nach dem Tag, der mein Leben ein wenig neu bestimmt, steht er da, makellos, fein, elegant und begehrenswert. Der hier ist anders. Der ist richtig gut.



Er hat nur einen kleinen Schönheitsfehler. Er steht hier rein zufällig, er ist nicht meiner, und er wird es auch nicht werden. Denn ich kann mir solche Dinge nicht mehr einfach so leisten. Bis heute hätte ich gekonnt, denn ich lebe sparsam und habe ein klein wenig gespart. Aber das ist jetzt vorbei.

Ich ging hinunter an den See und machte ein breites Panoramaphoto. Die Ecke ist beliebt, und neben mir war ein Paar, das seine 15, 16-jährige Tochter auf den Steinen vor der Bergkulisse ablichtete. Dann schauten sie den Abendhimmel an, den kein Bild adäquat wiedergeben kann, während von Gmund über St. Quirin und Tegernsee bis Rottach die Lichter aufflammten. Wirklich, wirklich schön.


klicken macht gross

Also, sagte der Vater nach andächtiger Ruhe, fahren wir heim.
Ich mag nicht, sagte die Tochter. Ich will dableiben.

Dann gingen sie doch. Ich dagegen muss nicht heim, ich bin seit diesem Tag, 16.30 Uhr, hier zuhause. Auch zuhause, muss man sagen, denn leicht oberhalb des Ortes ganz links auf dem Bild, etwas über dem See, ist meine neue Wohnung. Und als das Mädchen dableiben wollte, wusste ich endlich, nach all dem Zaudern, Überlegen und Rechnen, dass es die richtige Entscheidung war. Jetzt kann die Kreditkrise kommen.

manche werden jetzt vielleicht sagen, dass man sowas besser nicht bloggen sollte, aber mei, warum soll ich es verheimlichen, wenn es eh diesen kommenden sommer lauter see- und bergbilder geben wird

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Freitag, 22. Februar 2008

Le massacre du printemps

Frühling, die Zeit des Todes.



Um mich herum kippen die Leute um und schaffen es gerade noch bis ins Krankenhaus. Sehr seltsam, dieser Frühling. Ich bin nur dabei, ein Vorübergehender. Tausende fallen an meiner Seite, aber es mag mich nicht treffen.

Dafür habe ich Heuschnupfen.

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Man sollte überlegen,

ob man nicht jeden Sendungs- und Redaktionsverantwortlichen, der den sog. "Journalisten" Henryk M. Broder mit seinen islamophoben Sprüchen und Unwahrheiten Aufmerksamkeit zukommen lässt, intensiv mit höflichen Schreiben über die Problematik dieser Person informiert. Nachdem Broder eine ausgesprochen empfindliche Mimose ist, wenn man über ihn nicht allzu positiv schreibt und dann auch - zumindest in meinem Fall - cholerisch angefallen dem Chefredakteur ein Ohr abkaut, und es nicht verstehen kann, wenn man jüdischerseits seinen fremdenfeindlichen Textschrott zurückweist, ist das vielleicht ein probates Mittel dafür zu sorgen, dass - auch mein - deutsches Judentum nicht weiter mit Sprüchen aus der Asservatenkammer der Rassisten an Ansehen in der Öffentlichkeit verliert.

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Wo man bleiben kann - Platz 5: Tegernsee Nordostufer

Der Tegernsee ist furchtbar. Vor kurzem gab es einen Beitrag einer Hamburger Zeitung zum Thema Steuerhinterziehung, in dem der Tegernsee in einem Satz mit Eppendorf (!) genannt wurde. Als ich zum ersten Mal in diesem Winter dort war, stieg ich gerade aus, als eine alte, fette Frau im Pelz sich in einen schweren Mercedes-Geländewagen zwängte. Und das war nur im vergleichsweise normalen Gmund, Rottach Egern ist viel, viel schlimmer. Freie Hotspots sucht man dort vergeblich, dafür ist es teuer, teuer, teuer. Wenn das Wetter schön ist, bekommt man auch im Januar unter der Woche in Tegernsee keinen Parkplatz. Alles voller arbeitsloser Münchner. Elend, das lernt man hier, hat viele bemalte Gesichter.

Und das war noch die gute Ecke. Bad Wiessee auf der anderen Seite ist im Winter, Frühling und Herbst unerträglich, weil es im Schatten der Berge liegt, und im Sommer unerträglich, weil einen die billigeren Halbmillionärskurgäste und Neureichen zertreten. Hier wohnen dann auch Fussballer, Trainer und Ärzte, deren Tätigkeit jede Starnberger Privatklinik wie ein lahmes Sanatorium erscheinen lässt. Bad Wiessee ist nur am Abend von der anderen Seite aus hübsch, wenn die Sonne untergeht und die Lichter im Wassen glänzen, wo ab und an eine Koksleiche treibt.

Am Südende, das von Rottach-Egern beherrscht wird, passiert sowas nicht, da hat man diskrete Leichenwägen, die auch mit dem üppigsten Bonzenkadaver umgehen können. Hier wohnt die Prominenz, nah am CSU-Hauptquartier in Kreuth, was wie Rottach ist, nur ohne See. Ein lodenös geprägter Affenfelsen ist Rottach, die Pralinen sind weder der Geldbörse noch Gästen zuzumuten, denn sie sind ebenso teuer, wie sie billig schmecken. In Rottach sind die auf einem Haufen, die man auf selbigem mit Mist wissen möchte, und das ganze am besten bei den Österreichern, und dann bauen wir eine Mauer drum rum und lassen nur den Korridor nach Italien offen.

Bleibt also nur die Ecke von Kaltenbrunn, wo der Bungalow von Ludwig Erhardt steht, über Gmund, wo Thomas Mann wohnte, über St. Quirin, wo aber die Strasse etwas laut wird, bis nach Tegernsee, wo sich Herr Beisheim über die renitenten Einwohner ärgert. Dieses Eckerl, meist nach Süden gerichtet, war im vorletzten Jahrhundert die bayerische Riviera, hier war die feinste Gesellschaft, und selbst, wenn sie heute nur noch ein Schatten ihrer selbst ist, kann doch niemand ihre Geschichte nehmen. Ausserdem ist der Ort Tegernsee die Klimagrenze; nördlich davon ist es schon Frühling, während sich die Primaten im bergumstellten Rottach noch die Knochen auf Eisplatten brechen

Es ist irrwitzig teuer im Norden, allerdings nicht ganz so teuer wie in Rottach. Mit den in dieser Serie zugrunde liegenden 150.000 bis 200.000 Euro bekommt man hier eine nette Wohnung und einen Tiefgaragenplatz, der soviel kostet wie ein 1-Zimmer-Apartment in Berlin. Oder eine Villa im tiefsten Sachsen. Diese Wohnung allerdings ist dann "ärmlich", nach den Topstandards oberhalb von Rottach oder direkt am See, wo man bis zu 6000 Euro pro Quadratmeter zahlt. Oder noch mehr. Grob gesagt beginnt der Tegernsee preislich dort, wo Berlin aufhört.

Die Vorteile des Tegernsees sollte man aber auch nicht verschweigen: Es ist kein reines Millionärsghetto wie der Starnberger See, und man kann fast überall ans Wasser. Das ist sagenhaft klar, die Luft ist wie feinste Seide, und wenn man nicht gerade zu den Touristenzeiten in die kilometerlangen Staus vor Gmund fährt, ist man in etwas mehr als 30 Minuten im Münchner Zentrum. Ich habe eine sehr liebe Bekannte am südöstlichen Teil des mittleren Rings, die ich vom Tegernsee genauso schnell erreichen würde, wie von meiner alten Wohnung in München-Maxvorstadt. Und dann ist man vom Tegernsee aus in 30 Kilometer über eine der schönsten Strecken der Alpen in Österreich.



Dann nach Innsbruck, Brenner - man kann an einem Tag mal eben zum Kuchen essen nach Meran und dabei sechs Pässe mitnehmen. Vom Potsdamer Platz in Berlin bis nach St. Quirin ist es exakt genauso weit wie von St. Quirin zum Campo in Siena. Und dann ist da noch der Tegernsee mit dem Alpenpanorama dahinter. Der See ist unfassbar schön, kein Rottach an seinem Ende kann ihm das nehmen. Dennoch: Realistisch gesehen taugt der Tegernsee vor allem als sichere Geldanlage. Reiche ältere Herrschaften, die in eine der 10 deutschen Toplagen wollen, wird es immer geben, und am See wohnen gerade mal 30.000 Menschen. Angebot, Nachfrage und Demographie, Baby.

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