Kurzgeschichtsaufarbeitung

Ich habe in Meran versucht, so wenig wie möglich vor dem Internet zu sitzen, und bin deshalb ein wenig hintendran, was die Nachrichtenlage angeht. Es wird niemanden überraschen, wenn ich sage, dass meines Erachtens die Finanzkrise nicht vorbei, sondern vonden Verbrechern der Wall Street und Frankfurt auf die Idioten in Washington und Berlin verlagert wurde, und natürlich auf die Steuerzahler. Grob gesagt: Die Banken gerieten an den Rand der Katastrophe, weil auf Basis von Schulden erfundene Papiere einen Wert zugeschrieben bekamen, den sie nicht hatten. Und nun stellen sich Staaten hin und füllen diese erfundenen Bilanzwerte mit Geld auf. Dass die Deutsche Bank und andere Institute gerettet wurden, weil man die Ausfallversicherungen des de facto benkrotten Versicherungsriesen AIG über den US-Staat finanzierte, ist bekannt.



Neu ist aber das hier, was bei Nakedcapitalism zusammengefasst wird: Die plötzlich wieder sprudelnden Gewinne der US-Banken sind wohl vor allem Folge eines enormen Geschäftsvolumens durch den Staat und die Notenbank und ihre - meines Erachtens auch gezielt durchgeführte - preistreiberei beim Ankauf wertloser Papiere. Anders gesagt: Die Bad Bank wird der Staat, und die Banken kassieren Werte, die bislang nur in ihrer Bilanzphantasie vor der Krise existierten. Das Ganzr natürlich so, dass es nicht demokratisch legitimiert werden muss. Meines Erachtens gehören Bernanke und Gleithner aus ihren Ämtern entfernt, und das ist angesichts der Plünderung des Staates noch harmlos.



Und ob es was bringt, ist nochmal eine ganz andere Frage. Momentan scheint eine Welle von Privatinsolvenzen all die schönen Bemühungen zunichte zu machen. Auch diese Schulden wurden verbrieft, und angesichts der Arbeitslosenrate in den USA wird es sicher nicht dabei bleiben. Jeztzt wäre eine effektive Finanzmarktkontrolle eigentlich eine feine Sache, aber da hat Obama bislang auch nichts auf die Reihe gebracht. Statt dessen: Prinzip Hoffnung, und wenn es wieder knallt, zahlt es wieder der Bürger.

Übrigens brennt es, falls es jemand übersehen haben sollte, in Europa immer noch in England, Irland, Spanien, Italien und im Baltikum.

Dienstag, 4. August 2009, 23:35, von donalphons | |comment

 
man sieht es um sich herum. man erkennt es, man weiss es. irgendwie kann man den zukünftigen knall schon hören. man stellt alle eigenen parameter auf "sicher" und besitzt nur noch betongold im zentrum der stadt.

und trotz eigener sicherheit gibt mir der film, der hier abläuft keine ruhe. es ist einfach kein schöner film, weil soviel gleichgültigkeit bei denen herrscht, die´s auch mal richtig treffen wird. soviel freiwillige verblendung und freiwilliges dummstellen um einen herum gibt einfach kein schönes bild ab.
ganz im gegensatz zur eigenen kindheit, wo wirklich schon an jedem wochenende, wegen nahezu nichts eine grossdemonstration losgebrochen ist.

ja, ich glaube, was mich am meisten stört( mehr als jeder verlust) ist der verlorene glaube an den geist der menschen um einen herum.

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der geist war seit *Jaaah-rEN* schon haargenau *so*. die krux ist ja eben, dass es keinen kollektiven bürgerlichen aufschrei gegen diese praktiken gab - und gibt! man hat als wohlhabender bürger aber eine pflicht, gegen solche dinge das maul aufzumachen! und man hätte auch die mittel, zumindest in der EU, wenn sie denn aktiv gestaltend tätig wäre und nicht bloß administrativ... auch ist es schlicht so, dass diejenigen, die ihr geld in derivaten und diesen fonds (eigentlich dasselbe übrigens) angelegt hatten, den mechanismus entweder nie ordentlich durchschaut oder billigend in kauf genommen haben. eben deshalb haben ja die verursacher dieser scheiße (please excuse my french) aktuell immer noch ganz hervorragende posten beim aufwischen dieser ganzen spilt milk. teils ist es eine riesige verarschung (again, excuse my french) und teils ist es in der aktuell fehlenden globalen wirtschaftsORDNUNG überhaupt gar nicht anders möglich. (es gibt sie nicht! was es statt dessen gibt, sind kapitalistische feuerlöschereien, und die sind alles außer nachhaltig.)

die revolution kommt eben doch immer von unten, wenn sie denn kommt. aber das ist dann jeweils nie was wirklich gutes.

geben wir es ruhig zu: die bürgerliche schicht hat bei der gestaltung der verwaltung ihres vermögens komplett versagt. denn sie hatte nicht einmal adam smith gelesen und verstanden. statt dessen war und ist ihr gesamtes kollektives verhalten noch weniger als aufgeklärt: bäuerlich.

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eine deformierte Gesellschaft oder wie Paul Auster vor Jahren mal schrieb: Im Land der letzten Dinge

was nutzen all die Jahre in der Schule, was nutzen all die Semester, was bringen all die Bücher und jedes gedankenanregende Gespräch, wenn die Quintessenz von alledem nicht im richtigen Moment zur Anwendung kommt ?

Nichts.

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Da schickt man sie auf die Schule und auf die Uni, und sobald sie einen Job haben streiten sie sich um die Alufelgen, die ihr Dienstwagen haben muss. Um bei kleinen Dingen anzufangen. Lohnt es sich da noch, über große nachzudenken?

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Geithner soll wohl weg, da hat sich bei Dir ein l eingeschlichen.

Der Staat hat ja jetzt quasi das Schnellballsystem neu gestartet, an Finanzmarktderegulierung ist doch nichts gekommen, oder?

Matt Taibbi behält recht:
http://www.rollingstone.com/politics/story/26793903/the_big_takeover (Artikel ist schon älter und bekannt)

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Ob die Amerikaner je darüber nachdenken werden, warum die Finanzindustrie einen "sozialistischen" schwarzen Präsidentschaftskandidaten unterstützt hat, der sich den Finanzminister von Goldman Sachs holt?

Ob das mit einem altersstörrischen McCain auch funktioniert hätte?

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Kommentar zum Bild
Wenn man an steilen Hanglagen Bäume wachsen lässt, nichts überstürzt, sich von jedem Leichtsinn fern hält, und Glück mit dem Ausbleiben künftiger Stürme und Orkane hat, dann kann sich die Lage tatsächlich festigen.

Vielleicht rutscht noch ein guter Brocken ab. Und noch einer. Aber das wars dann.

Das Problem ist dabei die fehlende Finanzmarktregulation, und die zunehmende Entfernung vom Bedrohungsszenario eines totalen Marktzusammenbruches . Der alte Unfug wird wieder neu getrieben werden, es werden alte Blasen durch neue Blasen aufgetrieben werden - und all das wird überaus eklig aussehen.

Das Problem ist in meinen Augen also weniger die gegenwärtige Finanzmarktkrise mit ihren Dutzenden an Vielhundertmilliarden-Betrügereien zu Lasten der Steuerzahler.

(obwohl: schlimm ist es doch, und sei es als Klotz am Bein der künftigen Wirtschaftsentwicklung)

Das Problem sind auch nicht die Bankster, welche sich sogar noch in der Gegenwart "Prämien" in Zigmilliardenhöhe verschaffen, Jahr für Jahr, leistungslose Einkommen in wirklich unfassbarer Höhe zu Lasten der Allgemeinheit.

Das Problem ist auch nicht die Intransparenz dieser Prozesse. Obwohl das natürlich ein Problem ist.

Das Problem sind die vielen Jahre, die noch kommen, die vielen Krisen, die noch kommen, und die unzähligen Lehren, die nicht berücksichtigt wurden, weil erneut die Bequemlichkeit siegt, weil erneut der schändliche Neo"liberalismus" siegt - quer über alle Parteiungen.

Es wird wieder losgehen, das Rad wird noch größer aufgebaut, die Finanzmärkte werden noch schneller und aberwitziger drehen - und diesmal werden sie denken, der Staat haut uns ja raus.

Mein Kommentar zum Bild: Das Problem ist nicht, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht. Das Problem ist also nicht der schräge Hang.

Sondern das, was danach kommt.

Vielleicht wäre es gut, wenn man auf dem Weg, der steil hinauf führt, eine Mauer baut. Ein Schild hinhängt: Hier geht es nicht weiter.

Im Übrigen wäre es kaum ein großer Fehler, wenn man die Deutsche Bank, die ja nur dank großzügigster Unterstützung der Steuerzahler überlebt hat, umgehend verstaatlichen würde - und die übrigen Großbanken in zahlreiche kleinere Banken zerschlägt, so sehr, dass keine einzige Bank mehr von sich behaupten kann "systemrelevant" zu sein. Wir müssen Wege entwickeln, dass man Banken bankrott gehen kann, ohne dass dabei gleich eine Vielzahl anderer Firmen in den Abgrund gezerrt werden.

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Leistungsträger sind Menschen, die die Leistungen anderer davontragen.

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Bestens formuliert.

Da könnte man gleich eine Reihe wunderhübscher FDP-Wahlplakate entwerfen. Zum Beispiel eines für den strunzdummen Solms, der in seiner kompletten Ahnungslosigkeit nur den "Steuer-runter"-Politiker gibt, während er die von exterenen Kanzleien (nicht etwa: dem Finanzministerium) orchestrierten Milliardenausgaben für die Bankwirtschaft in vollen Umfang begrüßt, und mehr noch, bejubelt.

Kritiklos bis ins kleinste Detail - es geht ja nur um einige Hundert Milliarden Euro. Und für einen Gegenentwurf fühlte man sich nicht kompetent genug. Da vertraut man einfach dem, was eine überaus bankennahe Kanzlei als Gesetzgebung (!) formuliert.

Damit einfach jeder sehen kann, dass in dieser Partei an führender Stelle (immerhin der Fraktionsvorsitzende) voll ausgebildete Deppen sitzen und das Sagen haben.

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Wird die FDP wohl nicht so sehen.
Schon besser, die Arbeitnehmer verzichten auf Gehalt, damit die Managerboni bezahlt werden können.

Menschen sind ganz offenbar unendlich geduldig.

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Es gibt sie noch, die Schreiberlinge mit Humor, bei solchen Überschriften: "Experten halten Lohnsenkungen für sinnvoll" http://www.netzeitung.de/wirtschaft/wirtschaftspolitik/1421819.html

Ich halte ja eine Expertenversenkungen für sinnvoll und vor allem lohnend.

Das die FDP sich noch auf die Straße trauen kann, kann schon was mit der Geduld der Menschen zu tun haben. Oder die Leute glauben immer noch, dass sei die Spaßpartei, die machen nur Witze und meinen das nicht so. Das ist ja das perfide, die tun immer so, als brauche man sie nicht ernstnehmen.

Und hat nicht Wirtschaftsministerexperte Karl Wilhelm Vonunzu Garttenzwerg für den Herbst ein Wirtschaftswunderfeuerwerk oder sowas angekündigt?

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Die Zinsspanne ist aber auch hoch.
In jeder Krise, die ich bisher gesehen habe, wurden die Leitzinsen massiv gesenkt. Banken kamen extrem billig an Geld und haben es fast zu den gleichen Preisen (=Zinsen) an die Kunden weiterverliehen. Banken haben bei niedrigen Leitzinsen eine traumhafte Marge, die auch in den Krise vorher dazu führte, dass beim Ausklingen der Krise zwar noch erneute Milliardenabschreibungen kamen, die aber durch Milliarden Gewinne durch die hohe Zinsmarge aufgehoben wurden.

Ich würden diesen Effekt niemals unterschätzen. Den gab's schon immer und auch diesmal. Die europäischen Banken haben sich über 400 Mrd. bei der EZB zu einem Prozent Zins geliehen. Verleih das mal zu 10% an den Kunden weiter. Das macht 9%, also 36 Mrd. Euro Sondergewinn für die Banken. Aus einem einzigen Refinanzierungsgeschäft (und dabei noch außer Acht gelassen, dass die Banken das Geld natürlich nicht nur einmal, sondern mehrfach mit Hebel weiter verleihen, was die Gewinne noch größer macht).

Alles was von Nakedcapitalsim kommt, stimmt natürlich trotzdem. Ich habe nicht ernsthaft damit gerechnet, dass der Staat, der nicht in der Lage war, die Banken richtig zu kontrollieren, jetzt auf einmal das Know.How hat, um von den Banken nicht über den Tisch gezogen zu werden. Dass der Staat sich allerdings mit einer Flappsigkeit ala "Irgendjemand im Finanzsystem muss ja profitieren, wenn man es retten will" rausredet, ist dann schon ein Skandal ...

Es geht halt nix über das Good-Bank-Konzept von Willem Buiter. Man hätte den ganzen alten Schrott verstaatlichen sollen und mit dem Staatsgeld neue Banken gründen sollen. Dann hätte man den alten Schrott auch in Ruhe abwickeln können und nicht wie jetzt unter Zeitdruck. Den nutzen die Banken jetzt zu ihrem Vorteil aus ...

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[egghead]Ich habe nicht ernsthaft damit gerechnet, dass der Staat, der nicht in der Lage war, die Banken richtig zu kontrollieren, jetzt auf einmal das Know.How hat, um von den Banken nicht über den Tisch gezogen zu werden.
Das liefert wohl einen entscheidenden Erklärungsbeitrag...

- eine Erklärung für den geradezu perversen Stolz auf die eigene und geradezu überbordende Dummheit, die unsere Eliten zu Zeit auszeichnet. Sie sind nicht in der Lage, Banken zu regulieren (indes: in Lateinamerika, z. B. Chile kann man es - dort blieb man dementsprechend von den Auswucherungen der Bankenkrise weitgehend verschont), sie sind nicht willig, überhaupt zu verstehen, was da vor sich ging, und schlimmer noch, sie sind sogar noch stolz darauf, dass sie in Wirtschaftsfragen inzwischen derart verdummt und ignorant sind, dass sie gezwungen sind (bzw. glauben, dass sie gezwungen sind...), sich ihre Gesetzgebung von externen Firmen besorgen zu lassen.

Ich verzeihe ihnen aber nicht, dass sie sich weigern, klüger werden zu wollen. Ich verzeihe ihnen nicht, dass sie bereits wenige Sekunden "nach" der Krise (genauer gesagt: mittendrin...) sich genau mit den Bankmanagern verbrüdern, deren Verhalten soeben den Staat viele hundert Milliarden Euro gekostet hat.

Ich verzeihe ihnen ihren unbedingten Willen zur Ignoranz nicht, sie sind sogar noch stolz darauf, sich nur oberflächlich mit dem Problemen beschäftigt zu haben, sie sind stolz darauf, mit ein paar Sätzen Sprücheklopferei durchzukommen (a´la Wirtschaftszwerg Guttenberg), sie sind sogar noch stolz darauf, dass sie die Staatskassen ausräubern lassen - und dass ihnen die Details dieser Angelegenheiten so herzlich egal sind, und zwar Details, die jedes für sich Milliarden von Euro umfasst.

Das ist unser Geld.

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Die 400 Milliarden waren eben der EZB-Weg, den amerikanischen Weg nicht zu beschreiten. Allerdings sehe ich da durchaus weitere Probleme auf die banken zukommen, denn wo soll das Geld bitteschön hin? Stichwort Ausfallrisiko, und in Spanien oder Italien würde ich gerade eher ungern etwas verleihen.

Aber ich denke auch: Man hätte das System einmal platt machen und neu starten sollen, am besten mit ein paar hundert Verurteilungen.

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...nur ein paar hundert Verurteilungen ??? Soll ich Dir mal ein Bild von der Hauptwache während der Mittagspause der abertausend Bankster & Vermögensberater schicken, um Deine merangetrübten Erinnerungen an Bankfurt wieder wachzurütteln ;-)

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