Abend am See

Es ist die Insektenplage an den anderen bayerischen Seen, die die Münchner in Scharen an den Tegernsee treibt. Aus irgendwelchen Gründen ist das Problem hier kaum vorhanden, aber dafür haben wir jetzt hier die Tagestouristen.



Gut und gerne anderthalb Jahre zu spät kommen Fragen an die Einheimischen wie "Kennen Sie eine gute Wohnung hier am See" oder "Wo ist denn eine gute und günstige Lage". Die Krise hat den Münchner Immobilienmarkt in seiner untren Hälfte komplett dicht gemacht, weil jeder dorthin geht. Also sucht man jetzt etwas ausserhalb, aber mit guter Ansbindung und mehr Sozialprestige als, sagen wir mal, Fürstenfeldbruck. Nur eben anderthalb Jahre zu spät.



Am Abend fahren sie dann zurück in den Stau, aber glücklicherweise nur nach München und nicht nach Spanien oder London, und man kann allein am See sitzen und zuschauen, wie es dunkel wird. Irgendwo brennt ein Lagerfeuer, ein Hund wird gelüftet, ein paar Jugendliche von hier sitzen am Wasser, und die Münchner sind weit weg. Die Berliner auch, die was von einem wollen - Fragen stellen, für ein gewisses niederes Organ.



Ich habe mir das heute bei der Anfahrt gedacht: Ich möchte eigentlich weder in einem Land leben, in dem Berlin die Hauptstadt ist, noch in einem Land, in dem sich die Medien in einer Stadt wie Berlin abspielen. Die Verstrichung der Szene passiert in einer Stadt wie Berlin zwangsläufig, weil die Menschen billig und die Sozialkontrolle gleich null ist. Schon zu meiner Zeit gab es kaum Grenzen zwischen PR und Schreiberei, und entsprechend misstrauisch bin ich dann auch, wenn jwmand in der Mail trötet, er sässe im Hauptstadtbüro. Das klingt für mich so seriös wie Angebote für Schwanzmelkmaschinen und vernachlässigte russische Hausfrauen.



Und da gibt es Besseres, wenn gerade Halbmond und somit keinerlei erotische Ausstrahlung des Himmels vorhanden ist. Es wird also dunkel, ich probiere 8 Sekunden Belichtungszeit aus, und als es wirklich Nacht ist, lege ich mich auf den Liegestuhl und schaue die Sterne in der klaren Bergnacht an. Es ist Sommer. Es könnte ewig so weiter gehen.

Freitag, 28. August 2009, 01:52, von donalphons | |comment

 
Tegernsee und Fürstenfeldbruck sind nun sehr unterschiedlich -wobei der Orgelsommer in der barocken Klosterkirche auch Ihnen gefallen würde.

Viel interessanter wäre mal aus Ihrer Feder ein sozio-philosophischer Vergleich zwischen Tergern- und Starnberger See, bzw deren Anwohner und Besucher !!

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Zustimmung
Nach einem sommerlichen Ausflug in die Gegend wäre mir auch an einer kurzen Erläuterung der gesellschaftlichen Unterschiede gelegen, z.B. zwischen Tegernsee, Murnau, Garmisch und Starnberg.

[Vielleicht auch noch zwischen Garmisch und Partenkirchen, aber das führt hier vielleicht zu weit]

Gruß aus Frankfurt

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Don, mancher ist eben seiner Zeit voraus, mancher kommt zu spät. Am Tegernsee wie überall. In Bezug auf Wohnungen, Arbeit, Kleider, Musik…. Und trotzdem stellt sich die Frage, wer nun glücklicher ist. Der Don, ruhig am Tegernsee sitzend oder die Unwissenden, Jahre zu spät Gekommenen.
Denn immer noch gilt der grausame Spruch: Den Dummen scheint die Sonne.

Und während die zu spät Gekommenen an irgendeiner Raststätte vom Stau abgefahren sind und aus ihrem geleasten SUV assteigen, um ein Billigbrötchen in sich reinzustopfen, haben sie ein Lächeln auf den Lippen. Mag sein, dass es ein dümmliches L. ist. Aber eben ein befreites Lächeln.

Der tiefsinnige Mensch sitzt am See. Er lässt sich treiben und begreift auch sein privilegiertes Schicksal aus der geistiger Distanz heraus. Er hat klare Gedanken. Und doch bin ich mir sicher, dass er genau dann kein Lächeln auf seinen Lippen haben kann. O.k. hier und da mal, wenn er etwas Ergreifendes in der Natur beobachtet. Aber eben kein befreiendes/befreites Lächeln. Denn wie sollte er auch.

Wenn man Dinge erspüren kann. „Erwittern“ kann. Erlesen kann. Durchleuchten kann. Wenn man also Sachverhalte klar und deutlich vor sich sieht, somit schneller ist in seinen Gedanken als viele drumherum...

.... Was bringt es ?

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Miner, von diesem Lächeln auf den Lippen
habe ich neulich nichts gesehen als sich die Blechkarawane mit den vielen M-Kennzeichen auf der Gegenspur von der Autobahnabfahrt 30 Kilometer lang im Stop-and-Go Richtung Tegernsee wälzte. Teils genervt und größtenteils gelangweilt guckten die Fahrer und Beifahreinnen, sie kennen das wohl schon zur Genüge und nehmen es notgedrungen hin - aber sie genießen es nicht, glaub mir.

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Als Fahrer einer geleasten Edelkarosse, mit verwöhnter Edelzicke auf dem Beifahrersitz dürfe man ein ähnlich authentisches Lebens-/Glücksgefühl in sich haben wie ein Bankvorstand, der mit Hilfe der neuen "Billanzregeln" satte Gewinne ausruft.

Ein seltsames Brummen, ganz unten, tief im Magen...oder in den Fingerspitzen. Wie sagt der Engländer in solch einem Fall: By the pricking of my thumbs, something wicked this way comes.

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So weit
will ich mich in die Befindlichkeiten dieser Spezies gar nicht reinfühlen. Ich beobachte nur, dass deren Glücksgefühl sehr schnell abebbt, wenn es nicht voran geht. Der Stau macht alle gleich, und was hilft Dir da Dein von Brabus gepimpter M-Klassen-Panzer, der auch nur Schritt fahren kann wie der olle Audi 80 dahinter oder die Schnepfe im 1er-Cabrio davor?

Deswegen bin ich sicher: Wer nicht in den Sachzwängen drinsteckt, in dieser Karawane mitzumüssen, hat im Zweifelsfall mehr zu lächeln als die Dummen, die unreflektiert drinstecken.

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Ich denke mir da immer: Oh je, die Ärmsten - also, ich fahre ja am Wochenende immer vom Tegernsee weg, das ist ja nicht zum Aushalten - und die müssen da hin!

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rufen sie das königreich bayern aus.

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Don't forget Weilheim !
Wir sind hier noch unentdeckt und haben genau die idealen Abstände zu München, Seen und Berge - nicht zu nah und nicht zu weit...

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Verschreihs noch
als wäre der Verkehr durch diesen Ort an einem 08/15 Montagnachmittag nicht schon schlimm genug, sollen jetzt auch doch die M-Barbaren kommen, oder wie? ;)

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Für den Bodensee bin ich nicht zwei, sondern 20 oder 200 Jahre zu spät dran. Dennoch suche ich mir langsam jemanden, dem es lästig ist, zweimal im Jahr nach der Hütte zu schauen. Außerdem wollte ich schon immer mit dem Schiff zur Arbeit fahren.

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Viel Glück bei der Suche - mir wäre das ja zu sehr zwischen den Schweizern und den restlichen Schwaben.

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aber vielleicht ist dort weniger Proleten-Randale als in der Altstadt des Donau-Kaffs :-))

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