Freuden des Erstwohnsitzes im Urlaubsgebiet

Natürlich ist es nicht billig, drei Wohnungen zu unterhalten, selbst wenn eine davon nur die Gästewohnung ist. Bei mir jedoch ist es so, dass ich es seit anderthalb Dutzend Jahren gar nicht mehr anders kenne, und zeitweise sogar drei Wohnungen in drei Städten gleichzeitig hatte. Die höheren Kosten und das Einfrieren des Kapitals sind nichts, was einem der Vermögensberater empfehlen würde, aber in der Realität erwirbt man damit einfach Lebensglück: Man kann an einem strahlend schönen Wintertag gemütlich ausschlafen, frühstücken, und zum Auto gehen, während der Münchner daheim schon drängeln muss, um halbwegs vor dem grossen Stau in Richtung Berge zu kommen. Während er gerade mal an der ersten Ampel steht, bin ich schon in Gasse, wo noch Dutzende Parkplätze zu haben sind. Wenn ich die halbe Strecke auf den Berg überwunden habe, steht der Münchner im Stau bei Wallgau. Wenn er unten auf dem überfüllten Parkplatz lange Zeit vergeblich nach einer Lücke sucht, bin ich schon oben und stelle mit Freude fest, dass sonst noch kaum einer da ist.



Alles ist noch leer und ruhig, kein Gewühl wie sonst oft am Sonntag, wenn die blassen Münchner raus dürfen. Alles eine Frage des richtiges Startpunktes. Wenn der Münchner den Rodel aus dem Auto zieht -



kann ich mir schon das beste Stück Birnentopfenstrudel heraussuchen. Der ist immer zuerst weg, wer da nicht schnell ist, muss etwas anderen nehmen. Wie der Münchner, der dann erst mit tausenden anderen, von der Fahrt gestresst, hier hochkeucht. Dann geniesse ich noch etwas die Aussicht - so richtig übel wird es ja erst ab 12, und ich bin schon ab 11 hier oben (auf der Uhr sieht man, dass ich tatsächlich nicht nur lottern, sondern auch früh in die Berge kann).



Erst wenn zu viele Münchner hier hochkeuchen, bringe ich mein Geschirr in die Hütte, und schwatze noch etwas mit meiner Lieblingsbedienung, die wissen möchte, wo meine Lieblingsaufstiegsbegleiterin ist. Danach muss sie sich um die Münchner Horden kümmern, und ich schaue so über das Tal und denke mir:



Hier wohnen, den Rodel immer parat, immer hinauf können und stets den Massen entgehen, das ist es, so muss es sein. Dann stürze ich mich in die Tiefe, jauchze über Weidegitter und schaffe es im Slalom durch die Münchner, die Gästezahl oben nicht zu reduzieren. Ich gehe dann ins Tal, kaufe Torte, bewundere den See, und erst am Abend, wenn der Münchner nach einem Stau auf der Rodelstrecke schon wieder heim in den Stau nach München muss, kurz vor vier, werde ich nochmal gehen. Bis zum Sonnenuntergang, und wenn man mich sieht, wird man sagen: Da geht ein zufriedener Mann.

Sonntag, 21. Februar 2010, 15:33, von donalphons | |comment

 
Lieber Don Alphonso, das beantwortet schon fast meine Frage nach dem Zustand der Rodelstrecke. Vermutlich recht sulzig... Die kurze Fahrt von meinen Eltern zu meiner 400m langen "Teststrecke" war leider umsonst - kein Schnee mehr. Mittwoch sieht ja bei mir schlecht aus, sind Sie denn Dienstag noch in Gmund?

Am Wochenende zum Tegernsee rauszufahren ist natürlich sinnlos, dafür macht man das eben unter der Woche...

Beste Grüße, mawu

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Nein, die Strecke ist genial!



Nur ein wenig langsam, weil so viel Neuschnee liegt, aber komplett fahrbar, zumindest heute. Ob das so bleibt, weiss ich nicht, und wegen Dienstag muss ich erst mal schauen - heute Abend jedenfalls muss ich zurück an die Donau, zwecks Familie

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OT

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ja, das ist schon hübsch. Und ich mag es, wenn die Alpen wieder zum Lebensraum von mehr als nur volkstümlicher Musik werden.

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kalleblomquist, wenn ich einen Kommentar zum Link geben darf: architektonisch ist der Bauernhof genial und, wie ich gerade höre, auch das Jazzkonzert. Das schreibe ich mir in den Kalender! Kunst: kann ich noch nicht so ganz beurteilen.

Don Alphonso, meinen Sie, die Strecke ist nach dem heutigen Tage morgen noch schön befahrbar? Wenn mich meine Kunden morgen nicht gleich überfallen, würde ich fast Vormittags rausfahren.

Grüße, mawu

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Also, ich muss zwar jetzt wieder heim, aber ich war vorhin nochmal oben, und es war hart und eisig genug, um komplett ohne Kratzer durchzurodeln. Sehr feine Sache. Der Papa, der erst mal in eine Schneewehe, dann auf einer Kufe in die gegenüberliegende Schneewehe, dann sich 180 Grad aus der Fahrtrichtung und dann weitere 180 Grad um die Längsachse des Rodels drehte und dabei sein Kind überflog, sei hier mal ausgenommen, der hatte ein paar Kratzer. Wie kann man da nur zu zweit mit einem Kinderschlitten runter...

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Unfähig zu entscheiden, was nun verlockender ist, der Ausblick oder der Strudel, frage ich mich, ob Sie nicht Ihrer Lieblingsbedienung das Rezept zu entlocken imstande wären.

Zu gern würde ich wenigstens in Form eines nachgebackenen Strudels einen Anflug dieser allumfassenden Glückseligkeit in mein graues Flachlanddasein zu holen und Sie beim allmählichen Aufessen umso glühender um Ihre privilegierte Existenzform zu beneiden.

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Ich wollte demnächst eh was Grösseres zu dem Gesamtthema machen, da kann ich gerne nachfragen.

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Klingt vielversprechend! Mein Dank ist Ihnen schon jetzt gewiß!

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Ich weiss natürlich nicht, ob der Koch sein Geheoímnis verraten will, aber ich frage gerne.

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Da geht ein zufriedener Mann.
Werter Don Alphonso.
Ist diese Zufriedenheit von Dauer, oder entschwindet sie bald wieder?

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Der Anlass verschwindet nachher, wenn ich heimfahre (Essen, Aufräumen fehlt noch), aber das Wissen um das Erlebte, das mir keiner mehr nehmen kann, das bleibt.

(Ausserdem gibt es andere Gründe für mein Lebensglück, über die hier zu berichten aber nicht schicklich wäre)

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Werter Don, danke wieder einmal für die tollen Bilder.
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Habe heute nachmittag selbst noch mit mir gerungen, die kurze Anfahrt auf mich zu nehmen und hinauf zu gehen. Aber ich habe mich dann doch mit Ihren Bildern vertröstet und hoffe, dass die Rodelstrecke noch eine Weile befahrbar bleibt.
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Und ich stimme voll zu, die wenigen Male die ich bisher oben war, meist auch in relativer Einsamkeit, bedeuten wirklich ein ganz großes Stück vom Glück.
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(Bezgl. teapot - i got it!)

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Da geht ein zufriedener Mann.
wer so spricht, dem glaub ich nicht

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Gratuliere! Und das fast zum Silbermaterialpreis!

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Sagen wir es mal so: Für jemanden wie mich, der Bayern und die Berge liebt, aber in Hamburg wohnt, wäre München schon ein Fortschritt ;)

Ich hätte dann auch gar kein Problem damit, schon morgens um 4h loszufahren. Aber mal ein Wochenende in den Bergen zu verbringen (ohne Urlaub nehmen zu müssen) ist quasi unmöglich, wenn man in der Nähe von Hamburg wohnt.

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Das war eines der Dinge, die mich in Berlin so runtergezogen haben: Das fehlende Wissen, dass gleich im Süden die Berge sind. Ich muss da nicht zwingend hin, nur wissen, dass ich hin kann.

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Bei mir kommt dazu, dass ich schon seit meiner Geburt im Raum Hamburg lebe und viel zu selten mal rausgekommen bin (außer vielleicht im Urlaub). Und jetzt fängt es langsam an in mir zu rebellieren.

Edit: Was man dazu sagen muss: meine Eltern haben mit mir als Kind über 25 Mal in Garmisch-Partenkirchen Urlaub gemacht. Daher die Liebe zu Bayern und zu den Bergen.

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Ich fürchte, ich bringe in dem Kontaxt dann die absolut unpassenden Bilder (und ich hätte noch so viele auf der Karte).

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Oh, die Bilder sind immer goldrichtig :) Ich versuche ja, so oft wie möglich nach dort unten zu kommen. Vor allem, da meine große Liebe in Garmisch wohnt und arbeitet.

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Um die Begeisterung für die Bilder hier nachvollziehen zu können, muss ich mir leider immer vorstellen, sie würden das Meer zeigen. Dann würde ich vor lauter Fernweh heulend vor dem Computer sitzen, vermute ich.

Also, die Bilder sind absolut toll.

Aber ich glaube, es ist tatsächlich so, dass die meisten Menschen entweder die Berge oder das Meer glühend lieben, aber in den seltensten Fällen beides gleich stark. Warum auch immer. Bei mir ist es eindeutig das Wasser, obwohl ich in einer Gegend aufgewachsen bin, in der es weder das eine noch das andere gab.

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Oh, ich kann mich durchaus auch für die See begeistern. Nur würde ich mir das mehr im Urlaub wünschen und hätte in meinem alltäglichen Leben lieber die Möglichkeit, am Wochenende in den Bergen zu wandern.

Vielleicht will man ja auch immer nur das, was man gerade nicht hat. Aber ich habe mir schon als Kind geschworen, dass ich eines Tages in der Nähe der Berge leben will.

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Amelia: Ja! Das Meer! Fehlt mir immer und Städte ohne Wasser finde ich beinahe unerträglich. Wobei Berge auch hübsch sein können, vor allem auf den Fotos unseres Gastgebers.

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Das Ideal
Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.
Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:

usw.

by courtesy of kurt tucholsky

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ka.os, Garmisch ist aich toll, aber ich wollte halt was mit See.

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Ein Meer, liebe Damen, kann ich hier natürlich nicht bieten. Und zur Adria ist es auch nicht ganz kurz, bedaure. Allerdings, mit etwas Klimaerwärmung werden die Distanzen geringer.

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