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Ich bin nicht schreibfaul. Ich bin am Sonntag nur zweimal auf den Berg gegangen. Einmal am Morgen, und einmal am Abend.



Am Abend, um zu überprüfen, ob ich wieder auf normalem Leistungsniveau bin: Schaffe ich die Neureuth über den erst schweren und dann langen Weg in 75 Minuten mit Rodel, Gepäck und schwerer Winterkleidung über Schnee, dann geht das im Normalfall auch in unter einer Stunde (normal sind 90 Minuten, aber ich kann erstaunlich ehrgeizig sein, wenn ich will). Natürlich ist es bei sowas gut, Opfer vor sich zu haben, an denen man sich abarbeiten kann.



Trotzdem schien es oben nur ein halber Sieg zu sein: 75 Minuten sind machbar, so lange brauchte ich, aber die Sonne war weg. Hinter Wolken. Aber es gbt einem die Sicherheit, dass man zwei mal 500 Höhenmeter am Tag mit dieser Ausrüstung schafft. Deshalb müssen im Sommer auch 1400 Höhenmeter drin sein, die grosse Runde zwischen Schliersee und Tegernsee etwa, oder vom Predigtstuhl auf den Wallberg, oder Hirschberg und Leonhardstein an einem Tag und in akzeptabler Zeit.



Alles, was hinter mir zu sehen ist. Das sind natürlich nur Rentnertouren, aber als alter, verhuzelter Asthmatiker macht man eben keine Alpenüberquerungen mehr, oder allenfalls noch mit dem Mountainbike, aber das ist eine andere Geschichte.



Und dann, um 17:40 Uhr, gab es doch noch den dramatischen Sonnenuntergang, für den ich hier hochgerannt, gekeucht und gestolpert bin, diesen Moment der Fassungslosigkeit über die Schönheit der Natur. Es sieht nie gleich aus, es ist immer anders, aber diesmal war es sagenhaft.



Hinter mir überschüttete die Sonne die Eisschuppen mit einem rosa Glanz, die Hütte leuchtet auf, und alle Berge erschienen mit ihren Schneepanzern in sanften Rot- und Blautönen, ein delikater Abschiedsgruss des Bergwinters, der hier oben keine graue, abstossende Jahreszeit ist, sondern von einer Pracht und Grösse, die man nicht verstehen kann, wenn man im Flachland lebt.



Und dann blinzelte der Eisdrache mit dem Feuerauge ein letztes Mal herüber, und ich raste auf dem Rodel durch die anbrechende Nacht ins Tal, über das sich Finsternis gelegt hatte. Ich war zweimal oben, ich schaffte es am Ende in 75 Minuten, aber am nächsten Morgen spürte ich einen leichten Schmerz in den Schenkeln und in den Schultern. Trotzdem ging ich erneut hinauf, ab der Hälfte des Weges brannte der Feueratem des Drachen in allen Gelenken, und ich war den restlichen Tag kaum mehr in der Lage, die Arme zur Tastatur zu heben. Es war fraglos zuviel.

Und trotzdem würde ich es nicht anders wollen.

Dienstag, 23. Februar 2010, 00:14, von donalphons | |comment

 
Bergsteigen ist "Religion"
"Dass auch sportliche Tätigkeiten fließend ins Spirituelle übergehen können (und vice versa) machen schon die [...] Angebote der Fitness-Center deutlich. Entsprechende Erfahrungen werden ebenso von Langläufern, wie auch von Extrembergsteigern berichtet. [...] sind doch die mystischen Naturerfahrungen von Extrembergsteigern wie etwa Reinhold Messner [...] eine Art Selbstfindungsprozess. [...] Wenn ich sehr hoch hinaufsteige, kann ich eben sehr tief in mich hineinsehen. Und Weis berichtet von einem Extremlangläufer, der [...] nach einigen Stunden zur Ruhe kommt, nach innen schaut und dabei zu tiefer Religiösität und dem Gefühl kosmischer Verbundenehit gelangt."

(Hubert Knoblauch: Populäre Religion, Ffm./ N.Y. 2009, S. 275 f.)

Die Suche nach dem "Heil" lohnt auch außerhalb der Kirche.

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Die Suche nach dem "Heil" ...
... lohnt ausschließlich außerhalb der Kirche.

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Ach, Religion... es ist ein wenig Mysterium dabei, man kann sich schnell am Berg verlieben, aber das ist es auch schon wieder. Nur manchmal ist es eben zu schön.

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Wenn man in der Ebene zwischen Donaunebel, Ölraffinierie und Autofabrik aufgewachsen ist, dann begeistern einen das Licht und die Luft und die Höhe der Berge über dem klaren See natürlich besonders!

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Nein, nicht nur. Ich war schon als Kind einen grossen Teil des Jahres wegen meines Heuschnupfens in den Bergen (und jedes Wochenende im Altmühltal). Und dort, wo meine Eltern wohnen, gibt es nur Felder, Wiesen, Auwald und Seen.

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Anders gesagt: Ich bin nicht in die Berge gezogen, sondern in die Berge zurück gezogen.

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Ich kann den Winter in den Bergen nicht einschätzen, geschweige denn verstehen, weil ich nie dort war. Aber man darf den Winter nicht im ostfriesischen Flachland nicht zu schlecht machen. Wir verstehen vielleicht nicht die Schönheit des Winters in den Bergen, aber wir verstehen durchaus die Schönheit des Winters. Wenn man mit dem Hund über's Feld tobt, auf dem man ohne den sich dunkel abhebenden, einsamen Baum schnell die Orientierung verlieren würde, weil's oben und unten nur weiß gibt. Auch wenn die Sonne abends in die Nordsee eintaucht (funktioniert natürlich nur an einigen bestimmten Orten, zB Nahe Emden), ist das durchaus sehenswert.

Dem Winter hier in Marburg kann ich hingegen wenig abgewinnen. Vielleicht muss ich mal den Winterberg hoch. Immerhin wurde hier erreicht, dass ein gebürtiger Küstenbewohner sich zum Bergsteigen ermuntert fühlt.

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Wenn es nicht taugt, kann man es auch wieder bleiben lassen. Das Schöne ist, dass man keinen Aufwand und keine Kosten hat.

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Mit einem weiblichen Akt im Vordergrund wären die Bilder irgendwie noch eindrucksvoller.

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Den würde ich aber ganz sicher nicht mit den Lesern teilen.

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an nackerten schneehaserln dürfte es doch nun wahrlich keinen mangel im netz geben.

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Es geht mir nur um die Kunst, nicht was Sie denken.

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aber das meinte ich doch! was denn sonst?

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Die Alm auf Bild 4, ist das etwa der Ort, wo der Birnentopfenstrudel feilgeboten wird?

Fantastische Bilder übrigens, auch ohne Akt im Vordergrund!

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Danke.
Genau, das ist das Neureuthhaus.

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