Die Stadt der Schmerzen
Die meisten meiner Bekannten sind vollkommen normale Leute, die sich für Hausbau interessieren, Nachrichten in der Zeitung lesen, Bücher kaufen und vorhaben, eine Familie zu gründen, wenn sie es nicht schon getan haben. Wenn ich mich ihnen gegenüber sehr zurücknehme, passe ich gerade noch so in das Werteschema hinein; wobei mir zugute gehalten wird, dass ich mich sehr bemühe. Wir haben unter Gleichaltrigen eine Art Abmachung: Ich werde nicht zu deutlich, was meine Haltung zur Brüllaffenzucht angeht. Und sie versuchen nicht, ihre Idealvorstellungen mit der verbalen Brechstange durchzusetzen. Das gleiche gilt für Zuwanderung, soziale Leistungen, Modepolitiker und historiche Entwicklungen: Wir reden miteinander, nicht gegeneinander. Nicht alle sind natürlich so, aber in Bayern kann man nicht leben, ohne konservative Bekannte zu haben. Und so hält man sich Optionen offen für später, falls die Traumehe doch eine Scheidung wird. Oder ein Star der Konservativen als Müllkomet zur Erde stürzt.
Diese Bekannten haben gerade mehr oder weniger schwer zu knabbern. Dass Kohl keine Lichtgestalt war, hat sich mittlerweile weitgehend herumgesprochen. Für Berlusconi oder Haider hatte hier noch nie jemand allzu viel übrig. Guttenberg hat geteilt und war, nach meiner Beobachtung, eher kein Phänomen der Gebildeten. Sarrazin war da in Teilen schon eher gefährlich; gerade in der Frage, wie man Eliten züchtet - da hat er wirklich etwas vorgeschlagen, was so manchem bei uns im KOpf herum ging. Und alle diese Vorbilder und Ikonen haben gerade schlimme Zeiten in der öffentlichen Darstellung, die zumindest die Gebildeten zwingt, ein wenig in sich zu gehen. Das mag ich an ihnen: Dass sie nicht komplett verbohrt, sondern im Gegensatz zu früher durchaus in der Lage sind, Idealvorstellungen von Idolen zu lösen.
Insofern mag man vom leicht melancholischen Anflug in meinem neuen Beitrag bei der FAZ überrascht sein - aber so fein ich diesen Zug privat sehe, so sehr glaube ich auch, dass es wenig gegen das Schicksal und seine neuen, noch kommenden Günstlinge helfen wird.
Diese Bekannten haben gerade mehr oder weniger schwer zu knabbern. Dass Kohl keine Lichtgestalt war, hat sich mittlerweile weitgehend herumgesprochen. Für Berlusconi oder Haider hatte hier noch nie jemand allzu viel übrig. Guttenberg hat geteilt und war, nach meiner Beobachtung, eher kein Phänomen der Gebildeten. Sarrazin war da in Teilen schon eher gefährlich; gerade in der Frage, wie man Eliten züchtet - da hat er wirklich etwas vorgeschlagen, was so manchem bei uns im KOpf herum ging. Und alle diese Vorbilder und Ikonen haben gerade schlimme Zeiten in der öffentlichen Darstellung, die zumindest die Gebildeten zwingt, ein wenig in sich zu gehen. Das mag ich an ihnen: Dass sie nicht komplett verbohrt, sondern im Gegensatz zu früher durchaus in der Lage sind, Idealvorstellungen von Idolen zu lösen.
Insofern mag man vom leicht melancholischen Anflug in meinem neuen Beitrag bei der FAZ überrascht sein - aber so fein ich diesen Zug privat sehe, so sehr glaube ich auch, dass es wenig gegen das Schicksal und seine neuen, noch kommenden Günstlinge helfen wird.
donalphons, 09:21h
Sonntag, 27. Februar 2011, 09:21, von donalphons |
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egghat,
Sonntag, 27. Februar 2011, 11:06
"Das mag ich an ihnen: Dass sie nicht komplett verbohrt, sondern im Gegensatz zu früher durchaus in der Lage sind, Idealvorstellungen von Idolen zu lösen."
Tja, wenn das mehr Menschen könnten ...
Tja, wenn das mehr Menschen könnten ...
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donalphons,
Sonntag, 27. Februar 2011, 18:05
Es bleibt gerade nicht viel anderes übrig, denke ich.
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betablogg,
Sonntag, 27. Februar 2011, 15:00
...jetzt hören Sie doch endlich auf die B. und gehen Sie das Fortpflanzungsthema mutig an ! Man darf die Welt nicht kampflos den Berlusconis etc. überlassen ! Wenn Sie einmal alt sein sind, werden Sie froh sein, die Mühen auf sich genommen zu haben. (Fragen Sie doch mal Ihre Eltern - die sind doch sicher auch froh darüber, daß ihnen jemand das Holz für den Winter hackt.)
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donalphons,
Sonntag, 27. Februar 2011, 16:08
Meine Ausnahmeeltern haben einen Ausnahmesohn - aber ich wäre kein Ausnahmevater, insofern verbietet sich jeder Vergleich.
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graefrather,
Sonntag, 27. Februar 2011, 21:27
Das Sie sich das nicht zutrauen qualifiziert Sie eigentlich schon fast, wer bei einem so komplexen Thema wie der Brüllaffenzucht keine Zweifel an sich hat, ist größenwahnsinnig. Frage Er einfach mal seinen Vater ob der nicht auch Zweifel an seiner Befähigung hatte, bevor es so richtig losging.
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donalphons,
Sonntag, 27. Februar 2011, 21:32
Nein, meine Eltern hatten da nie auch nur einen Hauch von Zweifel, sie wollten Kinder.
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graefrather,
Sonntag, 27. Februar 2011, 22:08
Es ging nicht um die Frage ob man Kinder will, sondern um die Frage ob man die Brüllaffenaufzucht vernünftig hinbekommt. Allerdings waren die Vorraussetzungen in den sechziger und siebziger Jahren wohl günstiger, aber die schwere der Aufgabe reizt doch erst recht, nicht wahr! Allerdings war es sicherlich auch damals sicher nicht leicht, die Schwierigkeiten waren andere und Kinder haben war einfach üblich.
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jeeves,
Montag, 28. Februar 2011, 12:33
Angsthase!
(war ich auch, bevor dann Sohnemann Max kam. Es war dann aber schön. Ich lernte z.B. kochen, jeden Tag musste er ja was frisches zu Essen bekommen. Und nun ist Max zehn Zentimeter größer als ich und der erste in der Familiengeschichte - armer Bauern, Knechte, Hilfsarbeiter- , der studiert). Alles in allem: Hat sich gelohnt. Oder nur Glück gehabt?
(war ich auch, bevor dann Sohnemann Max kam. Es war dann aber schön. Ich lernte z.B. kochen, jeden Tag musste er ja was frisches zu Essen bekommen. Und nun ist Max zehn Zentimeter größer als ich und der erste in der Familiengeschichte - armer Bauern, Knechte, Hilfsarbeiter- , der studiert). Alles in allem: Hat sich gelohnt. Oder nur Glück gehabt?
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melursus,
Montag, 28. Februar 2011, 10:47
Danke für das Verständnis
auch wenn ich mich nicht zu Ihren Bekannten zählen darf. Als fdp-naher, konservativer Leser genieße ich Ihre Artikel. Auch die kritischen. Ergänzen möchte ich, daß zuerst die wirtschaftlichen Entwicklungen meine Zuversicht und damit mein Weltbild zittern lassen. Honeckers Rache hat mich und uns verpflichtet, auf Jahrzehnte die Schulden anderer abzuzahlen. Das gibt so zu knabbern, daß jede weitere Enttäuschung schwer zu tragen ist. Ich möchte die durchgehend "linken" Pfarrer nennen. Lang gewohnt und bisher eine leichte Irritation. Zusammen mit Köhler und Beust und und und Seehofer haben "wir" wenig zu feiern und bedürfen jeder Streicheleinheit.
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graefrather,
Montag, 28. Februar 2011, 11:50
melursus Streicheleinheiten
Heileheile Gänschen, soll ich mal pusten? Konservativ und fdp nah haben sie doch momentan die von ihnen gewünschte Traumkoalition: SCHWATZ-GELD. Also können sie sich zurücklehnen und geniessen, läuft doch alles BESTENS.
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melursus,
Montag, 28. Februar 2011, 19:57
leider nicht ironisch
aber noch nicht bitter. Ein Konservativer kann unter Merkel et. al. genauso leiden, wie jeder andere. Oder sich für Seehofer schämen. Und ich gehöre zu denen, die ein wenig zahlen können - und müssen. Noch lange und für vieles, das ich nie wollte. Also werden Streicheleinheiten gerne genommen.
Und ich möchte nicht den Verdacht aufkommen lassen, ich amüsiere mich über den edel-liberalen Don wie über einen Hofnarren. Ich genieße seine Texte und Bilder.
Und ich möchte nicht den Verdacht aufkommen lassen, ich amüsiere mich über den edel-liberalen Don wie über einen Hofnarren. Ich genieße seine Texte und Bilder.
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melursus,
Montag, 28. Februar 2011, 20:24
zum Beispiel Transferunion mit Griechenland. Ich kann nachvollziehen, wie humanistisch gebildete Staatsmänner Griechenland quasi als Ehrengründungsmitglied in die Gemeinschaft und die Agrarhilfen aufgenommen haben. Beim Euro wird es dann seltsam und bei alternativlos sehe ich schwarz.
Aber ich will nicht weiterjammern hier. Ich danke für die Einschätzung, daß konservative Bekannte auch ganz ehrenwert sein können.
Aber ich will nicht weiterjammern hier. Ich danke für die Einschätzung, daß konservative Bekannte auch ganz ehrenwert sein können.
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ilnonno,
Montag, 28. Februar 2011, 20:55
melursus, Transferunion, naja...
Kleines, sicher unzulässig vereinfachtes Beispiel: als Arbeitgeber stelle ich ein Produkt her, bezahle meine Leute und verkaufe das Produkt an jemanden, der eigentlich kein Geld hat. Griechen zum Beispiel.
Damit der Kunde mich bezahlen kann, bekommt er Kredit, von seiner Bank, die sich wiederum bei irgendjemandem finanziert.
Ich bekomme also mein Geld und lege es wieder an. Wie ist ziemlich egal, am Ende landet es bei den Schuldnern. Wo auch sonst.
Das mache ich ein paarmal, mein Kunde wird immer klammer, meine Geldanlangen werden mehr. Bis zu dem Zeitpunkt, wo der Kunde nicht mehr kann, und der Staat einspringen muss. Letztendlich nicht um den Kunden zu retten, sondern mich. Sonst wären meine schönen Papiere nichts mehr wert.
Von wo nach wo hat jetzt der Transfer stattgefunden?
Natürlich: man hätte einen Euro auch ohne Griechen und andere machen können; oder bleiben lassen. Dann wäre aber aus unseren Exporterfolgen nichts geworden.
Kleines, sicher unzulässig vereinfachtes Beispiel: als Arbeitgeber stelle ich ein Produkt her, bezahle meine Leute und verkaufe das Produkt an jemanden, der eigentlich kein Geld hat. Griechen zum Beispiel.
Damit der Kunde mich bezahlen kann, bekommt er Kredit, von seiner Bank, die sich wiederum bei irgendjemandem finanziert.
Ich bekomme also mein Geld und lege es wieder an. Wie ist ziemlich egal, am Ende landet es bei den Schuldnern. Wo auch sonst.
Das mache ich ein paarmal, mein Kunde wird immer klammer, meine Geldanlangen werden mehr. Bis zu dem Zeitpunkt, wo der Kunde nicht mehr kann, und der Staat einspringen muss. Letztendlich nicht um den Kunden zu retten, sondern mich. Sonst wären meine schönen Papiere nichts mehr wert.
Von wo nach wo hat jetzt der Transfer stattgefunden?
Natürlich: man hätte einen Euro auch ohne Griechen und andere machen können; oder bleiben lassen. Dann wäre aber aus unseren Exporterfolgen nichts geworden.
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graefrather,
Montag, 28. Februar 2011, 21:53
Es gibt selbstverständlich politisch konservative Menschen die absolut ohne Fehl und Tadel sind und sich von ihren Idealen leiten lassen und für die die Kernaussagen der zehn Gebote und der Bergpredigt für ihr Denken und Handeln Bedeutung haben. Wenn diese Dinge aber mit Füßen getreten werden und ich mich nur als Lobbyzäpfchen verstehe, egal ob bei Pharmaindustrie, Banken, Energie, Versicherungen und was weiss ich denn noch, dann können ich mich doch nicht ernsthaft über Politikverdrossenheit wundern, oder habe ich da was nicht mitgekriegt. Wobei Menschen mit Heiligenschein auch unerträglich sind, aber der Unterschied zwischen Wirbelsäule und Rückgrat sollte man schon kennen und erkennen. Und zahlen werden wir, unsere Kinder und Kindeskinder und zwar nicht nur mit Geld, denn da wird unsere Wertordnung durch eine Geldordnung esetzt und das ist eine Katastrophe.
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schauerfeld,
Montag, 28. Februar 2011, 23:20
Naja, die meisten hier werden diese Fußnote vielleicht schon kennen:
Zum Thema passend, nettes Fundstück der Guttenplagsters:
Eine Doktorarbeit zum Entscheidungskalkül korrupter Akteure wurde Preis gewürdigt:
Laudator war - na wer schon.
http://www.uni-bayreuth.de/presse/info/archiv/2009/094-058-Tanja-Rabl-Ludwig-Erhard-Preis.pdf
m(
Zum Thema passend, nettes Fundstück der Guttenplagsters:
Eine Doktorarbeit zum Entscheidungskalkül korrupter Akteure wurde Preis gewürdigt:
Laudator war - na wer schon.
http://www.uni-bayreuth.de/presse/info/archiv/2009/094-058-Tanja-Rabl-Ludwig-Erhard-Preis.pdf
m(
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schauerfeld,
Dienstag, 1. März 2011, 00:10
Das ist ja abstrus.
Zu diesem Zeitpunkt hat er schon längst ganz legal die Texte seines Büros performt.
Alles andere wäre hart am 'Bereich der üblen Nachrede' (a.a.O.).
Zu diesem Zeitpunkt hat er schon längst ganz legal die Texte seines Büros performt.
Alles andere wäre hart am 'Bereich der üblen Nachrede' (a.a.O.).
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