Sturm vor der Ruhe

Hier geht es jetzt etwas durcheinander, der Beitrag ist heute, am 18. geschrieben worden, weil gestern nicht der Tag dafür war. Weil nämlich:







Alles zuerst mal völlig normal gewesen ist. Es gibt so Tage, da geht man mit sich selbst und der Welt zufrieden auf die Runde: man sieht das nicht allein so, weder das mit Bayern noch das mit der Orientierung einer eigentlich geschätzten Partei auf zwei hirnrissige Themen namens Ponader-Schnösel-BGE und 68er-Feminismus. Lauter g'scheide Leid, sagt man sich, und draussen ist auch ein g'scheides Wetter. Wolken, Blau, Sonne, warm ist es und windig. Sehr windig. Aber das Carrera hat über den Winter die alten, originalen Velomaxlaufräder mit den hohen, scharfen Felgen bekommen, die werden den Sturm schon wie einen Radi schneiden. Dachte ich mir.







Also begann das grosse Klammern: Insekten klammern sich an Blumen, Äpfel und Aste klammern sich an Bäume, und ich klammerte mich an den Lenker. Von vorne kam das Gebläse, in etwa so, wie wenn man mit der Barchetta offen 180 fährt. Dann knallt das ähnlich um das Gesicht herum. Das macht man vielleicht mal für vier Minuten, dann geht es zurück auf gemütliche 100, oder gar nur 80.Aber hier ging es Kilometer für Kilometer, und es ging langsam dahin. Was bin ich gekrochen. Wie oft habe ich mir gesagt: Das reicht für heute. Und wie oft habe ich mich dann an den Abzweigungen vorbeigequält. Warum macht man so etwas? Weil es hier geht, im Norden dagegen wäre es scheusslich.







Und weil man auf dem Rad sitzt, das ein Weltmeister an den Nagel gehängt hat, bevor die Tour de France begann. Weil man nicht aufgeben will, weil man nicht auf so einer Kiste sitzt, um dann klein beizugeben und sich nach Hause blasen zu lassen. Dieses Rad wurde für den Kampf gegen Titanen gebaut, da wird so ein Stürmchen doch nichts ausmachen. Die flogen Berge hoch und nicht nur Hügel, die fuhren um ihr Leben und nicht nur zur Gaudi, da muss man ein Minimum an Haltung beweisen, in solchen Klickpedalen. Man tritt immer weiter, auch wenn der Körper zu warnen beginnt. Zu weit, zu schnell, die Zähne schmerzen, und bergab geht es dahin, als wäre man erst beim Aufstieg. Es ist nicht schön. Es macht keinen Spass. Aber es geht weiter.







Denn man wandelt entlang auf einem heiligen Weg. Was hätten denn all die Pilger im Mittelalter und im Rokoko sagen sollen, die haben auch nicht Mimimi gesagt, die haben ein Ziel gehabt und sich durchgebissen - und das war vor der Erderwärmung, damals war so ein Sommer schon heiss. Am Ende haben sie gebetet und gebeichtet und gespendet, und nicht im Biergarten gesessen. Die hatten die Kraft und den Willen, und gerade weil der Glauben so schräg ist, will man da als guter Atheist nicht zurückstehen, zumal man ja ein Rad hat. Ankommen ist das Mindeste, was man schaffen muss. Und deu Schlenker bei Nassenfels mitnehmen, da ist der Anstieg im Windschatten, nur um zu schauen, ob das mit dem grossen Blatt geht.







Der Biergarten war geschlossen. Aber die Kirche war toll, wie immer. Diese Tour von der Kirche, die früher zum Haus dazu gehörte, bis zu dieser vergessenen Wallfahrtskirche ist die Verbindung zwischen den beiden Kirchen, in denen ich, wenn es sein müsste und man mich ansonsten grausam und langsam zu Tode foltern wollte, kirchlich heiraten würde. Die Kirche da draussen ist zwar nicht so schon wie die bei mir, aber daneben ist ein grandioses Restaurant, und ausserdem ist die Strecke doch so schön. Und schnell ging es mit dem Rückenwind heim, so schnell, dass ich das Pochen gar nicht merkte.

Das kam erst unter der Dusche. Und wie. Tom und Jerry bis um 5 Uhr morgens, dann ins Bett und der Vorsatz, gleich in der Früh zum Arzt zu gehen. Als ich dann aufwachte, war es fast weg, das schlimme Gefühl, nur noch eine Ahnung und eine Warnung, dass es jetzt erst einmal gut ist. Erst heil werden, dann wieder radeln. Der Sturm wehte heute ohnehin aus dem Internet.Und er kam aus Berlin, und es war keine gute Luft.

Mittwoch, 18. Juli 2012, 01:04, von donalphons | |comment

 
Wunderschöne Bilder!
WürdenSie verraten, wo die Kirche steht?

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Gerne, das ist Kloster Bergen bei Neuburg, direkt am bayerischen Jakobsweg gelegen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Bergen_%28Neuburg%29

Über das "Romantik" muss man hinwegsehen, der Klosterbräu ist wirklich gut:

http://www.zum-klosterbraeu.de/

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Besten Dank.
Nach meiner Rückkehr aus L. werde ich mal einen Motorradausflug dorthin machen.

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Gern geschehen. Idealerweise verbindet man das mit einem Besuch des Neuburger Schlosses und der dortigen Gemäldegalerie. Und zum Abendessen fährt man in Pörnbach beim Bogenrieder vorbei.

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Die Gabel!
Ich bin ganz wuschig. Feine Felgen, faszinierender Rahmen. Aber diese Gabel!

Und bitte nehmen Sie den gut gemeinten Ratschlag von jemandem an, der die entscheidenden paar Jährchen älter ist als Sie: gehen Sie zum Arzt. Jetzt kommt das Alter wo hinter 2 Wochen Hochfieber und Knochenschmerzen keine verschleppte Erkältung steckt. Sondern hinter ein wenig Pochen auch mal was wirklich Unangenehmes, das das Leben merklich verkürzen kann, wenn man nichts dagegen tun. Doch, wirklich.

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Ich bin ja die Tage davor auch weite Strecken gefahren, da war das nir ein Problem, nur jetzt mit dem Wind. Im Auto habe ich immer Ibuprofen dabei, aber leider auf dem Radl nicht. Ansonsten war ich vor der Fahrt zum Erdbeben aus Sicherheitsgründen bei einem Komplettcheck, da war aber alles soweit fein. Danke für die Ermahnung, ich weiss, ich brauche das, aber heute habe ich einfach einen Tag geruht und neige schon dazu, das Nichtradeln zu bedauern.

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bitte, lieber don, bitte seien sie umsichtig. da nutzt es nichts, wenn sie sich haben durchchecken lassen vor einigen wochen, und nun nach einer fiebrigen phase fordern sie sich im übermass. intrinsische faulheit hat zuweilen ihre intrinsische klugheit. bitte unterstellen sie mir, dass meine wenigkeit ebenso gerne die signale des körpers überhört - mein bizeps vermeldet, dass er nach zwei tagen rast wieder ein wenig eisen zu sich nehmen möchte, aber die wirbelsäule argumentiert, dass man eine nacht verdammt übel lag, daher gewinnt sie -, doch lehrte mich erfahrung, dass man lieber einmal zwei wochen ruhe geben sollte, und danach den steinigen weg des wiederaufbaus und des frustes geht, als zu früh in der klinik sich wiederzufinden mit einer schlechten prognose und einer unschönen operation.
wo pocht es denn?

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Es pochte in den Kiefern. Klassische Nervenreizung wegen zu viel Fahrtwind. Kennt man als Roadsterfreund.

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nun gut, solange es im kiefer anlasslos nur ein wenig pocht.

nerven hat man überall, die benötigen zuweilen ihre zeit und funken quer.

einen tag der ruhe, und falls dies nicht nutzt, sieht der doktor einen eben noch einmal vor dem totenschein.

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Also Entwarnung. Beim Pochen hätte ich jetzt auf das Herz getippt. Mir hat ein Arzt mal gesagt, daß nicht richtig ausgeheilte Erkältungen / Grippen bei verfühter körperlicher Anstrengung das gesunde Herz erheblich angreifen. Das sei tunlichst zu vermeiden. Also besser Vorsicht als zu viel Leichtsinn.

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Dass ich vorsichtig sein muss, weiss ich dank Heuschnupfen schon längst, aber was bislang an die Substanz ging, waren die verspäteten Abreisen nach Italien 2006 und 2007. Seitdem ich konsequent jedes Jahr drei Monate unten lebe, ist eigentlich alles bestens.

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Ja. Dort unten scheint vieles besser oder zumindest erträglicher zu sein. Bald ists auch bei mir wieder soweit.

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Es ist ein wenig her, aber auch nicht so lange daß es vergessen ist. Ein Tag wie man ihn kennt, es läuft nicht rund, gestern war doch alles wunderbar. Schon 3, 4 Tage später gingen wieder 90% Belastung, es war fast vergessen. Das "fast" ist wichtig, wegen einem nichtigen Zipperleins, das sich nicht geben wollte, ging ich doch zum Arzt. Dann zum Fachmann, dann auf die Station, und alles innerhalb 2 Stunden. Und einem halben Dutzend Fachleuten, die mir sagten ich sollte froh sein daß ich noch lebte. Und warum ich denn nicht früher habe nachsehen lassen.

Das Leben kann manchmal todernst sein.

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(yep!)

(und gut, dass sie es geschafft haben!)

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