Das kann einem schon den Rennradtag verderben

Es ist gar nicht so leicht, unbeschwert über die angenehmen Dinge zu schreiben, wenn draussen gerade der erste digitale Weltkrieg der Regimes gegen die Menschen offenbar wird, und man macht sich schon so seine Gedanken, was man im Kleinen jenseits von Internettechnik so tun kann. Generell sehe ich die ganze Debatte um Computersicherheit nur begrenzt ein: Das ist so, als sagte man, schütze Deinen Besitz besser vor Einbrechern, denn die handeln mehr oder weniger mit dem Abnicken durch Deine eigenen Staatskriminellen. Man muss die Einbrecher jagen und sei es, dass Herr Obama halt in ein deutsches Guantanamo muss: Es gibt da wirklich scheussliche Gegenden mit abartigen Leuten und grausamer Folter bei jedem CSU-Parteitag.







Ernst beiseite, insgesamt dreht mir das schon etwas den Magen um. Teilweise, weil man es sich ja genau so vorstellt. Ich glaube nicht, dass sich die NSA die Mühe macht, so einen kleinen Dienst wie Blogger.de zu durchsuchen und daraus eventuell Profile zu gewinnen, weil es mit text- und bildbasierten Inhalten ohne Ordnungskriterien auch mitausgefeilten Übersetzungsprogrammen eher schwierig ist, gerade, wenn auch noch ironische Zwischentöne auftauchen. Auch Katzenbilder sind sicher nicht deren Ziel. Aber worüber ich mir wirklich Gedanken machen würde, ist Facebook und (vielleicht etwas begrenzt) Google. Denn Facebook selbst liefert das Zeug schon so strukturiert, dass man prima Programme zur Analyse drüber laufen lassen und Netzwerke extrahieren kann. Ausforschung ist auch immer eine Zeitfrage, und wie sehr man den Schnüfflern selbst in die Hände spielt.







Also, weiterhin ein klares NEIN zu sog. sozialen Netzwerken, denn ich glaube auch nicht, dass Arbeitgeber oder Kunden dergleichen weniger intensiv nutzen. Aber Bloggen? Da habe ich ja auch so meine Erfahrung gemacht, der bislang fieseste und kompetenteste Schnüffler, mit dem ich zu tun hatte, war ausgerechnet einer, der ansonsten immer gegen Überwachungskameras in der Öffentlichkeit gewesen ist. Im Prinzip macht es mir nichts aus, wenn man gewisse Bereiche nachlesen kann, wenn ich manches erzähle und nachtrage und vortäusche, so wie ich es mag.

Aber natürlich: So etwas kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Und wenn die Schweiz oder die Staaten Südamerikas klug wären, und nach einem Ersatz für Schwarzgeld oder Drogen suchten - die Welt bräuchte dringend einen sicheren Freihafen für Daten.

Samstag, 29. Juni 2013, 18:50, von donalphons | |comment

 
Digitaler Weltkrieg ist mir ein bischen sehr dick. Tatsächlich geht es vor allem darum, dass die Systeme voraussagen sollen wie wir uns verhalten werden. Die meisten Narren propagieren ihr Kaufverhalten über Kredit- und Rabattkarten selbst.

Wer für den Staat oder eher für das Großkapital gefährliche Dinge denkt und sagt, ist eh auf der Liste und auf Facebook oder Google+ bestimmt jeder selbst was er über sich preisgibt.

Tatsächlich haben wir doch immer geahnt dass wir so auspioniert werden und im Unterschied zu früher wissen wir es nun. Geändert hat sich nichts und es wird sich auch nichts ändern.

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Das wissen wir nicht erst seit jetzt, das war schon viel früher bekannt. Ich habe neulich hier einen Artikel über die Aktivitäten der NSA aus dem Jahr 1999 verlinkt und auch auf Echelon und die daran beteiligten Staaten hingewiesen.

Im Juli 2001 legte Gerhard Schmid den Bericht an das Europäische Parlament über Echelon vor, durch die Abstimmung des EU-Parlaments im November 2001 war die Existenz von Echelon dann amtlich. Der Spiegel druckte damals Schmids Rede ab.

Wer es also bislang nur geahnt, aber nicht gewusst haben will, hat entweder ein sauschlechtes Gedächtnis oder tatsächlich keine Ahnung.

Nachtrag: Der Historiker Josef Foschepoth hat 2012 ein Buch über die Abhörpraxis in der Bundesrepublik veröffentlicht. Am Freitag sendete DRadio ein Interview mit ihm. Er glaubt übrigens nicht so recht daran, dass die Bundesregierung nichts von Prism und Tempora wusste.

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Das stimmt, aber die Existenz von Geheimverträgen mit den Alliierten (die mit den 2+4-Verträgen nicht außer Kraft gesetzt sind), wurde zu dem Zeitpunkt allenfalls von Reichsdeutschen und anderen Verschwörungstheoretikern behauptet.

Wie fefe neulich richtig schrieb, es sei schon frappierend, was alles lange als VT gehandelt wurde und sich dann irgendwann doch bestätigte.

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An die letzte große "Abhöraffäre" und wie sie endete, kann ich mich recht gut erinnern.

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/1882019/

Auch wenn bei der NSA-Affäre die Vorzeichen umgedreht und die Dimensionen ganz andere sind, hoffe ich nur noch nicht bald lesen zu müssen, "Snowden auf dem Flug nach Südamerika im Waschbecken einer Flugzeugtoilette ertrunken".

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Bei Echelon und anderen Vorgängersystemen war es doch so, dass diese -vielleicht- alles an Informationen, aber eben nicht alle Informationen abgreifen konnten. Daher musste man sich auf ausgewählte Ziele und Medien mit möglichst hoher Informationsdichte beschränken. Zudem war sehr viel Information nur in analoger Form verfügbar und damit aus Sicht eines Computersystems unstrukturiert. Die normative Kraft des Faktischen, insbesondere der Limitationen die sich aus Prozessorleistung und Speicher ergaben, sorgten dafür, dass die tiefen Grundrechtseingriffe zu denen diese Systeme fähig sind, als noch tolerierbar empfunden wurden. Ich meine, das ist zumindest eine vertretbare Position, auch wenn ich sie nicht teile.

Heute leben wir aber in Zeiten, in denen man relativ günstig Speicher im Petabyte-Bereich kaufen kann. Der Preis eines Einfamilienhauses am See dürfte dafür locker reichen. Facebook hat wohl mal veröffentlich, dass sie um die 250 Petabytes an Daten haben. Die NSA will ihr Datacenter mit Kapazität im Yottabyte-Bereich ausstatten - ein Yottabyte ist, wenn ich das richtig verstehe, 1 Mrd. Petabytes. Und man hat mit Hochleistungs-DSPs, Clustertechnologien, Hadoop usw. auch die Tools dafür, diese Datenmengen auszuwerten.
Zudem liegen heute sehr viele Informationen nicht nur digital sondern auch strukturiert vor. Das sind ganz andere Rahmenbedingungen als ein paar Schlapphüte, die am Telefonkabel lauschen.
Volkswirtschaftlich macht der Aufwand ohnehin keinen Sinn. Da müssten schon ganze Flugzeugflotten in Hochhäuser stürzen, damit man auch nur annähernd so viel Opfer bekommt, wie durch freie Waffenverfügbarkeit und die Verbrechen im Inland, oder durch die im Ausland geführten Kriege entsteht.

"Cui bono" ist also die Frage der Stunde, die Terroristenabwehr ist es jedenfalls nicht.
Und dass in den Regierungen quer durch alle Länder durchweg jedes Verständnis für Freiheits- und Grundrechte fehlt, sofern es den Machterhalt gefährdet oder das durchregieren stört, ist ja bekannt.

Vielleicht ist es aber im Grunde "nur" Dummheit gepaart mit gewissenloser Gier nach Staatsknete. An so einem Überwachungssystem welches Machtphantasien von Würstchenpolitikern wie unserem Innenminister bedient, verdienen sehr viele Leute sehr gut, sei es durch Umsätze beim Verkauf oder der Beratung, oder gleich durch sichere Posten. Denn die Geheimdienste dürften recht sichere Arbeitsplätze bieten, insbesondere in der Krise.

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@ mark: Egon Bahr schrieb 2009 in der "Zeit" über die Zusatzabkommen:

Ein hoher Beamter hatte ihm [Willy Brandt] drei Briefe zur Unterschrift vorgelegt. Jeweils an die Botschafter der drei Mächte – der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Großbritanniens – in ihrer Eigenschaft als Hohe Kommissare gerichtet. Damit sollte er zustimmend bestätigen, was die Militärgouverneure in ihrem Genehmigungsschreiben zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949 an verbindlichen Vorbehalten gemacht hatten. Als Inhaber der unkündbaren Siegerrechte für Deutschland als Ganzes und Berlin hatten sie diejenigen Artikel des Grundgesetzes suspendiert, also außer Kraft gesetzt, die sie als Einschränkung ihrer Verfügungshoheit verstanden.

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@ greenbowlerhat: Die Echelon-Radome in Bad Aibling konnten meines Wissens nur Informationen, die über Satellit oder Richtfunkstrecken übermittelt wurden, abhören. Also gerade keine Telefonkabel. ;-)
Als die Radome 2004 aufgegeben wurden, errichteten die Amerikaner stattdessen welche in Darmstadt, sie gehörten zum "Dagger Complex", der bis 2008 betrieben wurde. Dort war die die 66th Military Intelligence Brigade stationiert, das ist der militärische Nachrichtendienst der US Army. Man darf wohl davon ausgehen, dass die damals auch schon die jeweils neueste Technik besaßen.

Nachtrag: Laut diesem c't-Artikel vom Mai 1998 galten die Radome in Bad Aibling bis 1995 ganz offiziell als Einrichtung der NSA.

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big data
"Ich glaube nicht, dass sich die NSA die Mühe macht, so einen kleinen Dienst wie Blogger.de zu durchsuchen und daraus eventuell Profile zu gewinnen[...]"

Ich werf mal als Stichwort die Überschrift hier rein: big data bedeutet so viel wie: Speicher alles was du kriegen kannst und lass dann deine Algos drauf los, die darin bestimmte Muster finden und verknüpfen sollen (und das auch "prima" tun, nur verstehen die leider weder Spass noch Ironie). Sprachliche Barrieren dürften bei solch exorbitanten Budges praktisch auch nicht existieren.

Also fühl dich mal nicht so sicher hier... ;-)

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was machen iegentlich die ganzen militias in den USA ? die haben da ein volk unter kriegswaffen, gespickt mit bibel und (berechtigter) staatsparanoia und die sitzen nur weiter in ihren campingstühlen und werden noch fetter?

gibt es dort eigentlich schon oversize abzugsysteme für das wurstfingersyndrom ?

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Der heutige FAZartikel
trifft es genau. Schade eigentlich, daß Mogst wos dem Heilsbringer&Friedensnobelpreisträger nicht ins Gesicht gesagt werden kann.
Ich bleibe bei meiner tiefen Sympathie für die Amerikaner (Menschen).

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auch so ne haltung die ich nicht verstehe. wie kann man 280mio menschen mögen ? klar, gibt bestimmt auch nette menschen da, bei manchen hatte ich auch schon das glück sie kennenzulernen ... aber so ne globalkategorie aufzumachen ?
is ja nicht so, dass es nicht innerhalb der USA schon diverse mentalitäten gäbe. von individuellen eigenschaften mal ganz abgesehen ...

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@rollproll ich bin halt kein homo oeconomicus. Ich durfte über längere Zeit eine gewisse Zahl Amis kennen lernen und war und bin begeistert. Ob ich meine Erfahrungen zu recht verallgemeinere? Bankster hae ich nicht kennengelernt und keine hoodlums und dealer auch nicht. drei Autos habe ich gekauft und würde die US-Autohändler als so blöd wie die deutschen einstufen.

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