Dirt Picture Contest - Verschwendete Schönheit.

Der Wagen des Wohnungsbesitzers, das Haus und die Reste der "Restaurierung"



Zersägte Türrahmen in handlichen Stücken; sehr massiv, es war nicht leicht, sie zu zerlegen. Dazu sauber gestapelte Fenster.



Die Flügeltüren, schlank und elegant, mit wunderbaren Kasetten: Nach 90 Jahren sind sie immer noch gerade und ebenmässig, das Glas ist in perfekten Zustand.



Die Fenster sind gut gepflegt und sauber gestrichen. Hier waren keine Pfuscher am Werk, und jemand hat immer dafür gesorgt, dass die Gläser auch penibel sauber blieben.



Selbst die mitunter sensiblen Kanneluren der Rahmen sind einwandfrei erhalten. Die Riegel passen genau in die Nuten und sind immer noch leichtgängig.



Die Griffe sind alle noch dran. Sie sind aus schwerem Messing und würden sicher auch noch 300, 400 Jahre halten, nur die Fenster wären in 100 bis 150 Jahren doch reif für den Austausch - vielleicht.



Nur werden sie hier nie die Möglichkeit bekommen, ihre Qualität zu beweisen. Statt dessen werden jetzt gesichtslose Fensterflächen Löcher in die Fassade sprengen, wo früher die Augen des Hauses waren.



Ich habe das alles ziemlich auffällig photographiert. So auffällig, das nach einer Viertel Stunde der Besitzer der Wohnung runterkam und wissen wollte, was ich da tue. Ich sagte ihm, dass ich die Fenster schön finde, und er meinte, wenn ich wollte, könnte ich sie ja mitnehmen.

Es gibt in Berlin einen gewissen Herrn Haidar. Herr Haidar ist ein leicht rundlicher Libanese mit vier Söhnen, und Spezialist für alte Baumaterialien. Sein Bruder wiederum ist Spezialist für Teppiche, daher kenne ich den Clan. In der Regel verkaufen sie solche Fenster und Türen nach Norddeutschland, dort zahlt man dafür, mit Thermogläsern versehen, horrende Preise. 1500 Euro für eines. Was immer noch billig ist gegen nachgemachte Fenster, die schnell bis zu 3000 Euro kosten - ohne historische Beschläge. Herr Haidar brauchte nur zehn Minuten, um mit seinem weissen Lieferwagen zu kommen.

Die Geschichte geht für Hamburg gut aus, aber Berlin möchte man für solche Erlebnisse ins Gesicht spucken.

Donnerstag, 17. November 2005, 09:16, von donalphons | |comment

 
Da kann ich Dir aber am Beispiel des Altbaus in dem wir wohnen mal ein paar Bilder schicken, bei denen die Geschichte für Hamburg hundsmiserabel ausgeht. Volles Programm: Jugendstil-Deko von den Hauswänden gehauen, sprossenfreie Kunststoffenster, Aluminium-Hauseingang, you name it. Wir konnten den Vermieter gerade noch daran hindern, den (leider stillgelegten, aber vermutlich schwer wertvollen) Kachelofen vom Maurer kaputtschlagen zu lassen.

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Du kannst Dir den Atem sparen. Wenn Don über Berlin schreibt, geht es doch nicht um verblichene Pracht, verkannte Schätze und so was. Da geht es nur ums bloße Bashing.

Denn wer eineinhalb Jahre in der Stadt gelebt hat und sich auch nur ein bißchen für "alten Plunder" interessiert, der weiß genau, dass auch in Berlin in dieser Beziehung viele Uhren anders ticken.
Hier gibt es mindestens ein Dutzend Läden für antikes Baumaterial, auf dem Flohmarkt am 17. Juni beispielsweise werden alte Türgriffe etc. waschkorbweise verkauft und (von steueroptimierenden, nach § 7 e "investiernden" Altbundesbürgern bis zum get-no verschandelten) Häuser werden wieder aufgestuckt und so weiter.

Aber sowas interessiert natürlich nur in bayerischen Kleinstädten, weils woanders nicht in den geistigen Holzschnitt passt.

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@schallundrauch: Ahoi, lange nicht mehr getroffen!

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Auch Ahoi!

Das liegt in hauptsächlich an Dons momentaner Schreibe, bei der mir regelmäßig das Messer in der Tasche aufgeht.

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@ s+r: Twoday hat nette Blogs, da kann man sachen schreiben, bei denen das messer zu bleibt - das nur am Rande. Komisch, hast Du nicht den letzten Absatz gelesen? Fam. Haidar ist am 17. Juni, nur geht eben das meiste Richtung Westen - etwa, weil der Kaltenbrunner in München ein mehrfaches verlangt. Kauft irgendein Berliner am 17. Juni ein? Es sind Kisten, weil es in Berlin dank solcher Sanierungen ein unglaubliches Überangebot gibt. Was meinen Lieblingsladen für derlei Dinge in Kreuzberg dummerweise vor einem Jahr in den Ruin getrieben hat.

Ich persönlich habe in einem der wenigen Vorzeigeobjekte gewohnt. Vorzeigeobjekte deshalb, weil aussenrum entweder schon alles platt war oder Richtung Brachialsanierung vor sich hinmoderte, und weil es das Familieneigentum des Besitzers seit 3 Generationen war. Der Mann wusste, was er tat. Aber sonst würde ich mal raten, mit offenen Augen durch die Stadt zu fahren. Einfach mal gucken. Ohne Holzschnitt.

@ herrner: Es gibt überall Deppen. Es ist in jedem Stadt und in jedem Dorf ein Kampf, es geht um Häuser, Zimmer, Dielen und Türstöcke, und er geht zu oft verloren. Aber ich sehe, dass es sich in den letzten 10 jahren, seit ich aktiv Baudenkmäler saniere, bei uns einen kompletten Wandel gab. Niemand würde hier unseren Komplex heute noch als "oide Kalupn" bezeichnen. Wenn ein denkmalgeschütztes Haus, wie hier vor 2 Jahren passiert, entkernt wird, gibt es einen halben Volksaufstand und wochenlang Leserbriefe. Wir haben hier eine florierende Baubranche, die nichts ausser Denkmälern macht. The tide is turning, dank des Umstandes, dass es hier eben nicht allen scheissegal ist, wenn jemand "heiss" saniert. Ind das, obwohl es in der armen bayerischen Provinz in der Regel nur wenig gab, was mit der Berliner Qualität vor 1900 mithalten konnte.

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Das mit den 'offenen Augen' gerade von Dir und in Bezug auf Berlin zu hören, ist schon funny. War ich doch bislang der Meinung, in Deinen würde 400-jährige Donaueiche stecken.
Da bin ich ja schon schwer gespannt auf die wohl noch kommenden Bilder von Ingolstädter Stadtpalästen mit Plastikfen stern und Wintergärten etc.

Danke für den Tipp mit twoday. Vielleicht sollte ich mir wirklich überlegen, woanders weiterzulesen. Denn Du kannst ja offensichtlich wesentlich besser austeilen als einstecken.

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"Denn Du kannst ja offensichtlich wesentlich besser austeilen als einstecken."

Nimm´s mir nicht übel, aber man lernt gut austeilen vor allem durch gutes Austeilen und nicht durch das Einstecken. Was erwartest Du? Dass ich Dir recht gebe, um des lieben Friedens willen? Ich sehe nun mal graierende Unterschiede. Ich jammere auch nicht, wenn sich jemand hinstellt und die schönsten Berliner Altbauten postet, nur ändert das kein Jota an dem, was da auf der Strasse liegt, und keinen Jota an dem, was ich hier gerade im Staub mache. Ich kann gut mit natürlichem Zerfall leben, das gehört dazu, aber hier geht es um mutwillige, sinnlose Zerstörung. Und das ärgert mich. Andere würden vielleicht mit ihrer Freundin streiten oder mit 250Sachen Omas von der Autobahn drängeln, ich blogge es halt.

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was geht denn...?
moin!

was geht denn hier ab? mal abgesehen davon, daß ich als neuberliner eine gewisse ambivalenz in den gefühlen gegenüber berlin vollkommen nachvollziehen kann (was für eine hässliche, aggressive, beschissene, aber auch erstaunliche, interessante stadt...), finde ich derlei umgangsformen doch interessant. ziemlich kindisch @schallundrauch. warum machst du sowas? nun, egal, basht euch weiter, ich lese und staune... (ich bin ja auch nicht frei von unüberlegten gefühlsausbrüchen, zugegeben...)

was den modernitätswahn angeht: eine schande, wirklich eine schande.

gruß,
asleif

p.s.: btw ein wenig eigenwerbung: man fühle sich eingeladen zur vernissage am 26.11.2005 ab 20 uhr im l'escargot in berlin-wedding. mehr infos unter http://www.comcarte.net - sorry, ich mache sowas das erste mal... :) jedenfalls ist der don alphonso hiermit als ehrengast eingeladen, ich habe ihn nämlich zu pr-zwecken missbraucht.

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Für das l'escargot ist hier doch immer ein Plätzchen, zumal es doch Wedding ist.

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moin, don alphonso!

du kommst also am samstag? würde mich sehr freuen!

gruss,
asleif

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Nein, ich bin leider im Süden der Republik, aber Anfang Dezember bin ich dann in Berlin und natürlich dann auch im Wedding.

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na, dann schau doch mal vorbei! einfach am tresen nach "rico" fragen... :)

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Hätte gern Kontakt zum Herrn Haidar.
Meine Fenster müssen in vielleicht schon in 15 Jahren erneuert werden und wenn zufällig was im selben Maß auf Halde steht...
Außerdem brauchen ich für meine derzeitigen Fenster ein paar Oliven 4,3 cm Lochabstand 7mm Vierkant.
Der Voreigentümer hat an diese schönen alten Doppelkastenfenster ekelige 80er Jahre Griffe dran gemacht die auch eine viel zu große Hebelwirkung haben und bei Unachtsamkeit (meiner Kinder) den Verschlussmechanismus ganz schön in Anspruch nehmen was auf Dauer sicher nicht so gut ist.....
Vielleicht könnt Ihr dem Herrn Haidar ja meine email weiterleiten und er kann sich melden falls er interesse hat.

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