: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 17. November 2005

Sehr zu empfehlen - Chiaroscuro del MMV

Ein paar Kratzer, und schon kann man alle Theorien zur frühen Baugeschichte umwerfen. Unter der Tapete ist Mauerwerk von 1600, und das an einer Stelle, wo es eigentlich niemand erwartet hätte.



Denn im Putz zeichnet sich deutlich eine vermauerte, breite Renaissancetür ab, zweiflüglig und mit einem Segmentbogen, der in Höhe und Rundung genau zu den eindeutig datierten Fensterlaibungen passt. Schluss mit Kratzen und Spachteln, jetzt steht Bauaufnahme an. Und vorsichtiges Abtragen alter Putz- und Malschichten, denn da drunter könnte ja noch was kommen. Seccomalerei, imitierte Steinquader wie im Erdgeschoss. Oder auch noch was Besseres. Was die Arbeiten allerdings um ein, zwei Monate zurückwerfen kann.



Der Glanz ist lang vergangen. In die Mitte hat man dann eine normale Tür eingesetzt, irgendwann in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Ganze ist insofern eine Überaschung, als alle bisher davon ausgegangen sind, dass der erste Stock nach 1650/60 eine einzige grosse Halle für die Bibliothek des Collegiums war. Offensichtlich hat man aber doch Teile der Innenbebauung stehen gelassen. Einen ähnlichen Bogen haben wir auch im Erdgeschoss, dort durchbricht er die originale Mauer des Vorgängerbaus und die Wandmalerei des späten Mittelalters.

Seit 10 Jahren beschäftige ich mich jetzt mit dem Haus, aber ich komme nie aus dem Staunen heraus. Es ist nicht ganz leicht, mit so einem Befund umzugehen; im ersten Moment ist da natürlich der Impuls, den imposanten 1600er Originalzustand wiederherzustellen. Allerdings hiesse das, spätere Veränderungen zu vernichten, zugunsten eines Zustandes, der ohnehin im ganzen Haus nicht mehr realisierbar ist. Es bleibt also bei der Bewahrung des aufgehenden Mauerwerks zu dem Zeitpunkt, da der Clan das Haus übernommen hat.

Trotzdem, so eine grosse Flügeltür ins kommende Schlafzimmer in Richtung Lotterbett, das wäre schon was gewesen.

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Dirt Picture Contest - Es gibt kein Recht auf Hässlich

Das Problem an Berlin ist nicht, dass es hässlich ist, oder arm, oder kaputt. All das intendiert einen Zustand, ein Schicksal, einen unabänderlichen Niedergang. Damit könnte man leben, und Berlin hat sich in dieser Realitätskonstruktion eine gute Entschuldigung geschaffen. Das eigentliche Problem ist aber, dass es nicht stimmt. Die Hässlichkeit von Berlin ist selbstgemacht, gezielt durchgeführt und verübt an einer Stadt, die ihre schönen Details und die verbliebenen Zeugnisse früherer Grösse ausmerzt wie ein Teenager die Pickel.



Ein Click auf das Bild klärt auf. Manches kann man beklagen oder bedauern, aber die Berliner sollte man nur verachten für das, was sie aus ihrem Slum machen.

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