Sonntäglicher Tortenstau

Oft, meist, aber gerade in der Zeit vor diesem christlistischen Ramadan-Fest da meint die hiesige Oberschicht ihre Blagen zu notorischen Fressern erziehen zu müssen, anders ist der Kinderwagenstau vor der Tortenvitrine nicht zu erklären.

Andererseits: Nur so, früh und rechtzeitig, mästet man die zufriedenen, mit sich immer im Reinen befindlichen Bewahrer der langen Tradition der anständigen Bürger. Die dann auch selbst wiederum die eigenen Kinder hier die Auslagen mit klebrigen Fingern befummeln lassen, um sich das Zeug rauszusuchen, das ganz sicher besonders matschige Flecken auf der Tischdecke hinterlässt. Nein, Diät und Tischsitten haben in den besseren Familien keine Grundlage, und Kulleraugen und Fettglasur schimmern schleimig um die Wette. Allenfalls frühe Herzverfettungstode können hier das Gerede vom wegsterbenden, vermehrungsverweigernden Deutschtum plausibel machen. Genervtsein von so viel gequollenem Nachwuchs reicht da weder für den eigenen Tod noch für das Niedermetzeln der anderen aus.

Sonntag, 27. November 2005, 23:01, von donalphons | |comment

 
100g Dresdner Christstollen: 450 kcal.

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Es hat zwar schon geschneit, aber eigentlich ist es für Stollen doch noch echt zu früh, genau so wie das ganze andere Weihnachts-Hüftgold, mit dem man schon in jedem Supermarkt auf Grabbeltischen penetriert wird.

Wobei: Nichts gegen Dinge die aus Dresden stammen!

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... Komm, süßer Tod, komm, selge Ruh!

mir will aber auch partout keine Situation einfallen in der J.S. Bach nicht helfen koennte ...

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Äh, wieso "J. S."? Der heißt mit Vornamen doch Dirk.

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*klugscheiß* heißt es nicht 'komm süßes kreuz'? singt j. hader jedenfalls in dem FILM 'komm süßer tod' (sehr schön, übrigens, der film). wenn ich grad dabei bin: irgendwie zeigen die deutschen ein echtes anti-talent was das filmemachen angeht; immer ein bischen zu hollywood-treu & nach dem motto: wir hätten gern einen star, na gut ein sternchen (siehe: t. schweiger, f. potente, k. riemann etc). guck auch (verhältnismäßig) viel nachwuchszeug, indie-zeug, aber dass ist dann immer so gezwungen, irgendwie. hat jemand ein gegenbeispiel? lass mich gern eines besseren belehren! sorry, musst ich mal anprangern ;)

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.. mal schnell zum Bachwerkeverzeichnis gegriffen - und siehe da:
BWV 478
Komm süßer Tod, komm selge Ruh!

Komm süßer Tod, komm selge Ruh!
Komm, führe mich in Friede,
weil ich der Welt bin müde,
komm, ich wart auf dich,
komm bald und führe mich,
drück mir die Augen zu
Komm selge Ruh!

Komm süßer Tod, komm selge Ruh!
Im Himmel ist es besser,
da alle Lust viel größer,
drum bin ich jederzeit
schon zum Valet bereit,
ich schließ die Augen zu.
Komm selge Ruh!

Komm süßer Tod, komm selge Ruh!
O Welt, du Marterkammer,
ach! bleib mit deinem Jammer,
auf dieser Trauerwelt,
der Himmel mir gefällt,
der Tod bringt mich darzu.
Komm selge Ruh!

Komm süßer Tod, komm selge Ruh!
O, dass ich doch schon wär
Dort bei der Engel Heer,.
Aus dieser schwarzen Welt
Ins blaue Sternenzelt,
hin nach dem Himmel zu.
O selge Ruh!

Komm süßer Tod, komm selge Ruh!
Ich will nun Jesum sehen
Und bei den Engeln stehen.
Es ist nunmehr vollbracht,
drum Welt zu guter Nacht,
mein Augen sind schon zu.
Komm selge Ruh!

... und jetzt will ich hier nix mehr hoeren (auch nicht aus der etappe ...)

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deutsche filme - gegenbeispiel
kam in der ARD am 25.11. 23.30 uhr,
"Wir" sehr dicht mit 10 bis 15 hauptrollen. - ist zwar eher bärlin der späten 90er mit problemen von mit20ern - aber gut gemacht vom handwerk (kamera, licht...) und vom inhalt.

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Es mangelt m.E. weniger an guten deutschen Filmen als an deren Wahrnehmung durch das Publikum.

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Der letzte gute dt. Film war "Last Exit Brooklyn", dazu noch ein paar von den Faßbinder-Sachen, und, vielleicht, "Herz aus Glas".
Aber sonst? Wenn ich mir da beispielsweise die sog. Komödien ansehe, "Rossini" etc, da muß man doch sagen, sie können es einfach nicht.

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... ja, ja frueher war alles besser.

Darf ich mir jetzt noch ein paar Geschichten von der Ostfront wuenschen? Und koenntet Ihr ein paar Landserlieder dazu summen? ginge das?

Aria: Sooft ich meine Tobackspfeife ... BWV 515(a)

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Naziliedvorträger wie die Zittersau haben hier kein langes Leben. Aber ihr könnt ja gerne darüber reden, dass Frankreich seine Qualität gehalten hat, im Gegensatz zu Hollywood.

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Stimmt - bei Eric Rohmer wird gelabert, gelabert und noch mal gelabert in gleichbleibender Intensitaet und Qualitaet, jahrein, jahraus ... (und die bretonischen Landschaften halten auch das Niveau)

Schweiget stille, plaudert nicht ... BWV 211

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@che: Ja, genau so ist es. Bei deutschen Filmen schwebt ja immer schon automatisch diese billige Kritik des ›Hollywood-Vergleichs‹ im Raum, evtl. sollte man da doch mehr in den indipendent Bereich schielen, und sich nicht an den großen Projekten festhalten. Schade nur das jetzt durch die radikalen Streichungs-Politik der deutsche Film wohl auf der Strecke bleiben wird (vor allem die kleinen Projekte).

@don: Zur (vergangenen?) Stimmung dort würde ja »La Haine« passen. Aber in Deutschland kennt man wohl eher nur so Sachen wie »Balduin der Kinderschreck« oder »Pink Panther« …

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Ach, deutsche Filme, da gibt es doch die eine oder andere Perle - Oskar Roehler macht großartige Sachen, auch der letztjährig über die Berlinale gelaufene "Muxmäuschenstill" war wirklich sehr gut.

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Geschichten von der Ostfront passen nicht schlecht zum Thema Film, da die Nazis die dt. Filmkultur endgültig ruinierten, wovon sie sich bis heute nicht erholt hat.
Früher war nicht alles besser, aber der deutsche Film schon.

Bis dahin nämlich, aber jedenfalls bis Wk1, sah die internationale Filmszene so aus: No. 1 D, dann eine Weile nichts, dann Frankreich, dann überhaupt nichts mehr, jedenfalls nichts, was den Begriff des Filmischen im emphatischen Sinn verdient hätte.

Während die Franzosen, da stimme ich Don zu, bis heute durchgängig Wunderbares erzeugen, sackte hierzulande der Film nach 45 (Ausnahme: "Die Mörder sind unter uns") noch unter das Niveau mancher Produkte zwischen 33 und 45: Der sog. Heimatfilm, unsägliche Plotten mit Peter Alexander et al, Thoma-Verhunzungen mit Sepp Maier, Schrecknisse, die sich "Karl May-Verfilmung" nannten, und das noch, qua Filmförderung, zu Lasten des Steuerzahlers.

Und was Deine schlechte Laune betrifft, fb, so möchtest Du sie bitte künftig an Deiner Frau auslassen. Dafür ist die nämlich da.

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@noergler: "Ich bin in mir vergnuegt" ... BWV 204
(insofern eine leichte Missinterpretation)

@modeste: Nun ja - Kumpel B. der als Inhaber eines alteingessenen Kinos im Grossraum Heidelberg (aka ausreichende Intelektuellenkonzentration) mit dem Herzeigen von allerlei Filmkunstwerk seine Broetchen verdient, meint auf Nachfrage finanziell waere Muxmaeuschenstill ein arges Desaster gewesen, insofern haben wir hier so eine Art Kunstperle .... ein altes Dilemma

er findet den Streifen allerdings auch qualitativ nicht besonders herausragend ... aber das ist wohl eine Geschmacksfrage

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Ja, über den Film gingen die Meinungen ziemlich aseinander, ich kenne auch einen Haufen Leute, die ganz und gar nicht angetan waren, aber eigentlich niemanden, der den Film keiner Diskussion wert fand. Das ist doch mehr, als man meistens sagen kann.

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Na ja, Alexander Kluges "Abschied von gestern", Schlöndorffs "Die Fälschung", Rainer Erlers "Fleisch" und "Ein Guru kommt", "Die längste Sekunde", "Killing Cars", den Atommüll-Thriller "Im Zeichen des Kreuzes", den Tatort "Im Herzen Eiszeit" (um ein paar Beispiele zu nennen) würde ich schon als gute Filme bezeichnen.


Ich finde auch nicht jede neuere deutsche Filmkomödie unbedingt schlecht, so weiß ich nicht, wieso "Allein unter Frauen" oder "Nur über meine Leiche" schlechter sein sollen als "Kleine Morde unter Freunden" oder "Trainspotting". Das ist natürlich schon eine ganz andere Kategorie, witzige Filme ohne tiefschürfenden Anspruch eben, was durchaus auch seine Existenzberechtigung hat.
Der Film als großes Kunstwerk mit Weltgeste ist jedoch, da gebe ich dem Nörgler recht, in Deutschland nicht mehr so zuhause wie zu Zeiten eines Lubitsch oder Lang.

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"Fleisch für Dr. Jackson" - oh ja - der hatte was. Für solche Filme findet sich aber auch bei 167 Fernsehprogrammen nur alle 10 Jahre mal ein Sendeplatz weit nach Mitternacht.

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Und es gab eine Zeit, da war das zumindest im Dritten zu manierlichen Zeiten zu sehen, ebenso wie "Weekend", "Außer Atem" oder "Themrock".

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Schon richtig, Che, über die Jahrzehnte hat sich eine Anzahl interessanter - regelbestätigender - Ausnahmen angesammelt.

@ "Kunstwerk mit Weltgeste". Ich meinte nicht die inhaltliche Geste. Wenn ich vom 'Filmischen' spreche, meine ich damit Kamera, Licht und Schnitt, den dies ist ja die wesentlich filmische Form.

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dies und das
generell könnten viele deutsche filme der letzten zeit eben doch nur als fernsehfilme durchgehen; gutes beispiel dafür wäre 'bella martha'. aber noch gibts ja auch tykwer, becker, dresen.
die eben auch das zeug zum großen film mitbringen. warum nicht auch pure unterhaltung ?

schauspielermäßig ist doch eine gewisse flaute und es tut einfach weh wenn makatsch zu singen meint und die potente an die wand gespielt wird. von schweiger gar nicht mal anzufangen. geb mir den diehl in fast jedem film.

ich bekomme immer lachanfälle, wenn die schauspieler anfangen "ich war auch auf der straßberg-school in new york" . jaja, videos schauen mit alten übungen des verstorbenen. schon klar.

es gilt wohl immer noch:
können kommt von machen, machen kommt von wollen.

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