Graugelb auf der grünen Wiese
Der Zerfall hat längst begonnen. Es ist weniger die verwitterte Farbe auf dem Betonkoloss, es sind die kleinen Schäden, die in ein, zwei Jahren so grosse Kosten verursachen werden, dass sich jede Restaurierung nicht mehr lohnt
Das Vordach etwa müsste dringend repariert werden. Wenn hier das Wasser eindringt, müssen weite Bereiche saniert werden. Natürlich nur, wenn man es ernsthaft als Konsumtempel nutzen will. Wahrscheinlicher ist aber, dass es noch eine Weile als Lagerhaus verwendet wird, wenn überhaupt.
Beim Auszug scheint man nicht sonderlich ordentlich gearbeitet zu haben. Wo immer man zwischen den verklebten Fenstern ins Innere sieht, liegt noch Müll herum, mitunter auch Werkzeuge, Möbeltrümmer und an einer Stelle auch noch das Material der Tischlerei. Das Haus war früher gar nicht schlecht und hatte durchaus hochwertige Möbel - also das, was heute kaum mehr geht.
Die Hausecke bei der Anlieferung wurde am Ende ziemlich stark beschädigt. Es gehört schon was dazu, die Platten so zu zertrümmern und zu durchschlagen. Ein banaler LKW war das eher nicht, vielleicht sind auch schon Vandalen am Werk.
Wo die Verkleidung weggebrochen ist, sieht man die Bauweise des Konsumtempels: Viel Show, wenig Aufwand. Kein Haus für die Ewigkeit, sondern für den schnellen Profit. Es war von Anfang an klar, dass das Gebäude keine 100 Jahre stehen wird.
In den Fenstern der Rolltore sind zwei Zettel. Auf dem einem steht etwas auf russisch, dem anderen, verbogenen Zettel kann man entnehmen, dass die früher hier ansässige Firma nicht mehr hier ist. Es hat also wohl nach der Aufgabe des Möbelmarktes noch eine Zwischennutzung gegeben.
Neben dem früheren Personaleingang sind grosse Platten mit Gewalt herausgebrochen worden. Vielleicht Spuren eines Einbruchs, vielleicht aber auch nur normaler Zerfall. Das Material ist nicht besonders dauerhaft, wie meistens in solchen Fällen, und die Mall, die in der Nähe steht, wird in 20 Jahren vielleicht ganz ähnliche Schäden aufweisen.
Hier jedenfalls werden die grossen Tore der Warenabholung noch lange verschlossen bleiben. Das, was durch diese Tore ging, ist wahrscheinlich auch schon wieder beim Sperrmüll gelandet. Denn auch dieses Haus hat später der Invasion der Spanplatten in den Möbelbau nicht wiederstanden.
Zwischenzeitlich wurde das Gebäude auch aufgehübscht, und die Verkleidung mit Kacheln abgeschlagen. Die Reste der Verkleidung finden sich jetzt im Kiesbett, das den Weg um den Komplex säumt.
Hier ging es hinauf zur Leitungsebene der Firma. Von da oben hat man einen mässig schönen Ausblick auf ein mittelaltes Gewerbegebiet, das sich in Richtung Stadt bis zur glitzernden neuen Mall erstreckt, unterbrochen von einer kleinen Toskanapestsiedlung. Auf der anderen Seite war früher das Dorf, aber abgesehen von ein paar Höfen ist davon nichts erhalten. Als der Komplex errichtet wurde, waren gegenüber noch Äcker, jetzt steht dort ein Lager.
Beim Ausräumen ging wahrscheinlich dieser Tisch zu Bruch. Man hat sich nicht die Mühe gemacht, ihn wegzuräumen, schliesslich lockte woanders das Neue, Unverbrauchte, und hier hinten kommt sowieso kaum einer vorbei.
Und so steht der Komplex weiter inmitten eines Gewerbegebietes, dessen Kern er einmal war, und wartet auf Mieter. Oder den Zerfall und die Abrissbirne. Damit Platz ist für ein neues, todschickes, glänzendes Stahlgebäude, das in 30 Jahren viel schneller und einfacher zu entsorgen ist als dieser Betonhaufen.
Das Vordach etwa müsste dringend repariert werden. Wenn hier das Wasser eindringt, müssen weite Bereiche saniert werden. Natürlich nur, wenn man es ernsthaft als Konsumtempel nutzen will. Wahrscheinlicher ist aber, dass es noch eine Weile als Lagerhaus verwendet wird, wenn überhaupt.
Beim Auszug scheint man nicht sonderlich ordentlich gearbeitet zu haben. Wo immer man zwischen den verklebten Fenstern ins Innere sieht, liegt noch Müll herum, mitunter auch Werkzeuge, Möbeltrümmer und an einer Stelle auch noch das Material der Tischlerei. Das Haus war früher gar nicht schlecht und hatte durchaus hochwertige Möbel - also das, was heute kaum mehr geht.
Die Hausecke bei der Anlieferung wurde am Ende ziemlich stark beschädigt. Es gehört schon was dazu, die Platten so zu zertrümmern und zu durchschlagen. Ein banaler LKW war das eher nicht, vielleicht sind auch schon Vandalen am Werk.
Wo die Verkleidung weggebrochen ist, sieht man die Bauweise des Konsumtempels: Viel Show, wenig Aufwand. Kein Haus für die Ewigkeit, sondern für den schnellen Profit. Es war von Anfang an klar, dass das Gebäude keine 100 Jahre stehen wird.
In den Fenstern der Rolltore sind zwei Zettel. Auf dem einem steht etwas auf russisch, dem anderen, verbogenen Zettel kann man entnehmen, dass die früher hier ansässige Firma nicht mehr hier ist. Es hat also wohl nach der Aufgabe des Möbelmarktes noch eine Zwischennutzung gegeben.
Neben dem früheren Personaleingang sind grosse Platten mit Gewalt herausgebrochen worden. Vielleicht Spuren eines Einbruchs, vielleicht aber auch nur normaler Zerfall. Das Material ist nicht besonders dauerhaft, wie meistens in solchen Fällen, und die Mall, die in der Nähe steht, wird in 20 Jahren vielleicht ganz ähnliche Schäden aufweisen.
Hier jedenfalls werden die grossen Tore der Warenabholung noch lange verschlossen bleiben. Das, was durch diese Tore ging, ist wahrscheinlich auch schon wieder beim Sperrmüll gelandet. Denn auch dieses Haus hat später der Invasion der Spanplatten in den Möbelbau nicht wiederstanden.
Zwischenzeitlich wurde das Gebäude auch aufgehübscht, und die Verkleidung mit Kacheln abgeschlagen. Die Reste der Verkleidung finden sich jetzt im Kiesbett, das den Weg um den Komplex säumt.
Hier ging es hinauf zur Leitungsebene der Firma. Von da oben hat man einen mässig schönen Ausblick auf ein mittelaltes Gewerbegebiet, das sich in Richtung Stadt bis zur glitzernden neuen Mall erstreckt, unterbrochen von einer kleinen Toskanapestsiedlung. Auf der anderen Seite war früher das Dorf, aber abgesehen von ein paar Höfen ist davon nichts erhalten. Als der Komplex errichtet wurde, waren gegenüber noch Äcker, jetzt steht dort ein Lager.
Beim Ausräumen ging wahrscheinlich dieser Tisch zu Bruch. Man hat sich nicht die Mühe gemacht, ihn wegzuräumen, schliesslich lockte woanders das Neue, Unverbrauchte, und hier hinten kommt sowieso kaum einer vorbei.
Und so steht der Komplex weiter inmitten eines Gewerbegebietes, dessen Kern er einmal war, und wartet auf Mieter. Oder den Zerfall und die Abrissbirne. Damit Platz ist für ein neues, todschickes, glänzendes Stahlgebäude, das in 30 Jahren viel schneller und einfacher zu entsorgen ist als dieser Betonhaufen.
donalphons, 11:34h
Mittwoch, 30. November 2005, 11:34, von donalphons |
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che2001,
Mittwoch, 30. November 2005, 12:03
zeitverschoben
Auch wenn diese Supermärkte (gab es den Ausdruck Shoppingmall im deutschen Sprachgebrauch schon in den 60ern?) damals gebaut wurden, die gängigen Einkaufsgewohnheiten waren noch andere. Ich erinnere mich daran, dass in meinem (großstädtischen) Wohnviertel an jeder Straßenecke, d.h. in Abständen von 50 Metern, Kaufmannsläden mit Lebensmitteln waren, dass man, wenn man eine Flasche Milch oder Brause brauchte, zum Laden ging, um diese eine Flasche zu kaufen (und keinen durchrationalisierten Großeinkauf einmal die Woche), dass es auch in Minutenentfernung Bäcker- und Metzgerläden und sogar eine Schmiede mit offener Feueresse gab und die Großeinkaufsmärkte, die damals Konsum und Vivo hießen und den Gewerkschaften bzw. den Raiffeisenbanken gehörten, etwas für arme Leute und die Landbevölkerung waren. Die flächendeckende Aldi-Helco-Tengelmannisierung kam erst in der zweiten Hälfte der 70er, die kleinen Schreib- und Spielwarenläden starben in den frühen 80ern.
Seliges Angedenken an eine in dieser Hinsicht recht gemütliche Kindheit!
Seliges Angedenken an eine in dieser Hinsicht recht gemütliche Kindheit!
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donalphons,
Mittwoch, 30. November 2005, 12:10
Ich habe ja noch einen Bäcker, der fast alles hat, was der Wochenmarkt nicht hat. Nur bei Creme Fraiche und Schmand schaut es schlecht aus. Aber solche Läden gibt es durchaus noch. Das Problem ist nur, dass man halt in der Nähe wohnen muss. Mein Weg zum Bäcker etwa dauer 4 Minuten und führt zu 100% an Badenkmälern vorbei, darunter die grösste Backsteinhallenkirche Süddeutschlands, zwei Jesuitenkollegien, Klenzes Revolutionsarchitektur, eines der ersten Museen Deutschlands, das Zentrum der Gegenreformation... So lässt sich das machen.
In der Vorstatd dagegen muss man halt in die Mall, schon klar. Und wartet 20 Minuten an den Kassen.
In der Vorstatd dagegen muss man halt in die Mall, schon klar. Und wartet 20 Minuten an den Kassen.
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hiddensee,
Mittwoch, 30. November 2005, 12:47
Selbst hier in der beschaulichen Berliner Randgegend sind so kleine selbstaendige Baecker ausgestorben. Es regieren unselige Ketten die Luftbroten fuer konkurrenzfaehige Preise, also auf aldililen Ebenen verkaufen. Dreckszeug, man muss schon eins pro Mahlzeit zu sich nehmen um einen Hauch von Saettigung zu verspueren.
Weiter draussen sieht es noch schlimmer aus. Mal sehen wie sich das mit der demografischen Kurve unds der mit ihr einhergehenden Fahruntuechtigkeit der dann alten Saecke vertraegt und wer dann das Brot holt. Die Kinder in Stuttgart sicher nicht.
Weiter draussen sieht es noch schlimmer aus. Mal sehen wie sich das mit der demografischen Kurve unds der mit ihr einhergehenden Fahruntuechtigkeit der dann alten Saecke vertraegt und wer dann das Brot holt. Die Kinder in Stuttgart sicher nicht.
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che2001,
Mittwoch, 30. November 2005, 13:09
Die Bäcker gibt es bei uns noch, nur sind das alles Türken, die Fladenbrot und Brötchen selber herstellen, ansonsten aber abgepacktes Brot verkaufen. Anstelle der anderen Läden sind Copyshops, Architekturbüros oder Internetcafés getreten. Ich komme damit zurecht, aber für alte Leute wird ihr Wohnviertel zunehmend unbewohnbar. Mensch, die Mieter meiner Eltern zahlen noch in Bar, die wären nicht in der Lage, einen Geldautomaten zu bedienen, und wenn die Sparkassenfiliale dann zumacht, haben diese Rentner ein echtes Problem. Das Verschwinden der altgewohnten Infrastruktur führt zu einer schleichenden Altersheimisierung.
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donalphons,
Mittwoch, 30. November 2005, 15:54
Das klingt so, wie man es sich so vorstellt da oben. Bei den Spielwarenläden haben hier diebiodynamischen Holzspielzeugläden einen Klassiker ersetzt, aber schon vor 10 Jahren. Der eigentliche Fluch scheint da zu sein, dass Jungs ihre Spiele meistens downloaden oder bei den einschlägigen Elektrohändlern besorgen. Heute baut keiner mehr eine Mig 15 von Revell, statt dessen wird geballert. Was nicht wirklich gut ist für die praktischen Fähigkeiten, die im Alltag warten.
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martin h.,
Mittwoch, 30. November 2005, 12:50
Da ist (der Osten?) Sachsen weiter. Neue Malls werden im Zentrum gebaut und alte Einkaufszentren werden zu neuen Malls umgebaut. Das Alte lassen wir gar nicht erst stehen. Entweder wird es abgerissen und überbaut oder es wird der aktuellen Mode angepasst. Schließlich gibt es (noch) keine 20 Jahre alten Einkaufszentren auf der grünen Wiese, die stehen alle mitten in der Stadt und verfallen dort.
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che2001,
Mittwoch, 30. November 2005, 13:25
Wir hatten in meiner Kindheit noch WWII-Ruinen, in denen man Verstecken, Ritter oder eben Krieg spielen konnte. Der Osten hat seine Fabrikruinen; kurz vor Halle steht ein Werk auf der grünen Wiese, das aussieht wie nach einem Angriff mit Phosphorbomben. Da wird immer anschaulich, was Kohl mit "Blühenden Landschaften" gemeint hat: Die Natur holt sich die Industriebauten Schritt für Schritt wieder :-)
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netbitch,
Mittwoch, 30. November 2005, 13:39
*fröhlichesliedflöt*
Auferstanden aus Ruinen und dahin zurückgekehrt
lass Dich vom Konsume knechten,
Deutschland eilig Vaterland.
Alte Not gibt es zu erneuern,
und wir erneuern sie geschickt,
denn es muss uns doch gelingen,
dass der Reiche den Armen <zensiert>
Mit Glück und Frieden sei bescheiden,
Deutschland usw.
Tschuldigung, musste mal sein!
Auferstanden aus Ruinen und dahin zurückgekehrt
lass Dich vom Konsume knechten,
Deutschland eilig Vaterland.
Alte Not gibt es zu erneuern,
und wir erneuern sie geschickt,
denn es muss uns doch gelingen,
dass der Reiche den Armen <zensiert>
Mit Glück und Frieden sei bescheiden,
Deutschland usw.
Tschuldigung, musste mal sein!
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franz.brandtwein,
Mittwoch, 30. November 2005, 17:01
@che: hehe - aus dem Blickwinkel von immergruenen Wildbewuchs habe ich den dicken Kohl noch gar nicht gesehen - Danke fuer die Erleuchtung
Insgesamt muss ich (hier aus extrem westlicher Sicht) sagen, dass manche Teile des Westwalls und auch eigentlich die meisten der hier noch reichlich die Staedte wie Rosinen den Hefezopf durchsetzenden Luftschutzbunker besser dastehen als die oben so liebevoll abgebildeten SchrumpelBauten.
Insgesamt muss ich (hier aus extrem westlicher Sicht) sagen, dass manche Teile des Westwalls und auch eigentlich die meisten der hier noch reichlich die Staedte wie Rosinen den Hefezopf durchsetzenden Luftschutzbunker besser dastehen als die oben so liebevoll abgebildeten SchrumpelBauten.
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