Damals, in Berlin, im American Business Center

2004, im Sommer, rief mich einer der Münchner Haifische an und fragte, ob ich mich mal schlau machen könnte, zu welchen Konditionen man denn momentan an einer der ersten Adressen des Slums Berlin mieten könne. Nicht dass er wollte, nur so zum Preisabgleich und realitischen Einschätzung der Situation. Adresse: Friedrichstrasse 200. Name: American Business Center. Ich rief an, vernahm die ziemlich exorbitanten Preise einerseits und den Hinweis, dass das natürlich nur VB ist, obwohl es ja eine absolute Toplage sei, die Architektur, der Ruf, und überhaupt die Nähe zum Q205, also, wenn ich wollte, dann könnte man sofort und je nach Grössenwusch sehr flexibel was anschauen. Aus der Stimme der mich beratenden Dame klang eine gewisse Mischung aus Frustration und Druck raus, wie man es von Startuppern kennt, die die Milestones der VC zur nächsten Finanzierungsrunde auf keinen Fall mehr schaffen.

Dass ich heute darüber schreibe, hat einen verdammt guten Grund - der das Gebäude finanzierende Fond hat einen Insolvenzantrag gestellt. Bitter für die Anleger, die 99.889.000 Euro aufgebracht haben, dazu kamen noch üppige 51.129.188 Euro Kredite, in der Zeit nach der Wende und vor dem Crash der New Economy. Ich glaube, so manchem Münchner Notar und einigen Starnberger Zahnärzten ist seit gestern der Hunger etwas vergangen, schliesslich stieg man bei diesen Fonds nicht gerade mit 10 Euro monatlich ein. Was wohl so ein riesiger, weitgehend leer stehender Klotz in Bestlage einer der miesesten Städte und weiteren Zilliarden leer stehender Quadratmeter im Umkreis nach 8 Jahren noch wert sein mag?

Die dahinter stehende IC Group aus Unterschleissheim hatte 2003 übrigens auch noch den Immobilienbereich der 2001 insolventen Schmidt Bank übernommen und ist wortwörtlich milliardenschwer - rund 3.200.000.000 Euro allein in Immobilien. Wie: Büropark Leipzig Nordost,
Büropark Teltow, Rabensteincenter und Kaßberg-Karreé Chemnitz (Alles Karreé und Quartier und Center, da drüben), und noch viele weitere Grossvolumina an Vermögen und Quadratmeter im Osten der Republik.

Hübsch. 120 Punkte, bitte, and maybe more 2 come.

Mittwoch, 21. Dezember 2005, 21:16, von donalphons | |comment

 
Danke für die Aufklärung
Hatte mich ja schon wiederholt gefragt, wer eigentlich die aufwendig (für mich: übertrieben luxuriöse) Neugestaltung der "Quartiere" an der Friedrichstraße bezahlt hat.

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In diesem Fall wohl vor allem gut situierte Investoren im Süden der Republik. Die hohen Schulden kamen wohl von der Vorstellung, dass die steigenden Mieten in Berlin und der begrenzte Platz in der Friedrichstrasse das Ding zu einem Selbstläufer machen würden, mit dem man die paar Millionen mit der linken Backe abzahlen könnte.

Und vermutlich kommen jetzt schon wieder die ersten Anwaltsratten aus den Löchern, die den Anlegern Privatklagen aufschwatzen. Wobei, das sind in diesem Fall fast 8000 Euro Kosten pro Quadratmeter, das ist schon ziemlich üppig. Selbst in dieser Lage. Wobei es interessant wäre zu wissen, wieviel davon wirklich ist Stein, Glas und Boden investiert wurde und wieviel in Management, Vertrieb und so weiter ;-) Gegenbeispiel: selbst in der neuen Münchner Toplage "Alter Hof" kostet der Quadratmeter im Verkauf (!) 5,300 Euro...

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über das ding wollte ich auch schon schreiben. vor allem, weil es keinesfalls eine ausnahme bleiben wird. da rutscht grad trotz gegenteiliger beteuerungen eine ganze branche gen abwasserkanal.

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Das sagen befreundete Haifische auch. Und die müssen es wissen. Ausserdem habe ich vor zwei Wochen eine Kiste voller Akten in ein gewisses Gebäude im nördlichen Schwabing getragen, das war mutmasslich der teuerste Gang meines Lebens - und das heisst was. Nur gut, dass es nicht teuer für mich wird.

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Glaubt Ihr, die Deutsche Pank hätte ihren Immo-Fonds umsonst geschlossen? Har.Har.

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Eigentlich war das nur solide, gerecht und konsequent. Immo-Fonds leben nun mal davon, dass Unternehmen langfristige Standortentscheidungen treffen und auf nachhaltige Personalstrategien setzen. Viele DB-Anleger tun sich den Immo-Fond als Risikostreuung in das Depot, wo ansonsten diverse Feuschrecken- und Plattmacherpapiere liegen. Man kann nicht 20% Rendite durch Personalabbau und gleichzeitig Wertstabilität durch entsprechend leere Gewerbeimmobilien bekommen. Auf diesen unüberwindlichen Gegensatz, auf diese Wahrheit hat Ackermann letztlich hingewiesen.

Er hatte Recht damit.

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Sicherlich. Daran gibt es keinen Zweifel. Solche Aktionen sind auch Vertrauens- und Image bildend. Für die DB-Shareholder.

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Mit all diesen Immobilienspekulanten kann man doch sowieso kein Mitleid haben. Leute, die soviel verdienen, dass sie riesig Steuern sparen wollen (und können), werden immer gieriger und kümmern sich nicht um das Riskiko, sind einfach blind. 8000 € sind heftig, aber wie gierig muss man sein, um das abzudrücken. Ist doch klar, das Berlin 2005 nicht das Berlin 1925 sein kann und wird.

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Welcher Privatanleger hat sich denn den qm-Preis ausgerechnet - und verglichen? Die Fondsanteile wurden denen vom Berater empfohlen und immerhin haben ja auch Banken den Baupreis durchgewunken.

Und das Thema "langfristige Standortentscheidungen" hat sich ja spätestens mit dem Umzugswunsch der Bahn erledigt und davor schon mit den Mergers und Übernahmen im Halbjahresrhythmus.

Aber irgendwie werden Immobilien den Mythos des der beständigen und soliden Felse in der Brandung der globalisierten Highspeed-Economy nicht los.

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Leute, ichsacheuch, das bundesweit schwer was im Gang in Sachen fondsfinanzierte Gewerbeimmobilien - nicht nur in der Haupstadt und nicht erst seit DB-Immo-Desaster.
Hier in der schönsten Stadt am Rhein geht grad auch eine Megapleite rund um zwei riesige (gar nicht mal so hässliche) Bürotürmchen ab. Ähnliches hörte ich auch aus K*** und sogar aus F'burg.

Ist's ein Trend? Mich hat es schon lange gewundert, dass der Leerstand renditetechnisch so lange ertragen wurde.

BTW: In Düsseldorf sind die qm-Mieten in den Toplagen (Medienhafen und so...) inzwischen bei 9 € angekommen und lassen sich je nach Größe bis auf 6,50 € runterhandeln. Damit liegen sie deutlich unter Wohnungsmieten hierzustadte.

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