5 Monate im pfeifenden Tod

Ich mag das auch nicht, wenn irgendwo an der Isar Roadsterfahrer rumstehen, die Sonnenbrille auf und das Verdeck unten, und dann werden von einer Frau in Prada angeredet, die sich zu ihnen runterbeugt. Aber ich weiss inzwischen, dass es auch ganz anders sein kann. Nämlich so wie bei mir. Ich sitze also im alten Roadster meiner kleinen Schwester, den sie nicht mehr wollte, an der Isar. Ich trage die Sonnenbrille, weil ich Heuschnupfen habe. Das Verdeck ist unten, weil besagte Kleine Schwester einen Stuhl gebraucht hat, der sich mit geschlossenem Verdeck nicht transportieren liess. Die Frau in Prada ist meine kleine Schwester, die sich herunterbeugt, um mir mitzuteilen, was für ein ****** ich bin, weil ich einen Flecken auf dem Bezug gemacht habe. Ich wirke cool, weil ich vor lauter Asthma regungslos im Sitz hänge und dringend Tabletten brauche. So schaut die Realität aus, zumindest in meinem Fall.



Trotzdem ein kleiner Erfahrungsbericht. Müsste ich den Wagen mit ein paar Worten beschreiben, würde ich anfangen mit "laut, hart, undicht, schlechtes Blech, unsauber verarbeitet". Kurz, auch wenn manche die Barchetta belächeln, ist sie doch ein echter Roadster, mit einer Heizung, gegen die jede alte Spitfire eine Backstube ist. Der Motor ist ein ruppiges Monstrum, ein fieser Säufer und obendrein so vornehm wie eine Sau am Trog. Das Fahrverhalten ist nichts für Anfänger, aber wenn man es gelernt hat - ich war mal eine Weile als Profifahrer unterwegs - merkt man das Potential, das in dem Wagen steckt.

Keine Frage, das Auto ist unkomfortabel, das Ein- und Aussteigen ist eine sportliche Übung, und was die Akustik angeht, hat man die Wahl zwischen offenem Sturm und geschlossenem Pfeifen. Wie es sich für einen echten Roadster gehört, ist es voller Konstruktionsmängel, der Rückwärtsgang, der Phasenversteller, die Verdeckklappe, alles, was nicht unmittelbar dem Fahren, am besten dem zügigen Fahren dient, ist miserabel. Sobald es um das Fahren geht, ändert es sich. Man muss mit dem Wagen nicht rasen, um ein typisches Roadstergefühl zu haben. Tempo 90 auf der Landstrasse, ein Händeloratorium mit der Aria "Nun öffnet Euch, ihr Tore der Hölle" im Radio, und vor einem jagt der Wind bayerische weisse Wolken über den strahlend blauen Himmel - so ist es genau richtig. Dann hält sich auch der Benzinverbrauch in akzeptablen Grenzen.

Im Gegensatz zu aufgebohrten Familienkarossen, Nuttenflitscherl, Rentnercabrios und anderen PS-Protzen ist das Auto ziemlich genau das, was ich mir beim Fahren unter einem Sportwagen vorstelle. Leichtfüssig, agil, man weiss immer, woran man ist, und für alles, was noch nicht Irrsinn oder Dummheit ist, reicht die Kraft locker aus. Gegen die meist stärker motorisierten, aber von Deppen und anderen unerfahrenen BWL-Assis (fahren wie sie wissenschaftlich faulenzen) geeierten Schlunzkübel kommt man auch prima zurecht. Der Wagen ist leicht, sehr leicht, und die Lenkung ist genau so, wie sie sein soll, dynamisch, aber nicht allzu giftig.

Ich denke, ich werde den pfeifenden Tod behalten. Wäre ja auch dumm, einen Winter in dieser nasskalten Badewanne zu zittern, und dann im Sommer in eine heisse Blechschachtel zu steigen.

Sonntag, 16. April 2006, 17:22, von donalphons | |comment

 
Auch wenns wohl nicht viel zur Sache tut - Heuschnupfen hab ich auch. Ich leide mit Ihnen ;-) So cool wie man dabei aussehen mag, so uncool fühlt man sich *g*

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Deppen und BWL-Assis: Was fällt einem denn ein, wenn man mit einem wirklich schweren Sportwagen unterwegs ist,
http://che2001.blogger.de/stories/400105/, einem jener vielzylindrigen Edelstahlprotze, und dann kommen BMWs, Mercedesse, Audis und sogar große Volvos hinter einem mit Dauerblinker und Lichthupe an?

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Was isn das
für ne Schleuder, Che? (Sorry, ich bin da nicht soo der Kenner).

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Wenn ich mich recht erinnere, hat Don irgendwann einmal erzählt, dass er Autos in ferne Länder überführt hat.

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Werksfahrer bei einer Firma, deren Mitarbeiter erst ab 300 PS Auto zu einem Auto sagten.

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Ah, dann habe ich das im Gedächtnis mit der Geschichte eines anderen Bloggers verrührt. Hier war es der Nachbar und Le Mans (aber die archäologischen Tauchgänge waren im Ausland, oder?)

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Mein Buchhalter hat auch eine Barchetta und ist zu allem Überfluss in einem (dem einzig wahren?) Barchetta-Club. Ich durfte mir immer die Fotos der Saisoneröffnungs- und -abschluss-Touren angucken. Alle Beifahrerinnen hatten dasselbe gequälte Lächeln.

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Ich war lange Zeit Beifahrer, ich kann es verstehen.

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Kein Wunder ...
... in einem Fahrzeug, das nur proforma ueber mehr Sitzgelegenheiten als dem Fahrersitz verfügt und auch dem Fahrer Spass macht.

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Sieht aus, als stünde die Kiste auf einem Feldweg. Wo sind dann bitte die Dreckspritzer an den Radkästen, die zu diesem Sauwetter dazugehören? Oder wurden diese spießbürgerlich vor der Aufnahme weggewischt?

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Beifahrerinnen? Ich dachte das ist das typische Mädchenauto.

So ähnlich wie unser Golf I-Cabrio. Wenn ich das gefahren bin (das letzte mal vor 6 Jahren, soll aber dies Jahr wieder angemeldet werden), haben mich alle angekuckt, als wenn ich ein schwuler Frisör wäre.

Übrigens hat mir meine Lieblings-Sandwich-Verkäuferin bei subway letzte Woche stolz erzählt, dass sie nun ein SLK-Cabrio habe, was den Wagen zum würdigen Nachfolger des Golf-I-Erdbeerkörbchens als Friseusen-Karre macht

Wenn Männer ein Golf I-Cabrio fahren, dann immer tiefergelegt, breiter gemacht, usw.)

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Dass sich Gesundheitsblogger gesund ernähren, ist wohl auch nur eine Legende, oder? Subway habe ich nur einmal, vor Äonen in Portugal zwangsprobiert, seitdem nie wieder. Es geht mir wieder gut, die Pusteln sind verschwunden, nur der Schwindel ab und zu...

Und nein, für ein Frauenauto ist es auf die falsche Art herb und unpraktisch - kein Platz für die Handtasche, kein Sonnenbrillenhalter, beim Dachöffnen können die Fingernägel brechen - deshalb nehmen die ja den SLK. Oder, wenn es Nutten, Zuhälter und BWL-Assis sind, oft die BMW-Produkte.

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@ erdbeerliesl: Stundenlang kein Regen in der Region, und nur 20 Meter von der Landstrasse. Autoputzen? Ich? Höhö. Das Ding muss fahren.

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Wir arbeiten für die Pharmaindustrie. Die muss ja auch was zu tun haben.

... und besser als so eine Plastik-Tasse Fertigsuppe ist es allemal, wenn man Mittags sonst nix zum Essen bekommt und fern der eigenen Küche ist. Die Menge macht das Gift. 1x in der Woche find ich es auch als Public Health Experte vertretbar.

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"Übrigens hat mir meine Lieblings-Sandwich-Verkäuferin bei subway letzte Woche stolz erzählt, dass sie nun ein SLK-Cabrio habe"

bezahlt auch?

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Neid? Interessant ist eigentlich nur, was so als Selbstdarstellungsgerät auf 4 Rädern bevorzugt wird.

Aber man glaubt gar nicht, was ein normal verdienendes Paar ohne Kinder sich leisten kann - wenn die Raten stimmen.

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Zur Teestunde erzählte man mir heute, in keinem Land in Westeuropa werde prozentual weniger für das Essen ausgegeben als in Deutschland. Das geht dann eben woanders hin - Autos, Klingeltöne, elektronisches Spielzeug.

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... nicht zu vergessen Reisen: "Deutschland der Reiseweltmeister oder so...". Per Charter oder Billigflug. Wer zuhause schon kein Geld fürs Essen ausgibt, beschwert sich auch nicht übers Essen in der All-Inclusive-Absteige. Hauptsache das Bier schmeckt.

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Woanders ist es ja so schön, und daheim nicht wiklich, all diese billigen Supermärkte, Ausfallstrassen, bäh. irgendwo kann ich die Unzufriedenheit der Deutschen mit Deutschland ja gut verstehen. Schön ist es über weite Strecken nicht, und es juckt auch keinen.

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Jetzt werde ich Ethnologe
Toll, schon wieder BWLer Gehetze. Langsam überlege ich mir, ob meine Bloglektüre mein Studium beeinflussen sollte. Ich glaub ich muss BWL abbrechen, mitten in der Diplomarbeit. Ich mach jetzt Ethnologie mit Schwerpunkt "Der Sozialexistenzialismus und seine Implikationen für die konstruktivistische Sichtweise des Individuums im Kontext der Hartz IV Gesetzgebung"

Meine Assischüssel ist im übrigen seit Jahren ein Fahrrad. Aber mit 27 Gängen! *räusper* :o)

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Im speziellen geht es ganz speziell um gewisse BMW-Z4-fahrende Assis aus einem kleinen Universitätsstädtchen, wo die Professoren nicht darauf achten, was die Typen in ihrer Arbeitszeit nebenbei politisch-braune Hetze betreiben.

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Ich weiß, ich weiß...
...sonst würde ich mich wohl kaum hier tummeln, oder?! Kommt immer auch auf das Selbstverständnis und die Fähigkeit zur Selbstkritik an. Ist ja immer auch was Wahres für einen selbst dran.

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Ach, der Herr Schwafler macht das wohl mit der Zustimmung seines Profs, wie man so hört.

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Mir ist vor einer halben Stunde die Fahrertür rausgefallen. Scharnierbruch. Egal. Dient ja nicht unmittelbar dem Fahren, so ne Tür ;-).

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