Liebe Verleger, darf ich mal kurz stören?

Was, werdet ihr sagen, will denn der von uns? Einen Verlag hat er doch, vielleicht will er uns was andrehen, wer weiss, junge Autoren haben heute ja die komischsten Ideen, sogar mit diesem Internet da, und dann setzt ihr einen ablehnenden Gesichtsausdruck auf und legt Euch zurecht, dass ihr nur was von Leipziger Absolventen mit FAZ-Garantie druckt, oder zumindest was mit Beziehung zum Zündfunk.

Aber darum geht es mir nicht. Nicht als Autor stehe ich unter vor Euch, sondern als Käufer. Als ein Käufer, der Eure Produkte gern im Liegestuhl auf der Dachterasse lesen würde. Ich habe ja keinen Fernseher und bin leidenschaftlicher Bücherfresser, im Jahr kaufe/bekomme ich sicher über 100 Stück, von der Belletristik über Sphragistik und Buchillumination bishin zu den grossen Katalogen meiner alten Zunft, durchmischt mit antiquarischen Erwerbungen. Gerade heute wäre ein wunderbarer Tag... aber was tue ich, ihr lieben Verleger? Hä? Na was? ich will Euch sagen, was ich tue: Ich sitze im Zimmer und fluche, wegen Euch versiffter, dreckiger Verlegermafia!

Nein, es geht nicht um die nächste lektoratsgefickte Debutantennutte, deren Rezi ich schreiben muss. Ich muss Eure Produkte einordnen. Ich bin ja kein Proll und stelle meine 30 Bücher strategisch in Billys auf, damit es nach mehr aussieht. Ich habe hier noch etwa 1.000 Bücher rumliegen, von Mühsams Lyrik bis zum Druckwerk der Familie Carracci in 1:1. Dass die unterschiedlich gross sind, verstehe ich, aber warum, frage ich Euch Ausgeburten der Papierhölle, warum um alles in der Welt bekommt Ihr bei normalen Büchern keine normalen Formate hin?



Ich besitze ca. 600 Bücher, die älter als 100 Jahre sind. Sie einzuordnen ist kein Problem, die venezianische Aldine von 1542 passt neben die bayerische Religio Prudentis von 1727 und die wiederum neben Tucholskys Pyrenäenbuch von 1932. Alle haben ungefähr das gleiche Längen/Breitenverhältnis, und alle haben stumpfe, angenehme Farben, seien sie nun in Leder, Halbleder, Pergament oder noch unaufgeschnitten. Es ist eine Freude, sie einzuordnen, sie ergänzen sich in Farbe und Grösse und ergeben die schönste Wand der Welt.

Aber Eure moderne Scheisse, mit Verlaub, ist eine echte Qual. Grauenvoll bunt, als ginge es darum, zu einer DVD-Sammlung zu passen. Bei der Tiefe ist vom schmalen Grischperl bis zum breiten Quadrat wirklich alles dabei. Eine einheitliche Linie ist nicht mal innerhalb eines Verlages, noch nicht mal bei einer Taschenbuchreihe möglich. Mal ehrlich, Leute: Was soll das? Was sollen diese Scheissriesenphotos auf dem Cover? Wieso sind die sogar unter dem Schutzumschlag? He? Macht Ihr Euch auch mal Gedanken um die, die die Hauptkäufer Eurer Produkte sind? Die Bücher bewahren und nicht gleich auf den Müll kippen? Die eine Bibliothek füllen wollen und nicht sinnvoll sortieren und ordnen können, weil sonst der kostbare Platz verschwendet wird.

Macht jeweils 2 Grössen für Taschenbücher und Hardcover. Spart bei der Tiefe. Dann habe ich einen ruhigen Vormittag beim Sortieren, das Staubwischen ist schnell geschehen, und ich kann weitere Bücher kaufen. Aber sowas wie heute: Geht gar nicht.

Dienstag, 25. April 2006, 17:30, von donalphons | |comment

 
Du hast recht.

Als ich aber bei einer jungen Dame sah, daß sie ihre Bücher nach Farben sortierte(!), dachte ich zunächst: wie kindisch.

Aber abgesehen vom dekorativen Aspekt ist da wirklich was dran. Zumindest bei den Büchern, die man gelesen hat, erinnert man sich gut an die Farbe und kann sie auf Anhieb finden.

Leider schwört sie inzwischen auf dekorative Askese und will, nachdem sie den Fußboden weißgestrichen hat, auch allen Büchern einen weißen Einschlag verpassen.

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Es ist fürwahr eine Pest. Da müssen die Genossen vom ZK unbedingt tätig werden! Ein einstimmiger Beschluss zur Vereinheitlichung der Buchformate und zulässigen Umschlagfarben ist dringend vonnöten.

Andererseits ist bei Ihrem handwerklichen Talent die Erweiterung Ihrer Kenntnisse auf die Kunst des Buchbindens doch ein Klacks.

Der - wie immer - faule Kompromiss: Silberkanne aus dem Regal, alle Buchrücken bündig positionieren und mit einer Schlämme von Pigmenten eigener Farbwahl patinieren.

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Jeder Verleger möchte herausragende Bücher verlegen, so einfach ist das.

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Wenn der Graf stirbt,
muss halt der Graficker seine Lust in Bücherumschläge sublimieren. Das bekommt weder dem Auge noch dem Geschlecht, aber viele einsame Schulhofbubis- und mädels erhalten ex post die Ordination in Existenzberechtigung. Warum sonst gibt es Universitäten, Sportstätten und Zappelbuden - irgendwie müssen sie die Schmach des Schulhofs los werden...

Und Bucheinbände können sich nicht wehren. Ich kenne das Problem sehr gut und hebe alle Bücher, die nach 1930 erschienen sind in der Rundablage auf. Das tolle daran: Anders als die alten Schinken, vermisse ich den Inhalt der neuen,neuesten und postmodernen Literatur und Sachbuchhirnfickerei gar nicht.

Seit ca. einem Jahr praktizieren ich den nächsten Schritt: Einfach alles im Laden lassen.

Das ergänzt sich sehr gut mit der TV-Abstinenz.

Die Bücher und Bilder, die nie ein Publikum erreichten sind im Zweifel eh die besten.

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Neulich im Buchladen
Frau K.: Guten Tag, ich hätte gerne ein Buch.
Verkäufer: Aha, an was hätten´s denn da gedacht?
FK: naja, es soll ungefähr so hoch sein und blau, ich bräuchte noch was in blau.
V.: ja dann könnte ich ihnen den Suhrkamp-Verlag empfehlen, da hätten wir ultramarinblau, hellblau, königsblau...
FK: ja also das ultramarin ist schon ganz nett aber das ist ein klein wenig zu hell. Wissens, es soll dem Beckett stehen. Der verträgt nicht so helle Farben.
V.: verstehe. Dann hätten wir noch was in braun. Dieses Jahr kombiniert man blau gerne mit Erdfarben. Oder den Hesse in dunkelrot - très chick sag ich ihnen.
FK: ja, das nehme ich dann in dunkelrot. Allerdings mit der Größe haut es nicht hin. Hättens das noch eine Nummer größer?
V.: hm, mal sehen... ja da haben sie Glück. Da ist noch eine Ausgabe in größer. Soll ja auch bequem sein, nicht.
FK: Ah, das probiere ich gleich mal. Darf ich es morgen zurückbringen, falls es nicht passt?
V.: selbstverständlich nur, wenn es nicht getragen ist. Wartens, ich packe ihnen das gute Stück in Folie ein. Und bitte lassens die Zetterl drinnen.

usw.

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Es gibt doch
für jeden Sch... irgendwelche Euro-DIN(en), nicht auch für Bücher? Habe gerade kurz recherchiert - sieht nicht so danach aus. Skandal!

Da hilft wohl nur, sich die "Readers Digest"-Auszugsbücher zu bestellen. Sind immer alle gleich hoch, haben so ein feinen Lederimitatseinband und ausserdem muss man nicht soviel lesen. Endlich wieder Ordnung im Regal :)

*duckundweg*

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DRM-Bücher! Nach mehrmaligen Lesen bzw. Nichtlesen zerstört sich das Buch automatisch von selbst. Die Lösung.

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Vielleicht wäre eine Erweiterung der "Book on demand" Idee eine Lösung. Man bestellt das Buch welches man haben möchte einfach in dem Format, das man haben möchte, Taschenbuch oder gebunden und bei der Einbandgestaltung werden einem auch noch ein paar Vorschläge unterbreitet. Produziert wird erst nach Bestelleingang.

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Ich mag das bunte Durcheinander in meinem Bücherregalen. Ich sortiere nach Autor, nur die ganz winzig kleinen wie die 60 p- Serie und alle britischen und deutschen Nachahmer stehen in einem Extra-Regal. Die Briten bekommen das mit der gleichen Größe übrigens ganz gut hin, zumindest bei den gebundenen Büchern.

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Antwort auf die Frage von Don: weil die Verlage offensichtlich schlechte Marketer beschäftigen. Längst müsste JEMAND in der oder für die Branche rausgefunden haben, dass das Attribut "Reiht sich in meine Sammlung optisch ein" zumindest für ein nicht unerhebliches Segment und ganz besonders bei bestimmten Büchern eine Rolle spielt.

Kenne das nicht von mir selbst, aber von meinem alten Herrn, der auch schon nächtelang über dasselbe Problem bei tausenden von Büchern geflucht hat.

PS: und warte mal ab, wie die tollen bunten Cover in 15, 20 Jahren aussehen. Da löst sich nämlich die PVC-Schicht vom Papier, das Motiv vergilbt, der Einband hat mit einem Mal dreimal so viele Farbtöne und die Druckerschwärze verflüchtigt sich.

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Ach, das sind doch keine Probleme - schau Dir mal Papier an, das von Eisengallustinte zerfressen wurde. Das ist heftig. Oder jedes Buch, das nicht mehr auf Hadernpapier gedruckt wurde, also so ab 1860 bis 1950, das wird nochmal ganz bitter, wenn die Bücher (teilweise schon heute) in Brösel zerfallen.

Übrigens habe ich mich mit meinem Verleger sehr lang über das Problem unterhalten - und habe wirklich gutes Papier bekommen. Den nächsten 1000 Jahren schaue ich getrost entgegen.

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Tja …
… was würde Tschichold jetzt wohl dazu sagen? Mit solcherlei Problematik hat sich dieser Mann, der ursprünglich Typograf war, zu seinen Zeiten auch rumgeplagt. Er war ein Freund von (harmonischen) Normen, auch im Bezug auf Formate. Allerdings kannte selbst er mehr als zwei: 3:4, 2:3, 5:8 (goldener Schnitt), 1:√2 (DIN A4), 1:√3, 1:√5, etc. gelten auch heute noch als harmonische Formate.

Ab Ende der dreißiger Jahre allerdings, fing er an sich mehr und mehr von seinen früheren Ansichten zu distanzieren. Nun, leider hatte der Mann einen großen Einfluss auf die Grafikerwelt.

Aus Sicht des Gestalters behaupte ich: es gibt da immer einen gewissen inneren Konflikt. Wenn man ein junger und unerfahrener Grafiker ist, tut man sich gut daran ruhig mit Normen zu arbeiten, mit ihnen zu lernen. Dann kann man auch nicht viel falsch machen. Doch wenn man erfahrener wird (oder glaubt man wäre ›ein ganz toller Grafik-Hengst‹) gibt es schnell mal die Tendenz auszubrechen, etwas entgegen die Norm zu machen und zu beweisen (oder es zu glauben), dass auch so etwas ›harmonisch‹ sein kann. (Noch genauer hat moravagine das ja schon weiter oben sehr schön beschrieben. ;))

Ich glaube, wenn es nie experimentierfreudige Gestalter gegeben hätte, hätten sich auch nie irgend welche Verleger zu neuen Formaten hinreißen lassen. Aber was wiederum wäre die Grafik, Gestaltung oder Kunst ohne Experimentierfreude?

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Aber kann man nicht auf dem, was sich fraglos bewährt hat, aufbauen? Ich denke, man hat heute alles durch, was die Formate hergaben, langsam reicht´s, man sollte sich mal überlegen, was sinnvoll ist und dann Grössen vereinbahren. Das macht die Sache für den Endkunden billiger und einfacher zu ordnen. Alles andere, Schriften, Kapitelunterteilungen, ist ohnehin ein trauriges Desaster. Was wurde nur auch dem Kolophon! Tragisch, diese Eintönigkeit.

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Im Grunde gebe ich Dir ja recht. Die meisten Grafiker wollen eben immer ›höher, schneller, weiter, geiler‹, auch wenn es im Grunde großer Humbug ist. Und Kolophone, tja, die gibt es heut zu tage ja höchstens noch in Sonder-Auflagen.

Aber wenn es Dich irgend wie tröstet: Es gibt (erst seit den Neunzigern) eine Generation von Gestaltern, bzw. ein Berufsbild dass einige klassische Berufe des gestaltenden Gewerbes, auf Grund der stärkeren Verwendung von DTP, verdrängt hat. Der gemeine Mediengestalter, auch bekannt als Pixelschubser. ;)

Ich selbst habe zusätzlich auch noch so eine Ausbildung durchgezogen. Das schöne: Mediengestaltern wird generell bei gebracht mit Normen und standardisierten Verfahren zu arbeiten. (Ob sie dann später auch wirklich angewendet werden ist natürlich eine andere Frage. ;)) In der Regel werden diese Gestalter dann ganz klassisch nur in der Reinzeichnung eingesetzt (wo sie dann sozusagen Schadensbegrenzung betreiben dürfen). Doch es gibt immer mehr Unternehmen die diese Leute lieber an Stelle von Grafikern einstellen, da sie nun mal leider in der Regel günstiger sind. Ob mehr Mediengestalter als Grafiker ein Vor- oder Nachteil sind, muss sich noch herrausstellen, aber so halten zumindest schon mal mehr Normen Einzug (behaupte ich mal).

Nachtrag: Und ich behaupte auch nach wie vor, dass Normen und Verfahren nur da anzuwenden sind wo sie auch wirklich Sinn machen, also eben auch in deinem Fall und sicher auch in 99 anderen Fällen. Es gibt sicher Ausnahmen, die immer mal vorkommen. Sachen bei denen man als Gestalter dann auch mal rumspinnen darf. Etwa ein, zwei mal im Leben läuft einem so etwas dann über den Weg. Gestalter täten sich natürlich gut daran mal auf diesen Zeitpunkt zu warten. (Meine persönliche Empfehlung: Macht euch ein Blog, das ist dann euers, da könnt ihr dann so viel rumexperimentieren wie ihr wollt! ;))

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Weniger die Größe der Bücher ist für mich ein Anlass zur Kritik, denn wenn ich sortiere, dann der Höhe nach. Die Tiefe ergibt sich automatisch, man muss nach hinten nur Platz lassen.
Vielmehr echauffiere ich mich über die Unfähigkeit, den Rückentitel einheitlich zu setzen. Rechts und links gestürzt auf Bücherrücken erfordert beim Durchstöbern der gesammelten Werke doch häufiges Bewegen des Genicks. Ideal, vom technischen Standpunkt her, wäre natürlich ein Rückentitel, der auch bei normal liegendem Buch lesbar ist, also bei stehendem, eingeordneten Buch von oben nach unten verläuft. Einfacher für das Hirn zu begreifen ist indes ein Rückentitel, der von unten nach oben geht. Und schon haben wir wieder wilde Unordnung im Regal.
Was haben da die Chinesen doch für Vorteile.

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Bei Liquide haben wir das so gemacht. Das ist denn auch XVI.Century Style. Sehr oldschool.

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du hast eine aldine, jetzt bin ich allerdings mal wirklich neidisch ;-) damals hat man die bücher ja auch noch zum buchbinder gebracht, nachdem man die bedruckten seiten gekauft hat, was den vorteil hat dass keine bekloppten archivbilder draufgedruckt wurden.

übrigens gibt (gab ?) es ja für bücher durchaus bestimmte grössen, die standard sind, und die sich aus der aufteilung der druckbögen ergeben, folio (foliant) ist ein halbierter druckbogen, ein quart wird viermal gefaltet und so weiter, daraus ergibt sich eine für die buchhändler überblickbare anzahl von grössen.

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Wer nur jahrelang über Flohmärkte geht, findet wohl alles. Ich habe auch den Candide aus der ersten Voltaire Gesamtausgabe in Privateinband und mit dem E Libris und handschriftlichen Notizen von Mautner mal für 5 Mark gekauft.

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Ich kennen jemanden, der seine Bücher alle in Zeitungspapier einschlägt, damit alles schön passt :-)
Problem mit harmonischen Formaten und Gestaltungen: Tatsächlich sind die Verlage geneigt, ihre Ware so zu gestalten, dass Sie _im Buchhandel_ heraus stechen. Traurig, aber wahr.
Nicht zuletzt aber hat auch die allgemeine Geschmacksverirrung ihren Anteil daran, die Masse ist eben geil auf buntes Plastik. Siehe IKEA vs. Trödel etc.

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Ws bei mir die Sache erschwert, sind die Rezis: Bücher, die man einfach so bekommt, und die zu schade zum Wegwerfen sind (in fact, ich werfe nie ein Buch weg, ich kannd das nicht). Drei Reihen in dieser Bib sind fast nur Rezis, deshalb auch der Anblick.

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