Alt und steinreich,

das will ich werden. Das mit dem Altern bekomme ich schon ganz ordentlich hin, wie mir ein Blick in den Spiegel versichert, das mit dem Steinreich wird dagegen etwas schwieriger. Vielleicht reicht ja auch wohlhabend, das könnte eventuell was werden, so ganz ohne Kinder und kostenintensive Ehe und sporadischen, kurzfristig teueren und langfristig günstigen Nebenbeziehungen, nie mehr als drei gleichzeitig. Wie das so ist, wenn man viel unterwegs ist.

Ich mache mir sonst über die Zukunft sonst nie Gedanken, weil es sowieso immer anders gekommen ist, als ich erwartet habe. 1997 war ich mir sicher, Kulturhistoriker zu bleiben, 1998 war ich dann Deutschlandskorrspondent der Ostküste. 2004 sollte ich drei Monate nach Berlin, 2005 war ich immer noch dort. Ein Jahr hatte ich hier in der Provinz zur regelung familiärer Angelegenheiten, bevor es weitergehen sollte in die Schweiz, jetzt besorge ich den Stuck für meine neue grosse Wohnung. Es lohnt sich also nicht, es kommt, wie es kommt, sagte meine Grossmutter, und sie hatte wie immer recht.

Aber es gab einen Moment in Italien, genauer gesagt in Mantua, da habe ich mir gedanken über diese Lebensziele gemacht. Meine Besucher waren schon etwas erschöpft und wir suchten ein Cafe, da kamen wir an diesem Geschäft vorbei.



Und ich dachte mir, wie schön es sein muss, als alter, faltiger Mann in einem dreiteiligen Anzug auf einem dieser filigranen Stühle zu sitzen, die dort für solche alte Herren stehen, das zerfurchte Gesicht eines stolzen Puters tragend, einen Stock, auf dem die Linke Hand weit in den Raum ragt, und dann sitze ich da mit einer Tasse Tee und warte, dass meine Lebenspartnerin mit erheblichem, mir heute schockierend verkommenden Altersunterschied wieder aus dem Ankleidezimmer kommt. Um das Verworfene unserer Beziehung zu kaschieren, bei dem sicher auch das Geld eine gewisse Rolle spielt und der Saloonwagen, werde ich ihr zu dezent spiessiger Kleidung raten, und sie bitten, die Haare hochzustecken. Da sitze ich also und warte, rede mit der Verkäuferin in Coco Chanel, und das satte Gefühl meiner dicken, mit viel Papiergeld gefüllten Brieftasche, das auf der Brust, über dem alten, abgeklärten Herz lastet, lässt mich über die goldenen Ziffern, die von Preisen künden, milde lächeln.

Draussen werden italienische Mädchen sich die Nasen an den üblichen Teenieshops plattdrücken, ab und zu tuckert eine Vespa vorbei, bis die, auf die ich warte und für die ich zahle, dann aus der holzvertäfelten Ankleide kommt, mir in ihrer etwas unauffälligen Vorzimmerdamenschönheit sehr gut gefällt, wenn sie sich dreht, wenn ich im Profil ihren geilen Arsch sehe, und wenn es passt, erhebe ich mich gekonnt ohne Ächzen, bezahle, und sage ihr ins Ohr, dass ich sie nicht ficken werde, ohne dass wir vorher noch Schuhe kaufen waren.

Heute finde ich so etwas ganz furchtbar, es hat nichts mit meinen Überzeugungen zu tun, aber wer in so einem Geschäft sitzen will und warten, muss so sein, und mir sind in diesem Moment in Mantua keine Alternativen eingefallen, die mir für mein späteres Leben besser gefallen würden.

Freitag, 26. Mai 2006, 13:32, von donalphons | |comment

 
2050, warten andersrum
Dame: Do-hon, komm endlich. Ich will Schuhe kaufen!
Don: Moment, nur noch den einen Blogeintrag!

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2050 werde ich mit dem Bloggen ganz sicher abgeschlossen haben, wenn das so weiter geht. Wenn sich die Blogs erst mal als 5-Euro-Telefonguthaben-Nutten (und hier schätze ich sie besonders, meine zukünftige, teure Geliebte) so kaputt gemacht wurden wie Anno 1999 alle, die einen geraden Satz schreiben konnten und ins Internet mussten, wird etwas Neues auf den Trümmern entstehen. Meine Wurzeln und Fundamente werden weiterhin fest sei, auf Dotcomtod und Rebellmarkt stehen, und ich werde mich nichts schämen müssen.

Es wird etwas anderes sein. Aber es ist immer nur der Erzähler, nicht die Technik.

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Im Jahr 2030
Möchte ich mit meiner Partnerin im Garten sitzen, zusammen mit Freunden, über Nichtigkeiten und Wichtigkeiten reden, und nach Verabschiedung der Freunde mich gemeinsam mit ihr über unsere Enkel, sowie das freuen, was wir noch vorhaben.

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also mein lieber don, warum geben sie sich mit helmut dietl zufrieden, wenn sie einen visconti draufhätten. machen sie ein vermögen und verlieren sie es aufgrund von prinzipien, verlieren sie ihr herz und werden sie großzügig, schicken sie ihren sohn zum ersten alleineurlaub nach italien. und wenn ich sie dann, ein paar jahre später, in dem laden sehe, auf ihrem stühlchen mit ihrem stöckchen, stattlicherweise mit einer melancholiegemilderten greisengeilheit, denn sie wissen, dass sie nach den schuhen wahrscheinlich keinen mehr hochkriegen werden, aber das liebe vorzimmerkindchen lässt es sich nicht anmerken, und dafür sind sie dankbar, ich verspreche es ihnen, dann komme ich herein, und sage ihnen im vorbeigehen, dass ich einen moment dachte, ich hätte burt lancaster da sitzen sehen.
das wird sie freuen, denn ich bin auch dann genauso alt wie sie und ich werde ihnen und sie werden mir nicht erklären müssen, wer nochmal burt lancaster war.
schön oder?

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