Mein Leben als Tüpfelhyäne

mit vielen weissen Punkten ist nicht ganz freiwillig. Es ist die Folge eines Personalproblems, denn gute Handwerker, die tropffrei streichen können, sind hierzulande begehrt. Es gibt zwar einen Etat und einen Kostenvoranschlag, aber das bringt überhaupt nichts, wenn andere Projekte vorgehen. Und streichen lässt man natürlich am besten, wenn man im Urlaub ist und nicht bei jedem Gang in die Farbeimer tritt. In der Folge fahren meine Handwerker Extraschichten, um irgendwann im September bei mir streichen zu können. Vor meinen sechs Räumen und Stuck ist aber noch eine andere Wohnung dran.



Und dann ist da noch ein anderes Problem: Echte Profis arbeiten sehr farbsparend. Das ist an und für sich prima, nur bei neuem Stuck eine Katastrophe. Denn der sieht mit dünner Farbe aus wie, nun, nagelneuer Stuck, und das muss nicht sein. Besser ist es, so etwas mit einem groben Pinsel dick zu bemalen, wenn es echt und alt aussehen soll, so wie der Stuck, den Generationen vor mir zwecks "Praktikabilität" haben herunterschlagen lassen.
ich habe eine hohe meinung vor meinen vorfahren, aber in diesem punkt und noch ein paar anderen bin ich immer wieder sprachlos.
Und das ist aufwendig, das ist mühsam und teuer, und deshalb habe ich gestern selbst angefangen mit der wohl ödesten Arbeit, die es gibt: Räume streichen. Nicht bewusst, ich bin da nur reingerutscht.



Und wie es so ist: Es läuft Glucks Orpheo, man kommt vom Stuck an die Decke, macht dieses Eckerl noch und jenes, muss doch die Plane ausrollen, dann noch eine Fensterlaibung und das andere noch fertig, der Porticus ist grad passend neben der Leiter, dann ist es 2 Uhr Nachts und die erste Decke ist schon halb gestrichen. War doch nicht so schlimm, sobald es an die Wände geht, kommen auch noch blaue, rote, gelbe und grüne Tüpfel zum für Hyänen nicht ganz stilechten Weiss dazu, dann passt alles. Glaube ich. Nach der halben Decke des drittgrössten Raumes. Sollte man nächste Woche ein irres, hyänenartiges Lachen über den Gassen der kleinen Stadt hören, aus einem aufgerissenen Fenster eines Stadtpalastes über einem Concerto Grosso von Arcangelo Corelli, dann bin ich gerade dabei, diese Auffassung an der Decke des grössten Raumes zu revidieren. Denn es ist eine sehr grosse Decke.

Samstag, 5. August 2006, 13:40, von donalphons | |comment

 
Schön.
Große Jungs brauchen großes Spielzeug. Ist doch was ganz anderes als Lego. ;-)

AAaaaber: Den Deckenbaldachin vom Kronleuchter würde ich mir nochmal genauer ansehen. Scheint eher 1970er Jahre zu sein oder...?

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Die Rosette? Die ist das Schlichteste vom Schlichten, in Verwendung ab der Renaissance. Der Kronleuchter ist natürlich neuer, keine Frage.

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stuck-und-dielen
hat recht: Der Decken-Baldachin des Leuchters (also der zylindrische Messingbecher mit Mittelloch) stammt wohl eher von einer 70-Jahre-Küchenlampe als von einem solchen Leuchter. Passenderes (lies: geschwungeneres) gibt es inzwischen z.T. sogar im Baumarkt, da muss man nicht unbedingt den Manufactum-Katalog bemühen...

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Ach so. Nein, das Ding ist original da dran, meine kleine Schwester besitzt ein zweites Exemplar, da ist es genauso. In der Tat ist der Leuchter rund 40 Jahre alt.

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Ist ja kein Riesenbeinbruch,
aber nach meinem Empfinden stört das Teil die Harmonie des Ensembles schon ein bisschen. Aber wenn man den Anblick so gewöhnt ist, fällt einem das wahrscheinlich gar nicht mehr auf.

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Ich mein, das ist das Schlafzimmer. Der Standpunkt ist ein ziemlich verrucht aussehendes französisches Bett mit maitressengelben Brokat. Hier bin nur ich, und sollte da noch eine Frau dabei sein, dann sollte ihr das Aussehen eines Baldachins egal sein - falls nicht, habe ich etas falsch gemacht, was auch ein neuer Baldachin nicht beheben kann.

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Folter
Anmerken möchtich allerdings, dass Dir das Deckenstreichen vergleichsweise noch Spaß machen muss, jedenfalls verglichen mit meiner zweiten Berliner Wohnung, bei der vier Decken (jeweils am Ende der Bemalung!) wieder herunter kamen...

Die gleiche Decke zwei Tage später ein zweites Mal zu streichen: Das ist Folter. Und geht auf den Nacken.

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Nichts kann mich mehr schocken: Hier verabschiedeten sich schon ganze Malschichten in tausenden kleinen Fitzelchen.

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Kompliment
Einfach wunderschön. Da wird jedes Bild im Zimmer einfach zuviel...

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Spritzen
läßt sich Dispersionsfarbe unverdünnt recht gut.
Da hängt nicht jedesmal die halbe Decke
an der Walze oder am Pinsel.
Kompressor (Druckluft nicht elektrisch) und
eine gute Spritzpistole vorausgesetzt.

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Noch'n Schlaumeier-Tipp
Aus meiner Erfahrung mit maroden Berliner Decken bzw. fünftklassigen Vorgängerfarben aufgrund von, nun, sagen wir mal: ihre Umwelt wenig achtenden Vormietern kann ich nur eine Grundierung mit Caparol empfehlen. Ist die Investition wert, läßt sich leicht streichen und macht die Decke fest (natürlich sollte man vorher die ganz dicken Abblätterungen mit einem Spachtel entfernt haben).

Viel Spaß beim Spielen mit dem Refugium.

Sag mal, Du hast zwar keinen Opel genommen, aber hinter dem *ganzen* Blog steckt doch Hornbach, oder?

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Die Firma, die hier im Haus die meisten Farben liefert, ist ein Mittelständler mit ordentlichen Arbeitsverhältnissen, gut informierten Personal und lautet auf den Namen "Leitinger".

Das mit der blätternden Decke haben wir hier in diesen Räumen schon 8 Jahre vorher gehabt - fast alles bis 1720 kam damals runter, und der Rest war dann eine Geschichte für die Denkmalpfleger.

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