Sie tanzten nur einen Herbst

Schon wieder macht einer die Tür auf. Von draussen dringt der Lärm der Brunnenstrasse rein, auf der sich Proll-BMWs, verbeulte Kastenwägen und von Mama an die studierende Tochter verliehene Kleinwägen um die Pole Position an der viel zu kurz geschalteten Ampel drängen. Es nieselt, und deshalb stinkt es weniger nach Benzin und Abgasen, als vielmehr nach feuchter Hundescheisse. Aber weil er zu viel raucht, bekommt er das ohnehin kaum mit.

Wie das mit dem Nichtraucherschutz werden soll, wundert ihn schon etwas. Er kann ja nicht jede viertel Stunde rausgehen und den Nachbarn bitten, auf den durch das Rumschleifen schon ziemlich ramponierten Apple aufzupassen. Gut, wenn sich das mit der Auftragslage nicht bessert, wird er das Ding sowieso nicht halten können. Diese Ärsche von der Filmfirma, ihn monatelang Entwürfe einreichen lassen, und dann behaupten sie, es hätte keine Absprachen gegeben. Die ganze Sicherheit ist futsch, und Vanessas Laden, für den die Seite gerade ist, hat auch ziemlich wenig Umsatz gemacht während der letzten Wochen. War keine so gute Idee, einen T-Shirt-Shop im Winter aufzumachen.

Schon wieder geht die Tür auf. Er erkennt am Luftzug, dass der Depp die Tür nicht schliesst, und sie ganz langsam, der Kälte eine Bresche bietend, zurückfällt. Er hebt den Kopf, um den Neuankömmling anzuraunzen, aber es ist Marc von der PR-Agentur, von der keiner weiss, welche Kunden sie eigentlich hat, und Marc ist sowas wie ein potenzieller Kunde. Nicht wirklich Kunde, aber jemand, der vielleicht einen kennt, der was braucht. Also grüsst er Marc, aber der übersieht ihn, ist ja nur ein weiterer Notebookpenner auf dem Stangerl, auf dem keine goldenen Eier gelegt werden.

Dier Bedienung, so eine verhungerte Blondine kommt vorbei und fragt ihn, ob er jetzt noch was zu trinken will oder ob er zahlen möchte. Blöde Kuh, denkt er, und sucht sein Kleingeld zusammen, um es ihr auf den Cent genau zu geben. Ja ne is klar, die brauchen den Platz für zahlende Gäste, die sich nicht 3 Stunden an einer Tasse Kaffee festhalten. Er klappt den Apple zusammen, grüsst die anderen, die aber alle im Stress sind und nicht aufschauen, und geht hinaus auf die Brunnenstrasse. Der leichte Wind ist bitterkalt, der Winter hält Einzug, und von nun an wird es übel, für 4, 5, 6 Monate ist Schluss mit dem Rumlaufen und draussen was tun. Wird teuer, das alles. Na, wenn Mami ihm zu Weihnachten sagen wir mal 1000 Euro alles in allem zusteckt und er einen Rucksack voller Fressalien mitnimmt, dann reicht das bis März, wenn sie wegen der Nebenkosten von 2004 nicht vollstrecken. Isa kann ihm vielleicht helfen, die hat auch keine Kunden für ihre Kanzlei, stimmt, die macht das vielleicht für einen Zehner, irgendwas wird sich in der Rechnung schon finden, man kennt ja die Berliner Schludrigkeit. Oder er haut ab und zieht um, das wäre ja nicht das erste Mal. Die Stadt ist gross genug.

Jetzt erst mal packen, dann die Mitfahrzentrale checken, und daheim die alten Kumpels treffen, im lahmen Kaff. Na, denen wird er was erzählen, wie saucool das so als Kreativer in Berlin ist. Und nächstes Jahr macht er ihn dann, den ultimativen Berlinroman für die Post9/11Welt, cooler Webdesigner trifft auf islamistischen Dönermann, dessen Schwester ausbrechen und Photographin werden will.

Wird sicher ein Renner. Oder so.

Donnerstag, 21. Dezember 2006, 12:43, von donalphons | |comment

 
Loser 2.0
als Kreativer in Berlin. Schlechtes Pflaster.

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Wir nennen es
abgebrannt.

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Mauer drum
und gut is.

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An die Ukrainer
verkaufen. Um den Schaden zu verringern.

Ich mein, wo wäre das Problem, in der Brotfabrik wieder Brot zu machen?

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Also brauchen wir ihn doch,
den K... *hrrmpf* den Existenzgeld.

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Das Problem ist, dass da unsere Motorräder geparkt sind.

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Und ich füge hinzu: gnihihi.

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Hier scheint gerade die Sonne, es gibt Saint Ceols, Olivengiabatta und Bloggerbesuch. Platz für Mopeds hätte es auch.

gnihihi.

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Saint Ceols... herrjeh...

Allerdings sind die Mopeds allesamt zu klein für die weite Strecke. Da nehme ich dann doch lieber wieder den PKW. Das Frühjahr naht ja auch. Irgendwie. Und ich habe mir eine DSLR-Kamera gekauft, um all die Fotos nochmal zu machen. Oder andere. Aber in gut.

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Don at this best...
nach meinem letzten Besuch im November will ich nun gar nicht mehr zurück, wirklich nicht. Alles andere (sogar München) wäre besser und München geht nun eigentlich gar nicht.
Auch weil die Berliner Bewohner einfach keinen Spaß mehr verstehen, nicht mal mehr britische Ironie...
Dafür sind jetzt emotionale Studienreisen nach Timbuktu zum einander In-den-Armen-Liegen schwer im kommen.

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Letzthin habe ich Einladungen für eine Kuschel-Community in München gesehen...

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Sie tanzen doch schon einige Jahre!
Wenn man den Text liest, ist man fast versucht, einem Helfersyndrom nachzugeben und dem Kerlchen den heißen Tipp geben, doch bütte damit aufzuhören, verkäuferisch sehr ungeschickt, unablässig Entwürfe - auch noch an Filmfirmen, aua!! - für Umme einzureichen.

Als nächstes, wenn man das Kerlchen mit seinem nikotinverpresteten weißen Apple-Book fiktiverweise noch ernst nimmt, könnte man ihm gegen einen Kasten gutes bayrisches Bier oder mit einer 6-er-Kiste von rotem Franken einen mildtätigen Crashkurs verpassen: "Wie verkaufe ich eine kreative Leistung richtig?" Zuvor aber den: "Wie erkenne ich Depperl, ob das wirklich kreativ und neu ist, was ich da mache, oder ob das nicht tausend andere machen?" :)

Aber dazu hatte er von Anfang an kein Geld, gesunden Menschenverstand hat er auch nicht, kaum gehabt, einprügeln kann man den nicht, und ein Handwerksberuf ist zu unsexy, oder er hat zwei linke Pfoten.

* + * + * +*

Nur das mit dem einen Herbst stimmt nicht ganz, die tanzen schon länger. Und definitiv nur in Berlin auch nicht, tanzen ebenso in Dü'do und München, Glockenbach. Meinereiner hat schon zig (schlechte) Drehbücher im Papiercontainer gefunden. Lesen mochte ich die kaum, schon die ersten Seiten (als mein Interesse noch da war) versetzten mich in Tiefschlaf. Und so schreiben sie noch immer... Der, der sie wohl verzapfte oder auch bekam, hat seinen kreativen Beruf als Schauspieler an den Nagel gehängt, und arbeitet jetzt für eine Firma, die Insolvenzverfahren durchführt.
Bodenständiges München, ick liebe dir!

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Stimmt, in München gibt es noch keine laptopverseuchten Cafebezirke, da ist das alles nicht wirklich relevant. Reines Berliner Problem - und wenn man dann noch die Grösse von Berlin berücksichtigt, dann relativiert sich das auch.

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das mit dem frankenwein kannst du nicht ernst meinen. entweder wollen die kunden verschrecken oder es gibt nur ein oder zwei weingueter mit trinkbarem und gut behuetetem Traubensaft. bei Weisswein sehe ich DE vorn aber fuer Rotwein ist die Klimakatastrophe noch nicht weit genug.

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In München gibt es noch keine Laptopverseuchten Cafébezirke? Du bist zu selten hier. Schau dich mal im Glockenbach oder Maxvorstadt um... Vor zwei Tagen im Puck zum Beispiel auf jedem Tisch ein weisses, Book genanntes...

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@ hiddensee

Mein ich aber ernst, hast keine Ahnung Meister, der fränkische Rote ist stark im Kommen, dank neuer Sorten, neuer Ausbau-Techniken und dank Klimawandel, hüstel.
Nehme von Berliner Kerlchen als Crashkurs-Entlohnung nur Dornfelder "Edith Geißdörfer" von Winz_weingut bei einem Winzdorf, called Hühnerberg (oder so ähnlich) im edlen Mainfranken.

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