Berliner Wirtschaft

oder warum aus dieser Stadt nichts mehr wird.

Da ist eine Buchhandlung. Diese Buchhandlung verkauft - Bücher. Nachdem wir in Deutschland eine Buchpreisbindung haben, zu einem vorher festgesetzten Preis. Dieser Preis schreibt auch den Verdienst fest, den der Buchhändler vom Verkaufspreis erhält. Das sind in der Regel 50%. Davon kann man prima leben - eigentlich. Solang man nicht auf dumme Ideen kommt. Aber welche Idee rund um den Helmholtzplatz im Prenzlauer Berg ist schon gut? Ein Blick auf die missratenen Mütter und ihre Torbens, Moritze und philosemitisch angehauchten Hannahs zeigt: Ideen gehen hier meist schlecht aus. Und so ergeht es auch dieser Buchhandlung.



Diese Buchhandlung hat helles Licht, grosse Räume, eine schlanke Buchhändlerin und eine gar nicht so schlechte Lage. Diese Buchhandlung könnte gut laufen. Wenn sie nicht ihren Buchkäufern folgendes, jedem Buchsammler verachtenswert erscheinendes Angebot machen würde: Wer ein Buch gelesen hat und es zurückbringt, bekommt die Hälfte des Preises zurück.

Das heisst also: 50% des Preises gehen an den Verlag, 50% gehen an den Kunden, damit bleibt das Buch und pi mal Daumen 0,garnichts Euro bei den Buchhändlern. Würde es jeder so halten, müsste man den Strom und die Miete in gebrauchten Büchern der Anwohner des Helmholtzplatzes, eventuell mit dem eingepressten Gesabbel der Blagen bezahlen.

Ich will gar nicht wissen, wie der Deal letztlich funktioniert. Ich vermute, dass die Buchhandlung mit diesem Angebot einfach auf die Kistenmenschen dieses Ortes spekuliert, die hierherkommen und am Ende mit dem gleichen Koffer abreisen, mit dem sie gekommen sind und hier gelebt haben - in der Hoffnung, dass sie die Bücher doch vergessen und nicht zurückbringen. Auch ein Schwabe auf der Flucht ist schliesslich ein Käufer.

Oder aber man will bankrott machen. Oder man schickt die Bücher als Remittenden zurück, was aber gemeinshaftlicher Betrug am Verlag und Autor wäre. Wenn man das Buch erneut antiquarisch verkauft, macht man vielleicht wieder einen kleinen Gewinn, aber verliert dadurch einen Kunden für das gleiche neue Buch. Wie man es sonst dreht und wendet, es macht - ausser als buchbesitzfeindliche Werbemassnahme - absolut keinen Sinn. Vielleicht muss es auch keinen Sinn haben, und jemand will vorführen, wie man in bester Startup-Manier Umsätze ohne Gewinn erwirtschaftet. Ich weiss es nicht.

Ich weiss nur: Eine Stadt, in deren Läden die Rückabwicklung des Geschäfts Teil des Vertrags ist - wird es nie zu etwas bringen. Nie. Ausser zu Hundehaufen, dem einzigen, was der Berliner nicht zurücknimmt. Man wird hier zum Hundehalterbesitzer. Aber das ist eine andere Geschichte.

Im Schaufenster steht übrigens ein billiges Machwerk namens "Wir nennen es Arbeit".

Dienstag, 30. Januar 2007, 20:56, von donalphons | |comment

 
Zugezogene...
wundern sich immer über diese Eigenheiten. Aber das gehört so in Berlin. Und Du hast schon recht - so wird das nie etwas mit dieser Stadt. Aber das gehört dazu - wie die Hundehaufen und natürlich auch die Zugezogenen (sagt der, der dort groß geworden ist - aber trotzdem nicht dort geboren :-). Das vermisst man irgendwann auch, wenn man in der Fremde ist und dich keiner anschnauzt, dein Hundehaufen-Ausweich-Talent verkümmert mangels richtig fieser Hundehaufen und die Menschen alle so komisch reden. Es soll wieder Berliner Sommer werden...

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Service ist alles ...
.... im Buchhandel. Nachdem die Gräfin von einem modernen Buchhändler schnöde abgewimmelt wurde, bringen wir unser Geld in eine kleine allerdings christliche Buchhandlung, die mit Kreuzen und Andachtskalendern vollgestopft wurde. Der Laden hat kaum ein Angebot, er bestellt alles und seitdem der andere seine Kunden vergrault, boomt der reformierte Bookstore.
Dass aus Berlin nichts wird, ach, das wissen wir ja....

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Berliner Sommer ist der neue Winter.

Und hier wird der Servicegedanke zu einem Verlustgeschäft, das kann es auch nicht sein.

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Es ist vielleicht schon die Desillusion: Was in Berlin sonst bleibt, ist der Kommerz - ich hab es erlebt: Der Sonntagsbrunch den ich vor nicht einmal 10 Jahren noch für sagenhafte 7,50 DM (inkl. Kaffee bis zum abwinken) bekam und der mich und meine Konsorten über längere Zeit zu solch dekadentem Tun veranlasst hat, kostet heute genau das gleiche - 7,50 Euro. Dafür rennen da jetzt pseudo-alternative Tussen als Bedienung rum, die um 12 noch total verkatert sind. Meidet die Simon-Dach-Strasse!!! Und freut euch über jedes Sofa, dass noch einsam auf der Straße stehen darf!

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... bei uns hier am Westpol heisst das Leihbibliothek und ist sogar ganz umsonst (es sein denn man bringt das Buch viel zu spaet zurueck) - dafuer ist es da aber nicht so schoen hell und da sind auch keine schlanken Buchhaendlerinnen - nur manchmal etwas mufflige Bibliothekarinnen ... aber halt jeder wie er kann.

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...meldung aus ffm-west / rhein-main: 4 von 7 (!) buchhandlungen im stadtteil 2006-2007 geschlossen, die neue weltfirma Th./Dgl./Ap. etc. macht neue schlechte arbeitsverträge mit alten buchhändlern und belegt als branchenerster nebenan neue großflächen... der klassische buchhändler scheint den anschluss an das buch2.0 verloren zu haben.

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Buch2.0
Ah - das kann man dann selber taggen - früher nannte man sowas dann Randnotizen... ;-)
Ad Astra

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wie marode das Ganze ist
erkennt man schon am Namen der Buchhandlung. Nein, die kann ja nicht Buchhandlung Müller, Meier oder Schmidt heissen, nein: die braucht einen pseudo-lustigen Namen, für dessen Vorschlag ich einen Juniortexter unangespitzt in den Boden rammen würde.

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Boo-merang klingt in den Ohren von Dotcomtod-Veteranen verdächtig, keine Frage. Aber eben auch sehr prenzelig. Ironie, Ironie, was haben wir gelacht, haha.

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Das Machwerk ist wirklich furchtbar. Nicht dass mich furchtbare Machwerke überraschen würden oder so. Aber dass solche zusammengeschriebene Trendsoziologie dann auch noch so unnötig gehypet wird, ist einfach nur die pure Grausamkeit. Und dass plötzlich jeder Clown über diese Lebensweise von einer bestimmten Gruppe von Leuten aus einer bestimmten Generation Bescheid wissen will, ist reichlich entnervend.
Kann man sowas nicht zur Abwechslung mal über Bahnhofsschrankenwärter oder Eskimos schreiben ?

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Das Buch sah zurückgegeben aus.

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Ne! Ne! Über 50% Prozent an jedem Buch würde sich so mancher Buchhändler dumm und dusselig freuen. Das ist aber bei weitem die Ausnahme! Alles übers Barsortiment (das sind die Bücher, die "über Nacht" geliefert werden) ist mit 20 bis 30 Prozent rabattiert (Wissenschaft oder "Kunst" auch oft nur 15%), Direktbestellung beim Verlag kann (!) mal etwas besser aussehen (30 bis 40 Prozent, auch durch Messerabatt über die Buchmesse), dafür muss man aber das Porto zahlen, das nicht an den Kunden weiter gegeben werden darf. Es gibt verschiedene Zusatzrabatte, z.B. wenn man zehn Bücher einkauft, bekommt man ein elftes dazu (sogenannte Partie), aber ein durchschnittlicher Buchladen braucht nur wenige Titel so häufig, weil man geht als gut sortierter Buchhändler in die Breite und kauft eher nur fünf von jedem. Oder auch nur eins fürs Lager.
Fünfzig Prozent bekommen nur die, die jeden Titel haufenweise einkaufen, und das sind die großen Ketten und natürlich Amazon. Ein normaler "Buchladen" kann sich heute nur noch rechnen, wenn er sehr viel Mängelexemplare hat, oder auch "Modernes Antiquariat". Da gibt's in der Tat hohe Rabatte, aber das ist dann auch keine "echte" Buchhandlung mehr.

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"Inhabergeführte Buchhandlungen" mit vielleicht ein oder zwei Angestellten auf 400-Euro-Basis oder Aushilfen (wir nehmen mal an, dass das in obiger Buchhandlung nicht anders ist) lassen bei guter Haushaltung nach allen Kosten, die nicht bereits im Einkaufspreis des Buches gespiegelt sind, von der Einkaufsmarge zwischen 15% und 40% (wenn es sehr gut läuft) eher eine Marge von etwa 10 Prozentpunkten übrig. Neben den Personalkosten sind vor allem die Kosten für die Geschäftsräume und Werbeausgaben wie beispielsweise für Lesungen ein ziemlicher Brocken.

Wirklich reich wird man in dem Geschäft wahrscheinlich nur mit sehr glücklichem Händchen oder ehrgeizigen Wachstumsambitionen. Umso mehr verwunderlich, dass sie sich auf einen derartigen Deal einlassen.

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wieso ist denn "Wir nennen es Arbeit" ein billiges machwerk?

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Weil es mitsamt Umfragen beim Freundeskreis der sog. "Autoren" nach dam AAL-Prinzip gestaltet wurde, und ich nicht wüsste, wie man das werk von einem Prenzelsparifankerl und geknickten Öntröprönör wie Lobo anders bezeichnen sollte.

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Weil es zusammengeschrieben und inhaltsleer ist, es liest sich ungefähr so wie eine Mischung aus Ikeakatalog, Frankfurter Rundschau und Soziologen-Vogue.

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oder aber man kauft von Anfang an schon nur Remittenden oder LKW-Ware ein, verkauft diese aber zu 100 % weiter. Dann bleiben mehr als 50 % hängen. Und wenn zurück gebrachten Bücher hinterher intelligent bei eBay verscherbelt werden, dann kommt noch mal was in die Kasse.

Also, ich glaube erst mal nicht, dass da eine merkwürdige Erbin sitzt, die dummblöd ihr Gespartes auf den Kopf haut – es sei denn ihr Mann braucht so 'ne Bude zum Geldwaschen.

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Früher saßen solche Damen zwischen sündhaft teuren Klamotten, lackierten sich die Nägel und fühlen sich gestört durch Kundschaft. Klingt mafiös, das Ganze!

Ich jedenfalls kaufe ganz stur bei meinem Buchhändler, der mal Geschichte studiert hat, ganz viel weiß und alles bestellen muss. Sein Laden ist so klein, dass er mit fünf Kunden schon vollgestopft wirkt. Und trotzdem bekommt er Lesungen hin, líterarische Quartetts und ganz viel mehr. Wenn ich mal ein Buch suche, über das ich fast nichts weiß, macht er auf Spürhund, und ruft zwei Tage später an: Ich hab's!!!
Bei mir kommt kein Buch mit der Post......

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Gelesene Bücher ZURÜCKGEBEN?

Obszöner Gedanke.

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