Die Massen vor den Toren
Immer, wenn ich höflich und bestimmt irgendwelche verpeilten Touristen davon abhalte, unser Territorium zu betreten, ist da auch ein wenig Bedauern dabei. "Private Property" ist eine sinnvolle Regelung, ohne die das Bewohnen historischer Bausubstanz nicht möglich wäre, aber eben diese Substanz ist mehr als die Fassade, und das Ausschliessen anderer ist wie das Wegsperren von Gemälden im Safe. Ausserdem, so denkt man, ist es hier doch nicht im Mindesten so schlimm wie im Schloss S., die wirklich ein Problem haben, und im Wasserschloss I. haben sie sogar eine Pension, und werden mit dem Andrang auch fertig. Eine der schönsten Passagen Regensburg ist der Innenhof einer gotischen Stadtburg, insofern könnte man doch mal überlegen, zumindest ab und zu, für eine Handvoll Interessierte, die Tür zu öffnen und ein wenig über die Baugeschichte zu erzählen, vom Bruchsteinkeller des 13. Jahrhunderts über die mittelalterlichen Baureste und die jesuitischen Leistungen bishin zu den späteren Ausbauten in Zeiten der Raumknappheit des 19. Jahrhunderts und der Restaurierung der letzten Jahre.
Einfach eine kleine Notiz in die Zeitung setzen lassen, den Kreisheimatpfleger dazu bitten, vielleicht noch einen Herrn von der Gesellschaft, und für einen Tag die 5 Leute, die das interessiert, herumführen. Bei Bekannten habe ich das schon gemacht, es dauert vom Keller bis zum Dach etwa eine Stunde, und damit hat man seine Schuldigkeit gegenüber der Öffentlichkeit getan, den Rest juckt es ja eh nicht. Und damit es woanders vielleicht noch einen Interessierten mehr gibt, war ich gestern bei dem Schloss, das im XVIII. Jahrhundert der Sommersitz der Gesellschaft war, die damals in meiner Immobilie garstige Dinge gegen die Aufklärung betrieb; der Sommerfrische der Stehpulttäter, gewissermassen.
Es ist für ein Schloss ein eher kleiner Komplex, kleiner als das Ding in der Stadt, mit teilweise höheren Decken, schliesslich ist die aktuelle Substanz erst nach den Kriegsschäden entstanden - also, dem dreissigjährigen Krieg natürlich - während in der Stadt noch der Manierismus Giebel, Decken und Fenster gestaltete, und der Schwede und der Lutheraner hier nie reingekommen sind. Und es ist weit draussen vor der Stadt, da muss man wirklich hinfahren und sich dafür interessieren, insofern dachte ich, dass wirklich nur eine Handvoll Leute anwesend sein würden.
Ich kenne das Kaff, es ist normalerweise einer der Orte, wo man die schlafenden Katzen von den Strassen tragen muss. Zäune gibt es in Mengen, an denen man keinesfalls tot drüber hängen möchte, und überhaupt könnte Ruhe der Bach sein, an dem der Ort liegt. Gestern jedoch war es, als hätten die Wikinger die Hunnen, Vandalen, und Goten zum Jahrestreffen der Völkerwanderer geladen, mit Testerstürmung eines Schlosses. Und alle wollten sie bis ins kleinste Detail wissen, was es jetzt mit dem Putz auf sich hat, ob Dachshaar besser als Hanf beigemischt werden sollte und welche Lagerstädte für Kalk der opimale zum Verputzen von Konglomeratmauerwerk sei, und überhaupt gab es das grosse Wettrennen, wer die dicksten Ziegelmauern hat - ich darf vermerken, dass ich mit 120 cm im Erdgeschoss gar nicht so schlecht dabei war.
Danke, ihr glorreichen 400 der besseren Gesellschaft, ich weiss jetzt wieder, warum die Tür zu bleibt, weniger wegen dem Interesse, sondern wegen den dummen Sprüchen danach, all das "Dös is a Lemsaafgabe", "Schee is scho, owa" "Geh weida, dös kost ned dazoin", das Gegaffe, als wäre so ein Haus ein Unfall, die Schreckenskammer für Heimwerker, und obendrein die Kinderhorden, die an jeder Tür rütteln, die Blumentöpfe umwerfen und die Hunde verrückt machen, nein danke, Führungen für Gruppen bis zu 5 Personen mit schriftlicher Begründung gerne, aber offene Tür? Was der Schwede nicht vermocht hat, schaffen dann die Interessierten, die meist selbst ein altes Haus hatten, das heute irgendwelchen Immobiliengesellschaften gehört und entkernt die Stadt verschandelt, und mir bliebe nur das Hinterherputzen hinter denen, die sich nicht mal die Schuhe abstreifen. Muss nicht sein. Private Property eben.
Einfach eine kleine Notiz in die Zeitung setzen lassen, den Kreisheimatpfleger dazu bitten, vielleicht noch einen Herrn von der Gesellschaft, und für einen Tag die 5 Leute, die das interessiert, herumführen. Bei Bekannten habe ich das schon gemacht, es dauert vom Keller bis zum Dach etwa eine Stunde, und damit hat man seine Schuldigkeit gegenüber der Öffentlichkeit getan, den Rest juckt es ja eh nicht. Und damit es woanders vielleicht noch einen Interessierten mehr gibt, war ich gestern bei dem Schloss, das im XVIII. Jahrhundert der Sommersitz der Gesellschaft war, die damals in meiner Immobilie garstige Dinge gegen die Aufklärung betrieb; der Sommerfrische der Stehpulttäter, gewissermassen.
Es ist für ein Schloss ein eher kleiner Komplex, kleiner als das Ding in der Stadt, mit teilweise höheren Decken, schliesslich ist die aktuelle Substanz erst nach den Kriegsschäden entstanden - also, dem dreissigjährigen Krieg natürlich - während in der Stadt noch der Manierismus Giebel, Decken und Fenster gestaltete, und der Schwede und der Lutheraner hier nie reingekommen sind. Und es ist weit draussen vor der Stadt, da muss man wirklich hinfahren und sich dafür interessieren, insofern dachte ich, dass wirklich nur eine Handvoll Leute anwesend sein würden.
Ich kenne das Kaff, es ist normalerweise einer der Orte, wo man die schlafenden Katzen von den Strassen tragen muss. Zäune gibt es in Mengen, an denen man keinesfalls tot drüber hängen möchte, und überhaupt könnte Ruhe der Bach sein, an dem der Ort liegt. Gestern jedoch war es, als hätten die Wikinger die Hunnen, Vandalen, und Goten zum Jahrestreffen der Völkerwanderer geladen, mit Testerstürmung eines Schlosses. Und alle wollten sie bis ins kleinste Detail wissen, was es jetzt mit dem Putz auf sich hat, ob Dachshaar besser als Hanf beigemischt werden sollte und welche Lagerstädte für Kalk der opimale zum Verputzen von Konglomeratmauerwerk sei, und überhaupt gab es das grosse Wettrennen, wer die dicksten Ziegelmauern hat - ich darf vermerken, dass ich mit 120 cm im Erdgeschoss gar nicht so schlecht dabei war.
Danke, ihr glorreichen 400 der besseren Gesellschaft, ich weiss jetzt wieder, warum die Tür zu bleibt, weniger wegen dem Interesse, sondern wegen den dummen Sprüchen danach, all das "Dös is a Lemsaafgabe", "Schee is scho, owa" "Geh weida, dös kost ned dazoin", das Gegaffe, als wäre so ein Haus ein Unfall, die Schreckenskammer für Heimwerker, und obendrein die Kinderhorden, die an jeder Tür rütteln, die Blumentöpfe umwerfen und die Hunde verrückt machen, nein danke, Führungen für Gruppen bis zu 5 Personen mit schriftlicher Begründung gerne, aber offene Tür? Was der Schwede nicht vermocht hat, schaffen dann die Interessierten, die meist selbst ein altes Haus hatten, das heute irgendwelchen Immobiliengesellschaften gehört und entkernt die Stadt verschandelt, und mir bliebe nur das Hinterherputzen hinter denen, die sich nicht mal die Schuhe abstreifen. Muss nicht sein. Private Property eben.
donalphons, 13:49h
Montag, 1. Oktober 2007, 13:49, von donalphons |
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oberlehrer,
Montag, 1. Oktober 2007, 15:21
Vor ein paar Jahren stand der "Tag des offenen Denkmals" unter dem Motto "Wohnen im Denkmal"; ich habe mir da eine Handvoll Objekte angesehen.
Die Betroffenen werden wahrscheinlich hinterher auch gesagt haben "Einmal und nie wieder"; bei zwei der Häuser hatte das wirklich den Charakter eines Heuschreckenschwarms. Und was die Sprüche angeht - tja, das ist eben so. Wenn der Hausherr zum zehnten Mal innerhalb einer Stunde erklären muss, wie der Fußboden des Kellers restauriert wurde, dürfte das auch nicht viel weniger nervend sein.
Die Betroffenen werden wahrscheinlich hinterher auch gesagt haben "Einmal und nie wieder"; bei zwei der Häuser hatte das wirklich den Charakter eines Heuschreckenschwarms. Und was die Sprüche angeht - tja, das ist eben so. Wenn der Hausherr zum zehnten Mal innerhalb einer Stunde erklären muss, wie der Fußboden des Kellers restauriert wurde, dürfte das auch nicht viel weniger nervend sein.
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drsno,
Montag, 1. Oktober 2007, 15:55
Schwanzvergleich mit Mauerwerksdicken?
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richard graf rappoldstein,
Montag, 1. Oktober 2007, 17:32
Darf ich da schnell die Stichworte Anzahl Linden, Eiben, Eichen und Latifundiengrösse in Hektarangabe in den Raum werfen .....
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donalphons,
Montag, 1. Oktober 2007, 17:54
Augenblicke der Weltgeschichte, das zählt wirklich.
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donalphons,
Montag, 1. Oktober 2007, 18:15
Diese nordischen Unter, die wo vom Ober geschlagen werden, verschtehn des doch neda.
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richard graf rappoldstein,
Montag, 1. Oktober 2007, 19:07
Esskastanien. Geht nichts über einDutzend .....
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