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Heute wurden mir zum Frühstück die Salzburger Nachrichten offeriert - was ich eigentlich ganz nett finde, man muss in Österreich ja immer Angst haben, dass einen das Gegenüber mit dem Angebot der Krone beleidigt. Dennoch, die Zeitungskrise macht auch vor Österreich nicht halt, und wenn das die Zukunft der Printmedien ist, dann ist diese Zukunft Geschichte:




Statt einem Aufmacher über Al Gore war da nur Werbung. Eine ganze Seite für einen Mobilfunkanbieter. Sonst nichts, keine Nachricht, keine Information, kein redaktioneller Text. Nur Werbung. Da sieht man, wer inzwischen in Wirklichkeit der Kunde ist, an den man sich in den Medien hält: Die Werbung. Die dummdreiste Belästigung des Handelsblatts, erst mal die komplette Website mit einer Anzeige zu verbauen, lässt sich offensichtlich auch auf Print übertragen. Inhalt? Braucht kein Medienmensch. Werbung ist das Elexier, das den Betrieb am Laufen hält, das Gift, nach dem die Adern der Vertriebler schreien, Werbung ist alles, die Nummer 1., ich hoffe für die Salzburger Nachrichten, dass sich diese Beleidigung der Leser wenigstens finanziell gelohnt hat, aber schön, schön finde ich das überhaupt nicht. Auch nicht während einer Prinzkrise. So macht man sicn den Markt kaputt. Betrifft übrigens leider auch mein österreichisches Hausblatt, den Standard, wie ich in Wien sehen durfte. Da nervt es besonders.

Alle weiteren Missgeschicke aus Österreich finden sich unschön hier und besonders mich selbst betreffend hier im GT-Blog.

Samstag, 13. Oktober 2007, 20:52, von donalphons | |comment

 
Das ist nichts Neues
Es gibt Zeitungen, die machen das. Helsingin Sanomat, die leitende seriöse Tageszeitung Finnlands, macht das, so lange ich sie kenne - 1992. Immer nur Werbung auf der Titelseite. Inhalt auf der Titelseite ist für Boulevard-Lumpenblätter wie 'Iltalehti'.

Ich habe sogar in Seurasaari, dem großen Freilichtmuseum auf einer Insel in einer Bucht in Helsinki, ein altes Bauernhaus vom Anfang des 20. Jahrhunderts besichtigt, da waren die Wände einiger Räume mit alten Ausgaben der Helsingin Sanomat tapeziert. Von 1912; da war Finnland noch Teil des russischen Reiches. Jugendstil war in, die Olympiade fand in Stockholm statt. Großfürst Dmitri Pawlowitsch gewann dabei im Reiten.

Auf der Titelseite der Helsingin Sanomat war - Werbung! Astreine, stilsichere Jugendstilwerbung.-

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Ja, aber sicher nicht komplett Werbung, wie bei einem billigen Anzeigenblättchen, nehme ich an.

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Die ganze Titelseite. Komplett Werbung. Kein redaktioneller Inhalt.

Redaktionellen Inhalt findet man drinnen, und er ist auf höchstem Niveau. Selten jedoch besteht die Titelseite aus nur einer einizigen Anzeige - das ist zu teuer. Meistens ist es Stückwerk, Angebote von Supermärkten, dergleichen.

Leider haben sie keine Titelseite auf ihrer Webseite, sonst könnte ich das Prinzip mal herzeigen.

Das e-Paper kostet nen Euro; das ist mir die Werbung nicht wert.-

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dantonbln
Dieses skurrile Phänomen der finnischen Tageszeitung war bislang im deutschen Sprachraum eigentlich unbekannt. Ich kann mich aber daran erinnern, daß die Anzeigenakquisiteure deutscher Blätter schon länger gierig ins Land der Elche schielen. Zaghafte Versuche gibt es in Berlin mit halbseitigen Anzeigenumschlägen (z.B, Tagesspiegel), dies aber nur für die Auflage der sogenannten "Sonderverkäufe", die von den Kunden quasi aufgekauft wird und in die verbreitete Auflage mit eingerechnet wird. Der Anzeigenkunde zahlt also dafür, daß die Auflage steigt und in der Konsequenz dann auch die Anzeigenpreise. Nicht ungeschickt :-)

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Doch, gabs auch hierzulande schon. Meine Regionalzeitung hat bereits die Frechheit besessen, die komplette Titelseite plus Seite 2 einer Elektromarktkette zu widmen und erst ab Seite 3 die eigentlichen Titel zu bringen.

Und nun ist es nicht mehr meine Regionalzeitung.

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Es gibt Zeitungen, die machen das. Helsingin Sanomat, die leitende seriöse Tageszeitung Finnlands, macht das, so lange ich sie kenne - 1992

Das liegt an den einsamen finnischen Nächten ... und am Alkoholismus.

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Den Hesari (das ist die Slang-Abkürzung, so wie hier 'FAZ' oder 'WamS' als Wort ausgesprochen) hat das überhaut nicht geschadet; die haben immer noch Niveau, Abonnenten und Einfluß.

Aber sie machen das schon immer - wie gesagt, das älteste derartige Exemplar, das ich gesehen habe, war von 1912. Ich glaube, wenn die Helsingin Sanomat plötzlich redaktionelle Artikel auf der Titelseite hätten, dann wäre ganz Finnland für mindestens eine Woche zutiefst geschockt.

Dann würden sie saufen!!

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Standard-Konkurrent Presse bot auf der ersten Seite beides: den Aufmacher über Al Gore und 3-Werbung. (Diese beiden Zeitungen haben zuvor schon mehrmals die Seite eins verkauft, ohne sich viel zu schaden.)

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Bei der Presse wäre ich nicht mal überrascht, wenn sie die erste Seite Werbung für die NPD schalten würden. Zum Sondertarif.

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Die Zauberworte sind: Qualität und redaktionelle Unabhängigkeit. Das scheint bei den Finnen zu funktionieren. Mir ist ehrliche Werbung auf Seite Eins u n d qualitativer Inhalt lieber als verschleierte PR und langweilige Texte. Und letzteres beschreibt ja wohl viel Elend bundesdeutscher Zeitungslandschaft.

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