Frühstück bei D.
Hätte Truman Capote das Pech gehabt, nicht in New York, sondern in München zu schreiben, würde ihn heute keiner mehr kennen. Denn damals gab es in München noch keine Dependance von Tiffany, Holy Golightly hätte mit ihrem Lebenswandel in Kapitel 2 den Staatsschutz auf den Plan gerufen, und zum Frühstück hätte jeder Lektor des Verlages empfohlen, doch, wenn dann, bitte gleich zu Dallmayr zu gehen. Frühstück bei Dallmayr hätte das Buch dann geheissen, und die Kulturtotalitaristen der deutschen Fäuletons hätten die Nase gerümpft und darauf verwiesen, dass ihre protegierten, triefnasigen Gefühlsduselchen die wahre Tiefe hätte, die Capote zwingend abginge, was man schon am Titel erkennen könne - der dann auch das einzige gewesen wäre, was sie nach Deutscher Kulturtotalitaristen Altem Herkommen gelesen hätten. Das Buch wäre ein mittelprächtiger Misserfolg gewesen, Capote wäre nach Berlin gegangen und hätte in seiner Vorneuköllner Bruchbude an der Castingallee existenziellen Müll geschrieben, die Kritiker hätten ihn gelobt und nach dem dritten Buch mit 50 verkauften Exemplaren vergessen.
Dabei ist Dallmayr ein wirklich reizender Ort. In einigen weniger guten Tagen - Magisterarbeit etwa - erkannte man meinen Zustand an der Menge des angehäuften Dallmayr-Tees in meiner Küche. Je übler meine Laune, je grösser der Durchhänger, desto öfter trieb es mich in diesen Tempel des Genusses, vollgestopft mit dem Fleisch des besten Westens, in Chanel und Loden-Frey, behängt mit schweren, weissen Tüten, und den feinen, mit spitzen Fingern Mitbringsel tragenden Asiatinnen, bei denen die grosse Halle mit ihren Spitzbögen längst zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört, statt an meinen kargen Rechner. Ein paar Jahre später hatte ich gleich um die Ecke mit einem wirklich üblen Startup und unbelehrbaren Gründern zu tun, die durchaus die Blaupause für heutige Web2.Nullchecker hätten sein können - da wuchsen meine Teebestände wieder kurz, aber dramatisch an. Was für andere Gestalten dieser schwarzen Tage der teure Rotz der Tanke gegenüber war, war für mich dank der Nähe der Gang zum Dallmayr - während, auch das soll nicht vergessen werden, die Gründer den Prakti zum Burgerbrater schickten, bis der einem Kampfradler zum Opfer fiel. Dallmayr ist also nachweislich in jeder Hinsicht gesünder, wenngleich, siehe oben, für Literaten mit Gefallsucht gefährlich.
Vorgestern, gestern, heute, morgen und übermorgen sind wieder so Tage und Nächte, die mich sprachlos vor der Dummheit des Menschen erstarren lassen, und nein, es macht keinen Spass, nach der Gesellschafterversammlung das Gebäude unter Observation zu verlassen, weil man instant und kollektiv Hausverbot bekommt für freche Wahrheiten, die die Haifische den Herrn Initiatoren verabreichen, während unten zufällig "jemand" das ein oder andere Haifischtransportmittel mit einem spitzen Gegenstand verziert hat, Signaturen der Gier und Vorgeschmack auf Harpunen, die man nicht zwingend von der falschen Seite erleben möchte. Da sind wir wieder in der Munich Area, da wird mit Gewalt gegen Dingen signalisiert, dass der Zeitpunkt der Gewalt gegen Menschen und andere Haifische nicht fern ist, und selbst, wenn ich dann wie heute unten bleibe und aufpasse, ist das auf einen ausgerichtete Kameraarsenal nicht wirklich ein Quell der reinen Freude. Ich bin nun sicher oft aufgezeichnet in den tiefen Datenbanken des grossen Ganoven, äusserlich feixend und in die Kamera winkend - ich grüsse meine Oma, die natürlich wie immer recht hatte, als sie sagte, als Vermieter lebt man gut genug, wozu soll man sich noch anderweitig anstrengen? - aber innerlich bin ich schon wieder auf dem Radl der Sekretärin, und fahre vom Büro zum Dallmayr, um mich mit Tee, genauer den Sorten No. 3 und 17, zu beschenken. Den anderen bringe ich natürlich auch was mit. Vom Burgerbrater.
Es wird Zeit, dass ich mein nächstes Buch schreibe.
Dabei ist Dallmayr ein wirklich reizender Ort. In einigen weniger guten Tagen - Magisterarbeit etwa - erkannte man meinen Zustand an der Menge des angehäuften Dallmayr-Tees in meiner Küche. Je übler meine Laune, je grösser der Durchhänger, desto öfter trieb es mich in diesen Tempel des Genusses, vollgestopft mit dem Fleisch des besten Westens, in Chanel und Loden-Frey, behängt mit schweren, weissen Tüten, und den feinen, mit spitzen Fingern Mitbringsel tragenden Asiatinnen, bei denen die grosse Halle mit ihren Spitzbögen längst zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört, statt an meinen kargen Rechner. Ein paar Jahre später hatte ich gleich um die Ecke mit einem wirklich üblen Startup und unbelehrbaren Gründern zu tun, die durchaus die Blaupause für heutige Web2.Nullchecker hätten sein können - da wuchsen meine Teebestände wieder kurz, aber dramatisch an. Was für andere Gestalten dieser schwarzen Tage der teure Rotz der Tanke gegenüber war, war für mich dank der Nähe der Gang zum Dallmayr - während, auch das soll nicht vergessen werden, die Gründer den Prakti zum Burgerbrater schickten, bis der einem Kampfradler zum Opfer fiel. Dallmayr ist also nachweislich in jeder Hinsicht gesünder, wenngleich, siehe oben, für Literaten mit Gefallsucht gefährlich.
Vorgestern, gestern, heute, morgen und übermorgen sind wieder so Tage und Nächte, die mich sprachlos vor der Dummheit des Menschen erstarren lassen, und nein, es macht keinen Spass, nach der Gesellschafterversammlung das Gebäude unter Observation zu verlassen, weil man instant und kollektiv Hausverbot bekommt für freche Wahrheiten, die die Haifische den Herrn Initiatoren verabreichen, während unten zufällig "jemand" das ein oder andere Haifischtransportmittel mit einem spitzen Gegenstand verziert hat, Signaturen der Gier und Vorgeschmack auf Harpunen, die man nicht zwingend von der falschen Seite erleben möchte. Da sind wir wieder in der Munich Area, da wird mit Gewalt gegen Dingen signalisiert, dass der Zeitpunkt der Gewalt gegen Menschen und andere Haifische nicht fern ist, und selbst, wenn ich dann wie heute unten bleibe und aufpasse, ist das auf einen ausgerichtete Kameraarsenal nicht wirklich ein Quell der reinen Freude. Ich bin nun sicher oft aufgezeichnet in den tiefen Datenbanken des grossen Ganoven, äusserlich feixend und in die Kamera winkend - ich grüsse meine Oma, die natürlich wie immer recht hatte, als sie sagte, als Vermieter lebt man gut genug, wozu soll man sich noch anderweitig anstrengen? - aber innerlich bin ich schon wieder auf dem Radl der Sekretärin, und fahre vom Büro zum Dallmayr, um mich mit Tee, genauer den Sorten No. 3 und 17, zu beschenken. Den anderen bringe ich natürlich auch was mit. Vom Burgerbrater.
Es wird Zeit, dass ich mein nächstes Buch schreibe.
donalphons, 20:01h
Mittwoch, 17. Oktober 2007, 20:01, von donalphons |
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holgi,
Mittwoch, 17. Oktober 2007, 20:38
Ich bitte darum :)
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donalphons,
Mittwoch, 17. Oktober 2007, 20:38
Ich und meine grosse Klappe... erst mal das Jochpassrennen und die letzte Silverettarunde :-)
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zwischenspeicher,
Mittwoch, 17. Oktober 2007, 20:59
Deine Oma ist sehr weise. Meine Vermieterin vor Jahren in A... hieß "Goldhausen" und besaß zwei komplette Straßenzüge mit Studentenwohnungen.
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donalphons,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 20:55
Dann weisst Du ja, was ein guter Berufszweig mit Zukunft ist. In 20 Jahren dann umbauen zu Seniorenresidenzen, und de Wiesn is gmahd.
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helgab.,
Mittwoch, 17. Oktober 2007, 23:12
Das schöne ist, es rettet einen manchmal tatsächlich den Tag, mit der kleinen weissen Papiertüte heimzugehen - ein Packerl Tee drin oder Kaffee. Oder auch nur eine Tafel Schokolade.
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abulafia,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 00:03
deine Oma ist wirklich mit Verstand gesegnet....und wenn ich einen hinweis geben darf: probier mal die Nr.21
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first_dr.dean,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 00:07
Don, mach lieber ein schmales Novellen-Heft. Das geht nicht so ins Gemüt - und ich glaube, diese Form passt zu Dir und den Geschichten, die Du gerne schreiben und erzählen würdest.
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donalphons,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 20:51
Ich mach jetzt erst noch mal ein Fresspaketerl - alles andere später :-)
Und Grossmutter hat natürlich immer recht!
Und Grossmutter hat natürlich immer recht!
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pretzel_logic,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 02:28
Lodenfrey
Egal ob Großmuttern oder Tanten, beim Hineinhelfen in die Mäntel derselben blickte ich immer auf diese Etiketten.
Ist das zwischen Lech und Inn immer noch Standard?
Ist das zwischen Lech und Inn immer noch Standard?
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donalphons,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 20:53
Irgendwie schon. Da weiss man halt, was man bekommt, und andere wissen es auch, wenn sie es sehen.
Meins wäre es nicht, dazu kenne ich gewisse Leute zu gut. Gut, dass ich damals kein Blog hatte. *hüstel*
Meins wäre es nicht, dazu kenne ich gewisse Leute zu gut. Gut, dass ich damals kein Blog hatte. *hüstel*
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martin_,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 12:01
Oh je,
hätte ihm der Herr Lektor des Verlags doch, wenn, dann wenigstens die Kommasetzung beibringen können bevor er ein Buch schreibt. ;)
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donalphons,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 20:52
Jo mei, der muss dann schon genug leiden, da muss man dem Elend nicht vorgreifen.
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che2001,
Donnerstag, 18. Oktober 2007, 12:24
Transskribiert auf Hamburg wäre das dann vielleicht Frühstück im Frischeparadies, in Bremen Frühstück bei Dimitri oder Frühstück im Wiener Hofcafé, in Amsterdam Frühstück am Greiteplein, in London Frühstück in Covent Garden. Auf Dein nächstes Buch freue ich mich!
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sanchoz,
Freitag, 19. Oktober 2007, 13:08
haifische, immer wieder haifische...ich komme nicht aus der branche deswegen frage ich, wen bzw. welchen berufsstand meinst Du damit?
ich kann mir zwar schon meinen teil denken, aber die genaue bedeutung hat sich mir aus deinen Beiträgen noch nicht wirklich erschlossen :)
ich kann mir zwar schon meinen teil denken, aber die genaue bedeutung hat sich mir aus deinen Beiträgen noch nicht wirklich erschlossen :)
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