Real Life 05.11.04 - Wanderung in der Mark Pankow

Gleich hinter dem Bahngleis ist der ehemalige Todesstreifen, und mitten drin stehen alte, spätstalinistische Gebäude, mit einem letzten Anflug von klassischer Moderne, wahrscheinlich Stasi oder Volksarmee.



Das Areal ist mit Stacheldraht eingezäunt, der Weg dorthin, zwischen zwei Schienensträngen und vorbeiratternden S-Bahnen, ist vom Alter zerrissen und verschwindet Brocken für Brocken im Sand. Niemand kümmert sich um den Komplex. Es gibt wahrscheinlich eine Behörde, die zuständig ist, aber das heisst nicht, dass sie sich jenseits der normierten Einzäunens mit ISO-Irgendwas-Draht in Standardhöhe zuständig fühlt. Die Mauern sind an allen erreichbaren Stellen mit Grafitti übersprüht, aber die Kasernen sind hoch genug, um noch immer ihr originales graubraungelb zu zeigen.

Weiter hinten dann, wenn der Zaun vorbei ist, kommt wieder der Müll, der unvermeidliche Begleiter jeder Wanderung in Berlin, die länger als 10 Minuten dauert. Sanitärkeramik, Autoreifen, Plastikflaschen in kaufmichbunt, Fragmente von Möbeln und immer wieder Papier und Dosen. Dazwischen ein scheinbar intaktes Fahrrad, und ein am Zaun, auf einer Matratze, wahrscheinlich die Besitzerin, ein trotz der Kälte bauchfreies Mädchen und noch eines mit Rollerblades an den Füssen, vielleicht 12 oder 13 Jahre alt, wenn überhaupt. Sie rauchen ungeschickt Joints, und als sie mich bemerken, sehen mich erschrocken an, aber ich nehme sofort die Kamera zur Seite, drehe mich um und gehe über den zerborstenen Weg hinunter zum grauen Asphalt. Falls die beiden sich was aufgeregt zuflüstern, könnte ich es nicht hören, denn in diesem Moment senkt sich der Lärm eines landenden Flugzeuges über das Niemandsland.

Die Passagiere, die dann in Tegel aussteigen, können sich der Illusion hingeben, dass sie gerade über eine Art Grünfläche angeschwebt sind. Vielleicht gehen sie heute Abend noch Essen, in eine bessere Gegend, trinken zu viele Cocktails und reden über den Flair der Hauptstadt.

Freitag, 5. November 2004, 19:06, von donalphons | |comment

 
Irgendwie...
... schon eigenartig, wie Berlin auf Teufel komm' raus den Stempel einer versifften & hippen, trostlosen & trendigen, charmanten & abtörnenden Stadt aufgedrückt bekommen soll.
Hoffentlich nicht zuviel, sonst suckt nicht nur Mitte http://www.mittesucks.com/

Is' doch einfach nur ne Stadt. Ne Große halt...

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GACKER! METRONAUT! NEEIIIN! GEIIIL!
Hey, das sind doch die Typen von Metronaut, die 2000 das ULTIMATIVE Internet-Magazin für die Stadt machen wollten und dann letztendlich der Palmi Content AG in München aufgesessen sind, für die sie dann Content liefern sollten, den Palmi über die Tanto AG verkloppen wollte *SCHREI*

Und die machen jetzt Mitte Sucks? Hey, das waren doch selbst so "Wir beuten uns jetzt aus und finden das grossartig weil spätestens in einem Jahr sind wir die Grössten"-Typen; mittiger als deren Posertum ging es doch gar nicht (zumindest aus unserer kleinen Schwabinger Munich Area Sicht auf die Berlin Region). Und die gibt´s noch? Die waren doch zwischenzeitlich mal eingestellt... naja, alle kriechen sie irghendwann wieder aus den Löchern und hoffen, dass die alten Pleiten vergessen sind.

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Aus dem geheimen DCT-Archiv
Wir haben sie, die Leichen!

Liebe Leser,
wir haben vor einiger Zeit aufgehört Metronaut zu aktualisieren, da eine Fortführung des Projekts uns in eine böse finanzielle Lage gebracht hätte. Und bevor wir unsere Bilanzen fälschen, hören wir lieber auf.

Die Redaktion hat sich in alle Winde zerstreut, und vielleicht wird euch ja der eine oder andere Artikel von Metronaut-Redakteuren in anderen Medien über den Weg laufen.

Euch alles Gute
- don´t believe the Hype.

Die Redaktion

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Nunja,
mittesucks ist eine uralte "Aktion", aus 2001.
Initiator war Ben Becker inkl. des dazugehörigen T-Shirts.

http://www.taz.de/pt/2001/09/10/a0146.nf/text.ges%2C1
http://www.taz.de/pt/2003/07/01/a0229.nf/text.ges%2C1

Mitte wurde auch mal so beschrieben wie oben Berlin.
Und jetzt flanieren Pärchen aus dem Ruhrpott (er mit blankpolierten Mafiaslippern, sie mit ledernem Minirucksack), versprengte Werber und Rentner (wollen nochmal jung sein und der Stadtführer hat gesagt, dass man das in Mitte sein kann) durch Mitte.

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Ah ja, September 01. Damals waren die Palmis mitsamt Tanto praktisch schon vom Markt gefegt, Palmi, weil sie sich auf einen Krieg eingelassen hatten, den sie verlieren mussten :-) Danach ist die Firma auseinandergebrochen, Gründer weg, Redaktion weg, Internetradio-per-UMTs-Visions auf dem Müll.

However, unter Metronaut.de ist immer noch eine "Agentur für strategische Komminikation" angegeben.

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Man müsste denen wirklich mal hinterher recherchieren, was aus denen wurde. Tanto-Chefin, eigentlich eine ganz Nette: Produktentwicklerin bei einer Telco. Palmi: Ein Cafe in einer Schwabinger B-Lage. Bianca Theurer: pkonzepta-Gründung 2002, PR-Agentur/Selbstständige, Website inzwischen abgeschaltet. Fabienne Fontaine - Google sagt nichts. Und so weiter...

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Ben Becker saugt aber auch gewaltig
Das verdrehte an der Sache ist, dass das bashing hauptsaechlich von zugezogenen/Teilzeitberlinern kommt. Die anderen ca. 3,5 Mio nehmen an dem Geschwaetz kaum Anteil oder sind schon vor 10 Jahren auf irgendeine Alm gezogen. so who cares?

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Der durch Stasi- und Baubarondiktatur gegangene "Berliner" sieht doch den ganzen Dreck schon längst nicht mehr, wie die Assimili-Tanjas, die daheim die Fassade des tollen Lebens aufrecht erhalten müssen.

Nur eines moch: Das hier ist kein Bashing. So sieht es dort aus, so war das dort heute.

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ja und? Ruinen der Vergangenheit
sieht man doch allerorten. Glaub mir, auch das bayerische Idyll wird zum 50. Jahrestag von Hartz IV keins mehr sein. Insoweit ist die hiesige Landschaft für andere Bundesbewohner vorweg genommen.

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Es wird immer Verlierer und Gewinner solcher Entwicklungen geben. Und bayern tut jetzt schon alles, um in 50 Jahren auf der richtigen Seite zu sein. Die haben Jahrzehnte Erfahrung im Ausbluten und Erpressen der Republik, in Bestechlichkeit und im Aufhübschen der eigenen Bilanz. Da kommt der Boom von ganz allein.

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Welcher Boom?
Der an den alle sog. Wiwis glauben?
Warten wir es ab....

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Der Boom, den die Staatsregierung vorgeben wird, und den dann alle herbeischreiben, weil sie ihn alle brauchen, die Medien, die Politiker, die Unternehmer, die Berater und Anwälte. Die haben jetzt lang genug gelitten, die wollen wieder Cash.

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Diese Art von Umverteilung
ist in den sog. Wachstumsregionen ein paar Längengrade östlich wesentlich effektiver zu haben. Hier sind die Brandmale auf der Erde noch zu deutlich zu erkennen.

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Du unterschätzt die CSU. Die Leute, so korrupt sie mitunter auch sein mögen, lieben ihre Heimat. Das sind keine Floskeln, das ist tief empfundene Verwurzelung. Und die alten Beziehungen zwischen Mittelstand und Regierung kann man nicht eben mal mit einem Batzen Osteuropaförderung der EU wegkriegen. Spätestens bei der nächsten Kommunalwahl ist man wieder aufeinander angewiesen.

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@ hype
don´t belive the hype war mein lieblingslied als Kind

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Schöne Gegend
Hier hinten, zwischen Karlshorst und Oberschöneweide, gibt's/gab's ein ehemaliges Sowjetkasernengelände (immer genannt "Russengelände"), verlassen und unberührt, gigantischen Ausmaßes, voller düsterer Ruinen, umfangreichsten Gebäudekomplexen, alles, von Exerzierplatz bis zum eingestürzten Theater.

Wirkte wie Tschernobyl oder Tarkowskijs Film "Stalker", diese beiden Assoziationen drängten sich am häufigsten denen auf, mit denen man darin unterwegs war. War für uns Jugend ein prima Setting um kleine Amateurfilme zu drehen (es wird auch behauptet, dass hier Szenen für den amerikanischen Film "Equilibrium" (2002) gedreht worden seien), und die Darsteller meinten dann, als sie jünger waren seien sie hier noch umhergetollt oder auf den Wasserturm geklettert. Der Exerzierplatz war zugleich Schwulenstrich (und an anderen Orten auf dem Gelände fand man zuweilen in diese Richtung gehende Pornographie), ansonsten noch in einigen Hausresten stets herumlungernde düstere drogenabhängige Gestalten und ähnliches Volk.

Seit dort nun im Laufe eines Jahres für eine künftige Nutzung alles abgerissen wurde, trauern wir hier wehmütig um diesen zwar gruseligen aber irgendwie doch reizvollen Ort. Schade. Weg ist der Abenteuerspielplatz / die Filmkulisse / Klein-Tschernobyl.

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Nun ist das eine Gegend für, nun ja, Leute mit einem aussergewöhnlichen Verständnis für Landschaftsgestaltung; manche bevorzugen wohl eher intalte Nator ohne die Reste des 2. und des Kalten Krieges.

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es gibt mehr davon
Jones Lang Lassalle versucht vergeblich solche Hinterlassenschaften in Berlin und der Brandenburger Steppe an den solventen Neueigentümer zu bringen:-)
Kaufpreis 1 Euro und Abraum, dessen fachgerechte Entsorgung zig. Mios verschlingen würde. Nun ja, in weiteren zehn Jahren wird alles zugewachsen sein. Warte es mal ab, bis die Bundeswehr ihre 100 Standorte geschlossen hat. Ich befürchte einen ähnlichen Bewuchs...

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Zum Photgraphieren ist das wirklich nicht ohne. Allein schon die ganzen alten hangars...

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Ist das in dem Dreieck anner Bornholmer?
Habe jeden morgen auf den Todesstreifen und dazugehoerige Schrebergarten geschaut, aus meinem Fenster in Berlin.
Die Osloer ist allerdings ziemlich laut, da wo man ueber die Bruecke duest.

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Manchmal frade ich mich, ob es noch ein berlin ausserhalb des Weddings gibt.

Es ist ein paar Meter südlich der Wollankstrasse.

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Wieso, ist doch ausserhalb!
Noerdlich der Bornholmer ist offiziell Pankow.

Und die Wollankstrasse ist ja genau da, eine weiter von der Bornholmer richtung norden. Da bilden die Gleise auch ein Dreieck, und es ist noch kein Garten angelegt (jedenfalls als ich das letzte mal da war noch nicht).

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