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Donnerstag, 15. Dezember 2005
Es wird Weihnachten
in den Referrern: 4 Search request: leute die sich selbst vergifteten
donalphons, 19:25h
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Real Life 14.12.05 - 18 Karat
Die versteckten Läden und Suterrains in Kreuzberg und Neukölln, in die es kaum Touristen verschlägt, weil schon die Strassenauslage mit dem billigen Modeschmuck und die zertrümmerten Möbel nach Not und Elnd riechen; die finsteren Kellerschläuche voller Staub und abgetretener Teppiche, wo in Kisten alte Rahmen und geborstene Spiegel lagern, die Händler mit den kleinen Gläsern mit gesüsstem Tee, die inmitten von Nerzmänteln, Bronzestatuen und überfüllten Vitrinen auf dich warten und dir einen Cay anbieten - das alles ist dein Jagdrevier, im Bauch der Stadt, die hier nicht weniger schäbig zu sein scheint als überall, aber der Kundige erkennt in all der Enge und der Überfüllung den Luxus vergangener Zeiten, den Wert der Dinge und natürlich auch das harte Verhandeln, das die Clans vor den Verkauf setzen, wo mit Auktionskatalogen argumentiert und mit Schäden die Preise gedrückt werden, ganz so, als sei man ein japanischer Millionär, der sich tausend Euro für ein Lackschälchen leisten könnte - oder der chinesische Schrank sei gar nicht so alt, wie er tue, ein hartes Streiten allein um des Sports willen, und in dieser Jahreszeit oft unterbrochen durch andere Kunden, die ebenfalls zu den Wissenden gehören.
Die meisten sind abgerissen, mit abgetretenen Schuhen und billigen Mänteln, und nichts ausser vielleicht die goldenen Daytona verrät, dass sich der ältere Mann mit den Falten tatsächlich die Barockgemälde leisten kann, die hier gar nicht erst auftauchen, sondern per Telefon verkauft werden. Aber es geht auf das Jahresende zu, da muss etwas besonderes her, was man nicht einfach per Telefon kaufen kann, schliesslich soll es verschenkt werden. Und so gehen einige Schubladen auf, und aus Stofftaschen fällt Üppiges in Gold und Platin, es funkelt wie Strass, aber Strass, das weisst du, gibt es hier unten nicht, nur das Echte, und der Mann mit dem alten Mantel beginnt, den Haufen auf dem Tisch zu durchwühlen, hält Stück für Stück ins Licht, und fragt nebenbei auch nach einem Ozelot, der gekommen sein soll.
Es ist, so hörst du nebenbei, als du ein barockes Stilleben inspizierst, vor nicht langer Zeit eine Schauspielerin alt, vergessen und einsam gestorben inmitten des Prunkes ihrer frühen Jahre, und obwohl sie verfettet war, konnte erst der Tod sie trennen von den Pelzen, die allenfalls einer junge Frau gepasst haben und die in den 60er Jahren, der Blüte des Wirtschaftswunders in Berlin für Furore gesorgt haben dürften, nebst all den breiten Goldbändern, die jetzt hier im Keller verhandelt werden. 18 Karat, darunter ging früher und geht auch heute nichts. Das tragische, sagt der Käufer, sei diese Zeit an sich, man könne dergleichen nur noch in Zürich oder Genf tragen, aber keinesfalls hier in Berlin, da wäre es geradezu gefährlich mit all den Tierschützern, Neidern und sonstigem Pack, den Rolls lasse er auch immer stehen und komme mit dem Taxi.
Er greift wieder in das getüpfelte Fell, fragt deine kleine Schwester, ob es ihr als Frau gesprochen gefallen würden, findet nach ihren Zweifeln die 8.000 zu teuer und der Händler, eingekeilt zwischen den Argumenten deiner missratenen Verwandtschaft und den Hinweisen auf alte, gute Beziehungen, windet sich und gibt doch noch etwas Rabatt für den Ozelot. Dann werfen sie ein Armband auf eine Briefwaage, die sofort in die Knie geht, debattieren über die Feinjustierung und rechnen mit dem Goldpreis nach.
Du gehst wieder nach hinten, zu einem venezianischen Spiegel, und betrachtest den Typen da drin sehr genau, ob da keine Ähnlichkeiten sind, ob du tatsächlich so anders bist, wie du sein möchtest; nicht unbedingt in der Kaufkraft, aber einfach, was die Art angeht, das Wesen, denn auch du kommst nicht im schwarzen Anzug, auch du sagst Pelzträgerinnen nicht ins Gesicht, was du davon hältst, zumindest nicht in der ganzen Schärfe, so weit weg ist der nicht von deiner sozialen Klasse, es ist die Berliner Version dessen, was du von daheim kennst, und es wäre schön, wenn es irgendetwas geben würde, das dir garantiert, dass du nie so werden wirst.
Das ist ein Prunkstück, sagt der Händler, der deinen Blick falsch interpretiert, und fügt hinzu, dass er von einem Händler dafür 1.800 nehmen würde, aber er hängt jetzt schon so lange da, seit er dich kennt, und wenn du ihn willst, könntet ihr reden, schliesslich ist Weihnachten und er ist bereit, dir eine Freude zu machen - letztlich, das sei hier verraten, hat ihn deine kleine Schwester dann gekauft, und ob sie beim Blick hinein je zweifeln wird, ist eine andere Frage.
Die meisten sind abgerissen, mit abgetretenen Schuhen und billigen Mänteln, und nichts ausser vielleicht die goldenen Daytona verrät, dass sich der ältere Mann mit den Falten tatsächlich die Barockgemälde leisten kann, die hier gar nicht erst auftauchen, sondern per Telefon verkauft werden. Aber es geht auf das Jahresende zu, da muss etwas besonderes her, was man nicht einfach per Telefon kaufen kann, schliesslich soll es verschenkt werden. Und so gehen einige Schubladen auf, und aus Stofftaschen fällt Üppiges in Gold und Platin, es funkelt wie Strass, aber Strass, das weisst du, gibt es hier unten nicht, nur das Echte, und der Mann mit dem alten Mantel beginnt, den Haufen auf dem Tisch zu durchwühlen, hält Stück für Stück ins Licht, und fragt nebenbei auch nach einem Ozelot, der gekommen sein soll.
Es ist, so hörst du nebenbei, als du ein barockes Stilleben inspizierst, vor nicht langer Zeit eine Schauspielerin alt, vergessen und einsam gestorben inmitten des Prunkes ihrer frühen Jahre, und obwohl sie verfettet war, konnte erst der Tod sie trennen von den Pelzen, die allenfalls einer junge Frau gepasst haben und die in den 60er Jahren, der Blüte des Wirtschaftswunders in Berlin für Furore gesorgt haben dürften, nebst all den breiten Goldbändern, die jetzt hier im Keller verhandelt werden. 18 Karat, darunter ging früher und geht auch heute nichts. Das tragische, sagt der Käufer, sei diese Zeit an sich, man könne dergleichen nur noch in Zürich oder Genf tragen, aber keinesfalls hier in Berlin, da wäre es geradezu gefährlich mit all den Tierschützern, Neidern und sonstigem Pack, den Rolls lasse er auch immer stehen und komme mit dem Taxi.
Er greift wieder in das getüpfelte Fell, fragt deine kleine Schwester, ob es ihr als Frau gesprochen gefallen würden, findet nach ihren Zweifeln die 8.000 zu teuer und der Händler, eingekeilt zwischen den Argumenten deiner missratenen Verwandtschaft und den Hinweisen auf alte, gute Beziehungen, windet sich und gibt doch noch etwas Rabatt für den Ozelot. Dann werfen sie ein Armband auf eine Briefwaage, die sofort in die Knie geht, debattieren über die Feinjustierung und rechnen mit dem Goldpreis nach.
Du gehst wieder nach hinten, zu einem venezianischen Spiegel, und betrachtest den Typen da drin sehr genau, ob da keine Ähnlichkeiten sind, ob du tatsächlich so anders bist, wie du sein möchtest; nicht unbedingt in der Kaufkraft, aber einfach, was die Art angeht, das Wesen, denn auch du kommst nicht im schwarzen Anzug, auch du sagst Pelzträgerinnen nicht ins Gesicht, was du davon hältst, zumindest nicht in der ganzen Schärfe, so weit weg ist der nicht von deiner sozialen Klasse, es ist die Berliner Version dessen, was du von daheim kennst, und es wäre schön, wenn es irgendetwas geben würde, das dir garantiert, dass du nie so werden wirst.
Das ist ein Prunkstück, sagt der Händler, der deinen Blick falsch interpretiert, und fügt hinzu, dass er von einem Händler dafür 1.800 nehmen würde, aber er hängt jetzt schon so lange da, seit er dich kennt, und wenn du ihn willst, könntet ihr reden, schliesslich ist Weihnachten und er ist bereit, dir eine Freude zu machen - letztlich, das sei hier verraten, hat ihn deine kleine Schwester dann gekauft, und ob sie beim Blick hinein je zweifeln wird, ist eine andere Frage.
donalphons, 16:30h
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Dirt Picture Contest - Westprodukt
Das Beispiel der Rotkäppchen-Flasche macht Schule und liefert weniger als 10 Metern den Beweis für die Broken-Window Theorie: Im Fensterrahmen auf der anderen Seite des Gebäudes wurde ein äusserlich unversehrter, innerlich jedoch sicher unbrauchbarer Agfa-Scanner deponiert.
Es wird ein Wettlauf in Zeitlupe stattfinden um diesen Scanner zwischen dem Freizeit-Hool dieses Ausgehviertels - wir befinden uns schliesslich dort, wo der Bär tanzt und die Mieten für Berliner Verhältnisse abnormal hoch sind - der Stadtreinigung, die sich hierher nur selten wagt, falls es sie überhaupt noch gibt, und den Technikverwertern, die dergleichen auf dem Trödel wieder an dem Mann bringen, mit dem Versprechen, dass der noch geht, nur hat der Sohn jetzt eine Digicam und braucht den nicht mehr, Superpreis, garantiert.
Der Hool dagegen wird den Scanner zu Boden werfen, sich am Geräusch des zersplitternden Glases erfreuen und das Plastikgehäuse erbärmlich zu Klump treten. Insofern ist er der natürliche Feind der Stadtreinigung in diesem Wettlauf, denn das garantiert den langfristigen Verbleib des Scanners im Kiez und zwingt sie, irgendwann doch anzurücken. Vielleicht aber, wenn sie nicht kommt, bleibt er auch auf immer, denn immer neue Hools werden darauf rumtreten, ihn wie ein Mahlwerk in immer kleinere Brocken zerteilen, die dann irgendwann die Ritzen zwischen den zerborstenen Gehsteigplatten füllen und mit hineingetretenem Hundekot und Menschenkotze versiegelt werden.
Es wird ein Wettlauf in Zeitlupe stattfinden um diesen Scanner zwischen dem Freizeit-Hool dieses Ausgehviertels - wir befinden uns schliesslich dort, wo der Bär tanzt und die Mieten für Berliner Verhältnisse abnormal hoch sind - der Stadtreinigung, die sich hierher nur selten wagt, falls es sie überhaupt noch gibt, und den Technikverwertern, die dergleichen auf dem Trödel wieder an dem Mann bringen, mit dem Versprechen, dass der noch geht, nur hat der Sohn jetzt eine Digicam und braucht den nicht mehr, Superpreis, garantiert.
Der Hool dagegen wird den Scanner zu Boden werfen, sich am Geräusch des zersplitternden Glases erfreuen und das Plastikgehäuse erbärmlich zu Klump treten. Insofern ist er der natürliche Feind der Stadtreinigung in diesem Wettlauf, denn das garantiert den langfristigen Verbleib des Scanners im Kiez und zwingt sie, irgendwann doch anzurücken. Vielleicht aber, wenn sie nicht kommt, bleibt er auch auf immer, denn immer neue Hools werden darauf rumtreten, ihn wie ein Mahlwerk in immer kleinere Brocken zerteilen, die dann irgendwann die Ritzen zwischen den zerborstenen Gehsteigplatten füllen und mit hineingetretenem Hundekot und Menschenkotze versiegelt werden.
donalphons, 10:12h
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