Dirt Picture Contest - Westprodukt

Das Beispiel der Rotkäppchen-Flasche macht Schule und liefert weniger als 10 Metern den Beweis für die Broken-Window Theorie: Im Fensterrahmen auf der anderen Seite des Gebäudes wurde ein äusserlich unversehrter, innerlich jedoch sicher unbrauchbarer Agfa-Scanner deponiert.



Es wird ein Wettlauf in Zeitlupe stattfinden um diesen Scanner zwischen dem Freizeit-Hool dieses Ausgehviertels - wir befinden uns schliesslich dort, wo der Bär tanzt und die Mieten für Berliner Verhältnisse abnormal hoch sind - der Stadtreinigung, die sich hierher nur selten wagt, falls es sie überhaupt noch gibt, und den Technikverwertern, die dergleichen auf dem Trödel wieder an dem Mann bringen, mit dem Versprechen, dass der noch geht, nur hat der Sohn jetzt eine Digicam und braucht den nicht mehr, Superpreis, garantiert.

Der Hool dagegen wird den Scanner zu Boden werfen, sich am Geräusch des zersplitternden Glases erfreuen und das Plastikgehäuse erbärmlich zu Klump treten. Insofern ist er der natürliche Feind der Stadtreinigung in diesem Wettlauf, denn das garantiert den langfristigen Verbleib des Scanners im Kiez und zwingt sie, irgendwann doch anzurücken. Vielleicht aber, wenn sie nicht kommt, bleibt er auch auf immer, denn immer neue Hools werden darauf rumtreten, ihn wie ein Mahlwerk in immer kleinere Brocken zerteilen, die dann irgendwann die Ritzen zwischen den zerborstenen Gehsteigplatten füllen und mit hineingetretenem Hundekot und Menschenkotze versiegelt werden.

Donnerstag, 15. Dezember 2005, 10:12, von donalphons | |comment

 
Kommende Archäologen werden diese Masse analysieren und zu seltsamen Ergebnissen kommen.

"Eine Substanz, bestehend aus Polystyrol, Magnesium-Glas-und Aluminiumstaub, organischen Eiweißen, Phosphaten und Säuren wurde offensichtlich zum Versiegeln von Pflasterfugen verwendet. Die Deutungen des Sinns dieser Vorgehensweise sind kontrovers; ins Feld geführt wurde sowohl die These, es handle sich um einen Fugenmörtel, der das Gehwegpflaster vor Sickerwasser schützen und zugleich säurefest machen solle, als auch die Position, es handle sich um Rückstände eines heute nicht mehr sichtbaren Zierlacks. Schliemeyers Annahme, es sei Sondermüll, kann hingegen völlig verworfen werden, da bekannt ist, dass dieser im 21. Jahrhundert auf das Aufwändigste in hochsicheren Deponien entsorgt wurde. Letztlich ist die genaue Konsistenz des Materials nicht mehr rekonstruierbar, da moderne Molekülaggregatoren automatisch die optimale Zustandsform einer Verbindung oder eines Gemenges erzeugen."

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Unsere Zeit wird nicht ausgrabbar sein, denn hute bedeuetet erneuern immer totale Vernichtung bis runter auf den gewachsenen Boden. Angesichts der grossen Mehrheit der Gebrauchskultur ist das seit rund 60 Jahren nicht mehr allzu tragisch. Und die wenigen beständigen Luxusgüter, die es noch gibt, werden schon bewahrt werden, keine Sorge.

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Wenn wir anhand einiger bewahrenswerter Luxusgüter bewertet werden, dann werden die Archäologen in der Zukunft feststellen, das es auf diesem Planeten kein intelligentes Leben gab.:-)

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Das war schon immer so - jeder gräbt gerne im Palast, niemand räumt gerne Kloaken der einfachen Menschen aus. Der Archäologe ist da auch entsprechend gepolt.

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Den Schluss kann man ausbauen
Ursprünglich endet die Prognose so:
...und mit hineingetretenem Hundekot und Menschenkotze versiegelt werden.
Das ist viieel zu harmlos, ja, fast unrealistisch.

...und mit hineingetretenem Geflügelknochen, Hundekot, Dönerresten, Menschenkotze, Katzenejakulat und eiternden Bullshit versiegelt werden.

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Die Liste liesse sich noch erweitern - nur Katzen sind mir dort bislang noch nicht aufgefallen.

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Nicht schön
Ob sich die Füllmasse im Trottoir sich tatsächlich von anderen Städten unterscheidet, könnte man natürlich auch bezweifeln. Hey, Don: Diese Stadt ist an vielen Ecken arm und verarmt weiter. Das sieht nun einmal nicht schön aus. Sowas gibt es auch in anderen Städten - nur halt nicht in dieser Dosis. Dazu kommt, so nenne ich das mal, eine Art allgemeinkultureller Verfall. Verwahrlosung.

Ich kann dir durchaus davon berichten, dass es in Berlin früher anders aussah. Deutlich angenehmer.

Und aus mir gut bekannten kleinen Städtchen, angefüllt mit ignoranten selbstzufriedenen Einwohnern, die vor allem in Ruhe gelassen werden möchten, könnte ich dir hübsche Bildchen oder Filmchen schicken, z.B. von hinkenden Junkies und anderen Elendsgestalten. Oder vom Elend, das hinter bankgeputzten Fassaden unsichtbar bleibt.

Nicht schön.

Berlin ist da ehrlicher.

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Also: Ich schreibe auch nicht nett über München und die bayerische Provinz und Frankfurt und Hamburg. Berlin ist der Slum, dessen Bewohner mit der Umschreibung unzufrieden sind, weil sie es somewhat cool finden, wohingegen die Münchner da recht einsichtig seind, wenn die Stadt als oberflächliche, korrupte, im Geld ersäufte Metropole der kulturellen Geschmacklosigkeit und der politischen Koruption bezeichnet wird.

Das besondere nun an den Bildern der letzten Tage: Sie stammen samt und sonders aus der Lychener Strasse, also dort, wo die Stadt qua Mieten ganz sicher nicht arm ist, oder verwahllost sein müsste. In fact, ich meine inzwischen ein Auge dafür zu haben. Es mag sein, dass manche Bereiche des Weddings verarmt und manche Strassen in neukölln ungepflegt sind, aber so richtig gnadenlos dreckig und müllverseucht ist der Bereich, der allgemein als szenig gilt. Mitte und Prunzlerberg. Da isser, der allgemeinkulturelle Verfall. Zeigt aber auch, dass es so nicht sein müsste. Nenn mich von mir aus erzreaktionär, aber vielleicht verarmt Berlin ja auch, weil es nun mal so selbstzerstöerisch ist, dass viele das niemandem zumuten wollen und woanders hingehen, wenn sie es sich leisten können.

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Nö, Interesse an der eigenen Nachbarschaft finde ich nicht sonderlich erzreaktionär. Ich meine auch, dass Berlin insgesamt besser fahren würde, wenn man sich dort der allgmeinen Verwahrlosung intensiver entgegenstemmen würde.

Wobei: So einfach ist das nicht. Es genügt eine Bande neurotischer Kids, damit diverse Straßenzüge mit "coolen" Tags zugeschmiert werden.

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