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Samstag, 8. März 2008
ma non troppo III: Biagio Marini & Dario Castello
Vor anderthalb Jahren habe ich am Originalschauplatz die Werke von Biagio Marini, eines der wichtigsten Vertreters des sogenannten Stil Moderno in der Nachfolge von Monteverdi gehört. Das ist hier nicht besonders schwer, denn Marini, der in der ersten Hälfte des 17. jahrhunderts als neuer Orpheus galt, verbrachte seine Hauptschaffenszeit weder im heimischen Brescia, noch in Venedig; viel mehr floh er von dort, um 26 Jahre seines Lebens in Neuburg an der Donau zu verbringen und dort zu heiraten. In Neuburg eine Neuburgerin. Nachdem ich am Rand des katastrophengebiets wohne, kann ich über Marini sagen: Genies haben manchmal die verrücktesten Einfälle.
Das Konzert war sehr ansprechend, fast ein wenig schmissig, was nicht überrascht, gilt marini heute doch eher als Schreiber von Gassenhauern, was wohl auch dem säkular-höfischen Umfeld in Bayern geschuldet war, das er mit seinen Kompositionen bediente. Was den Konzertbesucher in die Zeiten des wilden Hoflebens mit seinen Jagden, Festen und kriegerischen Auseinandersetzungen fortträgt, ist nicht unbedingt das, was Musikwissenschaftlern zusagt. Denen dürfte die sehr, sehr kluge und feine Einspielung eines angenehmen Quarschnitts durch das Schaffen Marinis von La Fenice sehr gefallen, die mir der CD-Händler meines Vertrauens heute auf dem Weg zum Wochenmarkt verkaufte:
Ja. Oh ja. Ich liebe Tonträger, die man ohne Stilbruch auf dem Frühstückstisch herumliegen lassen kann, die offen und geschlossen und im Regal einen guten Eindruck machen. Solche CDs sind wie Gäste, die dem Gastgeber zur Ehre gereichen, zumal, wenn ich dergestalt einen Marini entdecken darf, den ich so nicht kannte. Ich bin kein grosser Freund englischer Worte, aber bei dieser Aufnahme hatte ich ständig das Wort "sophisticated" im Kopf. La Fenice holt viel, sehr viel aus den Noten Marinis, arbeitet mit schnellen Wechseln und kontrastreichen Effekten; die Musik ist dabei noch nicht so durchentwickelt wie später unter Lully, Torelli oder Stradella, man merkt die Übergangszeit, in der vieles ausprobiert wird, was später beeinflusst, aber nicht zwingend übernommen wird.
Verkürzt, sehr verkürzt gesagt stehen Marini wie auch Castello für eine Unterordnung der menschlichen Stimme unter die Instrumente; Marini bevorzugte die Geige, und obwohl auf der zweiten CD ein wirklich exzellentes "Exultate Deo" zu finden ist, liegt beim - mutmasslichen - Venezianer Castello der Schwerpunkt auf den Blechbläsern. Ich habe die leise Befürchtung, dass man auf einer schlechten Anlage kaum die manieristische Detailfülle und die Räumlichkeit erfassen kann, die für mich einen grossen Teil der Faszination dieser absolut nicht massenkompatiblen Aufnahme ausmachen: Auf der Castello-CD ist eine Echosonate für Horn zu finden, die gnadenlos aufzeigen dürfte, ob die Boxen wirklich räumlich abbilden können, und die Orgelfundamente bei Marini bringen auch meinen nicht ganz schlechten und meist chronisch unterforderten Tieftöner in ordentliche Leistungsbereiche.
Sehr oft fällt mir beim Hören instinktiv ein, in welcher Lebenslage ich die Musik haben möchte; es gibt Pässe, die verlangen nach Fasch, und Spaziergänge, die nach Händel fragen; bei diesen CDs bin ich mir noch etwas unschlüssig, sie "sprechen" nicht direkt den Bauch an, wie eine sehr kluge, jedoch bewusst nicht allzu verführerische Frau; aber ich weiss, dass sie mir nach ein paar mal Hören sehr, manches gar exzellent gefallen wird. Dass ich dennoch mit so einer unemotionalen und unschlüssigen Haltung meine Empfehlung ausspreche, liegt am Angebot: Das Label Ricercar bietet nicht nur eine Vorhörfunktion im Netz, sondern beide CDs für den Preis von einer an. Ohne, dass darunter Gestaltung, Information oder Qualität leiden würden.
Das Konzert war sehr ansprechend, fast ein wenig schmissig, was nicht überrascht, gilt marini heute doch eher als Schreiber von Gassenhauern, was wohl auch dem säkular-höfischen Umfeld in Bayern geschuldet war, das er mit seinen Kompositionen bediente. Was den Konzertbesucher in die Zeiten des wilden Hoflebens mit seinen Jagden, Festen und kriegerischen Auseinandersetzungen fortträgt, ist nicht unbedingt das, was Musikwissenschaftlern zusagt. Denen dürfte die sehr, sehr kluge und feine Einspielung eines angenehmen Quarschnitts durch das Schaffen Marinis von La Fenice sehr gefallen, die mir der CD-Händler meines Vertrauens heute auf dem Weg zum Wochenmarkt verkaufte:
Ja. Oh ja. Ich liebe Tonträger, die man ohne Stilbruch auf dem Frühstückstisch herumliegen lassen kann, die offen und geschlossen und im Regal einen guten Eindruck machen. Solche CDs sind wie Gäste, die dem Gastgeber zur Ehre gereichen, zumal, wenn ich dergestalt einen Marini entdecken darf, den ich so nicht kannte. Ich bin kein grosser Freund englischer Worte, aber bei dieser Aufnahme hatte ich ständig das Wort "sophisticated" im Kopf. La Fenice holt viel, sehr viel aus den Noten Marinis, arbeitet mit schnellen Wechseln und kontrastreichen Effekten; die Musik ist dabei noch nicht so durchentwickelt wie später unter Lully, Torelli oder Stradella, man merkt die Übergangszeit, in der vieles ausprobiert wird, was später beeinflusst, aber nicht zwingend übernommen wird.
Verkürzt, sehr verkürzt gesagt stehen Marini wie auch Castello für eine Unterordnung der menschlichen Stimme unter die Instrumente; Marini bevorzugte die Geige, und obwohl auf der zweiten CD ein wirklich exzellentes "Exultate Deo" zu finden ist, liegt beim - mutmasslichen - Venezianer Castello der Schwerpunkt auf den Blechbläsern. Ich habe die leise Befürchtung, dass man auf einer schlechten Anlage kaum die manieristische Detailfülle und die Räumlichkeit erfassen kann, die für mich einen grossen Teil der Faszination dieser absolut nicht massenkompatiblen Aufnahme ausmachen: Auf der Castello-CD ist eine Echosonate für Horn zu finden, die gnadenlos aufzeigen dürfte, ob die Boxen wirklich räumlich abbilden können, und die Orgelfundamente bei Marini bringen auch meinen nicht ganz schlechten und meist chronisch unterforderten Tieftöner in ordentliche Leistungsbereiche.
Sehr oft fällt mir beim Hören instinktiv ein, in welcher Lebenslage ich die Musik haben möchte; es gibt Pässe, die verlangen nach Fasch, und Spaziergänge, die nach Händel fragen; bei diesen CDs bin ich mir noch etwas unschlüssig, sie "sprechen" nicht direkt den Bauch an, wie eine sehr kluge, jedoch bewusst nicht allzu verführerische Frau; aber ich weiss, dass sie mir nach ein paar mal Hören sehr, manches gar exzellent gefallen wird. Dass ich dennoch mit so einer unemotionalen und unschlüssigen Haltung meine Empfehlung ausspreche, liegt am Angebot: Das Label Ricercar bietet nicht nur eine Vorhörfunktion im Netz, sondern beide CDs für den Preis von einer an. Ohne, dass darunter Gestaltung, Information oder Qualität leiden würden.
donalphons, 21:24h
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