: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 15. Juli 2008

Sehr zu empfehlen - Energiesparlampenverhüter

Als regelmässiger Konsument von Einrichtungszeitschriften für gehobene Ansprüche hat man irgendwann das meiste in den meisten Variationen gesehen: Klostertische unter Maoplakaten, Sektempfänge bei Betrügern, für Waschbecken ausgesägte Altarkommoden der Qing-Zeit, Industriemüll mit Röntgenfakes, venezianische Spiegel mit Stahrohrsesseln. Alles scheint zu gehen, alles wird ausprobiert, und wenn man es damit in die besagten Zeitschriften schafft, ist man zufrieden und kann der eigenen Frau ("hat sich alles Sissi ausgedacht!") gleich eine Karriere als Innenarchitektin für ähnlich geschmacklose Bruntzen eröffnen, selbst wenn das Abgebildete von einer schlecht bezahlten Studentin entworfen wurde. Das alles geht, manchmal auch mit einer Anzeige oder Geschenken für die Redakteure, und doch findet sich in diesem Universum unbegrenzter Möglichkeiten ein schwarzes Loch, das hell erstrahlt und von allen gemieden wird:

Die Energiesparlampe, die lichtaussendende Mörderin von Glanz, Funkeln und Gleissen, die Verräterin des goldenen Schimmers und der weichen Schatten.



Nichts auf dieser Welt macht scheusslicheres Licht, nichts ruiniert so sehr den optischen Eindruck, es ist Lichtkotze der übelsten Sorte. Hat neon noch etwas Klassisches der 30er an sich, kann man Halogen noch irgendwie als vorletzte Mode akzeptieren, gehen die milchig-blassen Stäbe und Beutel absolut nicht. Es sind helle Ekzeme, die man natürlich anschaut und die alles, wirklich alles zerstören, angefangen vom Kronleuchter bis zu den Wandfarben. Energiesparlampen sparen vor allem mit dem Zauber des Lichts, sie erzählen nicht von Luxus, Glitter, Nichtigkeit und Überfluss. Sie sind der kosteneffizienteste Weg, die Wohnung unerträglich zu machen. Erst mit Energiesparlampen begreift man, wie wichtig für Räume, Wohlbefinden und Eindruck das Licht ist, und hier sind stromfressende Glühbirnen mit dem Leistungsgrad eines 1964er Amischlittens ideal. Und die meisten, die man darauf anspricht, betonen auch, dass sie lieber mehr zahlen, als sich das teure Interieur von sowas ruinieren zu lassen.

Tatsächlich gibt es kein ungeeigneteres Licht, in dem man eine Frau entkleiden möchte, kein Leuchten, in dem man weniger gerne ein gutes Buch lesen wollte. Kerzen schlagen alles, dann kommen Glühbirnen, danach sehr lange nichts - und Energiesparlampen kommen gar nicht. Oder?



Ich bin auch der Meinung, dass diese bleichen Gesellen nichts, absolut nichts auf einem funkelnden Kronleuchter verloren haben. Sollte man die Produktion von klassischen Birnen verbieten, würde ich für ein paar hundert Euro nochmal Vorräte für den Rest meines Lebens anlegen. Weil es ein heller Glühdraht sein muss, der die Kristalle entzündet. Wenn er es denn tut. Eigentlich tut er das so gut wie nie, die Kronleuchter sind sehr selten in Gebrauch, wie es auch früher üblich war. Meistens sind bei mir Stehlampen in halber Höhe die üblichen Lichtbringer. Und weil sie alle Lampenschirme haben, ziemlich dicke, alte Lampenschirme, die mit normalen Glühbirnen immer etwas arg bunt, düster und gedämpft ankommen - stecken da - ahem

energiesparlampen

drin. So ungeeignet sie als lediglich helle, direkte Lichtquelle sind - gemildert, abgelenkt, gewärmt indirekt durch Papier und Stoff erscheinend fällt es kaum jemandem negativ auf, dass es in meinen Wohnungen 60? 80? - ich habe sie nie gezählt - Kerzenbirnen an den Kronleuchtern gibt, die kaum je erstrahlen. Tatsächlich aber brennen hier alles in allem selten mehr als 60 energiesparende Watt. Das Bezaubende an solchen hilfreichen Lampenschirmen ist, dass man sie noch für wenig Geld auf den Märkten findet, während die Geschäfte schwerst hinlangen. Dieses Verhältnis wird sich bald ändern - wer sich mit den lahmen Gesellen in der Fassung nicht abfinden will, sollte sich also beeilen.

... link (17 Kommentare)   ... comment


22 Meter für Altötting an der Spree

Den nächsten Volltrottel, der München lächrlich macht, weil hier den Bonzen per Bürgerentscheid das Verschandeln der Stadt mit Hochhausmausolen wie dm Roland Berger Memorial küntig verboten hat, sobald sie höher als die Frauenkirche bauen wollen - den nächsten dergestalten Volltrottel verweise ich an die mit seinesgleichen bevölkerten, nördlichsten europäischen Favelas Monte de la Cruz und und Vico Frederico nahe Marzahn, in denen nun per Bürgerentscheid eine maximale Gebäudehöhe von 22 Meter nachhaltig empfohlen wird. 22 Meter ist noch nicht halb mal so hoch wie der Kirchturm von Gmund am Tegernsee, und um so niedrig zu werden, müsste ich bei meinen nun doch schon 408 Jahre alten Haus der Strahlenkranzmadonna auf dem Giebel die Strahlen absägen.


Berliner Boom, dortselbst aufgenommen im kalten März 2004.

Deshalb mein Vorschlag an die Slumbewohner: Im malerischen Altötting im schönen Niederbayern gibt es enorm viel Innufer, an denen man tolle Strandparties machen kann, krassere Geschichten wie Komasaufen, Messerstechereien und alkoholisierte Autorennen ab 16 gehören dort zur gelebten Tradition, einen Mediapark und anderes modernes Gerümpel will man dort auch nicht, und die lokalen Machthaber, mit denen man mit den 22 Meter offene Türen einrennt, sind genauso strukturkonservativ und wollen in ihrem von vielen abgezockten Wallfahrern am Leben erhaltenes, anachronistische Soziobiotop so leben, wie es schon ihre Eltern und Grosseltern getan haben. Das ist euer gelobtes Land. Altötting in Niederbayern. Do seids de Mehran.

(Wie hiess nochmal die Gruppe, die den passenden Titel dazu geschrieben hat "Ihr seid Altöttinger"?)

... link (7 Kommentare)   ... comment