: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 17. Juli 2008

Der 16. Juli 2008. Der Tag,

an dem die Hisbollah mit Hilfe der Weltöffentlichkeit darum bettelte, weiterhin Trainingsgebiet der israelischen Geheimdienste sein zu dürfen.

Es ist schon ziemlich übel, in einem Westen mit den Folterknästen Guantanamo und Abu Graib zu sein, aber als islamische Welt käme ich mir heute von den kranken Hisballaballas in ihrem Drogen- und Waffenparadies ziemlich verarscht vor.

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Wann es endet

Meine Zeit in der New Economy war nicht halb so witzig, wie ich darüber geschrieben habe. Eigentlich war sie absolut nicht witzig, jeder Spass, den man hatte, produzierte auf der anderen Seite viel Leid und Ärger, und ich bin froh, den ganzen Komplex ohne Tablettenproblem, Drogen, Schulden, psychische Defekte und den Verlust des persönlichen Umfelds durchgestanden zu haben. Man musste aufhören, sich als Sanitäter zu sehen. Wir waren diejenigen, die den Leichen nacht der Pest die Goldzähne rausgebrochen haben. Manchmal waren sie auch noch gar nicht tot. Das war dann mitunter weniger schön. Als ein Tag mal wieder besonders beschissen war - Februar 2001 - sagte einer zu mir, ich solle das alles nicht so tragisch nehmen, was ich hier lernen würde, würde mir später bei den neuen Krisen helfen, ihre Mechanismen zu verstehen. Krise ist, wenn die Sekretärin mit Heulkrämpfen als Beschäftigungstherapie eine Aufstellung der Büroklammern macht. Krise ist, etwas zu schreiben und damit, ohne es zu wissen, real eine Freundin zu feuern. Krise ist extrem uncool. Und ich bin froh, dass die Krise, mit der ich aktuell zu tun habe, nicht die grosse Weltwirtschaftskrise von 2008 ist.

Trotzdem stellt sich für mich, wie für alle anderen auch die Frage der Abkopplung von der Krise. Manche glauben, dass es nicht möglich ist, weil die globale Wirtschaft zu stark verwoben ist. Schaut man sich den Kurs des an sich soliden Versicherungskonzerns Allianz an, oder was heute der Swiss Re zugestossen ist, oder die Entlassungen bei BMW, könnte man meinen, dass es tatsächlich überall schlimm wird. Aber, so meine ich doch, nicht überall gleich schlimm. Denn so eine Krise ist wie ein Erdrutsch.



Eine Krise, die durch eine Blase ausgelöst wird, ist wie ein Berghang nach einem heftigen Unwetter über einem Fluss. Der Fluss unterspült den Hang, und damit beginnt für den Berg ein ungleicher Kampf gegen die Schwerkraft. Obendrein ist das Erdreich voller Wasser und damit sehr viel schwerer. Es gibt natürlich auch Haltekräfte - die Wurzeln der Bäume etwa, die in der Lage sind, die oberen Schichten zu halten. Von oben sieht so ein unterspülter Hang wie ein ganz normaler Wald aus, grün, saftig, lebendig - bis er zusammenstürzt.

Das ist schlecht für den Hang - in unserem Fall die USA. Nicht nur, dass er stürzt, sein Material wird auch noch auf Nimmerwiedersehen abgespült. Noch schlimmer aber ist es für diejenigen, die sich darunter befanden. China zum Beispiel. Denn der unterspülte Hang der Kredite war genau das Naturwunder, das alle asiatischen Firmen anzog. Alles, was davon abhängig ist und keine Alternativen hat, kann man getrost falten. Genauso, wie in der New Economy irgendwann bei den am fallenden Nemax gelisteten Firmen kein Geld mehr da war, um konkurrierende Startups aufzukaufen, gibt es jetzt kein Geld, keine Kredite mehr für Zeug aus Asien.

Und natürlich bricht so ein Hang auch nicht exakt an der unterspülten Stelle senkrecht ab. Er rutscht weg und nimmt vieles mit, was nicht über, sondern auch neben ihm iist. Aktuell: Die amerikanische Autoindustrie, die Sparkassen, das Bruttoinlandsprodukt und alle Länder und Wirtschaftsräume, die ähnlich gepfuscht haben. Nicht sofort, denn weil alles verwurzelt ist, kann sich vieles erst mal an der Abbruchkante halten. Aber die Wurzeln hängen in der Luft, und der nächste schwere Regenschauer kann darunter die nächste Lawine auslösen. Unten liegen schon Indymac und Bear Stearns, an der kante sehen wir aktuell schräg oder kippend: Lehman Brothers, Washington Mutual, Freddie Mac, Fannie Mae. Noch nicht klinisch tot, aber offensichtlich am Ende.

Die spannende Frage ist nun, wie es oberhalb der Bruchkante ausschaut. Kommt weiter oben noch mehr Last vom Berg runter, ist hier bislang nur die Hangflanke weggebrochen, die den Berg weiter oben gestützt hat? Wenn ja, schaut es schlecht für weiter oben stehende Bäume aus. Dann wird der Hang weiter bröckeln, und - nicht sofort, aber mit unangenehm grosser Wahrscheinlichkeit - runterkommen. Was die amerikanische Administration gerade tut, ist nichts anderes, als zu behaupten, der Berg sei innen sehr viel stabiler als der abgerutschte Hang, und das Konzept Berg sei ansonsten erdrutschsicher. Wir weiter oben könnten ruhig weiterwandern, alles in Butter.

Das ist natürlich Unsinn. Kein Mensch weiss, wie lange der Grund sandig ist, wann die Felsformationen kommen und ob sie halten. Allerdings liegt es auch in der Natur von Felsrutschen, dass sie irgendwann so viel Material abgetragen haben und in sich verkeilt sind, dass sie nicht weiter rutschen. Irgendwann kommt dann auch Vegetation, und das System fängt sich wieder. Stellt sich also für uns die Frage, wo wir uns auf diesem Hang zu postieren, um nicht mit abzurutschen. Das ist nicht einfach, denn aktuell geht das Unterspülen munter weiter, während die Amerikaner die Auffassung vertreten, man könnte das alles stoppen, indem man diejenigen Holzhändler einknastet, die mit den zerborstenen Baumstämmen Geschäfte machen.

Solange da unten in Idiot´s Valleyalso Verschwörungstheorien herrschen und an der Ursache der Unterspülung eines losen Hangs nur gearbeitet wird, in dem man sandige Kapitalspritzen in das reissende Wasser wirft, ist es dort am sichersten, wo der Hang möglichst flach und weit entfernt vom Fluss ist. Das garantiert nicht, dass es dort auch zu Abrutschen kommt, weil die fallenden Bäume andere nachziehen, und somit neue Ansatzpunkte für Zerstörung entstehen, aber Deutschland ist meines Erachtens so ein Bereich, in dem relativ wenig passieren kann und wird. Hohe Sparquote, relativ gute Kontrolle der Banken, stabiler Binnenmarkt. Und die Regionen, in denen dieses Land fest gefügt ist und ein stabiles Fundament hat, werden zwar den Regen der Inflation abbekommen, aber nicht viel mehr. Man sollte sich aber diesmal keine Illusionen machen: Die USA müssen jetzt abrutschen, damit der Rest des Berges stehen bleiben kann. Oder noch brutaler gesagt: Der Bergrutsch wird global ausgetragen, es ist an der Zeit dafür, und desto mehr die Schulden der USA sie selber treffen, desto besser ist es für den Rest.

Und ich hole jetzt wieder meine alte Zange für das Rausbrechen der Goldzähne. Manche sagen ja, dass der Erwerb von teuren Uhren in der Krise auch nichts bringt, weil man nicht davon abbeissen kann. Es gibt da jemanden in Kalifornien, der darüber nur lachen kann, wie ich auch. Einen Chronometer von Bucherer aus den 6oer Jahren für 74 Spielgeld-Dollar mit Versand wollte ich schon immer mal haben. Und wenn sich sie 100 mal aufgezogen haben werde, sitze ich immer noch in dem Land, das bei der Geschichte nicht gut, aber am besten gefahren ist. Mit gierigen Firmen, die dann alles tun werden, um im nächsten Boom den Abstand zur Dritten Welt inclusive USA (Uganda´S America) möglichst gross werden zu lassen.

Denn es ist so in der Krise: Entweder wir gehen alle drauf - oder die einen gehen drauf, und die anderen haben bessere Chancen. Kein Spass, nicht witzig, aber gelernt ist gelernt. Wer einmal in der Hölle war, kennt den Gestank.

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