: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 15. September 2008

Wir leben in historischen Zeiten

Fassen wir mal den Tag zusammen:

Lehman Brothers wird bestenfalls in zwei Bereiche aufgespalten; einen guten Teil für den Verkauf und einen schlechten Teil, eine sogenannte Bad Bank für den Giftmüll der Finanzkrise, und diese bank wird künstlich am Leben erhalten, damit sie nicht über die Wupper geht und andere banken zwingen würde, ihren eigenen Giftmüll neu zu bewerten. Dieser den realen Markt verzerrende Irrsinn ist das Best Case Szenario

Vermutlich jedoch geht Lehman komplett über die Wupper. Das bedeutet, dass man die Reste verschleudert, um so weit wie möglich Forderungen anderer Marktteilnehmer zu erfüllen, die dann aber erst mal ganz eigene Probleme haben werden. Stichworte sind da etwa die Gewerbeimmobilien, deren Preis jetzt schon erodiert ist und mit einem Notverkauf bei Lehman weiter fallen dürfte. Da können ganz schnell mal ein paar hundert Milliarden durch Neubewertungen ebenfalls über die bloody Wupper gehen.

Und als sei das für einen tristen Montag im Herbst noch nicht genug, will der Versicherer American International Group morgen mitteilen, was er an Assets zu verkaufen gedenkt. AIG hat nach den Kursstürzen der letzten Tage keine Chance, anderweitig Geld für die kommenden Ausfälle durch Kreditversicherungen zu erhalten. AIG ist der zweitgrösste Erstversicherer dieser Welt.

Und dann haben wir mit Merrill "Wir haben keine Probleme" Lynch noch eine andere ins Taumeln geratene Bank, die gerade mit der Bank of America - der es auch nicht wirklich prima geht - über ein Zusammengehen verhandelt. In der Hoffnung, dass man, wenn man zwei lecke Schiffe übereinanderstapelt und verschweisst, das Wasser darunter so niedrig ist, dass beim Kentern immer noch was rausschaut.

Sowas nennt man als Historiker einen historischen Tag. Oder auch, je nach Lateinkenntnissen und Besitz ausserhalb von todsicheren Immobilien und Gold: Dies Ater. Wer schon immer mal am Abgrund feiern, nachher wertloses Geld im Bordell verpulvern oder es einmal so richtig krachen lassen wollte, sollte sich beeilen.

(Egghat hat die weitere Geschichte mit Links, hübsch auch weissgarnix)

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Real Life 14.09.08 - Eligible

Sie werden dich aufstöbern, finden, ihre Töchter zu dir schicken, und wenn du schwach bist, werden sie dich zwingen, auch die Verantwortung zu übernehmen, wenn du so weiter machst. Die kleine Beamtin da zum Beispiel, die du vorhin becirct hast, der ihre Mutter würde dich sicher ganz toll finden.

Ich habe sie nicht becirct, ich habe nur wahrheitsgemäss beantwortet, wo ich wohne, wie alt das Haus ist, etwas von der Restaurierung erzählt und die Tarte abgeliefert, weil Frau K. nicht da war. Es war nicht meine Idee, Frau K. hat diese Tarte bestellt, und ich kann sie ja schlecht auf die Treppe stellen, bei all den Besuchermassen. Ich musste sie ansprechen.und du hast, zugegeben, etwas von 53 räumen gesagt, und dass dir bei diesem objekt irgendwie der marmor im gang fehlt, aber das hat iris nicht gehört, iris hört nie zu, wenn du mit anderen frauen redest

Ach was, ich kenn dich, du hast sicher wieder mit den 53 Räumen angegeben, dem marmor, dem Parkett, dem Stuck, und die weiss auch, was das für ein Haus ist. Das weiss hier jeder, und besonders die Angestellten der Denkmalbehörden.

Na und? Vielleicht brauche ich ja bald wieder eine schnelle Genehmigung. Oder eine Zuschuss für die Fenster. Ausserdem ist da auch noch das Hinterhaus, das gemacht werden muss. Anträge, Anträge, Anträge. Da kann es nicht schlecht sein, am Tag des offenen Denkmals mit der Sachbearbeiterin über Erfahrungen mit Restaurierung und die Vorzüge einer Tarte und ihre angemessene Darreichung einer im historischen Kontext zu sprechen, und ihr eine Führung anzubieten, nachdem sie so nett war und so viel erzählt hat.



Grossbild hier, Riesenbild hier.

Und wenn du sie abgefüttert, mit dem Wein und deinen Sprüchen besoffen gemacht hast, kannst du mit ihrer extrem voreingenommenen Mutter über den Serviervorschlag für die Hochzeitstorte reden, meine Mutter kennt die nämlich, und die hat es noch immer nicht verwunden, dass Töchterchen nicht studiert hat und im Amt keine Lust hat, sich von einem Stadtrat seehofern zu lassen, und nun zur alten Jungfer wird. Typen wie du, mein Bester, leben hier gefährlich.

Noch etwas Tee, weichst du aus, und Iris sagt ja, denn es ist kalt draussen in den Strassen und unrestaurierten Häusern, mit denen Millionäre ihre Steuerlasten drücken, zu deren Genuss sie aber schon zu alt sind, sehr zur Freude der späteren Erben, die im Zweifelsfall ja auch noch da sind, wenn es um das Arrangieren von Zweckehen geht.

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