: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 27. September 2008

Nach dem Regen

Gestern war das Wetter so schlecht, dass man den ganzen Tag vin meiner Wohnung aus die Alpen nicht gesehen hat. Das ist insofern ungewöhnlich, als die Alpen ihre ersten Tausender in ein paar hundert Meter Entfernung beginnen lassen. Immerhin war ich damit nicht unter der grauen Wolkendecke, sondern mittendrin. Und in den Wolken prasselt der Regen nicht so runter wie im Flachland, er ist eher weich und wäre sogar angenehm, wenn es nicht gerade nur fünf Grad hätte. Heute war es wärmer, und der Regen hat sich weiter in die Berge verzogen.



Oder füllte als Quellwasser die Bäche an der Neureuth. Man sollte glauben, dass so ein Berg nach einem Tag Dauerregen ein nasser Matschhügel ist, aber abgesehen von etwas mehr Rutschgefahr und dem kontinuierlichen Rauschen der angeschwollenen, sprudelnden und über moosige Steine springenden Fluten war es wie immer. Nur etwas leerer vielleicht. Von unten bis oben kein Mensch. Manchmal ein paar Sekunden Sonne, und oben auf dem letzten Anstieg, ab 1200 Meter, dann wieder Wolken in den Bäumen und ihren zartgrünen Blätterkaskaden.



Morgen ist das Wetter besser, dann ist es hier oben rappelvoll mit Münchnern und anderen Touristen, mit dem üblichen Spektakel aus Sonne, sattem Grün und einer gleissenden Wasserfläche unten im Tal. Heute bin ich allein, die Hütte hat schon geschlossen, und die Wolken schleifen über den Hirschberg exakt an der gleichen Stelle, wo ich vorgestern den Schlussanstieg vom Rauheck auf den Gipfel abgebrochen habe. Der Berg läuft nicht davon, und so ehrgeizig, dass ich im Nebel auf den Ausblick vom Gipfel verzichte, Hauptsache ich war oben, bin ich dann auch nicht. Der Berg ruft, aber man muss nicht immer antworten.



Auf dem Weg nach unten rutsche ich aus, als ich darüber nachdenke, was inzwischen furchtbares passiert sein könnte; die Banken Wachovia (man betrachte die stimmige Liste! Vor zwei Wochen am gleichen Berg!) und Fortis habe ich schon etwas länger als Wackelkandidat im Auge, und tatsächlich: Fortis laufen die Kunden und der Chef und die Aktionäre davon, und Wachovia versucht, sich der Citigroup an den Hals zu werfen - der leidgeprüften Bank, die ihr Europageschäft verschleudern musste und Wachovia nach meiner bescheidenen Meinung so abrauchen lassen wird, wie Washington Mutual. Sowas nennt man höflich "Konsolidierung", etwas unhöflicher und aus Kundensicht Anlass zum Bank Run, und wäre man sehr fies, würde man einfach sagen, dass sie auf der Todesliste Platz machen, damit Banken wie First Federal nachrücken können. Heute ist Lethal Friday, und das Orakel der verdreckten Hose sagt, dass es schlimm wird. Wirklich schlimm.

Sie sagen, das Geld sei sicher.

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Randbemerkungen, Amranddesabgrundsbemerkungen

Es gibt - mal wieder, Veteranen kennen das noch aus der New Economy - eine gewisse Selektion der Dinge, die bekannt werden, und andere Dinge, die verschwiegen werden. Dazwischen sind dann noch die Nichtinformierten wie meine Verwandtschaft, die erst heute Morgen aus der Zeitung erfahren hat, was schon vorgestern im Netz stand - dass die Volksbanken wohl auch übel von der Lehmanpleite erwischt wurden. Es gubt da Internetfeinde, die erst jetzt begreifen, wie wichtig es sein kann, sich selbst sein Wissen zusammen zu suchen. Und sich dabei nicht auf die Medien zu verlassen. Da ist nämlich gerade eine Geschichte passiert, die offensichtlich keiner gross bringen mag, die aber sehr viel über die Panik und die Beschwichtigung erzählt, die momentan den Blick auf die Wahrheit verstellen. Und das geht so:

Washington Mutual ist gestern Nacht zusammengebrochen. Seit Anfang letzter Woche verging kein Tag, da die Medien nicht Käufer für die ins Schlingern geratene Bankenkette vorstellten; ein paar Mal sollte der Deal angeblich schon fast in trockenen Tüchern sein. Was nicht in den Medien stand, waren die Rückzieher der Interessenten, nachdem die in die Bücher geschaut hatten. Und was auch nicht in den Medien stand, war der de facto Bank Run auf Washington Mutual. In weniger als 10 Öffnungstagen hatten die Anleger 10% ihrer Gelder abgezogen. 10% ist wirklich, wirklich viel, und auch an der Grenze dessen, was normale Banken auszahlen könnten. Diesen Bak Run haben die Medien der Öffentlichkeit verschwiegen.

Bloomberg jedoch hatte gestern noch eine Geschichte über die Frage, ob die Eilagensicherung FDIC eine eventuelle Pleite einer Bank wie Washington Mutual angesichts der bisherigen Verluste auffangen könnte. Die Antwort eines Analysten war alles andere als schmeichelhaft;

"The FDIC and the banking regulators are ignoring the problems, hoping they'll go away,'' he says. ``They won't."

Worauf die FDIC augenblicklich mit einem in der Form ziemlich einmaligen, wütenden Brandbrief auf Bloomberg antwortete und sagte, alles wäre prima und Bloombeeg würde die eigenen Leser mit solchen Unterstellungen schädigen:

Bloomberg reporter David Evans' piece does a serious disservice to your organization and your readers by painting a skewed picture of the FDIC insurance fund. Let me be clear: The insurance fund is in a strong financial position to weather a significant upsurge in bank failures. The FDIC has all the tools and resources necessary to meet our commitment to insured depositors, which we view as sacred."

Am Abend der gleichen Tages geht WaMu dann doch über die Wupper und wird von der Bankenaufsicht sofort an JP Morgan weiterverscheuert, für lumpige 1,9 Milliarden und Fortführung des Bankgeschäfts, weil die FDIC das Problem der Einlagensicherung mit 145 Milliarden Dollar Kosten mit ihren 45 Milliarden auf dem Konto offansichtlich doch nicht bewältigen kann.

Was sagt das über die Glaubwürdigkeit einer Institution, deren einziges Geschäftsmodell die Glaubwürdigkeit ist?

Update: Ich sehe gerade, die amerikanische Tochter der Allianz ist bei dieser Pleite durch Bonds mit 59 Millionen Dollar dabei.

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