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Freitag, 10. Oktober 2008
Winterlicht
Noch ist es warm am See, man kann draussen sitzen und an der Promenade laufen, über buntes Laub und lindgrünem Gras. Aber der See und der Himmel glänzen bereits in den eisigen Farben des Winters.
Morgen bin ich unterwegs, weit weg von jeder Anbindung, und in manchen Bereichen findet auch das Handy keinen Empfang mehr. Aber ich weiss ja, was passiert: Die Anzeichen für den grossen Ausstieg aus dem System werden sich mehren, wir werden noch eine Runde des Niedergangs erleben, und die Bereinigung der Credit Default Swaps der Lehman-Pleite wird Fragen aufwerfen, was wäre, wenn wir das auch bei Morgan Stanley tun müssten.
Hätte mir vor zwei Jahren jemand erzählt, ich würde im Herbst 2008 am vielleicht letzten Tag des freien Marktes noch schnell über die Alpen fegen und ein Konto in der Schweiz aufmachen, ich hätte ihn für verrückt erklärt.
Morgen bin ich unterwegs, weit weg von jeder Anbindung, und in manchen Bereichen findet auch das Handy keinen Empfang mehr. Aber ich weiss ja, was passiert: Die Anzeichen für den grossen Ausstieg aus dem System werden sich mehren, wir werden noch eine Runde des Niedergangs erleben, und die Bereinigung der Credit Default Swaps der Lehman-Pleite wird Fragen aufwerfen, was wäre, wenn wir das auch bei Morgan Stanley tun müssten.
Hätte mir vor zwei Jahren jemand erzählt, ich würde im Herbst 2008 am vielleicht letzten Tag des freien Marktes noch schnell über die Alpen fegen und ein Konto in der Schweiz aufmachen, ich hätte ihn für verrückt erklärt.
donalphons, 00:32h
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Wie ich zum Kotzen kam
Im Film "Nur die Sonne war Zeuge" schreitet Alain Delon als Mr. Ripley nach einem - oder gar schon zwei? - Morden zur eigentlichen Haupttat, geht in eine italienische Bank und lässt sich die damals, 1960, gigantische Summe von 10 Millionen Lire auszahlen, die seinem, ihm ähnlich sehenden Mordopfer Greenleaf gehören. Delon benutzt für dieses Verbrechen lediglich einen Stift und eine Ledermappe, in der er das üppige Geld verstaut. Als ich den Film vor vielen Jahren sah, dachte ich, dass so eine Ledermappe sicher toll wäre, wenn ich mal mit Geld, Aktien, Schmuck, Silber und anderen Wertgegenständen flüchten müsste. Im Italienurlaub dieses Jahres sah ich einen Nachbau dieses Behältnisses, aber leider zu Preisen, die den Eindruck erweckten, als hätte man Lire in Euro umgerechnet.
Monate gingen ins Land, Lehman ging pleite, die Eltern vieler Bekannten verloren viel, sehr viel Geld, die Schifffonds wurden mit Verlusten abgestossen und Bankberater als unfähig beschimpft, und in Ermangelung grösserer Reserven war es mir vergönnt, unbelastet durch diesen Sommer auf meinem Rabeneick zu radeln, so blau wie der Himmel über Alain Delon im Film. Es dauerte etwas, bis meine Vorhersagen Wirklichkeit wurden, und dieser Gedanke aufkam, dass man auch im Jahre 2008 noch das Bedürfnis haben könnte, die Grenze mit einer Aktenmappe voller Zeug zu überqueren. Sinnierend wandelte ich über einen Flohmarkt, als mein Blick auf eine hochwertige Ledertasche fiel.
Im vorderen Fach der Ledertasche war eine dazu gefertigte Aktentasche, und die wiederum, wie ich zuhause an einem aus sentimentalen Gründen behaltenen Anteilsschein von Mercedes-Benz ausprobieren konnte (die handunterschriebene 100-DM-Aktie war früher Omas Liebesbrief für Besserverdiendene), passt perfekt für jede Form von Papiertransport über Grenzen und Währungsunionen. Fünf weiche Euro wollte der Besitzer haben, und froh, mich nun jederzeit stilgerecht auf Reisen in sichere Häfen begeben zu können - Liechtenstein? Kuwait? Luxemburg? Der Mond? Was kosten dort momentan mittlere Meteoritenkrater? - sagte gleich zu. Und stellte die dazu Frage, mit der ich zum Kotzen kam: Wo haben Sie die Tasche denn her?
Nun, sagte der Händler mit ansteigend verächtlichem Ton, der Grossvater seiner Frau sei vor ein paar Wochen verstorben, man müsse das Haus räumen, Aktenberge beseitigen, und das sei seine Notartasche gewesen, mit der er andere um ihr Geld brachte. Schnell und unerwartet sei er verstorben. Und nun müsse er eben das Zeug loswerden. Ärgerlich sei das, da wären Gewehre, denn Grossvater ging gern Tiere abknallen, ein benzinschluckender, rostiger Geländewagen von Benz und seine Jagdkleider, wie das Ansitzcape da, in dem Opa gerne auf dem Hochstand hätte sitzen wollen, um darin Viecher abzuknallen. Man habe ihn zu seinem Geburtstag noch in München beschafft, aber kurz davor, aus, Ende,Herzkaschperl.
Das ist kein Ansitzcape, sagte ich, Familienwissen rekapitulierend, das ist ein Kotzen, den trägt man über Rucksack und Gewehr, deshalb ist er auch so weit. Man kann in einem Kotzen nicht schiessen, dazu ist er zu hinderlich, wenn man die Arme hebt. Sehen Sie, ich nahm das Cape an den Riemen warf es über die Schultern und hob die Armje in Schiesshaltung, das spannt. Und der Rückstoss würde den Filzstoff zerstören.
Das steht Ihnen aber, meint die türkische Mutti einen Stand weiter.
Oh je, dachte ich. Oh je. Mein Grossvater und seine Jägerkumpane sitzen jetzt im Jenseits zusammen und lachen sich scheckig über mich. Was muss ich auch mein Maul aufreissen. Warum kann ich das ganze Jägergetue nicht einfach vergessen. Ich bin Vegetarier. Ich evakuiere Spinnen aus dem Waschbecken. Ich mag keine Tracht. Die Tradition endete vor 41 Jahren. Ich werde nie ein Jäger sein. Ich will auch keinen Schiessprügel, selbst wenn ich die von meinem Opa irgendwann erben muss. Ich will keine Tracht. Ich will nicht mal Bayern.
Wirklich, wie für Sie gemacht, sagte die Türkin und schob mich vor ihren Spiegel, den sie eigentlich für Käuferinnen ihrer Gebauchtkleider bereit hielt. Vorne klapperte noch das Siegel des Herstellers aus Innsbruck, 1814 gegründet, ein roter Adler auf schwarzem Grund, teuer, exklusiv, zum Angeben für andere alte Halsabschneider, bei denen es nur noch zum Morden von Rehen und Hasen reichte. Da stand ich dann, den wallenden Boandlkramakotzen lodengrün an mir herabfallend, das praktische Gewand der Wilddiebe und Wegelagerer, das ein Mantel sein kann, eine Decke oder eine praktische Deckung beim Stoss mit dem Hirschfänger, und ich gab mir viel Mühe, jetzt nicht an Filme mit Errol Flynn zu denken, an Degen und Mant-
20 Euro, sagte der Verkäufer. Weil er für sie gemacht ist.
Und so kam ich zum Kotzen. (Erschiesst mich bitte, wenn ich einen Jagdschein mache)
Monate gingen ins Land, Lehman ging pleite, die Eltern vieler Bekannten verloren viel, sehr viel Geld, die Schifffonds wurden mit Verlusten abgestossen und Bankberater als unfähig beschimpft, und in Ermangelung grösserer Reserven war es mir vergönnt, unbelastet durch diesen Sommer auf meinem Rabeneick zu radeln, so blau wie der Himmel über Alain Delon im Film. Es dauerte etwas, bis meine Vorhersagen Wirklichkeit wurden, und dieser Gedanke aufkam, dass man auch im Jahre 2008 noch das Bedürfnis haben könnte, die Grenze mit einer Aktenmappe voller Zeug zu überqueren. Sinnierend wandelte ich über einen Flohmarkt, als mein Blick auf eine hochwertige Ledertasche fiel.
Im vorderen Fach der Ledertasche war eine dazu gefertigte Aktentasche, und die wiederum, wie ich zuhause an einem aus sentimentalen Gründen behaltenen Anteilsschein von Mercedes-Benz ausprobieren konnte (die handunterschriebene 100-DM-Aktie war früher Omas Liebesbrief für Besserverdiendene), passt perfekt für jede Form von Papiertransport über Grenzen und Währungsunionen. Fünf weiche Euro wollte der Besitzer haben, und froh, mich nun jederzeit stilgerecht auf Reisen in sichere Häfen begeben zu können - Liechtenstein? Kuwait? Luxemburg? Der Mond? Was kosten dort momentan mittlere Meteoritenkrater? - sagte gleich zu. Und stellte die dazu Frage, mit der ich zum Kotzen kam: Wo haben Sie die Tasche denn her?
Nun, sagte der Händler mit ansteigend verächtlichem Ton, der Grossvater seiner Frau sei vor ein paar Wochen verstorben, man müsse das Haus räumen, Aktenberge beseitigen, und das sei seine Notartasche gewesen, mit der er andere um ihr Geld brachte. Schnell und unerwartet sei er verstorben. Und nun müsse er eben das Zeug loswerden. Ärgerlich sei das, da wären Gewehre, denn Grossvater ging gern Tiere abknallen, ein benzinschluckender, rostiger Geländewagen von Benz und seine Jagdkleider, wie das Ansitzcape da, in dem Opa gerne auf dem Hochstand hätte sitzen wollen, um darin Viecher abzuknallen. Man habe ihn zu seinem Geburtstag noch in München beschafft, aber kurz davor, aus, Ende,Herzkaschperl.
Das ist kein Ansitzcape, sagte ich, Familienwissen rekapitulierend, das ist ein Kotzen, den trägt man über Rucksack und Gewehr, deshalb ist er auch so weit. Man kann in einem Kotzen nicht schiessen, dazu ist er zu hinderlich, wenn man die Arme hebt. Sehen Sie, ich nahm das Cape an den Riemen warf es über die Schultern und hob die Armje in Schiesshaltung, das spannt. Und der Rückstoss würde den Filzstoff zerstören.
Das steht Ihnen aber, meint die türkische Mutti einen Stand weiter.
Oh je, dachte ich. Oh je. Mein Grossvater und seine Jägerkumpane sitzen jetzt im Jenseits zusammen und lachen sich scheckig über mich. Was muss ich auch mein Maul aufreissen. Warum kann ich das ganze Jägergetue nicht einfach vergessen. Ich bin Vegetarier. Ich evakuiere Spinnen aus dem Waschbecken. Ich mag keine Tracht. Die Tradition endete vor 41 Jahren. Ich werde nie ein Jäger sein. Ich will auch keinen Schiessprügel, selbst wenn ich die von meinem Opa irgendwann erben muss. Ich will keine Tracht. Ich will nicht mal Bayern.
Wirklich, wie für Sie gemacht, sagte die Türkin und schob mich vor ihren Spiegel, den sie eigentlich für Käuferinnen ihrer Gebauchtkleider bereit hielt. Vorne klapperte noch das Siegel des Herstellers aus Innsbruck, 1814 gegründet, ein roter Adler auf schwarzem Grund, teuer, exklusiv, zum Angeben für andere alte Halsabschneider, bei denen es nur noch zum Morden von Rehen und Hasen reichte. Da stand ich dann, den wallenden Boandlkramakotzen lodengrün an mir herabfallend, das praktische Gewand der Wilddiebe und Wegelagerer, das ein Mantel sein kann, eine Decke oder eine praktische Deckung beim Stoss mit dem Hirschfänger, und ich gab mir viel Mühe, jetzt nicht an Filme mit Errol Flynn zu denken, an Degen und Mant-
20 Euro, sagte der Verkäufer. Weil er für sie gemacht ist.
Und so kam ich zum Kotzen. (Erschiesst mich bitte, wenn ich einen Jagdschein mache)
donalphons, 16:50h
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I fucking told you II
"Den globalen Ausverkauf verhindern, indem man die wackelnden Banken verstaatlicht, die nicht wackelnden Banken unter Notverwaltung stellt und gleichzeitig die Märkte schliesst. Nicht nur in England, sondern umfassend in allen Industrienationen. Ein Staat allein würde sich mit so einem Vorgehen a la Island und Irland den Geiern der internationalen Finanzwirtschaft vorwerfen, aber mit einer konzertierten Aktion über das Wochenende könnte man den Status quo sichern und beginnen, den Giftmüll der gegenseitigen Forderungen aufzulösen und abzurechnen, hier und da einen Währungsschnitt vorzunehmen, zu entschulden und neue, langfristige Sicherheiten zu entwickeln. Es geht nur, wenn alle mitmachen, aber eine andere Möglichkeit, die komplette Kernschmelze zu verhindern und unseren Lebensstandard zu sichern, sehe ich nicht."
Anderthalb Tage später gibt es eine gekürzte, platte, entgiftete und um Argumente beraubte Version meines Beitrags auch aus der Feder von Robert von Heusinger in der Frankfurter Rundschau, der damit eine Lösung chearleadet, von der man bis zum übernächsten Wochenende noch viel hören wird. Jaja. Wenn man die New Economy und den Berliner Betrieb kennt... Heusinger schlägt damit indirekt übrigens einen hübsch drastischen Verfall der Währungen vor, angesichts der Grösse der Aufgaben sage ich mal: 20% pro Jahr in Europa mindestens, in den USA mehr. So kann man das natürlich auch machen.
Also... hm... hört mal her, gaaanz leise.... Ich erzähle Euch jetzt noch ein kleines Geheimnis aus den allerbesten Kreisen. Nicht nur so Provinzstadttratsch, sondern obere 10.000 in Europa. Also, da gibt es eine nicht ganz unbekannte deutsche Familie, die mit einem 2:1-Hebel einen niedrig dreistelligen Millionenkredit zu niedrigen Zinsen aufgenommen, einiges Werthaltige in NichtEuro erworben hat und damit gegen den Euro spekuliert. Laufzeit des Kredits: 2 Jahre. Die Familie kann damit furchtbar auf die Fresse fallen. Aber nicht, wenn man am Wochenende meinem Szenario oder besonders dem von Heusinger folgt.
Fragt nicht. Ihr wollt es nicht wissen. Und falls es rauskommt: Hier stand es zuerst.
Anderthalb Tage später gibt es eine gekürzte, platte, entgiftete und um Argumente beraubte Version meines Beitrags auch aus der Feder von Robert von Heusinger in der Frankfurter Rundschau, der damit eine Lösung chearleadet, von der man bis zum übernächsten Wochenende noch viel hören wird. Jaja. Wenn man die New Economy und den Berliner Betrieb kennt... Heusinger schlägt damit indirekt übrigens einen hübsch drastischen Verfall der Währungen vor, angesichts der Grösse der Aufgaben sage ich mal: 20% pro Jahr in Europa mindestens, in den USA mehr. So kann man das natürlich auch machen.
Also... hm... hört mal her, gaaanz leise.... Ich erzähle Euch jetzt noch ein kleines Geheimnis aus den allerbesten Kreisen. Nicht nur so Provinzstadttratsch, sondern obere 10.000 in Europa. Also, da gibt es eine nicht ganz unbekannte deutsche Familie, die mit einem 2:1-Hebel einen niedrig dreistelligen Millionenkredit zu niedrigen Zinsen aufgenommen, einiges Werthaltige in NichtEuro erworben hat und damit gegen den Euro spekuliert. Laufzeit des Kredits: 2 Jahre. Die Familie kann damit furchtbar auf die Fresse fallen. Aber nicht, wenn man am Wochenende meinem Szenario oder besonders dem von Heusinger folgt.
Fragt nicht. Ihr wollt es nicht wissen. Und falls es rauskommt: Hier stand es zuerst.
donalphons, 02:32h
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