: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 20. Oktober 2009

Eine schlechte Geschichte

Es gibt von Raymond Chandler eine relativ frühe Kriminalgeschichte, in ein ein paar Männer in einer Bar stehen. Dann kommt einer herein, einer grüsst ihn und erschiesst ihn sofort. Dann verlässt er das Lokal. Im weiteren Verlauf bleiben Motive und Anlässe lange unklar, Chandler müht sich an der Spannung ab, bis es letzlich zu einem eher unbefriedigenden Ende kommt: Das Opfer hatte den Täter vor ein paar Jahren verraten, und nun liefen sie sich zufällig über den Weg, was der Täter schnell und ohne Zögern nutzte, um reinen Tisch zu machen in der Hoffmung, dass man ihm angesichts des Zufalls des Treffens nicht darauf kommen würde. Die Geschichte ist schlecht, keine Frage.

Aber was ich mich durchaus frage ist, ob in ein paar Jahren nicht der ein oder andere Jurist, oder der ein oder andere Unternehmer nicht mal das Pech hat, in einem ungünstigen Moment dem Falschen den Rücken zuzudrehen, an den er sich schon lange nicht mehr erinnert. Vermutlich ist der Umstand die Rettung, dass "Firmen" und "Kanzleien" längst keine menschlich repäsentierten Gebilde sind, sondern Marken und Mitarbeiter, die an weitgehend anonyme Strukturen geklebt werden.

Wenn man sich heute etwas über Jack Wolskin und deren elende Abmahnerei beschwert - wer ist das? Die Firma in Idstein? Deren Besitzer, die Quadriga Capital, die wiederum Eigenkapital für Leute verwaltet, deren Namen sie nicht preisgibt? Angeblich stecken auch Pensionsfonds ihr Geld in Quadriga, Banken, Versicherungen und Privatpersonen. Die Verantwortung liegt irgendwo zwischen den Konsumenten, die diese Marke nicht boykottieren, den Geldgebern, die den Besitzer ausmachen, der Firmenleitung und den Juristen, fein verstreut und atomisiert. Da hatte man es zu Zeiten von Emile Zola oder dem Manchesterkapitalismus noch leichter.

Bei Chandler kommt am Ende raus, wer es war und warum. Bei der Abmahnschweinerei von Jack Wolfskin dagegen muss man sagen: Irgendwer, irgendwo in diesem Konglomerat hat am Ende eines Entscheidungsprozesses gesagt, das machen wir. Aber letztlich waren es doch Alle und Keiner. Und das erst macht den Hass aus - dass eine Firma unter Ausnutzung des Markenrechts und des Abmahnirrsinns so etwas tun kann, und man noch nicht mal sagen kann:

Das ist der Schuldige, hier, Name, Adresse, das Internet vergisst nichts. Insofern hilft nur: Vorher schauen, bei wem man nachher einkauft.

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